So ein aus­ge­las­se­nes Trei­ben hat der Kreuz­gang von St. Ste­phan wohl sel­ten erlebt – wenn über­haupt. Fünf jun­ge Män­ner sind es, die das Publi­kum hier zum Kochen brin­gen. Bei den Tem­pe­ra­tu­ren ist das ja auch nicht so schwie­rig. Doch „Sign­um­Fi­ve“, die vier Saxo­pho­nis­ten und der Akkor­deo­nist hät­ten auch mit ark­ti­scher Käl­te kein Pro­blem. Denn ihre Hit­ze kommt von wo ganz anders her: aus der Musik. Für das letz­te Kon­zert des dies­jäh­ri­gen Main­zer Musik­som­mers neh­men sie ihre Zuhö­rer auf eine Rei­se mit. Gas­per Konec’s Werk, das der jun­ge Kom­po­nist für Sign­um­Fi­ve schrieb und das in Mainz sei­ne zwei­te Auf­füh­rung erfuhr, trägt das sogar im Titel: „Jour­ney“. Aber nicht nur hier geht es dar­um, die Nor­ma­li­tät des mit­tel­eu­ro­päi­schen Kon­zert­ge­sche­hens zu verlassen. 

Kon­ec macht in „Jour­ney“ so eine Rei­se hör­bar: Das fängt sehr gesit­tet und zurück­hal­tend an, gibt den Saxo­pho­nis­ten aber von Beginn an die Mög­lich­keit, ihren Klang­sinn und ihre Melo­di­en­se­lig­keit aus­zu­le­ben. Über­haupt dür­fen die Freun­de ein­gän­gi­ger, ein­fa­cher und gefühls­vol­ler Melo­dien sich hier glück­lich füh­len – für sie gibt es reich­lich Mate­ri­al. „Jour­ney“ schafft immer­hin den Bogen noch, mit Unter­stüt­zung ihres Akkor­deo­nis­ten gelingt es dem Saxo­phon­quar­tett, die quir­li­ge Leben­dig­keit des tän­ze­ri­schen Schluss­teils zu einer fet­zi­gen Sache zu machen. Und dar­um scheint es ja immer wie­der zu gehen: Mit einer Mischung aus meist etwas melan­cho­lisch ange­hauch­ten Folk­lo­re­me­lo­dien und wir­beln­den Tanz­mu­si­ken Unter­hal­tung auf hohem tech­ni­schen Niveau zu bie­ten. Anto­nin Dvo­raks „Ame­ri­ka­ni­sches“ Streich­quar­tett in einem Arran­ge­ment für Saxo­pho­ne, mit dem Sign­um­Fi­ve das Kon­zert eröff­ne­te, wirkt da im Rück­blick wie ein ech­ter Fremd­kör­per. An die Sub­ti­li­tät und Viel­schich­tig­keit eines guten Streich­quar­tett lan­gen die vier Blä­ser aber auch nicht so recht her­an – alles, was nicht „Melo­die“ schreit, ver­schwin­det gern im grum­meln­den Hin­ter­grund. Nach die­sem klei­nen Klas­sik-Fei­gen­blatt zu Beginn wid­men sie sich aber zum Glück auch vor­ran­gig dem, was sie am bes­ten kön­nen: der niveau­vol­len Unter­hal­tung und der instru­men­ta­len Vir­tuo­si­tät. Ein Tan­go gehört da natür­lich auch dazu, hier kommt er von dem Fran­zo­sen Thier­ry Escaich und trägt das ent­schei­den­de „vir­tuo­so“ schon im Titel. Eine ande­re Ecke der Welt nimmt Cagdas Dön­me­zer unter die akus­ti­sche Lupe: „Kara­wan­se­rei“ folgt den Spu­ren einer Kara­wa­ne, mit Kamel­stap­fen und Lager­feu­er­ro­man­tik, mit Kla­ge­lie­dern und Freu­de­tän­zen. Izi­do Leit­in­gers „Sui­ta qua­si bal­ka­nika“ ist dann zum krö­nen­den Schluss ein ech­tes Heim­spiel für die instru­men­ta­le Kön­ner und Vir­tuo­sen der Stim­mung von Sign­um­Fi­ve – auch wenn, der Titel ver­rät es ja, nicht alles „echt“ ist. Aber echt und ganz und gar authen­tisch ist die Stim­mung die­ser Musik. Das ist näm­lich auch ihr ein­zi­ger Zweck und ihre ein­zi­ge Daseins­be­rech­ti­gung: Froh­sinn zu ver­brei­ten. Dafür las­sen die Saxo­pho­nis­ten nicht nur die Klap­pen tan­zen, son­dern klat­schen, schnal­zen, schnick­sen und sin­gen auch noch – als hät­ten sie noch nicht genug Noten zu spie­len. Aber bei aller durch­aus auch gern vor­ge­führ­ten Vir­tuo­si­tät ver­ges­sen sie nie ihr eigent­li­ches Ziel: Dem Publi­kum einen schö­nen Abend zu berei­ten. Sign­um­Fi­ve sind eben Pro­fis: Pro­fis, die viel Spaß bei der Arbeit haben. Und die­sen auch sehr ger­ne weitergeben.

(geschrie­ben für die Main­zer Rhein-Zeitung.)