Unser größ­ter und längs­ter Irr­tum ist, daß wir das Leben, d.h. sei­nen Genuß, wie die Mate­ria­lis­ten das Ich, in sei­ner Zusam­men­set­zung suchen, als könn­te das Gan­ze oder das Ver­hält­nis der Bestand­tei­le uns etwas geben, das nicht jeder ein­zel­ne Teil schon hät­te. Besteht denn der Him­mel unsers Daseins, wie der blaue über uns, aus öder mat­ter Luft, die in der Nähe und im Klei­nen nur ein durch­sich­ti­ges Nichts ist und die erst in der Fer­ne und im Gro­ßen blau­er Äther wird? Das Jahr­hun­dert wirft den Blu­men­sa­men dei­ner Freu­de nur aus der porö­sen Säe­ma­schi­ne von Minu­ten; oder viel­mehr an der seli­gen Ewig­keit sel­ber ist kei­ne ande­re Hand­ha­be als der Augen­blick. Das Leben besteht nicht aus 70 Jah­ren, son­dern die 70 Jah­re bestehen aus einem fort­we­hen­den Leben, und man hat alle­mal gelebt und genug gelebt, man ster­be, wenn man will. —Jean Paul, Titan, Ers­ter Band, Ers­te Job­el­pe­ri­ode, 2. Zykel