ein gespräch­skonz­ert mit ger­hard gnann in st. johan­nis, mainz.

Mozart war schon ein gemein­er Kerl: Da lobt er die Orgel als Köni­gin der Instru­mente immer wieder – und kom­poniert ein­fach nichts für sie. Aber die Organ­is­ten haben sich davon noch nie stören lassen. Denn es gibt einen Ausweg: Sie spie­len Werke, die Mozart für eine Orgel­walze geschrieben hat. Das ist, wie Ger­hard Gnann zu Beginn seines Gespräch­skonz­ertes in St. Johan­nis erläuterte, nichts anderes als eine kleine Orgel, deren Pfeifen von ein­er mech­a­nisch bewegten Walze ges­teuert wer­den – ein Organ­ist ist also unnötig.

Aber das war ein­mal, diese Walzen sind längst ver­loren. Doch die Noten sind immer noch da – eine unwider­stehliche Chance für die Organ­is­ten. Gnann erzählte dankenswert­er­weise aber auch den Rest der Geschichte: Dass die Phan­tasien Auf­tragswerke für ein Wiener Kuriositätenk­abi­nett waren. Und dass Mozart sie nur ungern und allein aus pekunären Inter­essen kom­ponierte. Ver­ständlich wäre die Musik aber auch ohne das gewe­sen. Denn Gnann befleißigt sich bei seinem Vor­trag angenehmer Tugen­den. Die Phan­tasie in f‑Moll KV 594 ist ihm nicht nur eine prachtvolle Schau­musik, son­dern vor allem eine tönende Szener­ie. Mit ehrlich­er, ein­fühlsamer Sach­lichkeit spielt er das und hält sich selb­st vor­bildlich zurück. Auch das in der Ausstel­lung für das Schlafgemach der Gra­zien vorge­se­hene Andante wird auf diese dezente Weise lebendig: Anmutig schre­it­en die Gra­zien, fast schweben sie wie zarte Schlafwan­d­lerin­nen im fahlen Mondlicht, ohne den Schleier je zu lüften. Etwas kraftvoller kommt dage­gen die zweite Phan­tasie KV608 daher: Auch wenn Gnann hier einige Übergänge etwas hölz­ern geri­eten, bleibt doch die ele­gante Mis­chung aus fließen­der Anmut und zuge­spitzter, aber maßvoller Dra­matik ver­di­en­stvoll.

Aber das war noch nicht alles. Die Organ­is­ten ken­nen näm­lich noch mehr Tricks. Mozart hat schießlich, in sein­er Salzburg­er Zeit, auch einige Sonat­en kom­poniert, bei den die Orgel mal mit­spie­len durfte – manch­mal sog­ar solis­tisch. Gnann sparte sich die oblig­a­torischen Stre­ich­er und machte gle­ich alles selb­st: Lock­er aus dem Handge­lenk schüt­telt er diese Musik, vol­lkom­men unkirch­lich verkün­det er die sehr „fro­he“ Botschaft mit immer wieder tänz­erisch anmu­ten­den, ver­führen­den Klän­gen. So etwas für den son­ntägliche Gottes­di­enst zu kom­ponieren, ist wirk­lich fast friv­ol – und ein klein wenig suber­siv.