Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Schlagwort: song

Taglied 16.12.2011

heute natür­lich eine ganz offen­sichtliche Wahl (aber das schadet ja nicht unbe­d­ingt …): Stormy Weath­er (am lieb­sten mit Bil­lie Hol­i­day — oder etwas san­fter: Ella Fitzger­ald)

Don’t know why there’s no sun up in the sky
Stormy weath­er
[…] Life is bare, gloom and mis­’ry every­where
Stormy weath­er
Just can’t get my poor self togeth­er
I’m weary all the time, the time
So weary all the time
(zitiert nach instalyrics)

oh New York!

Nach New York geht es durch den Hin­terein­gang. Pfeile weisen den Weg: Die Hauptp­forte des Nieder-Olmer Rathaus­es ist am Son­ntag Nach­mit­tag eben nicht beset­zt. Gefun­den hat es offen­bar jed­er – der Ratssaal war längst voll, als Irm­gardHaub ihren musikalis­chen Spazier­gang durch New York begann. Und sie war gle­ich mit­ten­drin, im Herzen der Stadt, die niemals schläft: „What a won­der­ful town“, der große, starke Auf­takt von Leonard Bern­stein zeigte gle­ich, wo der akustis­che Städtetrip hin­führen sollte: ins Vergnü­gen. So führte Duke Elling­tons „A‑Train“ direkt nicht nur nach Harlem, son­dern von dort aus weit­er in die Vielfalt New Yorks. Und deshalb wech­seln sich sehn­lichen Roman­tik und wilde Aus­ge­lassen­heit munter ab.

Aber immer wieder gilt es dem Sehn­sucht­sort New York. Dur­chaus mit ein­er gewis­sen Nos­tal­gie – nicht ohne Grund singt Haub meis­tens Songs ver­gan­gener Zeit­en, aus den Vorkriegs­jahren zum Beispiel. Dieses New York ist eine span­nende und schöne Stadt, ohne Kri­m­inial­ität, Ter­ror oder Finanzspeku­lanten. Dafür aber mit viel Amüse­ments – im Savoy oder im Ritzy genau­so wie in Harlem oder in der Bronx. Denn alles ist dabei: Bronx, Brook­lyn, Man­hat­tan, Harlem, über­all flanieren Haub mit ihrem Begleit­er nicht nur als Beobchter, son­dern als teil­nehmende Beobachter, die die Stim­mung und den Puls dieser Orte in sich aufnehmen und durch die Musik ver­mit­teln. Cen­tral Park, Broad­way, Brook­lin Bridge sind nur ein paar der markan­ten Orte, die an- und besun­gen wur­den.

Dabei war Haub nicht wäh­lerisch, in welch­er Form das geschieht: Eine bunte Mix­tur hat die Sän­gerin sich zusam­mengestellt, ver­mis­cht Swing und Schlager, wech­selt zwis­chen Musi­cal und Pop. Und immer dabei: Johannes Reinig, ihr Mann am Klavier – der sog­ar noch ein Ersatzin­stru­ment in der Ecke des Ratssaale bere­it­ste­hen hat. Das wird aber nicht benötigt, Reinig spielt viel zu kul­tiviert, um einen Flügel zer­stören zu kön­nen: Meist läs­sig und lock­er-flock­ig, bei Bedarf aber auch mal knack­ig zulan­gend – vor allem aber sehr stil­sich­er. Haub bevorzugt sin­gend die größeren Gesten, nicht immer unbe­d­ingt stimm­lich per­fekt, aber mit viel Charme und Vergnü­gen. Und es macht unbe­d­ingt Spaß, Musik­ern zuzuhören, die sicht- und hör­bar Freude an dem haben, was sie ger­ade machen. Gerne nehmen sie auch jeden mit – sog­ar die, die New York noch nicht aus eigen­er Anschau­ung ken­nen. Das wird spätens im großen Finale klar, wenn das Duo Udo Jür­gens „ich war noch niemals in New York“ ele­gant mit Sina­tras Klas­sik­er, schließlich so etwas wie der inof­fizie­len Stadthymne, kom­binieren. Da gibt’s keien Ausrede mehr: Zumin­d­est musikalisch war nun jed­er schon mal in New York.

(geschrieben für die Mainz­er Rhein-Zeitung.)

schleichende begeisterung

ich höre ja, das ist eine art geständ­nis, ele­ment of crime recht gerne. ins­beson­dere seit “roman­tik” haben sie es mir immer ange­tan. ein etwas sündi­ges begehren ist das, weil ich son­st eigentlich eher etwas kom­plexere, avancierte ästhetis­che pro­gramme und konzepte schätze. aber manch­mal ist so ein biss­chen seichter pop auch nicht schlecht ;-). denn auch wenn ger­ade die texte immer wieder sehr gepriesen wer­den — im grunde bleibt es alles sehr harm­los hier.

das neueste album, “immer da wo du bist bin ich nie”, schien mir dann aber zunächst, beim ersten und zweit­en hören, doch arg platt ger­at­en. aber, das ist das gemeine bei ele­ment of crime der let­zten jahre, sie schle­ichen sich doch in die gun­st der hör­er ein. inzwis­chen hat mich auch die neue cd ziem­lich gepackt. die musik ist ja im großen und ganzen immer noch dieselbe — ein biss­chen mehr tex-mex-anklänge, aber son­st bleibt es beim bewährten sound. aber eben ziem­lich gut gemacht:  eingängige, sehr eingängige melo­di­en, nett har­mon­isiert, tight gespielt, ohne irgend jemand zum wider­spruch aufzure­gen — deutsche kon­sens­musik at it’s best … die texte, zunächst, hat­te mich ziem­lich gen­ervt: dieses bemühen um kun­stvolle naiv­ität, diese wollen um jeden preis, das aus fast jed­er zeile spricht — nervig.

the­ma­tisch ist das natür­lich extrem ein­fall­slsos — der plat­ten­ti­tel [ein fast-zitat übri­gens des ersten vers­es von del­men­horst vom mit­telpunkt der welt], zugle­ich liedti­tel #6 (auch da ohne kom­ma), ver­rät eigentlich alles. aber das ele­ment of crime vorzuw­er­fen ist unge­fähr so sin­nvoll wie den met­zger dafür anzuk­la­gen, dass er keinen käse verkauft. da sind es halt doch dann doch die “net­ten” for­mulierun­gen, die es wieder raus­reißen, die ins bewusst­sein ein­sick­ern und zunehmend zus­tim­mung und freude her­vor­rufen … aber genau auf das ein­sick­ern kommt es offen­bar an: beim ersten hören ist das nicht unbe­d­ingt auf­fäl­lig, vieles geht glatt vorüber (und je nach stim­mung ist man, d.h. bin ich, gelang­weilt oder gen­ervt). an vie­len fein­heit­en erfreut man sich erst beim x‑ten hören. und das ist wiederum ein großer vorzug der ele­ment-of-crime-musik: sie verträgt das ofte hören erstaunlich gut. weil sie, trotz ihre beschei­de­nen ästhetik und schein­baren strom­lin­ien­för­migkeit, genü­gend details dafür bietet.

inzwis­chen bin ich schon fast begeis­tert … es gibt auf jeden fall schlim­meres, als das zu mögen.

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