Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

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Kunst des Lebens

Die Kun­st des Lebens bestand doch darin, zwar nach Höherem zu streben, sich aber kluger­weise mit dem zu beg­nü­gen, was man kriegen kon­nte

—Brigitte Glaser, Büh­ler­höhe, 432

Leben

Unser größter und läng­ster Irrtum ist, daß wir das Leben, d.h. seinen Genuß, wie die Mate­ri­al­is­ten das Ich, in sein­er Zusam­menset­zung suchen, als kön­nte das Ganze oder das Ver­hält­nis der Bestandteile uns etwas geben, das nicht jed­er einzelne Teil schon hätte. Beste­ht denn der Him­mel unsers Daseins, wie der blaue über uns, aus öder mat­ter Luft, die in der Nähe und im Kleinen nur ein durch­sichtiges Nichts ist und die erst in der Ferne und im Großen blauer Äther wird? Das Jahrhun­dert wirft den Blu­men­samen dein­er Freude nur aus der porösen Säe­mas­chine von Minuten; oder vielmehr an der seli­gen Ewigkeit sel­ber ist keine andere Hand­habe als der Augen­blick. Das Leben beste­ht nicht aus 70 Jahren, son­dern die 70 Jahre beste­hen aus einem fortwe­hen­den Leben, und man hat alle­mal gelebt und genug gelebt, man sterbe, wenn man will. —Jean Paul, Titan, Erster Band, Erste Jobelpe­ri­ode, 2. Zykel

Leitsatz

Leit­satz

Fürcht nicht die Stunde, da du stirb­st.
Die Welt, oh glaub’s nur, kann dich mis­sen.
Kein Stern, um dessen Licht du wirb­st,
wird mit dir in den Tod geris­sen.

Solang du leb­st, wirst du gebraucht.
Soll dich das Leben nicht vergessen,
sorg, dass die Tat nicht unter­taucht,
an der du deine Kraft gemessen.

Leb’, dass du stündlich ster­ben kannst,
in Pflicht und Freude stark und ehrlich,
nicht dich, – das Werk, das du begannst,
mach für die Men­schheit unent­behrlich!
Erich Müh­sam, 1929

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  • Max Reger: Akko­r­dar­beit­er im gifti­gen Kli­ma der Mod­erne | Der Stan­dard — roland pohl im stan­dard über max reger, seine rezep­tion und warum er so wenig bekan­nt und geschätzt wird — immer­hin ist in diesem jahr sein hun­der­ster todestag zu bege­hen …

    Es fällt nicht leicht, nach den Grün­den zu suchen, warum der deutsche Kom­pon­ist Max Reger (1873–1916) der­art gründlich in Vergessen­heit ger­at­en ist. Den meis­ten sein­er unzäh­li­gen Werke haftet eine gewisse Sprödigkeit an. Reger, im pri­vat­en Umgang ein humoriger Kauz, hat vor allem auf dem Gebi­et der Har­monik Epochales gelei[s]tet.

    Des Meis­ters viel zu früher Tod – er entschlief herzkrank in einem Leipziger Hotelz­im­mer – dürfte auch hun­dert Jahre später kein Reger-Fieber aus­lösen. Die Klas­sik­branche fasst den eigen­bröt­lerischen “Akko­r­dar­beit­er” nicht mit der Kneifzange an. Ein­er größeren Ver­bre­itung ste­ht die Kom­plex­ität der intro­vertierten Reger-Musik im Wege.

  • Sport, über­all nur noch Sport: Die geistige Macht unser­er Epoche | taz — robert redeck­er hat in der taz eine wun­der­bare, ful­mi­nante abrech­nung mit dem sport und unser­er obses­siv­en beschäf­ti­gung damit geschrieben:

    Die heutige Gesellschaft hat eine neue Vari­ante des Total­i­taris­mus erfun­den: den Sport.[…]
    Diese Sportan­lässe beset­zen scham­los und rück­sicht­s­los den gesamten Platz in den Medi­en.
    Wie ein Nim­m­er­satt mit unstill­barem Hunger vere­in­nahmt der Sport den ganzen Platz für sich. Nie­mand kann dieser erdrück­enden Inva­sion der Sport­berichte ent­ge­hen, die alles andere ver­drängt. Diese Über­do­sis an Sport hat eine zer­störerische Umkehrung der Werte und der Hier­ar­chie der Infor­ma­tion zur Folge. Statt sich auf ein paar Worte am Ende der Fernseh- und Rund­funknachricht­en zu beschränken, was angesichts ihrer Bedeu­tungslosigkeit nor­mal wäre, ver­weist die Sport­berichter­stat­tung alles wirk­lich Wichtige auf die Rand­plätze.

    Was dage­gen für die Zivil­i­sa­tion von Bedeu­tung wäre, woran man sich noch Jahrhun­derte später erin­nern wird – die her­aus­ra­gen­den Per­sön­lichkeit­en der Philoso­phie, der Malerei, Dich­tung, Chore­ografie, Musik oder Architek­tur – find­et dage­gen kaum Beach­tung in den Medi­en.

  • David Bowie: Schön dick aufge­tra­gen | ZEIT ONLINE — diedrich diederich­sen über das bowie-album, das black­star-video und bowies auftritte

    Hier, bei einem Album, das die run­dum zu begrüßende Devise sein­er Eröff­nung­sop­er, “Mehr ist mehr”, bis zum Schluss beherzigt, hat man bei­des ver­sucht: Jazz-Vir­tu­osität und die dun­kle Ekstase heutiger Dance- und Goth­ic-Kul­turen.

  • Israel ǀ Kib­buz­im: Auf der Suche nach der Iden­tität — der Fre­itag — über die entwick­lung der kib­buz­im von sozial­is­tis­chen gemein­schaften zu mark­tkon­for­men wirtschaft­sun­ternehmen — sehr inter­es­sant …
  • Online-Fort­set­zungsro­man: Lang lebe der Shandy­is­mus! | FAZ — jan wiele in der faz mit ein­er ersten ein­schätzung von tilman ramm­st­edts ger­ade enste­hen­dem “mor­gen mehr” — seine beobach­tun­gen tre­f­fen sich ziem­lich genau mit meinen eige­nen …
  • Train­ingslager in den Golf­s­taat­en : „Der Sport ist ein löchriger Käse“ — taz.de — die taz sprach mit dem “sportethik­er” elk franke:

    Die Poli­tik nimmt den Sport gern für sich in Anspruch. Umgekehrt prof­i­tiert der Sport auch stark davon. Somit wird der Satz „Der Sport ist unpoli­tisch“ zu ein­er ide­ol­o­gis­chen Aus­sage, die in der All­t­agsprax­is keine Gültigkeit hat.
    […]
    Der Sport ist ein inhalts­freies Dra­ma, das eine Iden­ti­fika­tion mit allen möglichen Inhal­ten erlaubt. Ein Schweiz­er Käse, in dessen Löch­er aller­hand rein­passt, ohne dass der Geschmack ver­loren geht.

  • Als der Kaiser musste: Eine Unter­stre­ichung und die Schuld am Ersten Weltkrieg | Aktenkunde — Als der Kaiser musste: Eine Unter­stre­ichung und die Schuld am Ersten Weltkrieg — hol­ger berwinkel zeigt (mal wieder) sehr schön, wie wichtig his­torische hil­f­swis­senschaft (und genauigkeit) ist, auch für “großhis­torik­er”
  • schleef-bilder — die erbenge­mein­schaft einar schleefs hat einige sein­er bilder online bere­it­gestellt

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  • Hilti­bold: Wan­der­er zwis­chen Antike und Mit­te­lal­ter: Das potemkin­sche Dorf Cam­pus Gal­li — Ein kri­tis­ch­er Jahres­rück­blick — hilti­bold über die let­zten entwick­lun­gen am “cam­pus gal­li”, wo ange­blich ver­sucht wird, den st. gal­len­er kloster­plan mit mit­te­lal­ter­lichen tech­niken und mit­teln zu ver­wirk­lichen (tl,dr: viele verzögerun­gen, viele fehler und unsin­nigkeit­en, bish­er noch so gut wie nichts geschafft von den großen zie­len)
  • Autode­sign: Hüb­sch gefährlich | ZEIT ONLINE — Burkhard Straß­mann über die — vor allem für andere Verkehrsteil­nehmer, d.h. Fußgänger und Rad­fahrerin­nen — gefährliche “Ver­panzerung” der Autos durch die Desig­nen­twick­lun­gen der let­zten Jahre/Jahrzehnte, die immer schlechtere Sicht­en für PKW-Fahrer pro­duzieren
  • Das grosse Uni­ver­sum | Schröder & Kalen­der — rainald goetz über jörg schröder, die bun­desre­pub­lik, das leben und die welt — ein eigentlich für den spiegel 1984 geschrieben­er text, dort nicht gedruckt, hier von schröder & kalen­der der mit- und nach­welt über­liefert

    In Wirk­lichkeit erlebt jed­er vie­len, täglich Neues. Weit­ergegeben jedoch, berichtet, erzählt, schrumpeln die meis­ten Leben auf ein trost­los Alt­bekan­ntes zusam­men. Ein­fach weil es so schwierig ist, sich selb­st zu glauben, dem, was man sieht, was man denkt. Und beim Zuhören, noch mehr beim Lesen von Schrift gewor­den­em erzähltem Leben befällt einen man­is­che Trau­rigkeit, Schwäche, großes Matt­sein und Schmerz.

    Schröders Erzählen hinge­gen belehrt einen auf eine unschlag­bar unter­halt­same, wahrhaft komis­che Weise, wie genau die Radikalität aussieht, die vom eige­nen mick­rig­sten Küm­mer­lichkeit­seckchen genau­so unspek­takulär spricht wie vom eige­nen Größen­wahn, und wie genau an diesem Punkt, wo alle Ent­larvungs- und Selb­stent­larvungsab­sicht­en längst zu nicht ver­glüht sind, das Ich explodiert ins tröstlich Unbeson­dere, All­ge­meine, Ver­wech­sel­bare.

  • Sachal Stu­dios’ Take Five Offi­cial Video — nimm fünf! — geniale cov­erver­sion des dave brubeck/paul desmond-klas­sik­ers “take five” mit dem pak­istanis­chen sachal stu­dio orches­tra
  • Debat­te um Flüchtlinge:  Deutsche Werte manip­uliert — Kolumne — SPIEGEL ONLINE — die neue kolumne von mar­garet stokows­ki beim spiegel-online fängt gut an

    Wie hal­ten es diese Flüchtlinge mit der Gle­ich­stel­lung Homo­sex­ueller? Und respek­tieren sie die Rechte der Frauen? Aus­gerech­net Kon­ser­v­a­tive machen sich darüber jet­zt große Sor­gen — dabei waren ihnen diese The­men bish­er her­zlich egal.

  • dichterlesen.net — inter­es­santes archiv, mit span­nen­den fund­stück­en und großem ent­deck­ungspoten­zial …

    Dichterlesen.net ist ein gemein­sames Pro­jekt des Lit­er­arischen Col­lo­qui­ums Berlin (LCB) und des Deutschen Lit­er­at­u­rar­chivs Mar­bach (DLA) und seit dem 3. Okto­ber 2015 online. Gemein­sam haben es sich die kooperieren­den Ein­rich­tun­gen zum Ziel geset­zt, ihre Ver­anstal­tungsmitschnitte aus einem hal­ben Jahrhun­dert deutsch­er und inter­na­tionaler Lit­er­aturgeschichte der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
    Das Herzstück des Pro­jek­tes bildet das Online-Tonar­chiv, in welchem die Audio-Auf­nah­men lit­er­arisch­er Ver­anstal­tun­gen (u.a. Lesun­gen, Diskus­sio­nen, Werk­stattge­spräche und Col­lo­qui­en) der beteiligten Insti­tu­tio­nen weltweit zum kosten­freien Nach­hören ange­boten wer­den.

  • Oliv­er Maria Schmitt Poschardts Kinder | TITANIC – Das endgültige Satiremagazin — oliv­er maria schmitt rech­net mit dem welt-feuil­leton ab — sehr tre­f­fend, sehr gemein & sehr gut:

    »Springer­ju­gend« nan­nte die linke Lügen­presse seine Boys und Girls. »Hitlers Kinder«, so sann es in Poschardts Polo, so nan­nte man doch früher mal sozusagen metapho­risch die Dep­pen von der RAF. Kohls Kind, das war er im Prinzip selb­st. Und Merkels Kinder, die schrieben ihm jet­zt das Feuil­leton voll. Die ehe­mals von den Linken monop­o­lisierte Protest- und Ran­daliergeste war nun im recht­en Main­stream angekom­men, analysierte der Dr. die Gesamt­lage auf den Straßen von Großber­lin. Und recht eigentlich waren es doch seine Kinder. Ja, das war die Poschardtju­gend, haha! Flink wie Schoßhunde, zäh wie Nap­paled­er und hart wie die Kro­nko­rken von Club-Mate.

  • Vor­würfe gegen von der Leyen: Unge­le­sene Dok­torar­beit­en? — sehr gute einord­nung von jür­gen kaube über das pro­mo­tion­swe­sen in deutsch­land, forschung, qual­i­fika­tion, lesen und schreiben …
  • NSU ǀ Geheime Kom­mu­nika­tion — der Fre­itag — der “Fre­itag” über hin­weise und indizien, dass der baden-würt­tem­ber­gis­che nsu-auss­chuss der exeku­tive — die er kon­trol­lieren soll — hin­weise auf aus­sagen und hin­weis­ge­ber weit­ergegeben hat.
  • Der Bib­lio­thekar als Gate­keep­er der Wis­senschaft | KSW Blog — michael knoche, direk­tor der her­zo­gin-anna-amalia-bib­lio­thek in weimar, über die notwendigkeit, auch heute unter bed­i­n­un­gen zumin­d­est teil­weis­er elek­tro­n­is­ch­er pub­lika­tion, in forschungs­bib­lio­theken noch/weiter samm­lun­gen aufzubauen
  • Wider die Aktengläu­bigkeit! Eine Lehrstunde bei Egon Bahr | Aktenkunde — die “Aktenkunde” über das dif­fizile zusam­men­spiel von akten und mem­oiren von poli­tik­ern, inter­es­sant dargestellt anhand egon bahrs:

    Quel­lenkri­tisch ist das natür­lich ein Prob­lem, denn Zirkelschlüsse dro­hen. Vor allem müssen His­torik­er in der Lage sein, die den “Erin­nerun­gen” zugrun­deliegen­den Unter­la­gen aktenkundlich einzuschätzen. Dazu erteilt Bahr in seinen Mem­oiren eine Lehrstunde: 1968 führte er als Pla­nungsstab­schef des Auswär­ti­gen Amts in Wien ein ver­traulich­es Sondierungs­ge­spräch mit dem pol­nis­chen Geschäft­sträger in Öster­re­ich, Jerzy Raczkows­ki. Um dieses Gespräch in seinen Mem­oiren darzustellen, hat­te Bahr in einem sel­te­nen Glücks­fall nicht nur seinen eige­nen Gesprächsver­merk zur Hand, son­dern auch den seines pol­nis­chen Gegenübers.

  • Apfel­ernte: Ohne Streuob­st­wiesen keinen Apfel­wein
  • Rebuild­ing Berlin’s Stadtschloss is an Act of His­tor­i­cal White­wash­ing | The May­bachufer — sehr richtig (und passiert lei­der nicht nur in berlin):

    By rebuild­ing the Stadtschloss in place of the Palast der Repub­lik, Berlin is air­brush­ing its own his­to­ry. East Ger­many hap­pened. Phys­i­cal­ly remov­ing the evi­dence of it from the heart of Berlin, replac­ing it with what was there before, pre­tend­ing it was nev­er there, is disin­gen­u­ous and it is dan­ger­ous.

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  • Was hin­ter­lässt Gün­ter Grass?: Olymp der Old Boys — taz.de — mar­lene streeruwitz blickt kri­tisch aus Gün­ter Grass und sein poli­tis­ches Engage­ment zurück:

    Wenn die soziale Gerechtigkeit am Ende doch partei­isch gedacht war. Die Moral zer­bricht an so einem Wider­spruch. Das kam wohl auch daher, dass diese Gen­er­a­tion von kri­tis­chen Söh­nen sich auf einem Olymp der Moral­ität wäh­n­ten und dort bleiben woll­ten. Aber ungestört. Statt also den Olymp zu demokratisieren, wurde die deutsche Kul­tur zu einem der vie­len old boys clubs, wie sie die Welt immer schon beherrscht­en. Solche Per­so­n­en haben viel verän­dert und am Ende dann wieder gar nicht so viel.

  • Die Geschichte offen­hal­ten (junge Welt) — ingar solty & enno stahl diag­nos­tizieren die gesellschaftliche Bedeu­tungslosigkeit der Lit­er­atur und machen Vorschläge, wie sich das ändern ließe

    Diese sozialen und ökonomis­chen Dis­so­nanzen müssen sich in der Lit­er­atur nieder­schla­gen, die mon­ströse Asym­me­trie des Lebens, Momente der Schön­heit neben Aus­brüchen atavis­tis­ch­er Grausamkeit, die Ver­strick­un­gen des einzel­nen im großen Ganzen, ger­ade wenn er oder sie sich her­auszuhal­ten sucht. Die Lit­er­atur muss sagen, was Sache ist, muss doku­men­tieren, nach­haltig auf­be­wahren und damit ankla­gen, welche Ver­heerun­gen sich ereignet haben und wer die Verur­sach­er sind

  • Mara Gen­schel: Die Erhaben­heit des Tesafilms | ZEIT ONLINE — Michael braun über die wun­der­bare und span­nende Lyrik­erin mara gen­schel
  • Mauer­fall: Sch­abows­ki-Zettel soll gestohlen wor­den sein — Poli­tik — Süddeutsche.de — Mehr als 20 Jahre lang galt der Notizzettel von Gün­ter Sch­abows­ki für die Pressekon­ferenz, die den Mauer­fall aus­löste, als ver­schollen. Dann tauchte er bei der Stiftung “Haus der Geschichte” auf. Sch­abowskis Ehe­frau erhebt schwere Vor­würfe gegen Bekan­nte.
  • Don’t make bicy­clists more vis­i­ble. Make dri­vers stop hit­ting them. — The Wash­ing­ton Post — eben weiss hat zwar die usa im blick, seine argu­mente (etwa in bezug auf die helmpflicht für rad­fahrer) lassen sich aber prob­lem­los auf europa & deutsch­land über­tra­gen:

    Effec­tive­ly, we’ve lost equal access to the pub­lic road­ways unless we’re will­ing and able to foot the hefty bill for a car. Instead, what we have is an infra­struc­ture opti­mized for pri­vate vehi­cles and a nation of sub­si­dized dri­vers who balk at the idea of sub­si­diz­ing any oth­er form of tran­sit, and who react to a park­ing tick­et as though they’ve been cru­ci­fied.

  • Blitz­marathon: Rasen und witzeln — Welt — Tagesspiegel — inter­es­san­ter ver­gle­ich:

    Die Römer hiel­ten Glad­i­a­torenkämpfe, also das, was wir heute Bar­barei nen­nen, für Spiele. In ein­er späteren Zivil­i­sa­tion wird man wom­öglich auf uns zurück­blick­en und sich fra­gen, warum wir die Bar­barei auf unseren Straßen für Sport gehal­ten haben.

  • Der Wort­van­dale — taz.de — jens uthoff würdigt rolf dieter brinkmann zu seinem 75. geburt­stag:

    Brinkmann wollte die unge­filterte Wirk­lichkeit darstellen, einen unver­mit­tel­ten, ersten Ein­druck der Dinge wieder­erlan­gen und sprach­lich for­mulieren.[…]
    Brinkmann ist als Poet, dessen großes The­ma Ent­frem­dungser­fahrun­gen, die Wahrnehmung und das Bewusst­sein waren, noch immer aktuell: Die Medi­atisierung ist vor­angeschrit­ten; die Erfahrun­gen sind noch weniger als zu Brinkmanns Zeit­en unmit­tel­bare. Mehr noch: Die medi­ale Ver­w­er­tung des Augen­blicks muss heute stets mitgedacht wer­den, erst das Self­ie dient dazu, uns unser­er selb­st zu ver­sich­ern. Und auch sein Stram­peln und Schla­gen “gegen die Sub­jek­tver­drän­gung” (Hand­ke), gegen die Verd­inglichung und den Ver­lust natür­lich­er Lebenswel­ten spiegelt stets aktuelle men­schliche Grund­kon­flik­te oder fort­laufende Prozesse.

  • Die Gründe, bitte | law blog — udo vet­ter

    Hier sind nach wie vor die Befür­worter der Spe­icherung in der Pflicht nachzuweisen, dass eine Ein­schränkung der Bürg­er- und Frei­heit­srechte über­haupt einen Nutzen bringt, der den weit­eren Ausverkauf des Grundge­set­zes und europäis­ch­er Werte­s­tandards ver­schmerzbar erscheinen lässt.
    Wenn ich schon Verzicht üben und kün­ftig in einem anderen Staat leben soll, der mich als poten­ziell Verdächti­gen behanelt, dann möge man mir bitte plau­si­bel erk­lären, warum.

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  • 70. Geburt­stag des Autors Jörg Fauser: Er war der Champ — taz.de — ambrow waibel über­legt in der taz, warum das fauser so uncool und ein “lit­er­at der los­er” war, aber trotz­dem ein toller autor:

    Das Große an Fauser – SPD-Mit­glied – ist, dass er nie aufge­hört hat, mit allem, was er auf­brin­gen kon­nte, danach zu streben, seine Schmerzen zu pop­u­lar­isieren. Daraus ent­standen Geschicht­en: über die, die unten sind, über die, die in der Mitte sind – und zu denen ganz oben wäre er auch noch gekom­men: Er warte noch auf den großen deutschen Man­ager­ro­man, hat er 1984 im Fernse­hen gesagt.

    Das Uncoole an Fauser war, dass er, als er es ab 1968 und fol­gend wollte, nicht dazuge­hören kon­nte zu den Coolen und Schö­nen sein­er Gen­er­a­tion. Das Uncoole war, dass er sich dieser Zurück­weisung nicht durch die demütige Flucht ins Pri­vatleben, in den Suff oder in den Reiseteil ent­zog, son­dern darauf behar­rte, ein Schrift­steller zu sein. Der ganz unver­froren auf ein Lesepub­likum set­zte, das sich nichts vorschreiben ließ.

  • Mythen ǀ Alles Gute, Mack­er! — der Fre­itag — kat­ja kull­mann über jörg fauser, der am 16. juli 70 jahre alt gewor­den wäre:

    Jörg Fauser, der schmächtige Hesse mit der hitzi­gen Abnei­gung gegen Trend­phänomene, hat in diesem Zusam­men­hang ein posthumes Prob­lem: Er wird heute ganz über­wiegend als Mack­er rezip­iert – beziehungsweise missver­standen.

  • Debat­te Überwachung in Deutsch­land: Völk­er­recht im Glas­faserk­a­bel — taz.de — andreas fis­ch­er-les­cano:

    Die unver­hält­nis­mäßi­gen Überwachungs­maß­nah­men der NSA sind völk­er­rechtswidrig.

    deshalb fordert er:

    Entwed­er wir ver­lieren uns in transat­lantis­chen Vor­wür­fen über Spi­onage und Geheimnisver­rat. Oder aber wir wid­men uns endlich dem Wesentlichen: der demokratis­chen Selb­stvergewis­serung über die Gren­zen und Möglichkeit­en der Frei­heit des Inter­nets.

    Diese Diskus­sion kön­nen wir aber nicht im nationalen Rah­men alleine führen. Nur wenn wir die Infra­struk­tur des glob­alen Rechts nutzen, wer­den wir wirk­same Sicherun­gen für unsere Frei­heit­sräume entwick­eln kön­nen.

  • Iden­tität­skon­sum­is­mus | Lesen was klüger macht — georg seeßlen:

    Den Iden­tität­skon­sum­is­mus hat wohl keine Unter­hal­tungsin­dus­trie dieser Welt, nicht ein­mal die US-amerikanis­che, so per­fek­tion­iert wie die deutsche. Schlager­musik, Tra­cht­en­mode, Volks­feste, Event­dra­maturgie, Fernsehse­rien, Sport und Marken­ze­ichen, sog­ar Autos und T‑Shirts, sind einem neuen Iden­titäts­mar­ket­ing unter­wor­fen. Im Iden­titäts­mar­ket­ing tre­f­fen sich die ursprünglich als Wider­sprüche agieren­den Kräfte der Super­flex­i­bil­isierung und der Even­tökonomie mit den fik­tiv­en Kon­ti­nu­ität­skon­struk­tio­nen und der Sehn­sucht nach der ver­lore­nen Iden­tität. Dabei wird eine Menge Geld umge­set­zt. Und eine Menge Träume gehen ver­loren. Klingt „Sch­land“ nicht nach einem ver­dammt komisch-trau­ri­gen Abge­sang auf Heimat? Der Iden­tität­skon­sum­is­mus trägt die Selb­stver­ach­tung in sich.

  • Twit­ter / Things4Strings: “Sounds of Sum­mer” via Anne … — wun­der­bar! RT @Things4Strings: “Sounds of Sum­mer” via Anne Akiko Mey­ers
  • Umfänglich gescheit­ert (epic fail) III: Fahrrad­fahrer | Rep­tilien­fonds — epic fail 3 by jakob hein:

    Warum gibt man sich die Mühe, das Schloss mit einem Schlüs­sel zu öff­nen und es dann so mit einem Poller zu verbinden? Soll der Poller die san­fte Umar­mung der Plas­tikum­man­telung des Schloss­es spüren? Oder möchte man der Polizei im Ver­sicherungs­fall sagen kön­nen, man habe alles getan?

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Ins Netz gegangen (27.11.)

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  • Chro­nist seines Lebens und sein­er Epoche: Zum Tod von Peter Kurzeck — Lit­er­atur Nachricht­en — NZZ.ch — Roman Buche­li weist in seinem Peter-Kurzeck-Nachruf in der NZZ sehr richtig darauf hin, dass die Lebenserin­nerungs­beschrei­bung alleine nicht das Entschei­dende für die Größe des Kurzeckschen Werks ist:

    Nicht Prousts gepflegte «mémoire involon­taire» hat ihn umgetrieben, son­dern die panis­che Angst, das Ver­lorene und Ver­gan­gene im Vergessen noch ein­mal preis­geben zu müssen. Er über­liess sich nicht dem Strom der Erin­nerung, son­dern brachte sie, mit Nabokov, noch ein­mal und – so die uner­füll­bare Hoff­nung – lück­en­los zum Sprechen.
    […]
    Kurzeck hegte noch ein­mal, als hätte es die Bruch­stellen der Mod­erne und die neuen For­men des Erzäh­lens nie gegeben, den Traum von einem Ganzen, das sich im lit­er­arischen Kunst­werk nach­bilden lässt. Er mochte dabei auch nicht etwa auf das rhetorische Mit­tel ver­trauen, dass im Teil das Ganze enthal­ten sein könne, son­dern nahm sein Ver­fahren auf eine ger­adezu brachiale Weise wörtlich: Die Zeit sollte im erzählten Werk gle­ich­sam massstabgerecht noch ein­mal erste­hen. Er stand darum Balzac näher als Proust, und die deutschen Erzäh­ler des 19. Jahrhun­derts waren ihm min­destens eben­so ver­traut wie seine an raf­finierten Erzähltech­niken geschul­ten Zeitgenossen.

  • Tod im Neben­satz — taz.de — Jan Süsel­becks kluger Nachruf auf Peter Kurzeck in der taz:

    In der Melan­cholie dieser Proust’schen Dauer­med­i­ta­tion, die zu sein­er Marke wurde und ihm einen Platz in der Lit­er­aturgeschichte sicherte, ging es Kurzeck aber gar nicht um konkrete Orte. Er war kein Region­al- oder gar Heimatschrift­steller. Kurzeck träumte sich in einen ganz eige­nen Sound des Denkens und Schreibens hinein, in eine detail­vers­essene, musikalisch vor sich hin kon­tra­punk­tierende Ästhetik der Prov­inz, die tat­säch­lich alles andere als prov­inziell war. Kurzeck war auf der Suche nach utopis­chen Orten, die hät­ten existieren kön­nen

  • Die Wahrheit über die Wahrheit: Architek­turgeschichte (ganz) kurz gefasst — für so etwas muss man das Inter­net doch lieben: Architek­turgeschichte (ganz) kurz gefasst (wirk­lich ganz kurz …)
  • Nachruf Peter Kurzeck: Die ganze Zeit erzählen, immer | ZEIT ONLINE — Ein sehr anrühren­der, inten­siv­er und liebevoller Nachruf von Christoph Schröder:

    Der Tod von Peter Kurzeck ist das Schlimm­ste, was der deutschsprachi­gen Lit­er­atur seit vie­len Jahren passiert ist./

  • Koali­tionsver­trag: Der Kern des Net­zes — Tech­nik & Motor — FAZ — Da hat Michael Spehr wohl recht:

    Net­zneu­tral­ität eignet sich also bestens als Lack­mustest für Netzkompetenz./

    Und lei­der gibt es kaum Poli­tik­er (und Man­ag­er) in entsprechen­den Posi­tio­nen, die den Test beste­hen …

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