nein, so heißt es gerade nicht: „alles wieder offen” behauptet das neue album (phase 3 der supporter-zeit) der einstürzenden neubauten. aber leider stimmt das immer weniger. das letzte war ja noch als versuch in die richtige richtung warzunehmen (nachdem perpetuum mobile auch schon nicht mehr die kraft der frühen en hatte). aber das wird jetzt immer schlimmer.
blixa bargeld dreht mittlerweile total ab in die rolle des poète maudit. er kann sie aber dummerweise nicht wirklich ausfüllen: klischee über klische über klischee häufen seine texte inzwischen. das war ja schon eine weile abzusehen. aber inzwischen strahlt diese haltung auch auf die musik aus. und er scheint die gruppe immer mehr zu dominieren. enttäuschend vor allem bass von alex hacke — das ist völlig belanglos geworden.
das schlimmste daran ist vor allem die permanente bildungshuberei der texte und ihre platte metaphorik, die immer so tut, als sei sie große kunst. ein paar beispiele? gerne doch. „enklave meiner wahl” in „nagorny karabach” ist zunächst — was für eine überraschung — die „enklave meines herzens” — aber mehr als diese parallelisierung bringt das ganze lied nicht fertig. ja, es ist wirklich ein lied. und selbst klang ist inzwischen fast radiokompatibel, so beliebig. und romantisch verklärt immer wieder. das klingt ganz einfach viel zu „normal”, nach standard-instrumenten — auch wenn bargeld betont, dass das alles „authentisch” sei: „Jeder Ton basiert auf einem natürlichen Klang, nicht auf Computersounds, auch wenn esich das mitunter so anhört.” (in einem ziemlich schlechten interview mit dirk peitz in der süddeutschen zeitung vom 30. oktober 2007) … es gibt keine ausbrüche mehr — unvorstellbar, dass die heute noch mit flex und schweißgerät auf die bühnen gingen: sie werden halt auch älter.
und so mittelmäßig geht es eigentlich durchweg weiter: „ich hatte ein wort / ein langes, selbstgezimmertes wie eine Rinne, mit Rädern / schmal wie ein Einbaum, oder etwas das Zement leiten soll / ein Modell zwar, windschnittig und windschief, aber meins” — so fängt „ich hatte ein wort” an — grausam. und primitiv — auch der schluss: „ich gebs nimmermehr preis”
„von wegen” hat immerhin noch einige ahnungen und ankläge früherer ideen, des früher strahlenden spieltriebs, der entdeckerfreude der „wahren” eintürzenden neubauten. und endlich werden auch einmal rossolo und martinetti zitiert — aber dermaßen platt, mit dermaßen grausam-peinlich-primitven geräuschhintergrund — das ist schlimmer als nichts.
es fehlt mir bei dieser platte also einfach der knackpunkt — der „winterspeck der möglichkeiten” (auch so eine tolle zeile) verbirgt das potenzial. ok, jetzt ist genug geschimpft, ganz so schlimmm ist es dann eigentlich doch nicht — aber das ist einfach viel zu nett und zu belanglos für eine cd der einstürzenden neubauten, das bleibt hinter ihren früheren werken zu weit zurück. das zeigt sich übrigens stärker noch in den die entstehung der platte begleitenden „jewels” — da lässt sich eher interessante musik finden. allerdings auch nur noch mit der zuhilfenahme von tricks: um zu ideen zu kommen, müssen sie sich dem zwang der aleatorik unterwerfen und karten mit spielanweisungen ziehen …
einstürzende neubauten: alles wieder offen (supporter-version). potomak 2007.
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