Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Schlagwort: geräusch

Ins Netz gegangen (21.5.)

Ins Netz gegan­gen (20.5. – 21.5.):

  • „ADHS ist Fol­ge pro­fes­sio­nel­ler Ver­nach­läs­si­gung“ – der​Stan​dard​.at – Jes­per Juul im Stan­dard-Inter­view über ADHS-Diagnosen:

    Ein wesent­li­cher Unter­schied zwi­schen Kin­dern und Erwach­se­nen ist, dass Erwach­se­ne teil­wei­se in der Zukunft leben kön­nen. Sie kön­nen sagen: Jetzt arbei­te ich zwei Jah­re lang wie wahn­sin­nig, dann kön­nen wir uns das Haus, das Auto, was auch immer leis­ten. Kin­der kön­nen das nicht sagen, die leben im Hier und Jetzt. Des­halb ent­wi­ckeln sie sehr schnell Sym­pto­me, die zei­gen, dass unser Lebens­stil nicht passt. Sie fan­gen an, Nein zu sagen und trot­zig zu wer­den. Kin­der machen also genau das, was die Erwach­se­nen eigent­lich tun soll­ten. Die klas­si­schen Stress­sym­pto­me wie Blut­hoch­druck, Burn-out, Bezie­hungs­kri­se – das kommt bei Erwach­se­nen meist zeitverzögert.

  • CTS – con­ser­ve the sound – Coo­le Idee und schi­cke Umset­zung: “Con­ser­ve the sound” ist ein Online-Archiv für ver­schwin­den­de Geräu­sche. Die Geräu­sche eines Wähl­schei­ben­te­le­fons, eines Walk­mans, einer ana­lo­gen Schreib­ma­schi­ne, eines Münz­te­le­fons, eines 56k-Modems, eines Atom­kraft­werks oder sogar einer Han­dy­tas­ta­tur sind teil­wei­se schon ver­schwun­den oder ver­schwin­den gera­de aus dem täg­li­chen Leben. Beglei­tend kom­men Men­schen in Text- und Video­in­ter­views zu Wort und ver­tie­fen den Blick in die Welt der ver­schwin­den­den Geräusche.
  • Geo­guessr – der xkcd zum geo­guessr ist mal wie­der herrlich …
  • Eine Musik der Viel­spra­chig­keit – taz​.de – Die taz spricht mit Ger­not Böh­me über Klang, Musik, Geräusch und Krach (in) der Stadt.

    Es ist gera­de in die­sem Bereich, wegen der rasan­ten Ent­wick­lung von Tech­no­lo­gie, gar nicht abzu­se­hen, was noch auf uns zukommt. Des­halb möch­te ich lie­ber bei der Fra­ge blei­ben, um was geht es in der Gegen­wart. Ich wür­de hof­fen, dass die Poli­tik in Bezug auf den Klang der Städ­te und der Archi­tek­tur nicht bloß beim Lärm und beim Dezi­bel­wert ste­hen bleibt. Es muss viel mehr um den Cha­rak­ter der Sounds gehen. Da gibt es viel posi­ti­ve­re Gestal­tungs­mög­lich­kei­ten. Lärm als sol­cher ist nicht das Übel, son­dern es geht um die Fra­ge: Was hören wir eigentlich.

alles wieder geschlossen

nein, so heißt es gera­de nicht: „alles wie­der offen” behaup­tet das neue album (pha­se 3 der sup­port­er-zeit) der ein­stür­zen­den neu­bau­ten. aber lei­der stimmt das immer weni­ger. das letz­te war ja noch als ver­such in die rich­ti­ge rich­tung war­zu­neh­men (nach­dem per­pe­tu­um mobi­le auch schon nicht mehr die kraft der frü­hen en hat­te). aber das wird jetzt immer schlimmer.

blixa bar­geld dreht mitt­ler­wei­le total ab in die rol­le des poè­te mau­dit. er kann sie aber dum­mer­wei­se nicht wirk­lich aus­fül­len: kli­schee über kli­sche über kli­schee häu­fen sei­ne tex­te inzwi­schen. das war ja schon eine wei­le abzu­se­hen. aber inzwi­schen strahlt die­se hal­tung auch auf die musik aus. und er scheint die grup­pe immer mehr zu domi­nie­ren. ent­täu­schend vor allem bass von alex hacke – das ist völ­lig belang­los geworden.

das schlimms­te dar­an ist vor allem die per­ma­nen­te bil­dungs­hu­be­rei der tex­te und ihre plat­te meta­pho­rik, die immer so tut, als sei sie gro­ße kunst. ein paar bei­spie­le? ger­ne doch. „enkla­ve mei­ner wahl” in „nagor­ny kara­bach” ist zunächst – was für eine über­ra­schung – die „enkla­ve mei­nes her­zens” – aber mehr als die­se par­al­le­li­sie­rung bringt das gan­ze lied nicht fer­tig. ja, es ist wirk­lich ein lied. und selbst klang ist inzwi­schen fast radio­kom­pa­ti­bel, so belie­big. und roman­tisch ver­klärt immer wie­der. das klingt ganz ein­fach viel zu „nor­mal”, nach stan­dard-instru­men­ten – auch wenn bar­geld betont, dass das alles „authen­tisch” sei: „Jeder Ton basiert auf einem natür­li­chen Klang, nicht auf Com­pu­ter­sounds, auch wenn esich das mit­un­ter so anhört.” (in einem ziem­lich schlech­ten inter­view mit dirk peitz in der süd­deut­schen zei­tung vom 30. okto­ber 2007) … es gibt kei­ne aus­brü­che mehr – unvor­stell­bar, dass die heu­te noch mit flex und schweiß­ge­rät auf die büh­nen gin­gen: sie wer­den halt auch älter.

und so mit­tel­mä­ßig geht es eigent­lich durch­weg wei­ter: „ich hat­te ein wort /​ein lan­ges, selbst­ge­zim­mer­tes wie eine Rin­ne, mit Rädern /​schmal wie ein Ein­baum, oder etwas das Zement lei­ten soll /​ein Modell zwar, wind­schnit­tig und wind­schief, aber meins” – so fängt „ich hat­te ein wort” an – grau­sam. und pri­mi­tiv – auch der schluss: „ich gebs nim­mer­mehr preis”

„von wegen” hat immer­hin noch eini­ge ahnun­gen und anklä­ge frü­he­rer ideen, des frü­her strah­len­den spiel­triebs, der ent­de­cker­freu­de der „wah­ren” ein­tür­zen­den neu­bau­ten. und end­lich wer­den auch ein­mal rosso­lo und mar­ti­net­ti zitiert – aber der­ma­ßen platt, mit der­ma­ßen grau­sam-pein­lich-pri­mit­ven geräusch­hin­ter­grund – das ist schlim­mer als nichts.

es fehlt mir bei die­ser plat­te also ein­fach der knack­punkt – der „win­ter­speck der mög­lich­kei­ten” (auch so eine tol­le zei­le) ver­birgt das poten­zi­al. ok, jetzt ist genug geschimpft, ganz so schlimmm ist es dann eigent­lich doch nicht – aber das ist ein­fach viel zu nett und zu belang­los für eine cd der ein­stür­zen­den neu­bau­ten, das bleibt hin­ter ihren frü­he­ren wer­ken zu weit zurück. das zeigt sich übri­gens stär­ker noch in den die ent­ste­hung der plat­te beglei­ten­den „jewels” – da lässt sich eher inter­es­san­te musik fin­den. aller­dings auch nur noch mit der zuhil­fe­nah­me von tricks: um zu ideen zu kom­men, müs­sen sie sich dem zwang der alea­to­rik unter­wer­fen und kar­ten mit spiel­an­wei­sun­gen ziehen …

ein­stür­zen­de neu­bau­ten: alles wie­der offen (sup­port­er-ver­si­on). poto­mak 2007.

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