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Schlagwort: natur

Gleichgewicht

Die Natur erhältt alles in einem schwer­ben­den Gle­ichgewicht. Der Geist wird nicht müde, ihm nachzusin­nen.

Wil­helm Lehmann, Bukolis­ches Tage­buch (2. Feb­ru­ar 1931)

Epirrhema

Müs­set im Naturbe­tra­cht­en
Immer eins wie alles acht­en;
Nichts ist drin­nen, nichts ist draußen:
Denn was innen ist das ist außen.
So ergreifet ohne Säum­nis
Heilig öffentlich Geheim­nis

Freuet euch des wahren Scheins,
Euch des ern­sten Spieles:
Kein Lebendi­ges ist ein Eins,
Immer ist’s ein Vieles.Johann Wolf­gang von Goethe, Epir­rhe­ma (aus: Samm­lung von 1827, Abschnitt “Gott und Welt”)

Ins Netz gegangen (19.8.)

Ins Netz gegan­gen am 19.8.:

Wolken

Die Faszination der Wolken

„das her­auf­beschwo­eren der wolken / geschieht so wie das was in diesem buch geschieht, / die wolken im jura, zwis­chen frankre­ich und der schweiz, / und das ist das beste“ — so sind die „48 tiefliegende wolken für Rudolf Rieser von Dieter Roth — 1969 im Kom­plex der Wolkengedichte (u.a. „301 kleine wolken“ und „32 tiefer­liegende wolken“) über­schrieben oder angekündigt. Und genau wie die Frage, was diese vie­len Klein- und Kle­in­st­texte, Gedichte, Apho­ris­men oder was auch immer eigentlich mit Wolken zu tun habe, ist auch die Frage nach der Fasz­i­na­tion von Wolken über­haupt eine ver­wick­elte und schwierige.1

Denn die Fasz­i­na­tion der Wolken ist eine ver­steck­te: Sie liegt nicht im Spek­takulären, sie betont nicht das Außergewöhn­liche — son­dern umgekehrt das Nor­male und Alltägliche. Aber, das ist ja ger­ade das faszierende Moment der Wolken: Es gibt keine Nor­mal­ität, keinen All­t­ag. Es gibt nur einzi­gar­tiges — so wie keine Schneeflocke der anderen gle­icht ist auch keine Wolke mit der vorheri­gen oder näch­sten iden­tisch. Und auch das ist ein wesentlich­er Teil der Fasz­i­na­tion: Wolken sind Indi­viduen — wie Men­schen. Und wie bei Men­schen ist die Indi­vid­u­al­ität mehr oder weniger sicht­bar, gibt es auch bei den Wolken Ähn­lichkeit­en und Ver­wandtschaften, aber auch Unter­schiede und auss­chließende Abgren­zun­gen.

Jede Wolke ist anders als die benach­barte oder die gestrige, jed­er Tag bringt ein neues Reper­toire der For­men und Far­ben her­vor: Das sat­te Gelb in der Abend­däm­merung kurz vor dem Som­merge­wit­ter, das reine Weiß über den schneebe­deck­ten Alpen, die bedrohliche Grauschwärze — kaum etwas kön­nen Wolken nicht sein oder scheinen. So sind sie Ele­mente der Phan­tasie und aber auch Teil ein­er großen, kos­mis­chen Ord­nung. Das heißt, anders gewen­det: Wolken sind freie, poet­is­che Objek­te — und doch sortier­bar, klas­si­fizier­bar, bes­timm­bar. Wolken, selb­st die kle­in­sten und zartesten, ver­haucht­en, sind voll dieser Gegen­sätze. Und genau deshalb lassen sie sich gle­ichzeit­ig träu­men und lesen, lassen sie sich erken­nen und phan­tastieren. Etwa als als Bild und als (Wetter-)Zeichen. Denn Wolken sind eben auch Möglichkeits­for­men: Sie wer­den das, was wir ihnen zu- und ein­schreiben. Zugle­ich sind sie aber auch von sich aus ganz beson­dere Möglichkeits­for­men, indem sie die Zukun­ft des Wet­ters — oder eine mögliche Zukun­ft — in sich tra­gen. Und in dieser Hin­sicht sind sie eben auch les­bar (oder wären es, wenn ich über die notwendi­ge Erfahrung und Grund­lage ver­fügte). Vor allem aber laden sie dazu ein, sie in diesen bei­den Erfahrung und For­men wahrzunehmen oder zu betra­cht­en: Als rela­tionale Objek­te, die ihre Form, Farbe und ihren Sinn erst durch uns erfahren und als absolute Objek­te, die Teil eines Sys­tems sind, das wir nicht (vol­lends) entz­if­fern, erk­lären oder ver­ste­hen kön­nten — aber gerne möcht­en.

In diesem Gegen­satz liegt auch ihr Dop­pelcharak­ter von Gefahr und Rein­heit mit­be­grün­det. Genau wie Wolken für Wan­del und Bewe­gung ste­hen, sind sie auch vom Men­schen unberührte (ja, sog­ar unberührbare), unbee­in­flusste „Dinge“, die ihre eigene Makel­losigkeit und grav­i­tas behal­ten. Und doch kön­nen sie im Nu all das ver­lieren und zur reinen, total­en Bedro­hung wer­den — im Un-Wet­ter, im Aufruhr der Ele­mente.

Wolken sind noch mehr und ihr Gegen­teil: Sie sind Welt und doch nicht Welt, wirk­lich und unwirk­lich, nah und fern, hier und nicht-hier/­dort/­fort. Ihr Wesen ist die unablässliche Trans­for­ma­tion, ein per­ma­nentes Mor­phen: Bewe­gung in sich und über uns. Immer sind Wolken aber auch ein­fach das Andere: Sie sind nicht irdisch, aber doch eine unab­d­ing­bare Voraus­set­zung der Welt. Das abso­lut verza­ubernde Faszi­nosum ist aber ihre Art der Bewe­gung — die mag zwar natur­wis­senschaftlich erk­lär­bar sein und physikalis­chen Geset­zen gehorschen, mir erscheint sie aber immer insofern außergewöhn­lich, als sie ihre Geset­zmäßigkeit­en so vol­lkom­men ver­birgt. Ihre Bewe­gung ist (bzw. eben: scheint) ohne Antrieb, ohne Basis, auch ohne Ref­erenz: Wolken sind ein­fach Zuschrei­bungs­flächen. Das macht sie span­nend und ihre Erfahrung einzi­gar­tig. Noch eine Erfahrung, die Wolken ermöglichen: Das Gefühl, in die Wolke zu tauchen, beim Wan­dern, beim Rad- oder Ski­fahren: Der Ver­lust der Welt, das Zurück­ge­wor­fen­sein auf sich selb­st, die Leere, unbeschrieben und nicht beschrift­bar — ein wun­der­bares Gleit­en, das in diesem Falle sozusagen sys­tem­be­d­ingt ist.

Wolken kön­nen aber viel mehr: Wolken machen Unendlichkeit, die end­lose Weite des Him­mels erst sicht­bar. Und sie machen den Him­mel drei­di­men­sion­al, ver­wan­deln ihn erst von ein­er „Fläche“ (oder eigentlich ja eher ein­er Pseu­do­fläche) zum Raum — kaum etwas ist lang­weiliger als ein rein­er, leere blauer Him­mel … Aber in und mit den Wolken wird eben auch die Tiefe des Raums und nicht zu Let­zt auch die Ent­fer­nung zum Hor­i­zont erleb- und erfahrbar. Diese unge­heure natür­liche und kul­turelle Mul­ti­pli­zi­tät, die Vielfalt der For­men und Far­ben, Bewe­gun­gen und Bedeu­tun­gen hat übri­gens Felix Hart­laub in seinen „Kriegsaufze­ich­nung aus Paris“ (die ja, trotz ihres Titels, kaum etwas mit dem Krieg, dafür umso mehr mit der Stadt und der Natur zu tun haben) wun­der­bar beschrieben, wo es etwa heißt: „Langsame Wolken schlep­pen ihre bre­it­en, lilabraunen Schat­ten darüber hin, die oft mit ein­er Mulde, einem Wald­stück zusam­men­z­u­fall­en scheinen, sich langsam ver­lagern. Die Hel­ligkeit­en noch win­ter­lich fahl, der Anblick der las­ten­den Schat­ten macht frösteln, während die hellen Wolken­rän­der ein Gefühl von Hitze, von dun­stigem heis­sem Wind her­vor­rufen.“ Oder, wie Hart­laub einige Wochen später, in der som­mer­lichen Stadt, beobachtet und notiert: „Langge­zo­gene, kör­per­lose Wolken, wie blendend weisse Schleim­spuren, die sich unmerk­lich aus­dehnen, ausspin­nen. Das Him­mels­blau dazwis­chen erscheint matt, sein­er Strahlung beraubt, wie verblich­en­er Atlas.“ 2 Zur Form- und Bedeu­tungsvielfalt der Wolken gehört sicher­lich auch das roman­tis­chste Motiv über­haupt, der Voll­mond, der ger­ade als roman­tis­ches Motiv ohne leicht ver­schleiernde Wolken oder eine Lücke in der Wolk­endecke kaum denkbar ist: Wieder spielt hier das Ele­ment des Raum­mark­ers mit, aber auch die Ambivalenz von Verdeck­en und Enthüllen, die den Wolken so unhin­terge­hbar eingeschrieben ist: Genau wie sie andere (Himmels-)Objekte ver- und enthüllen, sind sie selb­st ja eben­falls zugle­ich opak und trans­par­ent, erkennbar und undurch­schaubar …

Ob sie nun majestätisch treiben, eilend davon­gleit­en, drän­gend schieben, sich stapeln oder durch­drin­gen — Wolken sind immer zugle­ich sicht­bare Leere. Nicht nur in der Dif­ferenz, son­dern auch in sich: Wolken sind, weil sie nicht sind — nicht mehr oder noch nicht, nicht Luft, noch nicht Regen, Schnee oder Hagel … Damit sind Wolke per­fek­te Ele­mente des Zwis­chen, eine span­nende Verkör­pe­rung der Dif­ferenz. Und doch: Obwohl Wolken damit Mark­er von Dif­ferenz sind, bleiben sie selb­st immer merk­würdig unbes­timmt und gren­zen­los, ihre eige­nen Gren­zen lösen sich in sich selb­st auf: Wolken bleiben ohne klare, definierte Abgren­zung zu ihrer Umge­bung. Wolken sind damit per­fek­te para­doxale Wesen oder Kon­struk­tio­nen — bewusst, bemerkt, aber ohne es zu wis­sen oder auch ohne, dass wir es beim Betra­cht­en der Wolken unbe­d­ingt selb­st wis­sen.

Und dann bleiben da schließlich noch die Fra­gen: Wie weit „reist“ eine Wolke? Wie viel wiegt eine Wolke? Wie groß ist eine Wolke? Wie lange „lebt“ eine Wolke? Leicht und schw­er zugle­ich sind Wolken, jew­eils hier und dort, zugle­ich groß, ja riesig jen­seits jed­er Dimen­sion und doch klein, zart und ver­let­ztlich — im Hauch vergänglich wie wir Men­schen. Klar ist also gar nichts — noch nicht ein­mal, ob Wolken Natur oder Kul­tur sind. Und das ist natür­lich ger­ade ihr größter Reiz: Wolken sind immer (auch) das andere.

Show 2 foot­notes

  1. Bei Dieter Roth ist es wohl ger­ade das Freis­chwebende, die Vielfalt der For­men, die Möglichkeit, Wolken (also die Natur­erschei­n­un­gen) als Pro­jek­tions­fläche für men­schliche Ideen, Gedanken udn Phan­tasien zu nutzen, die zu dem Titel führt. Denn Wolken spie­len in den Tex­ten eigentlich keine Rolle (mehr), zumin­d­est wer­den sie jen­seits des zitierten Mot­tos nicht mehr expliz­it einge­führt. Stattdessen geht es — wie bei Dieter Roths lit­er­arischen Arbeit­en so oft — um epis­te­mol­o­gis­che und ontol­o­gis­che Fra­gen (und natür­lich nicht zulet­zt um ästhetis­che Über­legun­gen, in denen sich diese Fra­gen tre­f­fen oder über­schnei­den.
  2. Felix Hart­laub: Kriegsaufze­ich­nug­nen aus Paris. Berlin: Suhrkamp 2011, S. 78.

Sonnenfinsternis 1321

In diesem Jahre gab es am Tag der sel. Mär­tyr­er Johannes und Paulus am Fre­itag eine Son­nen­fin­ster­n­is, die von der ersten Stunde bis zur drit­ten dauerte. Als das geschehen war, wur­den die Körn­er und Samen aller Bodenpflanzen, die vorher in gutem Zus­tand waren, sicht­bar verklein­ert. Es fol­gten große Über­schwem­mungen an den Flüssen, die auf den Feldern, in den Städten, an den Mauern und Dör­fern großen Schaden anrichteten.

so heißt es unter der Über­schrift “Das Jahr des Her­rn 1321. Von der Hand­lungsweise König Johanns und von anderem” in der Königsaaler Chronik. Etwas später, immer noch im 10. Kapi­tel des zweit­en Buch­es der Chronik, wird dann berichtet:

Es soll allen, die bei Gott an Chris­tus glauben, bekan­nt wer­den, dass im Jahr des Her­rn 1321, am Fre­itag nach der Geburt des heili­gen Johannes des Täufers, in der Graf­schaft Anjou und Touraine eine schreck­liche Son­nen­fin­ster­n­is stat­tfand, sodass bald über vier Stun­den dieses Tages die Sonne glühend und blutrot war, und in der Nacht des­sel­ben Tages war der Mond verun­stal­tet und ver­dunkelt wie ein Sack, sodass die Ein­wohn­er des Lan­des­glaubten, es sei das jüng­ste Ende der Welt.
Und am sel­ben Tag war ein unglaublich­er Don­ner zu hören und unaussprech­liche Blitze zu sehen, sodass viele sahen, dass sehr viele Feuer­globen vom Him­mel auf die Erde und auf Häuser fie­len, sodass die Däch­er, die mit Stroh gedeckt waren, an eini­gen Orten ver­bran­nten, und es war ein schreck­lich­er Drache in der Luft zu sehen, durch dessen Atem und übel­riechen­des
Geschnaube nicht wenige Men­schen aus­gelöscht wur­den. Darüber hin­aus gab es an eini­gen Orten und anderen ein Erd­beben, sodass die ganze Erde zit­terte, sodass durch dieses Zit­tern viele Gebäude, die jen­seits des englis­chen Meeres gele­gen waren, ein­stürzten.

Mal sehen, was heute noch so alles auf uns zukommt …

Ins Netz gegangen (16.5.)

Ins Netz gegan­gen (16.5.):

  • Dig­i­tale Ler­numge­bun­gen in Uni­ver­sitätssem­inaren mit Wikis und Ether­pads | papier­los – ein­fach – kol­lab­o­ra­tiv – BYOD | His­torisch denken | Geschichte machen — Dig­i­tale Ler­numge­bun­gen in Uni­ver­sitätssem­inaren mit Wikis und Ether­pads | papier­los – ein­fach – kol­lab­o­ra­tiv – BYOD (via Pub­lished arti­cles)
  • Kleine Brötchen back­en — taz.de — Detlef Kuhlbrodt war beim Geburt­stags­fest zum zehn­jähri­gen Beste­hen des kook­book-Ver­lages:

    Vor zehn Jahren grün­de­ten die 28-jährige Dich­terin und Lek­torin Daniela Seel und der Grafik­er Andreas Töpfer Kook­books. Zehn Jahre und 55 Büch­er später gilt der Ver­lag als ein­er der renom­miertesten deutschen Ver­lage. Die Liste der Autoren, die hier ihre Heimat und Zuflucht gefun­den haben, liest sich wie ein Lexikonein­trag “Deutsche Lyrik des 21. Jahrhun­derts”, ver­fasst im Jahre 2050.

  • Wer­bung vs. Pri­vat­sphäre — ben_ hat sehr recht:

    Aber solange sich Wer­bung und Pri­vat­sphäre auss­chließen […], bleiben halt auch Werbe­mit­tel geblockt.

    Ich habe vorgestern auch getestet: Das Auss­chal­ten des AdBlock­ers erre­icht nur, dass an manchen Stellen der Web­seite das Wörtchen “Anzeige” auf­taucht — die Anzeigen sind aber durch NoScript und v.a. Request­Pol­i­cy immer noch geblockt. Da muss man schon sehr viel Schnüf­fler zulassen, bis die auf­tauchen …

  • Neue Gedichte von Nico Bleutge: Feine Ver­we­hun­gen — Nachricht­en — NZZ.ch -

    Ganz dicht an den Kon­turen der Dinge ent­lang ent­fal­ten diese Gedichte eine detail­vers­essene Phänom­e­nolo­gie der Naturstoffe, wobei die einzel­nen Teile stets in eine Kreis- oder Drehbe­we­gung ver­set­zt wer­den.

    — Michael Braun ist von Nico Bleut­ges neuestem Gedicht­band “verdeck­tes gelände” sehr ange­tan

Autobahn und Natur

Wie sehr die Auto­sucht nicht nur die Luft ver­pestet, son­dern auch die Hirn­win­dun­gen manch­er Beteiligten vezwirbelt, kann man immer wieder so neben­bei beobacht­en. Zum Beispiel in diesem Text der FAZ zum Neubau der Schier­stein­er Brücke zwis­chen Mainz und Wies­baden. Der schließt:

So kommt die neue Brücke zwis­chen Mainz und Wies­baden am Ende der Natur im Rhein­gau zugute.

Nun, das ist wahrlich eine preisverdächtige Argu­men­ta­tion: Der Bau ein­er Brücke, die mehr Verkehr ermöglichen soll, hil­ft also der Natur. Gemeint ist natür­lich die Aus­gle­ichsab­gabe, die hier für die “Reak­tivierung” eines Altrhein­armes ver­wandt wird — was auch immer das ist: Wird da der Rhein wieder durch sein altes Bett geleit­et? Das ist natür­lich reine Augen­wis­cherei, denn das wie gut auch immer gemeinte Gel­daus­geben “für” die Natur an ein­er Stelle hebt ja den Ein­griff an ein­er anderen Stelle nicht auf. Schon gar nicht, wenn es um den Bau von Verkehr­swe­gen geht, die ja bekan­nter­maßen gewisse Nach­fol­gewirkun­gen auf die Umwelt mit sich brin­gen. Aber so weit kann man als Autosüchtiger wahrschein­lich nicht mehr denken …

Die neue Art zu laufen

Das beste Bilder­buch zum Laufen, das es gibt: Von den Mach­ern des unbe­d­ingt empfehlenswerten (und kosten­losen) „Trail Mag­a­zins“, Stephan Rep­ke (Grip­mas­ter) und Denis Wis­chniews­ki, kommt dieses schöne Buch.

„Trail­run­ning. Die neue Art zu laufen“ ste­ht schön auf­fäl­lig auf dem Umschlag. Dabei ist es natür­lich alles andere als „neu“, auf kleineren Wegen und Pfaden in der Natur laufen zu gehen. Das wis­sen die bei­den Autoren natür­lich auch — aber irgend ein knack­iger Titel muss ja sein.

Eifrigen Lesern des „Trail Mag­a­zins“ wird das meiste hier bekan­nt vorkom­men: Die Reporta­gen der ver­schiede­nen Läufe quer durch die Welt standen da (fast?) alle schon ein­mal drin. Hier gibt es sie halt noch ein­mal gedruckt, mit vie­len, vie­len tollen, fan­tastis­chen Bildern.

Die Läufe führen nach Island, über Kor­si­ka oder Tener­if­fa, durch Südafri­ka oder die Sahara, über die Alpen in ver­schiede­nen Vari­anten und durch deutsche Wälder und Städte (ja, auch das — ein Ver­such zumin­d­est, auch in der „Zivil­i­sa­tion“ Trails zu find­en …). Aber eigentlich egal, wo ger­ade gelaufen wird — Spaß macht es den Beteiligten offen­bar immer. Und dem Leser und Schauer ganz viel Lust, die Schuhe zu schnüren und raus in die Wild­nis loszuziehen. Dass das nicht immer so ein­fach ist, ist klar. Nicht jed­er wohnt opti­mal am Rand der Alpen oder so, in guten Trail­run­ningge­bi­eten — oder fährt für einen Lauf erst ein­mal ein paar Hun­dert Kilo­me­ter Auto).

Das sehe ich auch immer bei den Fans des Trail­run­nings, ins­beson­dere im „Trail Mag­a­zin“, etwas als Man­gel: Mir scheint, sie haben ein sehr bes­timmtes, fix­iertes Bild des Trails, das ich zu ein­seit­ig finde: Ihre Wege führen sie fast immer in die Berge, ins Gebirge, mit allen Vor– und Nachteilen. Schön laufen kann man aber auch in Mit­tel­ge­bir­gen und im Flachen — das ist für die aller­meis­ten Läufer auch mit mehr Laufen ver­bun­den als sich die Berge hoch und runter zu quälen, wo ja immer auch einiges an Gehen dazuge­hört …

Und dann wäre da natür­lich noch der Marken­fetis­chis­mus der Mach­er, die Fix­ierung auf Salomon als Aus­rüster — ich glaube fast (ohne es jet­zt konkret über­prüft zu haben oder zu wollen) es gibt in diesem Band kein Foto, auf dem nicht Salomon-Aus­rüs­tung vertreten ist. Andere Her­steller machen natür­lich auch vernün­ftige Aus­rüs­tung, wer­ben allerd­ings nicht so inten­siv mit dem Trail­run­ning wie Salomon momen­tan. Aber davon muss/darf/sollte man sich den Spaß an diesem schö­nen Buch ja nicht verder­ben lassen …

Stephan Repke/Denis Wis­chniews­ki: Trail Run­ning. Die neue Art zu laufen. Biele­feld: Delius Klas­ing 2001. ISBN 978–3–7688–3266–3. 158 Seit­en. 24,90 Euro.

“Wo Geschichte nach Atem ringt, …

… holt Natur !erstaunlich schnell sich zurück, was lange Menschen=Geschichte zuvor ihr ger­aubt.” (Rein­hard Jir­gl, Die Stille, 423)

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