Ins Netz gegangen am 19.4.:
- Fata, Libelli. Literaturkolumne | Merkur → ekkehard knörer wirft einen instruktiven blick auf den buchmarkt und seine (haupt-) akteur*innen
Ein Buch ist idealtypisch das, was eine Autorin verfasst, ein Agent in ihrem Namen verkauft, eine Lektorin lektoriert, ein Verlag setzen lässt, publiziert und bewirbt, was ein Händler online oder im Laden verkauft, eine Rezensentin rezensiert, eine Käuferin kauft. Ein Buch ist also ein ziemlich komplexes, aus geistigen, materiellen, ökonomischen Aspekten zusammengesetztes Objekt. […] Das Schreiben von Büchern ist eine in jeder Hinsicht aufwändige und anstrengende Sache. Die allermeisten Autorinnen und Autoren von Literatur können, wie sich aus den genannten Zahlen ohne viel Rechnen ergibt, weder von den Verkäufen ihrer Bücher noch von den Vorschüssen leben. Das gilt für die USA, das gilt für Deutschland, es gilt wohl überall auf der Welt. Dennoch erscheinen Jahr für Jahr unfassbar viele belletristische Titel. Wovon leben all diese Menschen?
- Geschlossen gegen imaginierte Bedrohungen | Süddeutsche → ein ziemlich guter essay von felix stephan über die verbiesterten, engstirnigen kämpfe um (deutungs-)hoheit (auch) in der kulturszene, die er er im verharren in den eigenen echokammern begründet sieht
- Aber über Judenhass nicht lachen wollen! | Übermeiden → gabriel yoran regt sich ziemlich zu recht über dumme fragen beim dlf auf:
[Levit] soll allen Ernstes erklären, wie sich sein Twittern jüdischer Witze mit Kritik an einem Preis für Verächtlichmachung von Auschwitz-Häftlingen verträgt. Was ist das für ein furchtbares Land, in dem ein führendes, seriöses Medium solche Fragen stellt?
- Monika Grütters im Interview | Tagesspiegel → ein total irres interview mit monika grütters, die sich ernsthaft darüber beschwert, dass bei kulturpolitischen entscheidungen (zu) viele mitreden wollen. nun ja:
Manchmal würde auch der Kulturbetrieb eine Autorität gut vertragen.
- Die große Inklusion | taz → vorabdruck eines auzuges aus armin nassehs neuem buch über 1968, “Gab es 1968?”, das — wenn ich den hier veröffentlichten text als maßstab nehme — sehr interessant zu sein scheint:
Als wirksames Erbe [von 1968] haben sich Inklusionsschübe vollzogen, in deren Folge es zu einer Generalinklusion der Bevölkerung kam. Dadurch ist es, so meine These, in allen westeuropäischen Ländern zu einem mehr oder weniger merklichen impliziten Linksruck gekommen – nicht explizit links gemäß der Vorstellung der radikalen Revolutionsperspektive des kleinen harten Kerns von „1968“, wonach die Gesellschaft ein umbaubares Objekt darstellt. Doch die Inklusionsdynamik hat durchaus zu einer diskursiven Beteiligung größerer Gruppen geführt, und es kam zu einer gruppenübergreifenden Prämiierung von Abweichung allein deshalb, weil die „Arbeitsteilung“ von Schichten und Milieus durcheinandergeriet.
[…] Die Politisierung der Inklusion ist das, was ich hier als das implizit Linke bezeichnen möchte. Es ist links, weil es die egalitären, auf soziale Ungleichheit zielenden Formen von Mitgliedschaft und Generalinklusion von Bevölkerungen offensiv angeht und sich mit jedem Schritt in Richtung Generalinklusion die Unmöglichkeit einhandelt, solche Formen wieder zurückzudrehen. Und es ist implizit links, weil es für die Verfolgung solcher Politik keiner explizit linken Semantik und Programmatik bedarf.