Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Schlagwort: maybebop Seite 1 von 2

maybebop (pressefoto)

Gelungene Fehlerdiagnose: “Sistemfeler” von Maybebop

maybebop, sistemfeler (cover)Einen “Sis­tem­fel­er” diag­nos­tiziert May­be­bop. Und da geht es nicht um den Gesang — der ist fehler­frei, wie man das von May­be­bop erwartet. Und selb­st die ohne­hin hohen Erwartun­gen an ein neues May­be­bop-Album toppt “Sis­tem­fel­er” lock­er. Der Fehler liegt also nicht in der Musik, son­dern in einem anderen Sys­tem — vor allem dem der Gesellschaft. Aber keine Angst: Trotz kri­tis­ch­er Begleitung der Gegen­wart macht “Sis­tem­fel­er” vor allem irre viel Spaß. Man muss ja den Diag­nosen des Han­nover­an­er Quar­tetts nicht zus­tim­men, um die großar­ti­gen musikalis­chen Qual­itäten des Albums genießen zu kön­nen. Und schließlich wäre May­be­bop nicht May­be­bop, wenn sie ihre kri­tis­chen Diag­nosen nicht mit Witz und Ironie ver­mit­teln wür­den – ob es nun um die Glaub­würdigkeit der Nachricht­en geht oder den über­großen gesellschaftlichen Anpas­sungs­druck. In „Auf der Suche“ spießen die Vier die per­ma­nente Erre­ich­barkeit und die Gier nach virtueller Anerken­nung auf und liefern qua­si neben­bei einen Ohrwurm – nicht den einzi­gen auf „Sis­tem­fel­er“ übri­gens. Und die “Ode an die Heimat” the­ma­tisiert in ein­er wun­der­schön san­ft aus­ge­set­zten Bal­lade nicht nur die Heimat­losigkeit der mod­er­nen Viel­reisenden, son­dern auch die Tat­sache, dass man nur dort daheim ist, wo sich das Smart­phone automa­tisch mit dem Router verbindet. San­ft schme­ichelt auch das Finale, „Ab und zu ein paar Geigen“, mit der Unter­stützung der NDR Radio­phil­har­monie. Doch natür­lich ist May­be­bop nicht immer zahm und zurück­hal­tend: Mit schwarzem Humor geht es in “Weil du heut Geburt­stag hast” auch musikalisch ordentlich zur Sache. Und über­all sind Detail­vers­essen­heit und Per­fek­tion­is­mus des Quar­tetts unüber­hör­bar: Jedes Arrange­ment, jede Akko­rd­folge, jed­er noch so aus­ge­fal­l­ene Klang­ef­fekt sind sorgfältigst über­legt und eingepasst. „Sis­tem­fel­er“ ist run­dum stim­mig wie nur wenige Alben, bis zum nerdi­gen Cov­er und Book­let.

Immer wieder spie­len May­be­bop mit Genuss und Kön­nen mit musikalis­chen und nationalen Klis­chees. Die aus­geze­ich­nete Bol­ly­wood-Hymne “Ver­steh das” ist so eine Platitüde, das pen­tatönige „Chi­ne­sis­che Medizin“nimmt nicht nur alter­na­tive Heilkün­ste, son­dern auch das Essen aufs Korn. Alles in allem ist die Vielfalt der Musik ein­fach verzück­end: Der waschechte Marsch (bei dem das vokale Blech dröh­nt und die Füße zuck­en) ist genau­so ein Teil des “Sis­tem­fel­ers” wie Aus­flüge in den Balkan-Pop, das plattdeutsche „Dat du min Leevsten büst“ oder eine gesun­gene Ver­sion des Rav­el-Boleros. Gut, musikalisch ist der bei den Swingle Singers noch bess­er gewe­sen — aber die haben nicht den her­rlich augen­zwinkern­den Text von Oliv­er Gies. Der erzählt ganz aus­ge­feilt einen klas­sis­chen Konzerbe­suchs eines blasierten Ange­bers. Und kurz darauf — nach einem kurzen Abstech­er zur Logik des Beat­box­ens — find­et man sich schon im Hiphop wieder. Über­haupt Oliv­er Gies: Der Bari­ton zeich­net nicht nur für die Arrange­ments ver­ant­wortlich, son­dern hat auch fast alle Texte geschrieben und Melo­di­en kom­poniert. Und da find­en sich echte Klein­ode — wer auf “Sis­tem­fel­er” kein Lieblingslied find­et, ist für a‑cap­pel­la-Pop wohl ver­loren. Oder hoff­nungslos­er Purist, der mit diesem fro­hen Eklek­tizis­mus nichts anfan­gen kann.

May­be­bop: Sis­tem­fel­er. Ellen­berg­er 2017. Spielzeit: 55:44

(Zuerst erschienen in “Chorzeit — Das Vokalmagazin”, #39, Mai 2017)

Taglied 17.5.2016

May­be­bop hat noch ein­mal nachgelegt und ein nettes Video zu „Es war gut so“ gedreht:

Es war gut so — MAYBEBOP (2016)

Beim Klick­en auf das und beim Abspie­len des von YouTube einge­bet­teten Videos wer­den (u. U. per­so­n­en­be­zo­gene) Dat­en wie die IP-Adresse an YouTube über­tra­gen.

Taglied 23.3.2016

Endlich gibt es auch zum wun­der­bar pathetis­chen „Fes­tung“ von May­be­bop ein Video:

Fes­tung — MAYBEBOP (2016)

Beim Klick­en auf das und beim Abspie­len des von YouTube einge­bet­teten Videos wer­den (u. U. per­so­n­en­be­zo­gene) Dat­en wie die IP-Adresse an YouTube über­tra­gen.

Taglied 16.12.2015

May­be­bop & OnAir, Be Still My Heart (auch auf der neuen, sehr schö­nen Wei­h­nachts-CD von May­be­bopy, Für euch)

Be Still My Heart — a cap­pel­la Cov­er — MAYBEBOP & ONAIR

Beim Klick­en auf das und beim Abspie­len des von YouTube einge­bet­teten Videos wer­den (u. U. per­so­n­en­be­zo­gene) Dat­en wie die IP-Adresse an YouTube über­tra­gen.

Taglied 3.11.2015

So lasse ich mir James Bond (für dessen Erschei­n­un­gen ich son­st nicht so zu begeis­tern bin …) gefall­en:

Bond Song Evo­lu­tion — MAYBEBOP (2015)

Beim Klick­en auf das und beim Abspie­len des von YouTube einge­bet­teten Videos wer­den (u. U. per­so­n­en­be­zo­gene) Dat­en wie die IP-Adresse an YouTube über­tra­gen.

Taglied 8.9.2015

May­be­bop, Deutschlied

Deutschlied — MAYBEBOP (2015)

Beim Klick­en auf das und beim Abspie­len des von YouTube einge­bet­teten Videos wer­den (u. U. per­so­n­en­be­zo­gene) Dat­en wie die IP-Adresse an YouTube über­tra­gen.

Darf man das das? Maybebop darf

maybebop, das darf man nichtEin buntes Cov­er ver­heißt far­bige Musik. Bei May­be­bop geht die Gle­ichung unbe­d­ingt auf. Denn das Foto mit den vier Her­ren in sehr far­bigen Anzü­gen ist kein Zufall: So bunt wie das Äußere klingt auch das neueste Album von May­be­bop mit dem schö­nen Titel “Das darf man nicht”. Über die modis­chen Entschei­dun­gen des Quar­tetts mag man geteil­ter Mei­n­ung sein — die Musik bietet dafür keinen Anlass.

Denn May­be­bop bleibt sich und ihrem Erfol­gsrezept ziem­lich treu. “Das darf man nicht” ist — je nach Zäh­lung — immer­hin schon das zwanzig­ste Album der Han­nover­an­er A‑Cap­pel­la-Pop-Spezial­is­ten. Und das hört man. Nicht, weil es lang­weilig wäre. Son­dern weil die Vier — und vor allem ihr Tex­ter, Kom­pon­ist und Arrangeur Oliv­er Gies, der auch diese CD fast im Allein­gang zu ver­ant­worten hat — genü­gend Erfahrung mit­brin­gen, ihre Stärken voll auszus­pie­len: „Das darf man nicht“ ist wieder eine gelun­gene Mis­chung aus Par­ty­hits, gefüh­lvollen Bal­laden, komis­chen Ein­la­gen und knack­i­gen Beats.

Vor allem aber ist es sehr feinsin­nig und sorgfältig gear­beit­et. Denn das fällt immer wieder auf: Die 13 Songs klin­gen nicht nur beim ersten Hören gut, son­dern offen­baren auch beim fün­ften oder siebten Durch­lauf noch vielschichtige und neue Details. Dabei ist das keineswegs akademisch aus­getüftelte Musik. Im Gegen­teil: May­be­bop steigt gle­icht mit den ersten Tönen in die Par­ty ein, läs­sig und konzen­tri­ert starten sie mit “Es war gut so” — so bleibt auch der Rest der CD.
Etwa der Titel­song, “Das darf man nicht”. Da hört man gut eine echte Spezial­ität von May­be­bop: Exzel­len­ter Vocalpop mit eingängi­gen Melo­di­en zu gewitzten Tex­ten, unter­stützt von sorgfältig aus­gear­beit­eten, ideen­re­ichen Arrange­ments, die sich nie in den Vorder­grund drän­gen. Und dazu feine Hook­lines, die sich schnell und tief ins Gedächt­nis graben. Davon lebt etwa auch die „Fes­tung“, bei dem sich der dun­kle Bass im har­monisch aus­bal­ancierten Quar­tett, das (mit leichter elek­tro­n­is­ch­er Nach­hil­fe) eine dur­chaus erstaunliche Klangfülle pro­duziert, in einem groß angelegtem Phan­tas­ma ausleben darf.

Wun­der­bar ist auch das ambiva­lent betex­tete Deutschlied, in dem Haydns Kaiserquar­tett ganz anders, näm­lich gefüh­lvoll, nach­den­klich und mod­ern klingt. Das begin­nt als Anti-Hymne mit den Worten „Wäre ich ein Ital­iener“, schafft die Kurve zu einem pos­i­tiv­en Deutsch­land­bild aber dann doch noch: „Deutsch­land ist schon echt okay“. Oder die leicht schmalzige Pop-Bal­lade “Ich seh Dich”, die geschmack­voll verträumt erzäh­lend dahin­fließt. Zum Aus­gle­ich gibt es aber auch genug knack­ig Kracher, die alle Extrem­ität zum Zuck­en brin­gen. Denn ob man’s darf oder nicht: May­be­bop macht leichte, eingängige Musik mit Niveau bei den abwech­slungsre­ichen Tex­ten, der stilis­tisch vielfälti­gen Musik und der präzisen Aus­führung, die ein­fach Spaß macht.

— Zuerst erschie­nen in Chor­zeit — Das Vokal­ma­ga­zin, Aus­gabe #16, Mai 2015.

Taglied 13.4.2015

may­be­bop, ich seh dich (im pop-mix, von der neuen cd “das darf man nicht” — die übri­gens auch sehr schön gewor­den ist):

Ich seh Dich — MAYBEBOP (2015)

Beim Klick­en auf das und beim Abspie­len des von YouTube einge­bet­teten Videos wer­den (u. U. per­so­n­en­be­zo­gene) Dat­en wie die IP-Adresse an YouTube über­tra­gen.

Maybebop im Interview

Im Feb­ru­ar hat­te ich die Gele­gen­heit, mich sehr nett mit den vier Sängern von May­be­bop zu unter­hal­ten. Das lei­der um einiges gekürzte Inter­view erschien in der März-Aus­gabe von “Chorzeit — Das Vokalmagazin”.

Sechs Konz­erte, sieben Work­shops und neun Shows auf der Musikmesse NAMM in Los Ange­les haben May­be­bop auf ihrer USA-Tournee absolviert. Nach ihrem ersten Konz­ert in Deutsch­land mit ihrem Pro­gramm „Weniger sind mehr“ in Bad Vil­bel hat sich das Quar­tett Zeit genom­men, mit der „Chorzeit“ über ihre Erfahrun­gen in Ameri­ka, die deutsche A‑Cap­pel­la-Szene und ihren Anteil an den Entwick­lun­gen der let­zten Jahre zu sprechen.

Ihr seid ger­ade von eur­er ersten Ameri­ka-Tournee zurück gekom­men. Wie waren eure Erfahrun­gen dort?
Lukas: In den USA sind die Men­schen viel offen­er a‑cappella und dem Gesang gegenüber. Die Scheu vor dem Sin­gen ist nicht so groß, der Charme von Chören ist in Deutsch­land dage­gen doch etwas ver­staubt.
Sebas­t­ian: In Ameri­ka war das viel pos­i­tiv­er: Ihr singt? — OK, dann singt doch mal.

Wie kommt denn deutsch­er A‑Cap­pel­la-Gesang beim amerikanis­chen Pub­likum an?
Oliv­er: Das war aufre­gend und eine tolle Erfahrung für uns: Wir haben englisch mod­eriert und wir haben gemerkt, das funk­tion­iert und unser Humor trans­portiert sich. Das Pro­gramm bestand aus englis­chen Cov­ers aus unserem Reper­toire, auch deutsche Stücke und Volk­slieder — so ein biss­chen deutsche Trad­tion — und auch eigene Stücke von uns, die wir uns über­set­zen haben lassen.

Habt ihr auch Kon­tak­te zur amerikanis­chen a‑cap­pel­la-Szene geknüpft?
Lukas: Natür­lich, vor allem auf per­sön­lich­er Ebene, aber auch schon im Vor­feld, weil die glob­ale A‑Cap­pel­la-Com­mu­ni­ty in den USA organ­isiert ist und sich dort alles sam­melt. Im Gegen­satz zu Deutsch­land sitzt in Ameri­ka sehr wenig Geld in der Vokalszene, dafür aber sehr viel Enthu­si­as­mus und eine große Bere­itschaft, auch ohne Geld zu arbeit­en.

Wie habt ihr die amerikanis­che Szene wahrgenom­men?
Jan: Das ist ganz anders als in Deutsch­land: In Ameri­ka ist es selb­stver­ständlich, wenn man an der High­school oder an ein­er Uni­ver­sität ist, dass man in einem a‑cap­pel­la-Ensem­ble oder in Chören singt. Diese Szene, die semi­pro­fes­sionelle und die Laien­szene, ist an den Uni­ver­sitäten und den Schulen schon seit ganz langer Zeit total ver­ankert. Dass es selb­stver­ständlich ist, dass es an Uni­ver­sitäten mehrere Chöre und Ensem­bles gibt — das fan­den wir ganz beein­druck­end. Da bilden sich ganz viele Ensem­bles, das ist total geil. Und es wird ein­fach wahnsin­nig viel gesun­gen.
Lukas: Aber da wir auf keinem Fes­ti­val waren, haben wir keine amerikanis­chen Ensem­bles ent­deckt. Wir waren selb­st die Ent­deck­ung für die Amerikan­er — hof­fentlich …

Gestern habt ihr euer erstes Konz­ert wieder in Deutsch­land gesun­gen: Wie fühlt es sich an?
Lukas: Es war tat­säch­lich ein biss­chen aufre­gend, weil wir ja auch nach zwei Monat­en das erste Mal wieder ins Tages­geschäft kamen. Ob das noch so alles funk­tion­iert, das war schon span­nend. Und ich hat­te das Gefühl, dass wir reifer gewor­den sind mit den Erfahrun­gen aus den USA.
Jan: Vor allem haben wir uns total gefreut, dass man wieder ein Pub­likum vor der Nase hat, für das man ein Gefühl, wo man weiß, wie die Witze funk­tion­ieren und nicht so tas­ten muss.

Und wie seht ihr den Boom der deutschen a‑cap­pel­la-Szene?
Lukas: Wir ver­fol­gen das natür­lich. Es gab schon mal einen Boom neuer Grup­pen, der war vor ein paar Jahren wieder weg, und jet­zt ist er wieder da. Wir sind da — ganz unei­t­el gesagt — vielle­icht auch nicht ganz unbeteiligt daran.
Jan: Vor allem sehen wir natür­lich, dass junge Leute auf den Konz­erten sind und sich in den let­zten Jahren so einige junge Ensem­bles bemerk­bar gemacht haben, die dann auf ein­mal da waren, wie etwa High­five, anders oder Delta Q: Da kom­men einige, die jet­zt so in den semi­pro­fes­sionellen Bere­ich vor­drin­gen. Das ist auf jeden Fall ein Trend. Vor ein paar Jahren, da haben wir gesagt: Mann, es kommt gar nix nach, es passiert nichts in der Szene. Und dann fing es auf ein­mal wieder an. Dann kamen Grup­pen, die im Foy­er nach unserem Konz­ert was gesun­gen haben, wo wir ein­fach baff waren.
Lukas: Was wir nicht so mitkriegen, ist die gesamte Bre­ite. Wir bekom­men vor allem die Spitze von den jun­gen Ensem­bles mit, die sich trauen, was zu veröf­fentlichen, uns was zu schick­en.

Seht ihr da neue Trends bei den jun­gen Ensem­bles?
Oliv­er: Ganz auf­fäl­lig ist ger­ade, dass die Grup­pen, die jet­zt entste­hen, sich dadurch ausze­ich­nen, dass sie eigene Stücke sin­gen. A‑Cappella war bis vor fünf Jahren noch fest­gelegt auf entwed­er lustig oder Stücke nachsin­gen. Und die neuen Grup­pen, die jet­zt entste­hen, die machen Musik und drück­en sich mit eige­nen Tex­ten aus. Das finde ich total bemerkenswert: A‑Cappella wird jet­zt so langsam erwach­sen. Man spielt jet­zt nicht mehr in ein­er Band, son­dern ich kann auch a‑cappella sin­gen und mein Zeug machen.
Bei der BERvokal hat­ten wir einen Abend Open-Stage, wo jed­er auf die Bühne kon­nte, der wollte — und da sind wir beina­he hin­tenüber gekippt: Eine Gruppe nach der anderen kommt da auf die Bühne und singt ein eigenes Lied. Fan­den wir total abge­fahren und neu. Oder auch Grup­pen, die jet­zt erfol­gre­ich sind, wie Juice­Box. oder OnAir, die ein­fach nur Musik machen. Das gab’s vorher so noch nicht.
Lukas: Und wenn deutsche Grup­pen es jet­zt schaf­fen, das zu verbinden, das Unter­halt­same mit der Musik, dann ist das was wirk­lich tolles und ein riesen Ding. Musik gibt es im a‑cap­pel­la-Bere­ich über­all auf der Welt auch, Witzigkeit in a‑cappella gibt es nur in Deutsch­land.

Ihr habt ja im let­zten Jahr mit BERvokal sog­ar ein Fes­ti­val gegrün­det …
Lukas: Ja, das habe ich mit Felix (unter anderem unser Chore­o­graph) ange­fan­gen. Das ist ja auch auf junge gute Grup­pen gemünzt. Und Berlin brauchte das. Da ist bish­er jedes a‑cap­pel­la-Fes­ti­val gescheit­ert, das ist ganz schw­eres Pflaster. Aber das hat mich ange­s­pornt. Ich wollte ein­fach einen deut­lichen vokalen Schw­er­punkt nach Berlin bekom­men und vor allem auch die jun­gen Grup­pen fördern, dass die ein Forum haben. Nach dem Vor­bild der voc.cologne, aber offen für alle junge tal­en­tierten Grup­pen, die Luft nach oben haben und denen man viel beib­rin­gen kann.

Wie schätzt ihr den euren Ein­fluss auf diese Entwick­lung ein?
Jan: Uns gibt es jet­zt seit zwölf Jahren — sich­er hat man da seinen Ein­fluss. Oliv­er hat als Arrangeur auch ganz bes­timmt seinen Ein­fluss in der deutschen Chor- und a‑cap­pel­la-Szene genom­men. Und wir als Gruppe haben bes­timmt auch eine Art Vor­re­it­er­rolle, was die eigene Musik ange­ht.

Und eure Musik kann ja jed­er sin­gen, ihr verkauft eure Arrange­ments inzwis­chen auch als Song­books?
Jan: Das haben wir gemacht, weil ein­fach viele Leute danach fra­gen. Unsere Sätze sind ja nicht leicht und speziell auf uns zugeschnit­ten, insofern freuen wir uns über jeden, der das schafft.
Oliv­er: Aber wir haben auch vere­in­fachte Sätze für Chöre dabei, die für SATB natür­lich angepasst sind. Und wir freuen uns ein­fach immer, wenn unsere Musik gesun­gen wird — egal von wem.

Ihr seid auch als pro­fes­sionelles Ensem­ble noch Mit­glied im Chorver­band. Warum?
Sebas­t­ian: Wir wollen die Leute ja zum Sin­gen brin­gen. Nicht umson­st haben wir viele Jahre Schul­work­shops gegeben und geben immer noch Chor­work­shops. Wir wollen den Leuten zeigen, dass Sänger ein Beruf ist, der Spaß macht und von dem man leben kann. Und wir wollen die Chorsänger ein­fach noch so ein biss­chen kitzeln. Wir haben im Chor­bere­ich ja auch eine gewisse Promi­nenz, da muss man ein­fach Zeichen set­zen: Leute, kommt in den Chor, der Chorver­band ist nicht nur eine ver­staubte Insti­tu­tion.
Jan: Und das ist ein­fach unsere Szene, in der wir uns bewe­gen, wir sind ja alle auch richtige Chorgewächse.

Und ihr seid jet­zt mit mehreren Sätzen in der Lit­er­at­u­rauswahl des Chor­wet­tbe­w­ers vertreten.
Oliv­er: Das ist natür­lich toll und freut uns sehr, wenn unsere Musik diese Schätzung erfährt. Das passiert inzwis­chen auch woan­ders: “Engel” war sog­ar mal Bestandteil des bay­erischen Abiturs, und “Gum­mibaum” wurde in ein Schul­buch aufgenom­men. Wir schreiben uns ja auf die Fahne, immer auch Volk­slieder zu sin­gen und sozusagen der deutschen Kul­tur Raum zu geben. Da passt es ganz gut, dass Arrange­ments wie “O Täler weit” und “Die Gedanken sind frei” in die Liste aufgenom­men wur­den.
Jan: Wir schauen ja immer, was kann man noch machen, was haben andere noch nicht gemacht? Denn es ist immer schön, was Neues zu machen, weil es auch frisch hält. Und wir haben das Ziel, uns alle zwei Jahre neu zu erfind­en.

— Zuerst erschienen in Chorzeit — Das Vokalmagazin, Aus­gabe März 2014.

So klingt übri­gens May­be­bop — zum Beispiel bei Oliv­er Gies’ Arrange­ment von “O Täler weit”:

Mehr oder Weniger: Neue Musik von Maybebop

Für den Som­mer­hit sind sie dann doch zu spät. Schade, denn „Im Moment ist alles richtig“ hätte dafür Poten­zial gehabt. Auch son­st bleibt May­be­bop strikt auf Hitkurs. „Weniger sind mehr“ haben die Nieder­sach­sen ihr neuestes Album betitelt. Und das bezieht sich zum Glück nicht auf die Beset­zung: May­be­bop ist immer noch ein Quar­tett, wie schon seit gut 20 Jahren. Mit ihrer ersten CD bei Warn­er sind sie jet­zt noch ein biss­chen Main­stream-tauglich­er gewor­den. Und auch etwas glat­ter: Das ist her­vor­ra­gend gemachter, Radio-tauglich­er Pop, der sich mehr als früher an den Wise Guys ori­en­tiert.

Schon beim ersten Hören fällt auf: Das Essen treibt sie irgend­wie beson­ders um, beson­ders der Kon­sum von Fleisch — den sie nur halb im Spaß gerne durch Insek­ten erset­zen möcht­en. Aber ger­ade die bemüht poli­tis­chen Texte sind eher die schwächeren der CD — auch musikalisch glänzen diese Lieder nicht beson­ders. Dafür gibt es woan­ders auf „Weniger sind mehr“ aber wieder Entschädi­gung: Neben dem mitreißen­den „Im Moment ist alles richtig“ ist der titel­gebende Song am Ende der CD noch ein­mal (zumin­d­est musikalisch) ein echt­es High­light. Am kun­stvoll­sten ist aber das Arrange­ment von Schu­berts Erlkönig – den erken­nt man kaum wieder. Was aber über­haupt nicht gegen die Bear­beitung von Oliv­er Gies spricht, im Gegen­teil: Auch wenn das kaum zum Main­stream-Pop des Rests passt, ist das doch gewitzt und inten­siv in sein­er Emo­tion­al­ität.

Anderes ist weniger überzeu­gend. „Nimm mich mit“ etwa kann vor Kraft nicht mehr laufen: Weil kein­er der vier weiß, wohin mit der (allerd­ings auch tech­nisch kräftig aufgepäp­pel­ten) Stimmkraft, hängt das alles im Gum­mik­lang. Lei­der sind die vier Sänger sowieso alles andere als zurück­hal­tend mit der Stu­diok­lan­gelek­tron­ik — dadurch ver­liert der May­be­bop-Klang einiges von seinem Charme. Ander­er­seits bekom­men Songs wie „Was ist mit der Liebe“ so ordentlich Druck, den das Quar­tett geschickt und aus­ge­sprochen klangspielerisch nutzt. Gekon­nt aufge­grif­f­ene Klis­chees und spielerisch-sub­ver­sive Ref­eren­zen an die Romanze machen auch den “Liebes­brief” zu einem echt­en Klein­od: Ein her­rlich­es Bass-Solo mit Hin­ter­grund-Gesäusel aus den drei Samtkehlen der restlichen May­be­bop­per. Vielfalt bleibt also May­be­bop-Pro­gramm, auch auf „Weniger sind mehr“.

(geschrieben für die Neue Chorzeit.)

Seite 1 von 2

Präsentiert von WordPress & Theme erstellt von Anders Norén