Der Generalbass ist auf der Suche nach einem Liebhaber: Eilig rennt er hin und her. Und die Geigen stehen daneben, schauen mal hier und mal da nach dem rechten. Johann Christoph Bachs Motette „Meine Freundin, du bist schön“ bietet so manche Seltsamkeit. Natürlich findet sich das Liebespaar recht bald und das Ganze endet in einem fürstlichen Gastmahl – in das der Chor mit einstimmt und das Loblied nicht nur des Essens, sondern auch Gottes singt. Schließlich sind wir in der Kirche, in St. Bonifaz, beim 12. Bachwochenende des Mainzer Figuralchors. Der hat dieses Kleinod des Vorfahrs Johann Sebastians ausgegraben und mit Witz und Eleganz in Klang und Szene gesetzt. Denn für den Gang in den Garten des Liebsten (mit profundem Bass von Christian Hilz verkörpert) nutzt die Sopranistin Beate Heitzmann den gesamten Kirchenraum. Und der Dirigent Stefan Weiler ergänzte die kurzweilige Partitur noch um die erklärenden Ausführungen des Komponisten.
Daneben bot das Wochenende, mit dem der Figuralchor nun die in Mühlhausen und Weimar entstandenen Kantaten des Meisters komplett aufgeführt hat, außerdem noch heitere weltliche Chormusik und das übliche Gesprächskonzert zu einer Bach-Kantate.
Der Auftakt am Freitag stand aber ganz im Zeichen der alten Kirchenmusik: Neben Johann Christoph Bachs nicht so ganz ernster Motette waren noch zwei Kantaten Johann Sebastian Bachs,
„Ich geh und suche mit Verlangen“ und „Ach! Ich sehe, itzt, da ich zur Hochzeit gehe“, zu hören. Beide trieb Stefan Weiler kraftvoll voran, immer auf der Suche nach Akzenten. Ganz den Solisten zugewendet, dirigierte er frei und impulsiv – genau so klang es dann auch, was die Mainzer Camarata Musicale mit den Solisten zum Thema Hochzeit zu verkünden hatte.
Außerdem war aber auch noch reine a‑cappella-Musik zu hören: Die Hohelied-Vertonungen von Melchior Franck – also noch einige Jahre älter als die Bäche. Der Figuralchor nahm sich der kunstvoll verschlungenen frühbarocken Polyphonie mit Einfühlung und Emotion an. Zunächst wirkte der Chor allerdings noch etwas unsicher und wacklig. Doch das stabiliserte sich schnell zur gewohnten Klarheit und Prägnanz, die auch herbe Klänge und kantige Brüche nicht scheut. So wirkten die fünf Motetten, angetrieben von den pulsierend schwingenden Phrasierungen, trotz ihres hohen Alters sehr harmonisch und erstaunlich frisch.
(geschrieben für die mainzer rhein-zeitung.)
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