Die Blech­bläs­er scheinen ein wenig nervös zu sein, vor diesem Konz­ert in der Rhein­gold­halle. Bis zur let­zten Minute üben sie noch ihre Soli. Das ist ja auch kein Wun­der, denn das erste Stück beste­ht eigentlich nur aus Soli für Bläs­er und Schlagzeuger: Aaron Cop­lands „Fan­fare for the Com­mon Man“ machte den Beginn beim Meis­terkonz­ert. Und es ist ein aus­ge­sprochenn passender Auf­takt. Denn das Konz­ert trug schließlich den Titel „Aus Ost und West“. Bevor die Klan­greise im zweit­en Teil aber in den Osten ging, blieb die Deutsche Staat­sphil­har­monie nach der geglück­ten Cop­land-Eröff­nung noch ein wenig im West­en. Im tief­sten West­en sozusagen.

Denn das Vio­linkonz­ert von Samuel Bar­ber ist eben­falls eine echt amerikanis­che Musik. Da passt es natür­lich, dass die Solistin auch aus den USA kommt. Anne Akiko Mey­ers erfüllt ihren Part mit rou­tiniert-sou­verän­er Genauigkeit – auch im vir­tu­os wirbel­nden Per­petu­um Mobile des drit­ten Satzes. Mit klarem und deut­lichen Ton, der trotz­dem fül­lig blieb und immer wieder auch mit großzügigem Vibra­to dient geri­et das an manch­er Stelle vielle­icht ein Tick zu protzig. Dabei hätte sie das gar nicht nötig, wie die erfrischend luzide Gestal­tung des ersten Satzes zeigte. Aber ander­er­seits kommt bei Bar­ber eben ohne Sen­ti­men­tal­ität auch nicht weit. Und gemein­sam mit dem Diri­gen­ten der Staat­sphil­har­monie George Pehli­van­ian dosiert sie die sehr genau – so genau, dass das Vio­linkonz­ert nie zum Kitsch wird.

Den Osten durfte in der Rhein­gold­halle die 15. und let­zte Sym­phonie von Dim­itri Schostakow­itsch repräsen­tieren. Die stellt sich hier als ein grotesker Zauber­garten, vollgestopft mit aller­lei abson­der­lichen Kuriositäten, vor. Und der kleine drahtige Libanese auf dem Diri­gen­ten­podest hat seine Freude daran, hat hör- und sicht­bar Spaß am über­dreht­en Absur­dis­tan dieser Sym­phonie. Die Schärfe, mit der George Pehli­van­ian das Klang­bild kon­turi­ert, die Klarheit, mit der er die vie­len Schnitte dieses Mon­u­mentes akzen­tu­iert, das ist große Klasse. Und wie er dann in einem winzi­gen Wim­pern­schlag umschal­tet auf die epis­che Tragik der langsamen Sätze, das ist ein­fach wun­der­bar. Denn ger­ade die genau aus­bal­ancierte Mis­chung aus­ge­spiel­ter Mat­tigkeit und lockere Tollerei zeich­net seine Dar­bi­etung der let­zten Sym­phonie des Russen aus. Und dafür bekam er zurecht großzügi­gen Beifall.

(geschrieben für die mainz­er rhein-zeitung)