Buch als Mag­a­zin #1: Die Ver­wand­lung.

Eine schöne Idee: Rund um einen klas­sis­chen Text — bei der ersten Num­mer ist es Franz Kafkas “Die Ver­wand­lung” — sam­meln die Mag­a­z­in­mach­er Texte, Inter­views, Grafiken und Fotos. Die hän­gen an einzel­nen Aspek­ten der “Ver­wand­lung”, an Assozi­a­tio­nen oder Inter­pre­ta­tion­san­sätzen. Schöne Lek­türen, auch ein schön gemacht­es Mag­a­zin.

Elke Erb: Men­sch sein, nicht. Gedichte und andere Tage­buch­no­ti­zen. 2. Auflage. Basel, Weil am Rhein, Wien: Urs Engel­er Edi­tor 1999. 136 Seit­en.

Das Gedicht erscheint
Sobald es erschienen ist,
ist es ver­schwun­den. (90)

Schon der Unter­ti­tel ver­weist auf die typ­is­che Erb-Form: Gedichte als Tage­buch. Men­sch sein, nicht ver­sam­melt unheim­lich viel davon — so viel, dass es mir manch­es Mal zu viel war, dieser unge­heure Mate­ri­al­berg oder ‑wust. Ein­fälle und Gedanken in den ver­schieden­sten For­men — als knappes „Gedicht“, als klein­er Essay, als Erin­nerung­spro­tokoll, als … rei­hen sich hier aneinan­der und aneinan­der. Hin und wieder fiel es mir schw­er, in den Textfluss hineinzukom­men: Manch­es fängt mein Auge, trifft eine Stim­mung in mir — vieles bleibt mir zunächst — d.h. beim ersten Lesen — fremd, lässt mich rat­los oder (fast noch unan­genehmer …) unbeteiligt, so dass der Ein­druck erst ein­mal zwiespältig bleibt. Aber vielle­icht ist das ja auch das Ziel:

Das Gefühl des Gewinns
bei der Über­legung, Gedichte seien Erken­nt­nisträger:

näm­lich hast-du-nicht-gese­hen schwimmt schul­ter­hoch
und umgebend teich­gle­ich ein all­ge­meines Inter­esse
so, als habe es im Sinn, zu erkun­den, was ist,
und existiere gewiß (19)

Detlef Kuhlbrodt: Umson­st und draußen. Berlin: Suhrkamp 2013. 198 Seit­en.

Ich bin eine in einem Tage­buch auf­be­wahrte Erin­nerung. (117)

Umson­st und draußen ist ein schönes Buch. Auch wenn nicht ganz klar ist, was das eigentlich ist. Nicht ohne Grund ste­ht da nichts anderes auf der Titel­seite, nicht “Roman”, nicht “Noti­zen”, nicht “Tage­buch” — obwohl all das seine Berech­ti­gung hätte. Kuhlbrodt lebt und wan­delt in Berlin. Oder bess­er gesagt: Der Erzäh­ler tut dies. Denn das Ich ist nicht das Ich selb­st, es blitzt immer wieder der Spalt der Dif­ferenz zwis­chen Erzäh­ler-Ich und Autor-Ich, zwis­chen “Ich” und Detlef Kuhlbrodt, auf. Dis­tanziert, aber beteiligt sind diese Berlin-Noti­zen, das Berlin-Tage­buch mit großen Lück­en, aber in Tages­form: Beobach­tun­gen und Empfind­un­gen mis­chen sich, sind aber immer knapp und lakonisch, ja unsen­ti­men­tal geschildert. Melan­cholie ist die Grund­stim­mung: Ver­lust und Trauer prä­gen die Zeit und das Erleben, aber eine ARt pos­i­tive Trauer: Das Erken­nen der Real­ität als gegebene, als fast unauswe­ich­liche hängt damit zusam­men. Und das Nicht-vol­lkom­men-ein­ver­standen-Sein damit, aber ohne Druck/Wille zur Revolte: Abseits statt mit­ten­drin oder (aktiv) dage­gen bewegt sich der Erzäh­ler im Leben. Stephan Wack­witz hat das in der taz recht gut auf den Punkt gebracht, näm­lich als “entspan­ntes Gel­tenlassen”.

Um authen­tisch schreiben zu kön­nen, war es oft notwendig, Dinge zu tun, von denen ich nicht genau wusste, ob ich sie tat oder ob ich eine Rolle übte. (148)