eigentlich soll­ten sie ja im wei­her­garten spie­len, aber glück­licher­weise war der him­mel ziem­lich grau, so dass sie in den saal des mai­son de france umziehen durften. denn im freien wäre das vergnü­gen sich­er nur halb so schön gewe­sen, auch wenn es so ein wenig hitzig und stick­ig wurde… aber was nimmt man nicht alles für das erleb­nis guter kun­st in kauf.

zarte arbesken schweben durch das mai­son de france, fein wie spin­nweben – nur ungle­ich angenehmer – ver­bre­it­en sich die klänge von charles koech­lins erstem stre­ichquar­tett. das ardeo-quar­tett ist es, das diese traumwel­ten aus klang in mainz entste­hen lässt, ein junges stre­ichquar­tett aus paris. bei koech­lins erstem quar­tett wech­seln die erup­tiv­en klang­bal­lun­gen wüster drama­tis­ch­er aus­brüche immer wieder mit weit aus­ge­sponnenen, zer­brech­lich dün­nen melo­di­en. stets find­et sich noch eine unbekan­nte rich­tung, noch ein uner­forscht­es klangfeld für den kom­pon­is­ten an der schwelle vom 19. zum 20. jahrhun­dert. und die vier musik­erin­nen des ardeo-quar­tett sprin­gen mit sou­verän­er anmut und beweglichkeit von ein­er klang­welt in die näch­ste, ohne jedes zögern und ohne jeden bruch.

das ein stre­ichquar­tett über­haupt so vielfältig klingt wie das dritte aus koech­lins fed­er, ist ganz und gar nicht selb­stver­ständlich. aber wenn es einen kom­pon­is­ten gibt, bei dem das nicht so sehr über­raschend ist, dann ist es eben dieser charles koech­lin. denn er, dessen viele viele werke aus seinen lan­gen jahren des schaf­fens heute kaum noch zu hören sind, set­zt nicht nur in den quar­tet­ten genau diesen effekt, die beto­nung der klang­far­ben und klin­gen­den gestal­ten, ständig als eigen­wer­tiges kom­pos­i­torisches mit­tel ein. und die vier französin­nen haben das nicht nur begrif­f­en, son­dern kön­nen es auch in schall­wellen, in ein echt­es erleb­nis ver­wan­deln.

sog­ar beim quar­tett op. 13 von felix mendelssohn bartholdy blieben sie in ähn­lich­er weise klang­forscherisch tätig. schon die tat­sache, dass sie das tat­en, ist ein wenig ungewöhn­lich. wirk­lich über­raschen ist aber, dass sie mit diesem mate­r­i­al zu noch stärk­eren und ein­drucksvolleren ergeb­nis­sen kom­men. so ver­rückt es schein mag: die deutsche musik scheint ihnen mehr als nur ein quäntchen mehr zu liegen als die des fran­zosen koech­lin. mendelssohns quar­tett haben sie so verin­ner­licht, dass es schon fast impro­visiert anmutet: so ungezwun­gen ergibt sich eines aus dem anderen, so viel natür­liche kraft und begeis­terung tut eben jed­er musik gut. ein kleines biss­chen unfair ist das allerd­ings schon, denn koech­lin hat dieses pow­er­paket nur in abge­speck­ter form genießen dür­fen.