Es ist wieder einmal ein ausgesprochen anspruchsvolles Programm, dass sich die Rheinische Orchesterakademie Mainz (ROAM) für ihre achte Arbeitsphase vorgenommen hatte. Wer ein Konzert mit Anton Weberns Passacaglia eröffnet, beweist zumindest einmal ordentliches Selbstvertrauen. Aber das Wagnis lohnt sich, wie das Abschlusskonzert im Schloss zeigte. Denn die Mischung aus formaler Konzentration und Schwelgen im noch spätromantischen Klang gelang den jungen Musikern erstaunlich gut. Vor allem dank der strengen Hand des Dirigenten Manuel Nawri blieb das Opus 1 Weberns trotz seiner komplexen Strukturen klar und überschaubar: Pure Spannung und reine Intensität — ein wirklich beeindruckender und verheißungsvoller Auftakt. Und es ging auf hohem Niveau weiter: Mit den „Vier letzten Liedern“ von Richard Strauss führte der Weg ein Stück zurück in die „echte“ Spätromantik. Die Orcehsterlieder sind zwar erheblich später als die Passacaglia komponiert worden, leben aber noch ganz aus und im Geist der späten Romantik.
Die Solistin Betsy Horne sang das über weite Passagen sehr zurückgenommen und wunderbar in den Orchesterklang integriert. Nie exaltiert, aber doch immer angespannt, klar fokussiert und so natürlich, wie solch kunstvolle Lieder überhaupt noch zu singen sind. Feinsinnig gestaltet und sensibilisiert für feinste Nuancen: In dieser fast überspannten nervösen Empfindlichkeit traf sie sich genau mit dem Orchester. Das hatte jetzt seine Klangdichte und vor allem die bewegliche Geschmeidigkeit noch einmal spürbar gesteigert. Alle waren allerdings auch fest entschlossen, nicht zu übertreiben, der Empfindsamkeit nicht vollends nachzugeben – das macht diese Lieder in ihrer sanfte Form- und Klanggebung zu wunderbaren Juwelen des Abschiedes, die in ihren letzten Tönen doch noch viel Zukunft verheißen.
Die ROAM ließ diese Verheißung allerdings erst einmal hinter sich und machte sich noch ein gutes Stück weiter in die Vergangenheit auf: Zu Schuberts vierter Sinfonie, der „Tragischen“. Jetzt wechselten sich feine Arabesken immer wieder mit ausgesprochen massive Klängen. Manuel Narwi sorgte für ein einfühlsames Gleiten durch die Partitur. Seltsam nur, dass beide Mittelsätze so deutlich abfielen – da fehlte schlicht zuviel innere Spannung als Antriebsfeder. Die Ecksätze dagegen liefen wie am Schnürchen: Diese vitale Musik spielte die ROAM mit hörbarer Freude und Enthusiasmus.
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