oh mein gott, wie kon­nte das nur passieren. wer hat nur zuge­lassen, dass diese auf­nah­men an die öffentlichkeit gelangten: sting ver­sucht john down­land zu sin­gen. und so sehr ich (bish­er) sting mochte und auch noch mag — ger­ade kür­zlich erst wieder in erin­nerung gerufen durch den auf dimead­ozen ver­füg­baren mitschnitt des genialen konz­ertes „the art of the heart” in los ange­les — , auch wenn seine let­zten cds zunehmend schwäch­er wur­den (soweit sie aus dem stu­dio stammten, live ist er irgend­wie dann doch immer bess­er geblieben), naja, jeden­falls, was ich sagen wollte: eigentlich bin ich sting ganz pos­i­tiv zuge­tan. aber das geht ja nun gar nicht: er ver­sucht, laut­en­lieder von john down­land zu sin­gen. dum­mer­weise hat er mit­tler­weile fast über­haupt keine stimme mehr, falls er sie je hat­te. und das wird dann wirk­lich grotesk, wenn ein musik­er wie sting verzierun­gen, melis­men der barockzeit singt: absur­dere auf­führun­gen lassen sich ja kaum noch denken.

was mich aber noch mehr erschreckt: die cd ist bei der deutschen gram­mophon gesellschaft erschienen. das war ein­mal eine respek­table fir­ma — man denke nur daran, was sie mir der „archiv-pro­duk­tion” für die his­torisch informierte auf­führung­sprax­is getan hat! — , ein solides unternehmen der klas­sik-branche. wie die meis­ten großen haben sie aber nicht verkraftet, dass weniger leute ihre cds kaufen (wollen, kaufen wollen wer­den, was auch immer): die drehen da in ihren büros wohl inzwis­chen vol­lkom­men am rad … wenn ich mir vorstelle, was die jet­zt schon so zusam­menge­braut haben — ich sage nur „re-com­pose”… lustig ist das nur insofern, als es doch ger­ade so fir­men wie die dgg waren, die ein­mal so etwas wie cor­po­rate iden­ti­ty erfun­den haben (die gel­ben etiket­ten z.b.) — das alles ist längst ver­schwun­den, jet­zt herrscht fröh­liche anar­chie nach den geset­zen des mark­tes. oder was man dafür hält. denn sie scheinen nicht zu ver­ste­hen (wollen), dass es vielle­icht gar nicht so schlimm sein muss, dass man von ein­er einzi­gen cd keine hun­der­tausende exem­plare abset­zen kann. es gibt ja doch genug fir­men, die vor­ma­chen, dass man auch mit ver­gle­ich­sweise kleinen aufla­gen gutes geld ver­di­enen kann …

naja, soviel zur pro­duk­t­poli­tik der dgg — ich habe schon sehr lange keine cd mehr von ihnen gekauft, fällt mir ger­ade ein. zur sting-cd will ich gar nicht viel sagen. dass er halt nicht so richtig gut sin­gen kann — geschenkt. dass er aber unbe­d­ingt im mehrspurver­fahren seinen eige­nen chor spie­len muss — lächer­lich. dass er das ganze mit der — grauen­haft unter­mal­ten — lesung von briefz­i­tat­en aufzu­pep­pen müssen meint — auch so eine ver­fallser­schei­n­ung. nie­mand traut da bei den zuständi­gen leuten der musik mehr. und den käufern, den zuhör­ern, sowieso nicht: mir sieht das schw­er danach aus, als wolle man damit soge­nan­nte bzw. so emp­fun­dene „pop”-kunden zur klas­sik hinüberziehen. ob das mit so ver­queren pro­duk­ten, so mis­s­rate­nen auf­nah­men, die ja jedem klas­sikhör­er die zehen­nägel hochrolle, gelingt, bezweifel ich doch sehr. das einzige, was man diesem zeug mit viel gutem willen zugute hal­ten kann, ist der hauch von authen­tiz­ität, den sting halt auch in seinen schlecht­esten momenten noch ver­strö­men zu ver­mag: er ist ja nicht umson­st der pop-star gewor­den, der er ist — dazu gehört eben dur­chaus nicht zulet­zt auch eine ordentliche por­tion charis­ma. und ein klitzek­lein­er rest ret­tet sich manch­mal sog­ar in die down­land-lieder (die, noch neben­bei bemerkt, auch klangtech­nisch nicht beson­ders gut aufgenom­men sind). die einzige empfehlung: das reine laut­en­stück „for­lon hope fan­cy”. anson­sten durch­hören und schnell wieder vergessen.

einige der hier mis­shan­del­ten lieder gibt es auch ganz ordentlich in der bei zweitausendeins ver­triebe­nen edi­tion lied — nur so als hin­weis…

sting: songs from the labyrinth. lieder von john down­land. mit edin kara­ma­zov (laute). deutsche gram­mophon 2006.