und es klingt genau so, wie man sich es vorstellt, wenn ein klassisch ausgebildeter (und guter!) sänger jazz singt. nicht schlecht, nur – für mich – ausgesprochen langweilig, weil eigentlich vollkommen vorhersehbar und erwartbar. ab und an gibt’s immerhin versuche der freiheit, des befreiten klangs – aber das ist ungefähr so authentisch wie der soul von mariah carey (ok, das war jetzt gemein …).
auch die auf dem cover (dazu später mehr) so hoch gepriesenen arrangements sind meines erachtens eher belanglos. im kern ist es eine solide jazzband versierter studiomusiker, ab und an zur bigband erweitert, einige mal auch durch das deutsche symphonie-orchester abgelöst. aber da gab es schon vor 50 jahren spannendere sachen – wenn ich etwas an neil heftis arbeiten für count basie denke. oder an so manche aufnahme von stan kenton.
das ist aber überhaupt das problem für mich mit dieser cd: das ist letztlich halt einfach alles furchtbar altmodisch, traditionell, ja fast staubig. ist es, so frage ich mich bei so etwas immer wieder, immer noch jazz, wenn man über jahrzehnte stets dasselbe spielt? jazzige musik ist es, klar. aber für echten jazz braucht es in meinen augen (und ich mag da etwas radikal sein) mehr, nämlich unbedingt einen kontakt zur jetztzeit, eine kommunikation mit der gegenwart, die sich akustische niederschlägt – hätte jazz das nicht geleistet, wäre er nie so wichtig und interessant gewesen.
wolf kampmann wirft diese frage im booklet auch auf, ohne sie aber zu beantworten. überhaupt, das booklet – kampmann schätze ich ja eigentlich sehr. aber so eine schleimerei wie das hier … und nur, weil das alles für die vita von thomas quasthoff und produzent (und gastsolist) till brönner relevante musik sein soll, muss ich mir das ja nicht unbedingt anhören – das ist doch ein absolut peinlicher fehlschluss. und genau so geht mir halt das ganze vermarktungsgeseiere gehörig auf den wecker. natürlich muss hier alles wieder schön in der ausgelutschten song-form, schön brav im radio-kompatiblen drei-minuten-format sein – das haben echte jazzer auch schon vor fünfzig jahren hinter sich gelassen. und natürlich muss der name von thomas quasthoff – der hier nur singt, nichts arrangiert, dirigiert, komponiert, improvisiert – prominenter als alles andere sein. und die krönung ist natürlich die beiliegende werbung für klingeltöne mit musik aus diesen aufnahmen – deutlicher kann man doch die angeblich so hehren bemühungen der künstler gar nicht ad absurdum führen …
nachdem das drumherum (ach ja: der sound ist übrigens ausgesprochen mittelmäßig, sehr unecht, total auf die stimme konzentriert, klignt sehr zusammengesetzt) jetzt aber auch noch ein paar worte zur musik: zu hören sind songs von gershwin und konsorten wie frederich loewe und rodger & hart (also eher musical-/broadway- als jazz-komponisten …). aber leider zu hören ohne improvisation, ohne sinn. und dann kommt ausgerechnet dazu noch die anmaßung, das ganze the jazz album zu nennen. immerhind wird dann im booklet auch noch jeder kopist (natürlich hat jeder arrangeur seinen eigenen – wozu eigentlich im zeitalter des computers?) namentlich erwähnt – nur das raumpfleger-team der studios haben sie vergessen …
alles in allem ist es für meinen geschmack auch noch viel zu nahe am kitsch gebaut (allerdings allemal besser, als wenn popsänger klassik zu singen versuchen). ohne frage ist es immerhin – was anderes wäre aber auch sehr verwunderlich – gesangstechnisch eine wunderschöne sache. etwa smile oder in my solitude – in diesen schmonzetten kann quasthoff schon einiges bieten. aber jazz? mit vielen fragenzeichen und klammern höchstens, eigentlich ist nur die rekapitulation einer früher mal aktuellen musik, die schon damals kaum noch jazz war, heute aber eben in meinen augen das recht auf diesen ehrentitel verloren hat.
thomas quasthoff: the jazz album. watch what happens. deutsche grammophon 2007.
Schreibe einen Kommentar