mein gott, schon wieder so eine enttäuschung. manche leute sollten wohl einfach nur bis zu einem bestimmten alter schreiben. und bei franz xaver kroetz ist das offenbar inzwischen überschritten. denn was er hier unter dem titel blut & bier. 15 ungewaschene stories vorlegt, ist bei tageslicht besehen, einfach mist. und zwar ziemlich großer.
ich hatte ja eigentlich gehofft, etwas von der sprachlichen poesie des frühen kroetz, wie in bauern sterben, wunschkonzert oder furcht und hoffnung in deutschland auch in diesen geschichten wiederzufinden. aber nix da, das ist nur noch selbsthilfeprosa aus der schreibwerkstatt eines abgewrackten dichters, der genau weiß, dass er nichts mehr auf die reihe bringt. noch nicht einmal mehr ordentliche beobachtungen sind aufzuzeigen, kein interessantes thema oder ein gelungener plot. wobei die meisten dieser wirklich recht dreckigen g’schichten nicht einmal so etwas haben. apropos dreck: die vorgetäuschte kolloquialität, die bedeutungsvoll-unabsichtlich/bedeutungslos einflochtenen floskel der umgangssprache sind keinesweg legitimation für irgendetwas, sondern bloß nervend.
denn worum geht es hier eigentlich: genau, um kroetz. der taucht ziemlich offensichtlich in fast allen erzählungen auf – immer gibt es einen alternden schriftsteller, der kaum noch etwas zu stande bringt, der über der schreibmaschine brütet, der von alkohol und überhaupt dem ausschweifenden leben seiner erfolgreichen jugend gezeichnet ist: „er schickte sich rum. suchte eine neue. er fand ein loch. ein echtes. das war er. ein arschloch.“ (28)
oder die tollen, ach so wagemutigen, einfach peinlichen phantasien des alternden herrn beim anblick seiner familie – seiner frau und seiner beiden töchter: „sie zogen sich aus. sechs titten, drei ärsche, drei mösen, straffe haut über jungem fleisch“ … „mein gott, diese nutten, dachte er, diese gottverdammten nutten.“ (38) und so geht das dann die ganze zeit…
manchmal immerhin scheint noch etwas vom sozialkritischen beobachter, dem ehemaligen mitglieder der kommunistischen partei, in den texten auf – selten genug. etwa wenn er im letzten text „der ganz normal supermann“ das szenario einer ökologisch-egalitären gesellschaft entwirft, in der alles, auch sex etc., streng limitiert sind, damit alle mal zum zuge kommen.
literarisch ist das einfach mist: „schreiben kann doch heutzutage jeder depp, aber er war ein guter mann, und darauf kommts doch letztlich an!“ (79). das, was mich an solchen texten immer wieder am meisten anwidert, ist die tatsache, dass ihr autor durchaus zu wissen scheint, dass er nur mist, nur billiges geschwurbel ohne künstlerischen wert, produziert – und trotzdem nichts dagegen unternimmt, nichts besseres schreibt oder wenigstens den dreck unveröffentlich lässt.
damit wäre kroetz also auch abgehakt – es sei denn, er macht einen münchhausen und holt sich selbst noch einmal aus dem sumpf seiner selbstbezüglichen, selbstverliebten (immerhin mit dem obligatorischen winzigen schuss ironie), vor allem aber einfach schlechten prosa wieder heraus.
franz xaver kroetz: blut & bier. 15 ungewaschene stories. hamburg, rotbuch 2006
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