Am Freitag — wie jeden ersten Freitag in jedem Monat — war in Mainz wieder die Critical Mass unterwegs. Und nach längerer Pause war ich auch wieder dabei. Die temporäre Abstinenz hatte kein besonderen Gründe — der Termin (freitags ab 18 Uhr) ist für mich nur etwas ungünstig, da habe ich oft andere Verpflichtungen oder verlasse Mainz gerade für das Wochenende …
Aber im Juni hat es geklappt — ausgerechnet an einem Brückentag, nach dem im immer noch katholischen Rheinland-Pfalz (und Mainz) entsprechend begangenen Fronleichnamsfest). Ich hatte mich extra beeilt, weil ich bis kurz vor sechs auf dem Campus war. Und dann war es doch wieder umsonst … Denn nicht zum ersten Mal startete die Critical Mass mit erheblicher Verzögerung — erst kurz vor halb Sieben setzte sich der Tross in Bewegung. Einen Grund dafür konnte ich nicht so recht erkennen — es war nicht gerade so, dass die Massen noch mit ihren Rädern zum Gutenbergplatz strömten. Mich nervt so etwas ja immer ungemein: Was soll das Rumgestehe und Warten auf dem Gutenbergplatz? Es muss ja nicht unbedingt um Punkt 18.00 losgehen. Aber knapp 30 Minuten Verzögerung müssen eben auch nicht sein.
Egal: trotz oder wegen herrlichstem Sommerwetter — etwa 32 Grad bei strahlendem Sonnenschein — waren knapp 90 Radlerinnen und Radler dabei. Leider war auch viel Bier mit im Spiel — schon vorher sammelten sich die Flaschen und Dosen auf den Treppen des Staatstheaters und auch während (!) des Fahrens wurde noch fleißig weiter gepichelt. Und das ist etwas, was ich gar nicht verstehen kann und will: Die Critical Mass bemüht sich darum, dass Fahrräder als Teil des Verkehrs ernst und wichtig genommen werden. Da passt so etwas doch nicht wirklich dazu, zumal ich durchaus der Meinung bin, dass Rauschmittel im Verkehr nichts zu suchen haben … Aber zur Mainzer Critical Mass, vor allem zu der gestrigen, passte das wiederum durchaus. Die hat sich nämlich stark auf das Rheinufer konzentriert und kam mir eher wie eine Freizeitfahrt als eine verkehrspolitische Aktion vor. Blöd nur, dass man dann auch mal durch die Fußgängerzone radelt. Und vom regelwidrigen Abbiegen von der Theodor-Heuss-Brücke in die Große Bleiche will ich gar nicht reden, auch wenn ich das für total falsch halte, zumal die Rheinstraße eine viel sinnvollere Alternative böte. Aber warum die Critical Mass um den Winterhafen gurken muss? Um den grillenden Studenten zuzuwinken? Oder warum sie am Kasteler Rheinufer vorbeischauen muss? Ich hab’s nicht verstanden.
Mir ist das alles jedenfalls zu viel Party und zu wenig Verkehrspolitik. Dazu passt auch, dass die Critical Mass jetzt in Mainz zwar etabliert ist, aber auch niemanden zu stören oder zu beschäftigen scheint: Das gehört nun offenbar einfach zur Folklore des städtischen Lebens dazu, dass ab und an Freitags abends ein Radfahrer-Kordon durch die Stadt zieht. Genau wie zu jeder Critical Mass ein Autofahrer gehört, der schimpfend und ausrastend sich über die Chaoten auf den Zweirädern aufregt. Aber ich sehe im Moment nicht, dass so eine Partyveranstaltung etwas anderes als ein netter Zeitvertreib und eine schöne Zeit für die Beteiligten ist … Das ist ja wiederum an sich nicht verkehrt und auch nicht an sich anstößig, verfolgt aber eben doch einen anderen Zweck. Und ja, ich weiß, manches davon, was ich hier bemängele, ließe sich mit etwas mehr Engangement meinerseits vielleicht sogar ändern. Aber dazu bin ich dann doch zu zurückhaltend (oder zu passiv oder zu wenig engagiert …). Also werde ich erst einmal wieder etwas Pause von der Mainzer Critical Mass machen und später mal wieder vorbeischauen …
Schreibe einen Kommentar