Eine seltsame Produktion ist das, was das ZDF da produziert bzw. produzieren lassen hat, diese “Familiensaga” um das Hotel Adlon. Dieser riesige dekorative Aufwand (das ist wirklich oft schön anzusehen) für eine im Kern doch ganz schön magere Geschichte … Aber Josephine Preuß kann man gerne zuschauen …
Vor allem aber fallen da so einige Merkwürdigkeiten dabei ab. Am stärksten fiel mir der seltsame Umgang mit Geschichte und Verantwortung auf, der den Dreiteiler durchzieht. Geschichte ist, das ist wenig verwunderlich, hier vor allem Kulisse. Aber natürlich zieht dieses Spektakel um eine Geschäftsgründung (oder auch nicht, der Beginn blieb im Unklaren) zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Berlin und die Schilderung der weiteren Gänge des Geschäftes und der dazugehörigen (Teil-)Familie einen wesentlichen Teil seiner Legitimation aus der Verknüpfung mit der deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert, vom Kaiserreich bis in die Gegenwart des wiedervereinigten Deutschland.
Aber Geschichte findet hier nur im kleinen Raum statt: Berlin gibt es eigentlich nicht (war offenbar zu aufwändig …), sondern nur das Hotel Adlon — da aber gerne schön symbolträchtig vom Brandenburger Tor aus betrachte wird. Andererseits ist es aber wieder nur Geschichte im großen: Natürlich der Kaiser selbst (Hitler bleibt dann wenigstens ausgespart), aber vor allem Familie des Großkapitalisten Adlon und seines kaum weniger geschäftstüchtigen und ausbeuterischen Kompagnon Schadt. Sicher, da gibt es noch die Kutscherfamilie, die die Handlung bzw. einen wesentlichen Strang, in Gang setzt: Aus ihr stammt Friedrich, der dummerweise die Tochter des Schlossbesitzers schwängert (und dessen gesamte Familie dadurch ihrer Existenz beraubt wird). Aber die “kleinen” Leute spielen dann weiter keine Rolle — außer in ihrer Funktion als Staffage und natürlich als Diener. Friedrich darf sich dann auch vom Pagen bis zur Rezeption hocharbeiten (aber bitte nicht weiter!), bevor er im Feuer umkommen muss.
Doch das größte Problem für mich: Verantwortung für Entscheidungen im eigenen Leben und der Geschichte muss hier keine der Figuren übernehmen. Allen passiert das Unglück nur, nie ist jemand schuld — nicht im Ersten Weltkrieg und natürlich auch nicht im Zweiten Weltkrieg. Selbst der als reichlich teuflich-unsympathisch-böse (schon die Steifheit beim Fotografieren!) gezeichnete von Tennen ist dann doch nicht so richtig böse … Dafür wird dann der feuchte Traum jedes im Dritten Reich mitschuldig gewordenen Deutschen wahr, wenn sich der mehrfach verhaftete, angeschossene und schließlich ausgewiesene und in der Pampa in der Nähe der deutschen Grenze ausgesetzte Jude (der dann in Israel natürlich ungeheuer erfolgreich wird) bei der Deutschen Sonja Schadt, die ihn brav im Stich gelassen hat, um zusammen mit Goebbels im Radio die Olympischen Spiele anzusagen, — entschuldigt. Dann endlich hat alles wieder seine Ordnung gefunden und die Welt ist heil und Friede kehrt in den Familien ein, niemand muss verurteilt werden, niemand hätte vielleicht bessere Handlungsmöglichkeiten wählen können, niemand muss sich von den Nachgeborenen sagen lassen, dass sein Verhalten in kritischen Zeiten und Umständen vielleicht nicht optimal gewesen ist. Statt dessen: Eintracht und Einheit. Zumindest in dieser Fernsehsippe.
Schreibe einen Kommentar