popthe­o­rie, popdiskurs und pop­krik­tik sind schw­er ver­minte und heftig umkämpfte zonen. auch behrens spart nicht mit deut­lichen worten und harten attack­en vor allem in rich­tung jour­nal­is­mus, aber auch pro­duzen­ten und kon­sumenten bekom­men ihren teil ab. “das reden über pop ist bisweilen mehr pop als das, worauf es gerichtet ist” — die gnaden­lose per­for­ma­tive selb­st­bezüglichkeit des pop-sys­tems ist sein aus­gangspunkt — und das in weit­en teilen immer noch ekla­tant naive reden über pop­phänomene, die genau diesen umstand nicht erken­nen kön­nen und wollen. dazu gehört für behrens auch die man­gel­hafte beobach­tung und erken­nt­nis der ver­flech­tung von markt und pop, von pro­duk­tions- und kon­suma­tions­be­din­gun­gen: “zur dieskur­siv­en struk­tur gehört allerd­ings, daß diesem pro­duzen­ten­da­sein, also der ver­flech­tung im kru­den ökonomis­chen zusam­men­hang kauf aufmerk­samkeit geschenkt wird.” — “pop erscheint als ein außen­raum inner­halb des kap­i­tal­is­mus”, eine posi­tion die behrens nicht befriedi­gen kann. denn er ver­sucht doch, genau dieses desider­at einzu­holen und den pop als poli­tisch-gesellschaftlich­es phänomen wenn nicht zu ret­ten (weil er nur das scheit­ern des pro­jek­tes attestieren kann), so doch immer­hin zu durch­leucht­en und zu ver­ste­hen.

dazu kommt ein weit­er­er fak­tor, der das denken und reden/schreiben über bzw. in pop bes­timmt (und der immer wieder, etwa von diedrich diedrich­sen, reflek­tiert wurde und wird): der zusam­men­hang zwis­chen pop und pos­i­tivis­mus: “der pop recht­fer­tigt dne pos­i­tivis­mus und der pos­i­tivsimus recht­fer­tigt den pop”, das, was man auch als authen­tiz­itäts­falle beze­ich­nen kön­nte: “jed­er zugang, jedes urteil ste­ht und fällt mit dem beweis, dabeigewe­sen zu sein. wer nicht da war, kann nicht mitre­den.” egal wie fein man pop nun also in szenen, grup­pen, felder dif­feren­ziert: “pop ist wesentlich eine bes­timmte umgangs­form mit musik im kap­i­tal­is­mus.” und dann wird es wirk­lich schwierig, denn anschluss an die poli­tis­che kraft des pop zu garantieren oder gar seine sub­ver­sität zu bes­tim­men, denn es bleibt ein­fach immer dabei: “wesentlich ist das geschäft der pop­musik eines von reklame”.

behrens schlägt dann noch eine weit­ere schleife, von diesem punkt des pos­i­tivis­mus oder der sub­jekt-zen­tri­erten authen­tiz­itäts­falle: “pop ist ver­spätete spätro­man­tik” — auch wenn ihm hier, ger­ade in der par­al­lelisierung mit der “kunst”-musik, einige unge­naugikeit­en und fehler unter­laufen. doch dadau­rch ist nund klar: “am ende der bürg­er­lichen kun­st­musik ste­ht der pop: eine sub­jek­tive inner­lichkeit, der alles sub­jek­tive genom­men ist”.

da nun aber auch zu beboacht­en ist: “der affir­ma­tive charak­ter der pop­kul­tur tritt […] nicht präven­tiv [wie in der kul­tur des bürg­er­tum, als schutz vor den eige­nen wider­sprüchen], son­dern aggres­siv auf.” und weil pop das leben gnaden­los mit der kun­st ver­mis­cht und zwar in dem sinne, das er proklamiert, “das leb­ne zum kunst­werk erheben zu kön­nen” — ver­schwindet pop in der kul­turindus­trie. die weni­gen räume der sub­ver­sion kann er dann allerd­ings auch nicht mehr nutzen: “die sub­ver­sion, die hier stat­tfind­et, hat sich je schon mit ihrem platz abge­fun­den; sie schlägt deshalb so leicht vom poli­tis­chen ins ästhetis­che um, weil ihr poli­tikver­ständ­nis kün­st­lerisch gemeint war”. prob­lema­tisch wird dann vor allem, dass die “sub­ver­sive indi­vid­u­altiät des pop­sub­jek­ts unter­stellt wird”, die doch eigentlich erst das ende der sub­ver­sion sein kön­nte. das ist es, was behrens dann in aller schärfe als die “ide­ol­o­gis­che lüge im rebel­lis­chen pro­gramm” verortet: pop und sub­ver­sion bilden so einen schö­nen zirkel.

“der pop real­isiert in seinem rebel­lion­s­ge­bahren gle­ich­sam das grund­mo­tiv des jugen­stils: ‘das träu­men, man sei erwacht’ [w. ben­jamin, pas­sagen-werk].” — “gle­ich­wohl bricht alle sub­ver­sion im pop nicht nur am scheit­ern solch­er sub­jek­tiv­ität, son­dern auch an ihrem drän­gen und ihrer not, die utopis­che in der musik noch nach­hallt. davon möcht sich der [.…] pop freimachen, weil alles ver­sprechen, was noch nicht mit den monatl­ci­hen neuer­schei­n­un­gen abge­golten ist, als geschäftschädi­gend gilt.” — und so scheint mir die einzige möglichkeit, über pop heute über­haupt noch gewinnbrin­gend nachzu­denken.

roger behrens: die rav­ing soci­ety frißt ihre kinder. anmerkun­gen zum zweit­en jugend­stil.