Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Schlagwort: a-cappella Seite 2 von 7

maybebop (pressefoto)

Gelungene Fehlerdiagnose: „Sistemfeler“ von Maybebop

maybebop, sistemfeler (cover)Einen „Sis­tem­fe­l­er“ dia­gnos­ti­ziert May­be­bop. Und da geht es nicht um den Gesang – der ist feh­ler­frei, wie man das von May­be­bop erwar­tet. Und selbst die ohne­hin hohen Erwar­tun­gen an ein neu­es May­be­bop-Album toppt „Sis­tem­fe­l­er“ locker. Der Feh­ler liegt also nicht in der Musik, son­dern in einem ande­ren Sys­tem – vor allem dem der Gesell­schaft. Aber kei­ne Angst: Trotz kri­ti­scher Beglei­tung der Gegen­wart macht „Sis­tem­fe­l­er“ vor allem irre viel Spaß. Man muss ja den Dia­gno­sen des Han­no­ve­ra­ner Quar­tetts nicht zustim­men, um die groß­ar­ti­gen musi­ka­li­schen Qua­li­tä­ten des Albums genie­ßen zu kön­nen. Und schließ­lich wäre May­be­bop nicht May­be­bop, wenn sie ihre kri­ti­schen Dia­gno­sen nicht mit Witz und Iro­nie ver­mit­teln wür­den – ob es nun um die Glaub­wür­dig­keit der Nach­rich­ten geht oder den über­gro­ßen gesell­schaft­li­chen Anpas­sungs­druck. In „Auf der Suche“ spie­ßen die Vier die per­ma­nen­te Erreich­bar­keit und die Gier nach vir­tu­el­ler Aner­ken­nung auf und lie­fern qua­si neben­bei einen Ohr­wurm – nicht den ein­zi­gen auf „Sis­tem­fe­l­er“ übri­gens. Und die „Ode an die Hei­mat“ the­ma­ti­siert in einer wun­der­schön sanft aus­ge­setz­ten Bal­la­de nicht nur die Hei­mat­lo­sig­keit der moder­nen Viel­rei­sen­den, son­dern auch die Tat­sa­che, dass man nur dort daheim ist, wo sich das Smart­phone auto­ma­tisch mit dem Rou­ter ver­bin­det. Sanft schmei­chelt auch das Fina­le, „Ab und zu ein paar Gei­gen“, mit der Unter­stüt­zung der NDR Radio­phil­har­mo­nie. Doch natür­lich ist May­be­bop nicht immer zahm und zurück­hal­tend: Mit schwar­zem Humor geht es in „Weil du heut Geburts­tag hast“ auch musi­ka­lisch ordent­lich zur Sache. Und über­all sind Detail­ver­ses­sen­heit und Per­fek­tio­nis­mus des Quar­tetts unüber­hör­bar: Jedes Arran­ge­ment, jede Akkord­fol­ge, jeder noch so aus­ge­fal­le­ne Klang­ef­fekt sind sorg­fäl­tigst über­legt und ein­ge­passt. „Sis­tem­fe­l­er“ ist rund­um stim­mig wie nur weni­ge Alben, bis zum nerdi­gen Cover und Booklet. 

Immer wie­der spie­len May­be­bop mit Genuss und Kön­nen mit musi­ka­li­schen und natio­na­len Kli­schees. Die aus­ge­zeich­ne­te Bol­ly­wood-Hym­ne „Ver­steh das“ ist so eine Pla­ti­tü­de, das pen­ta­tö­ni­ge „Chi­ne­si­sche Medizin“nimmt nicht nur alter­na­ti­ve Heil­küns­te, son­dern auch das Essen aufs Korn. Alles in allem ist die Viel­falt der Musik ein­fach ver­zü­ckend: Der wasch­ech­te Marsch (bei dem das voka­le Blech dröhnt und die Füße zucken) ist genau­so ein Teil des „Sis­tem­fel­ers“ wie Aus­flü­ge in den Bal­kan-Pop, das platt­deut­sche „Dat du min Leevs­ten büst“ oder eine gesun­ge­ne Ver­si­on des Ravel-Bole­ros. Gut, musi­ka­lisch ist der bei den Swing­le Sin­gers noch bes­ser gewe­sen – aber die haben nicht den herr­lich augen­zwin­kern­den Text von Oli­ver Gies. Der erzählt ganz aus­ge­feilt einen klas­si­schen Kon­zer­be­suchs eines bla­sier­ten Ange­bers. Und kurz dar­auf – nach einem kur­zen Abste­cher zur Logik des Beat­bo­xens – fin­det man sich schon im Hip­hop wie­der. Über­haupt Oli­ver Gies: Der Bari­ton zeich­net nicht nur für die Arran­ge­ments ver­ant­wort­lich, son­dern hat auch fast alle Tex­te geschrie­ben und Melo­dien kom­po­niert. Und da fin­den sich ech­te Klein­ode – wer auf „Sis­tem­fe­l­er“ kein Lieb­lings­lied fin­det, ist für a‑cap­pel­la-Pop wohl ver­lo­ren. Oder hoff­nungs­lo­ser Purist, der mit die­sem fro­hen Eklek­ti­zis­mus nichts anfan­gen kann.

May­be­bop: Sis­tem­fe­l­er. Ellen­ber­ger 2017. Spiel­zeit: 55:44

(Zuerst erschie­nen in „Chor­zeit – Das Vokal­ma­ga­zin“, #39, Mai 2017)

Taglied 3.5.2017

Klang­be­zirk (eine der vie­len Ber­li­ner a‑cap­pel­la-Grup­pen …), All mein Gedanken

Klang­be­zirk – All Mein Gedanken

Beim Kli­cken auf das und beim Abspie­len des von You­Tube ein­ge­bet­te­ten Vide­os wer­den (u. U. per­so­nen­be­zo­ge­ne) Daten wie die IP-Adres­se an You­Tube übertragen.
qurartonal, gruppenbild

A‑Cappella für jeden Tag: Quartonal

quartonal, everytime (cover)Für jeden Geschmack etwas bie­ten zu wol­len, kann als Kon­zept einer CD leicht schief gehen. Quar­to­nal zeigt mit „Ever­y­ti­me a cap­pel­la“, dem zwei­ten Album des jun­gen Vokal­quar­tetts, dass es auch gelin­gen kann. Denn tat­säch­lich dürf­te „Ever­y­ti­me“ jedem gefal­len. Zumin­dest bemüht es sich sehr dar­um: Ever­greens, Tra­di­tio­nals und eini­ge Pophits bil­den das Mate­ri­al, aus dem die durch­weg erfah­re­nen Vokal­ar­ran­geu­re den vier Män­nern das musi­ka­li­sche Aller­lei berei­tet haben. Und zwar immer so, dass nie­mand ver­stört auf­hor­chen muss. Denn Neu­es oder Unge­wohn­tes bekommt man hier nicht zu hören. Das ist sozu­sa­gen „klas­si­sches“ a‑cappella, aber kei­ne Musik, die die Gat­tung oder das vier­stim­mi­ge Män­ner­sin­gen wirk­lich vor­an­bringt oder gar neue Klang­räu­me kar­to­gra­phiert. Der gemein­sa­me Nen­ner aller 18 Songs ist vor allem, dass Quar­to­nal sie ger­ne singt. Viel ist das nicht, aber auch nicht die schlech­tes­te Vor­aus­set­zung. Dass man (fast) alle Melo­dien und Tex­te, ob sie nun deut­scher, mexi­ka­ni­scher, bri­ti­scher, fran­zö­si­scher oder platt­deut­scher Her­kunft sind, aus dem Steg­reif mit­sin­gen kann, passt dazu. So steht platt­deut­sches neben einem fein durch­ge­ar­bei­te­ten Arran­ge­ment des Shan­tys „What shall we do with a drun­ken sail­or“, eine etwas blas­se Ver­si­on von Georg Micha­els „Faith“ erklingt ganz und gar ohne Sex­ap­peal neben dem tod­ernst-melan­cho­li­schen „Über den Wol­ken“ von Rein­hard Mey und einer ent­spannt swin­gen­den, wun­der­bar gelas­se­nen Bear­bei­tung von „Küs­sen kann man nicht allei­ne“ aus der Feder von Annet­te Hum­pe und Max Raabe.

Egal, was Quar­to­nal sich vor­nimmt: Sie sin­gen wirk­lich alles mit einer beein­dru­cken­den tech­ni­schen und voka­len Sicher­heit, into­na­to­risch lupen­rein und in jedem noch so klei­nen Detail per­fekt auf­ein­an­der abge­stimmt. Das Quar­tett klingt auf die­ser Auf­nah­me der­ma­ßen sau­ber und rein, dass man es pro­blem­los in ein Rein­raum­la­bor mit­neh­men könn­te. Der jugend­lich schlan­ke und agi­le Ensem­ble­klang hat hör­bar Eben­maß als höchs­tes Ziel. Und sie errei­chen das mit fein­sin­ni­ger Akkuratesse.

Lei­der stellt sich aber immer wie­der der Ein­druck ein: Quar­to­nal bleibt damit unter sei­nen Mög­lich­kei­ten. Viel­leicht ist es der etwas leb­lo­se Stu­dio­klang, viel­leicht auch ihre noble Zurück­hal­tung: Bei aller voka­ler Raf­fi­nes­se bleibt „Ever­y­ti­me“ meis­tens etwas kühl. Eigent­lich fehlt allen Songs etwas Emo­tio­na­li­tät und wenigs­tens momen­ta­ne expres­si­ve Begeis­te­rung. Zu oft klingt das wie ein Klang­la­bor: Sau­ber bis in die Poren, ja gera­de­zu akus­tisch rein – aber auch ten­den­zi­ell ste­ril und ohne Über­ra­schun­gen. Dabei ist alles, von den Arran­ge­ments über Phra­sie­rung, Dyna­mik und Into­na­ti­on bis hin zur Ton­ge­bung, geschmack­voll und gekonnt aus­ge­ar­bei­tet. Doch nur sel­ten blit­zen auf „Ever­y­ti­me“ die groß­ar­ti­gen Momen­te auf, in denen man wirk­lich ganz und gar, mit Herz und Hirn, hin­ge­ris­sen ist von die­ser Musik.

Quar­to­nal: Ever­y­ti­me a cap­pel­la. Sony 2017. Spiel­zeit: 57:32

(Zuerst in einer etwas kür­ze­ren Ver­si­on erschie­nen in „Chor­zeit – Das Vokal­ma­ga­zin“, #36 , März 2017)

Taglied 14.3.2017

The Fil­har­mo­nic, Mer­cy (Shawn Mendes):

Mer­cy – Shawn Men­des: The Fil­har­mo­nic (A Cap­pel­la Cover)

Beim Kli­cken auf das und beim Abspie­len des von You­Tube ein­ge­bet­te­ten Vide­os wer­den (u. U. per­so­nen­be­zo­ge­ne) Daten wie die IP-Adres­se an You­Tube übertragen.

Taglied 7.3.2017

mon­groo­ves, Shake it out – Flo­rence and the Machi­ne (a‑cap­pel­la-Cover):

mon­groo­ves: Shake it out – Flo­rence and the Machi­ne, a cap­pel­la cover

Beim Kli­cken auf das und beim Abspie­len des von You­Tube ein­ge­bet­te­ten Vide­os wer­den (u. U. per­so­nen­be­zo­ge­ne) Daten wie die IP-Adres­se an You­Tube übertragen.

Taglied 5.3.2017

Sting, Seven Days (a‑cap­pel­la-Cover von OnAir):

ONAIR – Seven Days (Sting Cover)

Beim Kli­cken auf das und beim Abspie­len des von You­Tube ein­ge­bet­te­ten Vide­os wer­den (u. U. per­so­nen­be­zo­ge­ne) Daten wie die IP-Adres­se an You­Tube übertragen.

Taglied 9.2.2017

Get Lucky, in einer sehr schö­nen a‑cap­pel­la-Ver­si­on von OnAir:

[Offi­ci­al Video] Get Lucky – ONAIR (Daft Punk Cover)

Beim Kli­cken auf das und beim Abspie­len des von You­Tube ein­ge­bet­te­ten Vide­os wer­den (u. U. per­so­nen­be­zo­ge­ne) Daten wie die IP-Adres­se an You­Tube übertragen.
basta (bandfoto)

Gute-Laune-Musik von basta

basta, freizeichen (cover)Net­ter­wei­se sagen die fünf Jungs von Bas­ta gleich dazu, was sie machen: Gute-Lau­ne-Musik. Das ist nicht nur ein Song­ti­tel auf dem neu­en Album „Frei­zei­chen“, son­dern auch die bes­te Art, das Quin­tett und ihre Musik zu cha­rak­te­ri­sie­ren. Gute Lau­ne quillt näm­lich sozu­sa­gen aus allen akus­ti­schen Poren ihrer ach­ten CD, die sie in einem Wohn­zim­mer auf dem Land vor den Toren Kölns auf­ge­nom­men haben. Die ent­spann­te Atmo­sphä­re bei der Ent­ste­hung hat sich hör­bar nie­der­ge­schla­gen. Man hat unwei­ger­lich immer fünf nett lächeln­de jun­ge Män­ner vor dem inne­ren Auge – manch­mal geht das Lächeln etwas mehr ins Schel­mi­sche, manch­mal wird es eher iro­nisch. So klingt’s auch: Bas­ta bedient sich hier und da, lässt sogar mal ein biss­chen Bos­sa-Nova-Fee­ling auf­kom­men. Die Haupt­sa­che aber ist: Es klingt immer schön ein­gän­gig, leicht und zugäng­lich. Und manch­mal schreit das gera­de­zu nach Live-Auf­füh­rung: „Ich Bass“ zum Bei­spiel, bei dem Arndt Schm­öle zei­gen kann, was so ein Bass drauf hat, aber auch „Nach­kom­men“ sind Songs, die auf der CD ihr Poten­zi­al nur andeu­ten können.

Ande­res zün­det dage­gen auch hier. „Gute-Lau­ne-Musik“ nimmt die ein­fa­chen Pop-Hit-Rezep­te mit stamp­fen­dem Beat und um jeden Preis ein­gän­gi­gen Refrains schön aufs Korn. „Ein klei­nes biss­chen Hass“ ist eine schö­ne Pop­hym­ne gegen das Unter­drü­cken eige­ner Gefüh­le. Und mit „Buh­ne 4“ ist auch eine rich­tig schwär­me­risch-sehn­süch­ti­ge Lie­bes­bal­la­de als „Sehn­suchts­sin­fo­nie“, wie es im Text heißt, mit dabei. Es geht dann auch immer wie­der leicht zeit- und kul­tur­kri­tisch zu – schon gleich beim Ope­ner „Off­line“, der das Off­line-Gehen als das „letz­te Aben­teu­er“ gegen die Online­sucht stellt, oder beim musi­ka­lisch sehr mit­rei­ßen­dem „Sodom und Gome­ra“, das die Aus­wüch­se des Pau­schal­tou­ris­mus mit fre­cher Zun­ge vorführt. 

Bas­ta sind eben ganz schön aus­ge­fuchst, rou­ti­niert und smart. Wil­liam Wahl, der mit ein wenig Hil­fe bei den Arran­ge­ments von Oli­ver Gies, fast allei­ne für Tex­te und Musik zustän­dig ist, hat sich vie­le net­te Details ein­fal­len las­sen. Ins­ge­samt wirkt „Frei­zei­chen“ aber etwas atem­los, Schlag auf Schlag folgt hier immer mehr von fast dem Glei­chen. Das ist alles ohne Fra­ge auf glei­chem, hohen Niveau. Aber kaum ein Song sticht wirk­lich her­aus. Alle sind sie zwei­fel­los gut gemacht, haben net­te Ideen und fei­nen Witz, geschick­te Arran­ge­ments und wer­den aus­ge­zeich­net gesungen. 

So klingt das gan­ze „Frei­zei­chen“ aus­ge­spro­chen geschmei­dig, bleibt dabei aber auch etwas ober­fläch­lich. Das ist alles so ein­gän­gig, dass man sich bei jedem Song sofort zu Hau­se fühlt. Aber lei­der sind sie auch schnell wie­der aus den Ohren und aus dem Sinn. Bas­ta macht auf „Frei­zei­chen“ eigent­lich nichts ver­kehrt, tech­nisch und sän­ge­risch sowie­so nicht. Aber den­noch gibt es eher wenig, was so rich­tig voll begeis­tert und Zustim­mung erzwingt. Aber immer­hin hat Bas­ta damit viel Mate­ri­al für groß­ar­ti­ge Live-Konzerte.

Bas­ta: Frei­zei­chen. The Record Com­pa­ny 2016. Spiel­zeit: 47:42.

(Zuerst erschie­nen in »Chor­zeit – Das Vokal­ma­ga­zin« No. 33, Dezem­ber 2016.)

the king's singers (gruppenbild)

Das Weihnachtsliederbuch der King’s Singers

the king's singers, christmas songbook (cover)Mehr als zehn Jah­re nach ihrem letz­ten Weih­nachts­al­bum gibt es end­lich das neue „Christ­mas Song­book“ der King’s Sin­gers. Das bie­tet eine knap­pe Stun­de tra­di­tio­nel­le und moder­ne Weih­nachts­lie­der: Von „Stil­le Nacht“ und Gus­tav Holsts „In the Bleak Mid­win­ter“ über Irving Ber­lins „White Christ­mas“ bis zu „We Wish You a Mer­ry Christ­mas“ sind – sozu­sa­gen als sai­so­na­le Ergän­zung des „Gre­at Ame­ri­can Son­books“ – lau­ter Klas­si­ker dabei, mit einem deut­li­chen Schwer­punkt auf dem ame­ri­ka­ni­schen Repertoire.

So klas­sisch die Aus­wahl ist, so modern und frisch klin­gen die ideen­rei­chen Arran­ge­ments der drei Arran­geu­re, die mit den Fähig­kei­ten der sechs Eng­län­der bes­tens ver­traut sind: Alex­an­der L’E­stran­ge, Keith Robert und Robert Rice. Deren gewitz­te und abwechs­lungs­rei­che Arran­ge­ments bil­den ein groß­ar­ti­ges Fun­da­ment, auf das die King’s Sin­ger mal swin­gend, mal mit aus­ge­feilt kunst­vol­ler Ernst­haf­tig­keit, aber immer im unnach­ahm­li­chen King’s‑Singers-Sound sin­gend ein wun­der­bar inten­si­ves Weih­nach­ten bau­en. Das „Christ­mas Song­book“ hat genau die rich­ti­ge Mischung aus Bewähr­tem und Neu­em, aus fri­schen Klän­gen und bekann­ten Melo­dien, damit die Weih­nachts­zeit nicht lang­wei­lig wird.

The King’s Sin­gers: Christ­mas Song­book. Signum Clas­sics 2016, SIGCD459. Spiel­zeit: 56:24.

(Zuerst erschie­nen in »Chor­zeit – Das Vokal­ma­ga­zin« No. 33, Dezem­ber 2016.)

Hier gibt’s noch ein Erklär- und Wer­be­vi­deo der Gruppe:

The King’s Sin­gers Christ­mas Songbook

Beim Kli­cken auf das und beim Abspie­len des von You­Tube ein­ge­bet­te­ten Vide­os wer­den (u. U. per­so­nen­be­zo­ge­ne) Daten wie die IP-Adres­se an You­Tube übertragen.
OnAir, Illuminate - Collage (Michael Petersohn)

Erleuchtet auf Sendung: „Illuminate“ von OnAir

OnAir, Illuminate (Cover)

Scha­de: Nach nicht ein­mal einer hal­ben Stun­de ist das Ver­gnü­gen schon wie­der vor­bei. Oder es beginnt von vor­ne. Denn Illu­mi­na­te von OnAir, die drit­te CD der jun­gen Ber­li­ner Grup­pe, möch­te man eigent­lich ger­ne sofort noch ein­mal hören.
In den sechs Songs dreht es sich immer wie­der um das Licht, das phy­si­sche Licht der Ster­ne und das meta­pho­ri­sche der Erleuch­tung. Schon der Beginn – eine der bei­den Ori­gi­nal­kom­po­si­tio­nen neben vier Cover­songs – setzt die Erleuch­tung leicht und unbe­schwert in einer ein­gän­gi­gen Hym­ne in Töne. Klar, das ist kei­ne gro­ße Kunst – aber herr­lich-per­fek­te Gute-Lau­ne-Musik mit gut durch­dach­tem Arran­ge­ment und genau aus­ba­lan­cier­tem Klang. 

Auch der Rest bleibt auf aller­höchs­tem Niveau. Denn so viel wird ganz schnell klar (viel Zeit ist ja auch nicht): die Prä­zi­si­on, mit der OnAir durch die Pop- und A‑cap­pel­la-Geschich­te hüp­fen, ist groß­ar­tig. Noch bes­ser ist aber, wie sie die kom­ple­xen und aus­ge­feil­ten Arran­ge­ments sin­gen kön­nen: Das klingt stets locker, oft unbe­schwert und vor allem immer musi­ka­lisch zwingend. 

So kann man in „Son­ne“, dem Ramm­stein-Cover, den schwa­chen Text leicht ver­ges­sen und statt­des­sen lie­ber den fei­nen Arran­ge­ment-Ideen nach­hö­ren. Wie OnAir die Son­ne zwi­schen dumpf-dröh­nen­dem Bass und Vocal Per­cus­sion im instru­men­tal klin­gen­den Satz und den dar­über schwe­ben­den melo­di­schen Ele­men­ten, vor­wie­gend der bei­den Frau­en, auf­schei­nen lässt – das ist klasse.

„Stair­way to Hea­ven“ beginnt dage­gen sehr oldie­mä­ßig, mit zeit­ge­mä­ßem Rau­schen und leich­ter Ver­zer­rung – wun­der­bar, wie OnAir das in sein Arran­ge­ment ein­baut und in eine groß­ar­ti­ge Stei­ge­rung zu einem ener­ge­tisch pul­sie­ren­den Fina­le über­führt. Über­haupt ist auf „Illu­mi­na­te“ sehr bemer­kens­wert, wie sie jeden Song ent­wi­ckeln, ihm ein eige­nes Pro­fil und einen neu­en Klang geben. Da klingt wirk­lich jeder Song anders – anders als der vor­an­ge­hen­de, aber auch anders als die Vor­la­ge. Her­bert Grö­ne­mey­ers „Der Weg“ zeigt das mit sei­nem zurück­ge­nom­me­nen, zer­brech­li­chem Arran­ge­ment ganz typisch: Hier klin­gen OnAir wohl am klas­sischs­ten, sehr offen und ver­letz­lich. Und immer wie­der hört man neue Details, die jede Stro­phe und jeden Refrain anders klin­gen lassen.

Dem Sex­tett gelingt es über­haupt schein­bar mühe­los, auf knap­pem Raum sechs ganz ver­schie­de­ne Klang­bil­der zu schaf­fen. Das ver­dankt OnAir nicht nur ihren Stimm­keh­len, son­dern auch dem gefühl­vol­len Ein­satz der Ton­tech­nik – auf der sehr abwechs­lungs­reich klin­gen­den CD macht sich wohl auch die Erfah­rung von Bill Hare bemerk­bar. Illu­mi­na­te ist von der ers­ten bis zur letz­ten per­fek­ten Note schim­mern­der und fun­keln­der Vocal-Pop, weil OnAir sowohl den druck­vol­len Breit­wand­sound (wie im abschlie­ßen­den „Illu­mi­na­ted“) als auch den zar­ten Klang der kam­mer­mu­si­ka­lisch gesetz­ten Bal­la­de voll­endet beherrscht. Nach den 25 Minu­ten kann man nur sagen: Das hat wirk­lich etwas von Erleuchtung.

OnAir: Illu­mi­na­te. Heart of Ber­lin 2016. Spiel­zeit: 24:56.

(Zuerst erschie­nen in »Chor­zeit – Das Vokal­ma­ga­zin« No. 32, Novem­ber 2016.)

Präsentiert von WordPress & Theme erstellt von Anders Norén