Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Schlagwort: rainald goetz Seite 1 von 2

Ins Netz gegangen (4.11.)

Ins Netz gegan­gen am 4.11.:

  • The tragedy of James Bond — lau­rie pen­ny hat sich alte james-bond-filme angeschaut:

    The expe­ri­ence was like hav­ing your fore­brain slow­ly and labo­ri­ous­ly beat­en to death by a wilt­ing erec­tion wrapped in a copy of the Patri­ot Act: sav­age and sil­ly and just a lit­tle bit pathet­ic.

    sie bleibt aber nicht bei der per­sön­lichen abscheu, son­dern zeigt meines eracht­ens (aber ich bin ja auch kein bond-ken­ner) sehr gut, warum die bond-fig­ur (heute) prob­lema­tisch ist:

    The prob­lem with Bond is that he is sup­posed to be the good guy. He is a bor­der­line rapist who is employed by the gov­ern­ment to mur­der peo­ple – and yet he is not an anti-hero. He is just a hero. … Bond is a hero for no oth­er rea­son than that he is on our side, which is how most west­ern nations and par­tic­u­lar­ly the British come to terms with their par­tic­u­lar lega­cy of hor­ror – with a qui­et embar­rass­ment that nonethe­less knows how to defend itself by force.
    […] James Bond, more than any­thing, is a trag­ic fig­ure and his tragedy is the tragedy of white, impe­ri­al­ist mas­culin­i­ty in the 21st cen­tu­ry. It is a tragedy of irrel­e­vance that becomes all the more poignant and painful in the retelling.

  • Lau­da­tio auf Rainald Goetz von Jür­gen Kaube — FAZ — der voll­ständigkeit hal­ber noch die recht gute lau­da­tio von jür­gen kaube auf rainald goetz für den büch­n­er­preis
  • My Top 30 Fonts with the Sex­i­est Amper­sands — sehr schöne samm­lung sehr schön­er amper­sand-umset­zun­gen
  • Poli­tis­che Lit­er­atur: Gegen die herrschende Klasse | ZEIT ONLINE — ein dur­chaus inter­es­santes gespräch hat ijo­ma man­gold mit ulrich peltzer, ili­ja tro­janow & jen­ny erpen­beck über lit­er­atur und poli­tik, ver­gan­gen­heit, gegen­wart und zukun­ft geführt:

    Es gibt das Bedürf­nis der Lit­er­aturkri­tik und der Öffentlichkeit nach Wel­terk­lärung beziehungsweise nach Auf­fächerung von Erfahrun­gen, die man son­st nur aus den Medi­en ken­nt. An die Lit­er­atur wird eine Auf­gabe delegiert, die möglicher­weise nicht unbe­d­ingt eine gen­uin lit­er­arische Funk­tion ist.
    […] Das Moment von Utopie ist mit einem philosophis­chen Begriff von Geschichte ver­bun­den, und der ist uns ver­loren gegan­gen. Wir sehen uns nur noch mit der Empirie der Prob­leme kon­fron­tiert und ver­suchen, sie prak­tisch zu lösen, aber wir haben keinen Entwurf von Zukun­ft mehr, der die Erfahrun­gen der Ver­gan­gen­heit aufnehmen und ver­wan­deln würde, um zu einem anderen Begriff der Zukun­ft zu kom­men als dem, dass die Häuser gedämmt wer­den.

    sehr schön deut­lich wer­den auch die ver­schiede­nen arten, “poli­tisch” zu denken als lit­er­atin — bei peltzer z.b. immer ins philosophisch-his­torische gehend oder bei erpen­beck vom per­sön­lich-indi­vidu­ellen erleb­nis aus

  • Max Wal­len­horst: Das Darm­städter Nebeneinan­der-Sitzen – Merkur — sehr schön­er text im merku-blog von max wal­len­horst über rainald goetz & die büch­n­er­preisver­lei­hung in darm­stadt
  • Deutsche Bank: Sie nen­nen es Ster­be­haus | ZEIT ONLINE -

    Es war ein Bankraub von innen. sehr schöne reportage von marc brost & andreas veiel über macht und ver­ant­wor­tung, ethik, gier und konkur­renz auf den höch­sten ebe­nen der wirtschaft — hier am beispiel der deutschen bank (sehr schön auch, dass sie zeigen, dass das alles selb­st auf betrieb­swirtschaftlich­er ebene (von der volk­swirtschaftlichen ganz zu schweigen) unsin­nig war/ist)

  • Hin­lan­gen — Schön an Rainald Goetz’ Tex­ten ist, was Volk­er Wei­der­mann entset­zt : literaturkritik.de — markus joch über volk­er wei­der­manns selt­same volte, plöt­zlich rainald goetz abso­lut gut zu find­en — und das prob­lem dabei, vor allem bei der rel­a­tivierung in bezug auf “Johann Holtrop”, die wohl auf einem missver­ständ­nis der goet­zschen poet­ik beruht

    Gestern wet­tern, heute bejubeln ‒ ein­er immer­hin, Michael Angele vom „Fre­itag“, hat den pünk­tlichen Kur­swech­sel ver­merkt, auf Face­book. Soll man es damit bewen­den lassen? Ungern. Das Prob­lem ist, wie Wei­der­mann die Kurve kriegen will. Gebetsmüh­le­nar­tig von Inten­sität und Kraft schwär­men, aber den Aggres­sion­spegel von „Johann Holtrop“ ein biss­chen bekrit­teln, als sei er ein Aus­reißer ‒ das ist wie Willy Brandt her­vor­ra­gend find­en, bis auf Emi­gra­tion und Ost­poli­tik. Absurd, weil Inten­sität und Polemik bei Goetz natür­lich stets zusam­menge­hören.

  • Der Rei­hungskün­stler — konkret — joseph wälzholz zeigt die rhetorischen kniffe volk­er wei­der­manns (bei ein paar begrif­f­en musste ich wirk­lich über­legen …)

    Ein genialer Rhetorik­er: Nie­mand set­zt hochkom­plizierte Stilmit­tel so vir­tu­os ein wie der Feuil­leton­ist Volk­er Wei­der­mann. Eine Col­lage in 19 Motiv­en und 79 Fußnoten.

  • Vom Fehlen des Wider­ständi­gen. Weit­ere Gedanken über Fer­ney­hough. — moritz eggert über fer­ney­houghs musik und den unter­schiede zwis­chen par­ti­tur (aufre­gend, kom­plex) und klang (nicht immer über­wälti­gend …) — zu den par­ti­turen hat er kür­zlich schon etwas geblog­gt: http://blogs.nmz.de/badblog/2015/10/19/die-quadratur-der-linie-ein-neuer-blick-auf-das-werk-von-brian-ferneyhough/
  • Neon­azis: Hei­di und die Brand­s­tifter | ZEIT ONLINE — inter­es­sante, gute, pack­ende reportage von daniel müller & chris­t­ian fuchs über eine im neon­azi-fam­i­lien-milieu sozial­isierte junge frau, die sich von dieser ide­olo­gie inzwis­chen abge­wandt hat

    Sie stammt aus ein­er Fam­i­lie von treuen Nazis, als Kind wurde sie in geheimen Lagern gedrillt. Ihre früheren Kam­er­aden zün­deln heute bei NPD und Pegi­da. Hei­di Ben­neck­en­stein hat sich anders entsch­ieden.

  • Stadt Wien veröf­fentlicht pos­i­tive Shar­row-Studie | It start­ed with a fight… — die stadt wien hat an drei wichti­gen, verkehrsstarken straßen unter­sucht, wie aufge­malte fahrrad­pik­togramme (mit pfeil), die soge­nan­nten “shar­rows”, sich auch ohne weit­ere verän­derun­gen des verkehrsraums aus­ge­sprochen gün­stig für rad­fahrerin­nen auswirken:

    Diese Studie „Wirkung von Fahrrad-Pik­togram­men im Straßen­verkehr“ […] zeigt sehr pos­i­tive Ergeb­nisse: Gesteigerte Sicher­heit des Rad- und Autoverkehrs durch verbesserte Inter­ak­tion, Abnahme der Über­holvorgänge und größeren Sicher­heitsab­stand der Autos beim Über­holen.

  • 1001 Dinge | Schmalenstroer.net — eine liste von lis­ten, die man lebendig abar­beit­en “muss”, von einem lis­ten­has­s­er …
  • Warum Akif Pir­incçi aus falschen Grün­den das Richtige passierte und warum das nicht gut ist | Thomas Trappe — kluge beobach­tun­gen von thomas trappe zur wahrnehmung von und dem umgang mit rechtsextremen/rassisten etc., bei “pegi­da” und ander­swo

    Erstens: Die Gründe, warum solche Per­so­n­en kurzzeit­ig oder für immer von der Bühne ver­schwinden, sind meist triv­iales NS-Word­ing. Zweit­ens: Es trifft in aller Regel die Richti­gen. Drit­tens: Indem man es sich aber so ein­fach macht, gibt man ihnen und ihren Unter­stützern die Rolle, die sie so gerne ein­nehmen, näm­lich die des unter­drück­ten Quer­denkers. Was sie, viertens, niemals sind.

Ins Netz gegangen (11.10.)

Ins Netz gegan­gen am 11.10.:

  • Hilti­bold: Wan­der­er zwis­chen Antike und Mit­te­lal­ter: Das potemkin­sche Dorf Cam­pus Gal­li — Ein kri­tis­ch­er Jahres­rück­blick — hilti­bold über die let­zten entwick­lun­gen am “cam­pus gal­li”, wo ange­blich ver­sucht wird, den st. gal­len­er kloster­plan mit mit­te­lal­ter­lichen tech­niken und mit­teln zu ver­wirk­lichen (tl,dr: viele verzögerun­gen, viele fehler und unsin­nigkeit­en, bish­er noch so gut wie nichts geschafft von den großen zie­len)
  • Autode­sign: Hüb­sch gefährlich | ZEIT ONLINE — Burkhard Straß­mann über die — vor allem für andere Verkehrsteil­nehmer, d.h. Fußgänger und Rad­fahrerin­nen — gefährliche “Ver­panzerung” der Autos durch die Desig­nen­twick­lun­gen der let­zten Jahre/Jahrzehnte, die immer schlechtere Sicht­en für PKW-Fahrer pro­duzieren
  • Das grosse Uni­ver­sum | Schröder & Kalen­der — rainald goetz über jörg schröder, die bun­desre­pub­lik, das leben und die welt — ein eigentlich für den spiegel 1984 geschrieben­er text, dort nicht gedruckt, hier von schröder & kalen­der der mit- und nach­welt über­liefert

    In Wirk­lichkeit erlebt jed­er vie­len, täglich Neues. Weit­ergegeben jedoch, berichtet, erzählt, schrumpeln die meis­ten Leben auf ein trost­los Alt­bekan­ntes zusam­men. Ein­fach weil es so schwierig ist, sich selb­st zu glauben, dem, was man sieht, was man denkt. Und beim Zuhören, noch mehr beim Lesen von Schrift gewor­den­em erzähltem Leben befällt einen man­is­che Trau­rigkeit, Schwäche, großes Matt­sein und Schmerz.

    Schröders Erzählen hinge­gen belehrt einen auf eine unschlag­bar unter­halt­same, wahrhaft komis­che Weise, wie genau die Radikalität aussieht, die vom eige­nen mick­rig­sten Küm­mer­lichkeit­seckchen genau­so unspek­takulär spricht wie vom eige­nen Größen­wahn, und wie genau an diesem Punkt, wo alle Ent­larvungs- und Selb­stent­larvungsab­sicht­en längst zu nicht ver­glüht sind, das Ich explodiert ins tröstlich Unbeson­dere, All­ge­meine, Ver­wech­sel­bare.

  • Sachal Stu­dios’ Take Five Offi­cial Video — nimm fünf! — geniale cov­erver­sion des dave brubeck/paul desmond-klas­sik­ers “take five” mit dem pak­istanis­chen sachal stu­dio orches­tra
  • Debat­te um Flüchtlinge:  Deutsche Werte manip­uliert — Kolumne — SPIEGEL ONLINE — die neue kolumne von mar­garet stokows­ki beim spiegel-online fängt gut an

    Wie hal­ten es diese Flüchtlinge mit der Gle­ich­stel­lung Homo­sex­ueller? Und respek­tieren sie die Rechte der Frauen? Aus­gerech­net Kon­ser­v­a­tive machen sich darüber jet­zt große Sor­gen — dabei waren ihnen diese The­men bish­er her­zlich egal.

  • dichterlesen.net — inter­es­santes archiv, mit span­nen­den fund­stück­en und großem ent­deck­ungspoten­zial …

    Dichterlesen.net ist ein gemein­sames Pro­jekt des Lit­er­arischen Col­lo­qui­ums Berlin (LCB) und des Deutschen Lit­er­at­u­rar­chivs Mar­bach (DLA) und seit dem 3. Okto­ber 2015 online. Gemein­sam haben es sich die kooperieren­den Ein­rich­tun­gen zum Ziel geset­zt, ihre Ver­anstal­tungsmitschnitte aus einem hal­ben Jahrhun­dert deutsch­er und inter­na­tionaler Lit­er­aturgeschichte der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
    Das Herzstück des Pro­jek­tes bildet das Online-Tonar­chiv, in welchem die Audio-Auf­nah­men lit­er­arisch­er Ver­anstal­tun­gen (u.a. Lesun­gen, Diskus­sio­nen, Werk­stattge­spräche und Col­lo­qui­en) der beteiligten Insti­tu­tio­nen weltweit zum kosten­freien Nach­hören ange­boten wer­den.

  • Oliv­er Maria Schmitt Poschardts Kinder | TITANIC – Das endgültige Satiremagazin — oliv­er maria schmitt rech­net mit dem welt-feuil­leton ab — sehr tre­f­fend, sehr gemein & sehr gut:

    »Springer­ju­gend« nan­nte die linke Lügen­presse seine Boys und Girls. »Hitlers Kinder«, so sann es in Poschardts Polo, so nan­nte man doch früher mal sozusagen metapho­risch die Dep­pen von der RAF. Kohls Kind, das war er im Prinzip selb­st. Und Merkels Kinder, die schrieben ihm jet­zt das Feuil­leton voll. Die ehe­mals von den Linken monop­o­lisierte Protest- und Ran­daliergeste war nun im recht­en Main­stream angekom­men, analysierte der Dr. die Gesamt­lage auf den Straßen von Großber­lin. Und recht eigentlich waren es doch seine Kinder. Ja, das war die Poschardtju­gend, haha! Flink wie Schoßhunde, zäh wie Nap­paled­er und hart wie die Kro­nko­rken von Club-Mate.

  • Vor­würfe gegen von der Leyen: Unge­le­sene Dok­torar­beit­en? — sehr gute einord­nung von jür­gen kaube über das pro­mo­tion­swe­sen in deutsch­land, forschung, qual­i­fika­tion, lesen und schreiben …
  • NSU ǀ Geheime Kom­mu­nika­tion — der Fre­itag — der “Fre­itag” über hin­weise und indizien, dass der baden-würt­tem­ber­gis­che nsu-auss­chuss der exeku­tive — die er kon­trol­lieren soll — hin­weise auf aus­sagen und hin­weis­ge­ber weit­ergegeben hat.
  • Der Bib­lio­thekar als Gate­keep­er der Wis­senschaft | KSW Blog — michael knoche, direk­tor der her­zo­gin-anna-amalia-bib­lio­thek in weimar, über die notwendigkeit, auch heute unter bed­i­n­un­gen zumin­d­est teil­weis­er elek­tro­n­is­ch­er pub­lika­tion, in forschungs­bib­lio­theken noch/weiter samm­lun­gen aufzubauen
  • Wider die Aktengläu­bigkeit! Eine Lehrstunde bei Egon Bahr | Aktenkunde — die “Aktenkunde” über das dif­fizile zusam­men­spiel von akten und mem­oiren von poli­tik­ern, inter­es­sant dargestellt anhand egon bahrs:

    Quel­lenkri­tisch ist das natür­lich ein Prob­lem, denn Zirkelschlüsse dro­hen. Vor allem müssen His­torik­er in der Lage sein, die den “Erin­nerun­gen” zugrun­deliegen­den Unter­la­gen aktenkundlich einzuschätzen. Dazu erteilt Bahr in seinen Mem­oiren eine Lehrstunde: 1968 führte er als Pla­nungsstab­schef des Auswär­ti­gen Amts in Wien ein ver­traulich­es Sondierungs­ge­spräch mit dem pol­nis­chen Geschäft­sträger in Öster­re­ich, Jerzy Raczkows­ki. Um dieses Gespräch in seinen Mem­oiren darzustellen, hat­te Bahr in einem sel­te­nen Glücks­fall nicht nur seinen eige­nen Gesprächsver­merk zur Hand, son­dern auch den seines pol­nis­chen Gegenübers.

  • Apfel­ernte: Ohne Streuob­st­wiesen keinen Apfel­wein
  • Rebuild­ing Berlin’s Stadtschloss is an Act of His­tor­i­cal White­wash­ing | The May­bachufer — sehr richtig (und passiert lei­der nicht nur in berlin):

    By rebuild­ing the Stadtschloss in place of the Palast der Repub­lik, Berlin is air­brush­ing its own his­to­ry. East Ger­many hap­pened. Phys­i­cal­ly remov­ing the evi­dence of it from the heart of Berlin, replac­ing it with what was there before, pre­tend­ing it was nev­er there, is disin­gen­u­ous and it is dan­ger­ous.

Ins Netz gegangen (20.7.)

Ins Netz gegan­gen am 20.7.:

  • «Dig­i­tal Human­i­ties» und die Geis­teswis­senschaften: Geist unter Strom — NZZ Feuil­leton — sehr selt­samer text von urs hafn­er, der vor allem wohl seine eigene skep­sis gegenüber “dig­i­tal human­i­ties” bestäti­gen wollte. dabei unter­laufe ihm einige fehler und er schlägt ziem­lich wilde volten: wer “human­i­ties” mit “human­wis­senschaften” über­set­zt, scheint sich z.b. kaum auszuken­nen. und was die verz­er­rende darstel­lung von open access mit den dig­i­tal human­i­ties zu tun hat, ist auch nicht so ganz klar. ganz abge­se­hen davon, dass er die fäch­er zumin­d­est zum teil fehlrepräsen­tiert: es geht eben nicht immer nur um close read­ing und inter­pre­ta­tion von einzel­tex­ten (abge­se­hen davon, dass e‑mailen mit den dig­i­tal human­i­ties unge­fähr so viel zu tun hat wie das nutzen von schreib­maschi­nen mit kittler’schen medi­en­the­o­rien …)
  • Lyrik: Reißt die Seit­en aus den Büch­ern! | ZEIT ONLINE — nette idee von thomas böhm, die lyrik zu vere­inzeln (statt in lyrik­bän­den zu sam­meln), das gedicht als optis­ches sprachkunst­werk zu ver­mark­ten (auch wenn ich seine argu­men­ta­tio­nen oft über­haupt nicht überzeu­gend finde)
  • Ein­sam auf der Säule « Lyrikzeitung & Poet­ry News — gute kri­tikkri­tik zur besprechung des aktuellen “Jahrbuchs für Lyrik” in der “zeit”, die auch mich ziem­lich ver­wun­dert hat.

    Unter­schei­dung, Alter­na­tiv­en, Schw­er­punk­t­set­zung? Fehlanzeige. Rez. zieht es vor, sich als scharfe Kri­tik­erin zu insze­nieren, jede Dif­feren­zierung schwächte das Bild nur. Lieber auf der Schul­ter von Riesen, hier neben Krüger, Benn & Co. vor allem Jos­sif Brod­sky, auf die behauptet magere deutsche Szene her­ab­blick­en. Ein­sam ist es dort oben auf der Säule!

  • Verkehrssicher­heit: Brun­ners let­zte Fahrt | ZEIT ONLINE — sehr inten­sive reportage von hen­ning susse­bach über die prob­leme der/mit altern­den aut­o­fahrern (für meinen geschmack manch­mal etwas trä­nen­drüsig, aber ins­ge­samt trotz­dem sehr gut geschrieben)

    Urlaub­szeit in Deutsch­land, Mil­lio­nen Reisende sind auf den Straßen. Da biegt ein 79-Jähriger in falsch­er Rich­tung auf die Auto­bahn ein – fünf Men­schen ster­ben. Ein Unglück, das zu ein­er brisan­ten Frage führt: Kann man zu alt wer­den fürs Aut­o­fahren?

  • Lyrik und Rap: Die härteste Gan­gart am Start | ZEIT ONLINE — uwe kolbe spricht mit mach one (seinem sohn) und kon­stan­tin ulmer über lyrik, raps, rhyth­mus und the­men der kun­st

    Dass ich mit meinen Gedicht­en kein großes Pub­likum erre­iche, ist für mich etwas, worunter ich sel­ten lei­de. Ich möchte das, was ich mache, auf dem Niveau machen, das mir vorschwebt. Dabei nehme ich auch keine Rück­sicht mehr. Ich gehe an jeden Rand, den ich erre­ichen kann.

  • Rainald Goetz: Der Weltab­schreiber | ZEIT ONLINE — sehr schöne und stim­mende (auch wenn das the­ater fehlt …) würdi­gung rainald goet­zes durch david hugen­dick anlässlich der bekan­nt­gabe, dass goetz diesjähriger büch­n­er-preis-träger wird

    Die einzige Reak­tion auf die Zudringlichkeit der Welt kann nur in deren Pro­tokoll beste­hen, die zugle­ich ein Pro­tokoll der eige­nen Über­forderung sein muss.

  • “Panora­mafrei­heit”: Wider den Urhe­ber­rechts-Extrem­is­mus — Süddeutsche.de — leon­hard dobusch zum ver­such, in der eu das urhe­ber­recht noch weit­er zu ver­schär­fen:

    Wir alle sind heute ein biss­chen wie Licht­en­stein oder Warhol. Wir erstellen und teilen ständig Fotos und Videos, in denen Werke ander­er vorkom­men. Zeit, dass das Urhe­ber­recht darauf einge­ht.

  • Stravinsky’s Ille­gal “Star Span­gled Ban­ner” Arrange­ment | Tim­o­thy Judd — ich wusste gar nicht, dass es von straw­in­sky so ein schönes arrange­ment der amerikanis­chen hmyne gibt. und schon gar nicht, dass die ange­blich ver­boten sein soll …
  • Essay Griechen­land und EU: So deutsch funk­tion­iert Europa nicht — taz.de — ulrich schulte in der taz zu griechen­land und der eu, mit vie­len sehr guten und tre­f­fend­en beobach­tun­gen & beschrei­bun­gen, unter anderem diesen

    Von CSU-Spitzenkräften ist man inzwis­chen gewohnt, dass sie jen­seits der bay­erischen Lan­des­gren­ze so dumpf agieren, als gössen sie sich zum Früh­stück fünf Weiß­bier in den Hals.
    […] Das Char­mante an der teils irrlichtern­den Syriza-Regierung ist ja, dass sie einge­spielte Riten als nackt ent­larvt.

  • Sich „kon­struk­tiv ver­hal­ten“ heißt, ernst genom­men zu wer­den | KRZYSZTOF RUCHNIEWICZ — Stel­lung­nahme ehe­ma­liger Mit­gliedern des Wis­senschaftlich Beraterkreis­es der (sowieso über­mäßig vom Bund der Vertreibenen dominierten) Stiftung Flucht, Vertrei­bung, Ver­söh­nung zur Farce der Wahl des neuen Direk­tors unter Kul­turstaatsmin­is­terin Moni­ka Grüt­ters
  • Kon­sum: Kleine Geschichte vom richti­gen Leben | ZEIT ONLINE — marie schmidt weiß nicht so recht, was sie von craft beer, handgeröstetem kaf­fee und dem ganzen zele­bri­erten super-kon­sum hal­ten soll: fetisch? rückbesin­nung alte handw­erk­liche werte? oder was?
  • Alle Musik ist zu lang — wun­der­bare über­legun­gen von diet­mar dath zur musik, der welt und ihrer philoso­phie

    Alle bere­its vorhan­dene, also aufgeschriebene oder aufgeze­ich­nete Musik, ob als Schema oder als wieder­gabefähige Auf­führung erhal­ten, ist für Men­schen, die heute Musik machen wollen, zu lang, das heißt: Das kön­nen wir doch nicht alles hören, wir wollen doch auch mal anfan­gen. Wie gesagt, das gilt nicht nur für die Werke, son­dern schon für deren Muster, Prinzip­i­en, Gat­tun­gen, Tech­niken.
    […] Musik hält die Zeit an, um sie zu ver­brauchen. Während man sie spielt oder hört, passiert alles andere nicht, insofern han­delt sie von Ewigkeit als Ereig­nis- und Taten­losigkeit. Aber bei­de Aspek­te der Ewigkeit, die sie zeigt, sind in ihr nicht ein­fach irgend­wie gegeben, sie müssen hergestellt wer­den: Die Ereignis­losigkeit selb­st geschieht, die Taten­losigkeit selb­st ist eine musikalis­che Tat.

  • Lit­er­atur­blogs are bro­ken | The Dai­ly Frown — fabi­an thomas attestiert den “lit­er­atur­blogs” “fehlende Dis­tanz, Gefall­sucht und Harm­losigkeit aus Prinzip” — und angesichts mein­er beobach­tung (die ein eher kleines und unsys­tem­a­tis­ches sam­ple hat) muss ich ihm lei­der zus­tim­men.
  • Inter­view ǀ „Ent-iden­ti­fiziert euch!“ — der Fre­itag — großar­tiges gespräch zwis­chen har­ald fal­ck­en­berg und jonathan meese über wag­n­er, bayreuth, kun­st und den ganzen rest:

    Ja, ich hab total auf lieb Kind gemacht. Ich merk­te ja schon, dass ich im Wag­n­er-Forum so als Mon­ster dargestellt wurde. Ich bin kein Mon­ster. Ich wollte das Ding nur radikalisieren. Ich hab auf nett gemacht und so getan, als wäre ich gar nicht ich selb­st. Was ich ja immer tue. Sei niemals du selb­st. Keine Selb­st­suche, bitte. Keine Pil­ger­fahrt. Keine Möncherei. Ich bin ein­fach wie ’n Spielkind da range­gan­gen, und ich dachte, jet­zt geht’s ab.
    […] Kul­tur ist genau­so beschissen wie Gegenkul­tur. Main­stream ist genau­so beschissen wie Under­ground. Kul­tur und Gegenkul­tur ist das Gle­iche. Poli­tik kannst du nicht mit Kul­tur bekämpfen. Son­dern nur mit Kun­st. Du kannst nicht eine neue Partei grün­den, weil sie genau­so scheiße ist wie jede andere. Du kannst keine neue Reli­gion grün­den, weil sie genau­so scheiße ist wie alle anderen. Du kannst keine neue Eso­terik schaf­fen, weil sie genau­so scheiße ist wie jede andere. Du kannst keine Spir­i­tu­al­ität schaf­fen, die bess­er wäre als alle anderen.
    Jede Partei ist gle­ich scheiße, jede Reli­gion ist gle­ich zukun­ft­sun­fähig, jede Eso­terik ist abzulehnen. Ich benutze Eso­terik, aber ich iden­ti­fiziere mich nicht damit. Ich iden­ti­fiziere mich nicht mit Wag­n­er, ich iden­ti­fiziere mich nicht mit Bayreuth, ich iden­ti­fiziere mich mit gar nichts.
    Ent-iden­ti­fiziert euch! Seid nicht mehr! Seid eine Num­mer! Seid endlich eine Num­mer!
    Das ist geil. Seid kein Name! Seid kein Indi­vidu­um! Seid kein Ich! Macht keine Nabelbeschau, keine Pil­ger­reise, geht niemals ins Kloster, guckt euch niemals im Spiegel an, guckt immer vor­bei!
    Macht niemals den Fehler, dass ihr auf den Trip geht, euch selb­st spiegeln zu wollen. Ihr seid es nicht. Es ist nicht die Wichtigtuerei, die die Kun­st aus­macht, son­dern der Dienst an der Kun­st. Die Kun­st ist völ­lig frei. Meine Arbeit, die ist mir zuzuschreiben, aber nicht die Kun­st. Die spielt sich an mir ab.

  • Eine Bemerkung zur Kom­pe­ten­zori­en­tierung by Fach­di­dak­tik Deutsch -

    »Fak­ten­wis­sen« kommt nicht zuerst, wenn Kom­pe­ten­zori­en­tierung ernst genom­men wird – Kön­nen kommt zuerst. Kom­pe­ten­zori­en­tierung bedeutet, die Ler­nen­den zu fra­gen, ob sie etwas kön­nen und wie sie zeigen kön­nen, dass sie es kön­nen. Weil ich als Lehren­der nicht mehr zwin­gend sagen kann, auf welchem Weg dieses Kön­nen zu erre­ichen ist. Dass dieses Kön­nen mit Wis­sen und Moti­va­tion gekop­pelt ist, ste­ht in jed­er Kom­pe­ten­zde­f­i­n­i­tion. Wer sich damit auseinan­der­set­zt, weiß das. Tut das eine Lehrkraft nicht, ist das zunächst ein­fach ein­mal ein Zeichen dafür, dass sie sich nicht mit Kom­pe­ten­zori­en­tierung beschäftigt hat. Fehlt diese Bere­itschaft, müssen zuerst die Voraus­set­zun­gen dafür geschaf­fen wer­den.

  • Essay zum UN-Weltkul­turerbe: Mord mit besten Absicht­en — taz.de -

    Und immer noch drän­geln die Städte, die Dör­fer, die Regio­nen, dass sie ja als Erste ein­bal­samiert wer­den. Wie die Län­der, die sich um Olymp­is­che Spiele bewer­ben, ohne sich klarzu­machen, dass sie damit ihren Unter­gang her­auf­beschwören wie Griechen­land mit Athen.

  • Wie man nicht für die Vor­rats­daten­spe­icherung argu­men­tiert | saschalobo.com — sascha lobo seziert den tweet von rein­hold gall. wie (fast) immer exzel­lent. schade (und mir unver­ständlich), dass solche texte in den großen, pub­likum­swirk­samen medi­en keinen platz find­en — warum ste­ht das nicht im print-spiegel, der gedruck­ten faz oder süd­deutschen?
  • Sex (und gen­der) bei der Fifa | Männlich-weib­lich-zwis­chen — ein schön­er text zum prob­lem der bes­tim­mung des geschlechts, des biol­o­gis­chen, wie es die fifa ver­sucht — näm­lich über den testos­teron-spiegel. mit dem (inzwis­chen erwart­baren) resul­tat: so kann man das jeden­falls nicht machen.

    an darf also ver­muten und hof­fen, dass auch diese Def­i­n­i­tion von sex zu sportlichen Zweck­en dem­nächst, wie bish­er alle anderen Def­i­n­i­tio­nen auch, als unbrauch­bar und absurd erweisen – aber wohl, eben­falls wie immer, erst zu spät.

Lesen

Lesen macht schon den größten Spaß, aber über Lit­er­atur zu reden ist fast genau­so gut.

—Rainald Goetz, loslabern, 114

Ins Netz gegangen (28.7.)

Ins Netz gegan­gen am 28.7.:

  • Helene Fis­ch­er, eine Erkun­dung: Atem­los durch Tag und Nacht — FAZ — johan­na ador­ján über schlecht­en geschmack, fußballer, schlager bzw. dessen gegen­wär­tige schund­stufe in per­son helene fis­ch­er:

    Sie hat eine gute Kör­perspan­nung und wirkt vol­lkom­men klar, als ertrage sie das alles bei vollem Bewusst­sein.

    (sehr amüsant auch die eifer­n­den kom­mentare der fis­ch­er-verehrer …)

  • Som­mer­in­ter­views bei ARD und ZDF: „Ich merke, Sie sind schon ganz auf Inhalt“ — FAZ — ste­fan nigge­meier über die jour­nal­is­tis­che nichtrel­e­vanz der tra­di­tion der “som­mer­in­ter­views” in der ard und beim zdf:

    Wobei es nicht so ist, dass Merkel konkrete Antworten grund­sät­zlich schuldig bleibt. Das ZDF zeigte auch, wie Schausten sie vor dem Gespräch empf­ing […] und, weil es der Tag vor dem WM-Finale war, als Erstes sagte: „Ich habe mich gefragt, wie lange man nach Brasilien fliegt.“ – „Zwölf Stun­den.“ Geht doch.

  • Emser Depesche: Bis­mar­cks Redak­tion | Aktenkunde — wieder sehr instruk­tive, hol­ger berwinkels aktenkundliche erläuterung der emser depesche
  • Richard Strauss Quel­len­verze­ich­nis — Das Richard-Strauss-Quel­len­verze­ich­nis (RSQV) ist ein musik­wis­senschaftlich­es Online-Pro­jekt. Unser Ziel ist es, sämtliche weltweit erre­ich­baren Quellen zum Werk des Kom­pon­is­ten Richard Strauss nach neuesten tech­nis­chen und wis­senschaftlichen Stan­dards zu verze­ich­nen. Die Quellen wer­den anhand ver­schieden­ster Kri­te­rien erschlossen: enthal­tene Werke, Schreiber, Wid­mungsträger, Besitzer, Stan­dort, Sig­natur, Umfang, For­mat, Datierung u.a. Die RSQV Daten­bank ist ein mod­ernes, effizientes Werkzeug, das eine flex­i­ble und schnelle Quel­len­recherche erlaubt.
  • Wer hauptver­ant­wortlich für Ersten Weltkrieg ist — Poli­tik — Süddeutsche.de — auch anni­ka mom­bauer set­zt die akzente etwas anders als christo­pher clark

    Die Ver­ant­wor­tung Deutsch­lands und Öster­re­ich-Ungar­ns am Krieg ist sehr groß.

  • Das lebenslange Nach­denken über Pop — WDR 5 — cool: der total eupho­rische und aufgekratzte rainald goetz spricht mit diedrich diederich­sen über “über pop-musik” — »Kün­stler ver­dum­men durch die Lehre, The­o­retik­er verk­lu­gen durch sie.« — Rainald Goetz,

Netzfunde vom 6.1. bis zum 11.1.

Meine Net­z­funde für die Zeit vom 6.1. zum 15.1.:

Fanboy

Allein für diesen Kom­men­tar muss man Rainald Goetz doch lieben!
Der Umblät­ter­er hat­te zum 30jährigen Jubiläum der “Feuil­leton­manie” von Rainald Goetz, die — zumin­d­est in der für den Leser sicht­baren Form — mit ein­er Reportage (?) über Feuil­leton­is­ten im Transat­lantik von August 1981 begonnen hat, eine kleine (lobpreisende) Würdi­gung dieses “Unternehmens” (das ja eher einem Zwang/Drang zu entsprin­gen scheint als Über­legung, meint man manch­mal) geschrieben. Und Rainald Goetz hat kom­men­tiert. Unter anderem damit, mit einem kleinen aber bösen Seit­en­hieb auf die momen­tane Form des FAZ-Feuil­letons:

Über den aktuellen KITSCH der Faz-Kul­tur und ‑Lit­er­atur, den die dor­ti­gen Frauen Loven­berg, Mühl, Bopp, Kegel u.a. mit ihren Lebenser­fahrungs-bericht­en und tod­trau­ri­gen Spießerthe­o­rien über die FAMILLJE ver­bre­it­en, anstatt Büch­er zu besprechen, weil Büch­er dort pro­gram­ma­tisch nur noch bejubelt wer­den […]

Und mit ein­er kleinen Abwe­ichung zu Botho Strauß:

Botho »gle­ich­wohl« Strauß schreibt seine unschöne Erlesen­heitssprache, hat seine scheußlich erlese­nen Kitschgedanken auch deshalb, weil er zu wenig Feuil­leton liest. Er liest zu viel gehobe­nen Dreck, das ergibt im Resul­tat Kitsch.

Das ist doch — so neben­bei — ein­fach mal wieder her­rlich.

“Wer Angst hat, irrt.”

(Rainald Goetz, Klage, 352)

“Das Interessante …

.. am ästhetis­chen Urteil ist nicht das Resul­tat, son­dern die geisti­gen Energien, die frei wer­den beim Ver­such, es zu begrün­den. Es geht nicht darum, recht zu haben. Der Stre­it im Ästhetis­chen ist eine Konkur­renz um Tiefe und Triftigkeit der geisti­gen Aneig­nung.” (Rainald Goetz, Klage, 146)

“… das Denken.

Es ist unüblich im Kun­stkon­text, die Leute haben Angst davor, zurecht. Denken ist destruk­tiv, es hemmt, es lähmt, es macht die Dinge kom­pliziert und auswe­g­los, es wider­spricht der Kun­st, die blind, glück­lich und naiv her­vor­sprudeln möchte, fun­da­men­tal.” (Rainald Goetz, Klage, 136)

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