trauer ist ein wesentlich­es motiv für kom­pon­is­ten, fast so bedeu­tend wie die sehn­sucht — nach liebe, nach ein­er besseren welt, nach dem vol­len­de­ten kunst­werk. das war in der roman­tik so und ist auch im 20. jahrhun­dert noch so gewe­sen. deshalb hat sich die sin­foni­et­ta mainz zwei werke auf das pro­gramm geset­zt, die genau das zeigen sollen: alban bergs vio­linkonz­ert und die erste sin­fonie von johannes brahms. zwei kom­po­si­tio­nen also, die auf den ersten blick so gar nichts miteinan­der gemein haben. und auch auf den zweit­en blick liegen immer noch wel­ten zwis­chen ihnen. denn vielmehr als eine dif­fuse moti­va­tion der sehn­sucht verbindet sie wirk­lich nicht.
alban berg hat mit seinem vio­linkonz­ert ein­er­seits den auf­trag eines geigers erfüllt und ander­er­seits die trauer um den tod von manon gropius ver­ar­beit­et. im kur­fürstlichen schloss inter­essierten sich michael mil­lard, der diri­gent der sin­foni­et­ta, und die solistin son­ja starke allerd­ings vor allem für den emo­tionalen aspekt. sie tat­en dies allerd­ings auf eine bestechende weise. denn auch wenn sie das vio­linkonz­ert zu ein­er besinnlichen gedenk­feier macht­en, sie tat­en es mit geschmack und feinge­fühl. denn sie wur­den nie sen­ti­men­tal. im gegen­teil, ger­ade son­ja starke zeigte durch ihr schnürkel­los konzen­tri­ertes spiel, dass man nicht gefühls­duselig wer­den muss, um emo­tio­nen zu zeigen. ger­ade durch ihren präzise tra­gen­den ton, ihr bewun­dern­swertes lega­to und ihre uner­schüt­tliche tech­nis­che sicher­heit ermöglicht sie die ent­fal­tung der musik als wei­hevolle andacht, ohne sie mit sen­ti­ment zuzuschüt­ten. die sin­foni­et­ta unter­stützte sie dabei her­vor­ra­gend: mit hoher präzi­sion und spür­barem engage­ment ließ sie sich von mil­lard durch die auch nicht ein­fache par­ti­tur führen.
nach der pause saßen dann zwar mehr oder weniger die sel­ben leute auf der bühne, aber es war lei­der ein völ­lig anderes orch­ester. denn mit der ersten sin­fonie von brahms hat­ten wed­er die musik­er noch ihre diri­gent beson­dere for­tune. mil­lard dirigierte tem­pi wie aus gum­miband, entsprechend wenig ein­heitlich wur­den die einzel­nen sätze. und es zeigte sich: brahms mag zunächst harm­los wirken, aber unter der ober­fläche ver­birgt sich den­noch eine immer wieder faszinierende kom­plex­ität. die kon­nte man im schloss allerd­ings höch­stens erah­nen. denn mil­lard ver­mochte es hier nicht, sein orch­ester zu einem klangkör­p­er zu for­men. schw­er und müh­selig erkämpften sich die musik­er ihren weg ins finale, wo sie es immer­hin ordentlich krachen lassen kon­nten. echte sehn­sucht klingt aber anders.