Fat­i­n­itza-Titel­bild
(Quel­le: http://www.planet-vienna.com/musik/operette/Handlungen/fatinitza.htm)

Eine Frau, die sich als Mann ver­klei­det, um sich dann als Frau aus­zu­ge­ben und schließ­lich in die­ser Rol­le wie­der einen Mann dar­zu­stel­len – so etwas gibt es nur in der Oper. Und in der Ope­ret­te. Franz von Sup­pé und sei­ne bei­den Libret­tis­ten Fried­rich Zell und Richard Genée haben das Geschlech­ter­wech­sel- und Ver­wirr­spiel in ihrer Ope­ret­te „Fat­i­n­itza“ auf die Spit­ze getrie­ben. Auch sonst geht es dort tur­bu­lent zu, genau­so aus­ge­las­sen wie auf der Büh­ne des Gro­ßen Hau­ses, wo Lydia Stei­er die „Fat­i­n­itza“ insze­niert. Die Geschich­te der 1876 in Wien urau­ge­führ­ten Ope­ret­te ist reich an zer­set­zen­der Komik und amü­san­ten Ver­wechs­lun­gen: Der rus­si­sche Leut­nant Wla­di­mir (gesun­gen von Patri­cia Roach) lang­weilt sich im Heer­la­ger und insze­niert mit sei­nen Kame­ra­den eine klei­ne Komö­die, für die er in Frau­en­klei­dung schlüpft. Gera­de als sie das Spiel betrei­ben, kommt aber ihr Gene­ral ins Lager, dem Wla­di­mir frü­her schon ein­mal als Fat­i­n­itza ver­klei­det begeg­net ist und der seit­dem in die geheim­nis­vol­le Frau ver­liebt ist. Da Wla­di­mir aber zugleich die Nich­te des Gene­rals begehrt, doch bis­her am Veto des Onkels schei­tert, gibt es nun eine Men­ge
Mög­lich­kei­ten für Tricks und Intri­gen, zumal Wla­di­mir auch noch auf die Unter­stüt­zung und Ein­mi­schung sei­nes Freun­des, eines Jour­na­lis­ten, set­zen kann.

Und wenn dann auch noch die Osma­nen – gegen die die Rus­sen eigent­lich Krieg füh­ren – ins Spiel kom­men und Lydia mit Wla­di­mir ali­as Fati­ni­za enfüh­ren, geht es natür­lich beson­ders hoch her. Selbst­ver­ständ­lich wer­den die bei­den „Frau­en“ aber von ihren Kame­ra­den wie­der aus dem Harem des Paschas befreit, damit das Hap­py End nach eini­gen wei­te­ren Ver­wick­lun­gen, Ver­wechs­lun­gen und Täu­schun­gen doch noch mög­lich wird: Am Ende löst sich – wie es sich gehört – alles in Wohl­ge­fal­len auf. Wla­di­mir hei­ra­tet Lydia, der Gene­ral trös­tet sich mit der angeb­lich bis in den Tod dau­ern­den Lie­be Fat­i­n­itz­as – das sie ein Phan­tom war, wird er nie erfah­ren …

Im Kai­ser­reich war die „Fat­i­n­itza“ ein gro­ßer Büh­nen­er­folg und wur­de über Jahr­zehn­te stän­dig gespielt. Seit dem Ers­ten Welt­krieg ver­schwand die Ope­ret­te aber von den Spiel­plä­nen und wur­de so gründ­lich ver­ges­sen, dass die Neu­in­sze­nie­rung in Mainz einer Wie­der­ent­de­ckung gleich kommt. Doch Lydia Stei­er sieht neben den unter­hal­ten­den Momen­ten durch­aus auch aktu­el­le Anknüp­fungs­punk­te: „In der „Fat­i­n­itza“ wird der Stil des Krie­ges in der Form der Ope­ret­te par­odiert“, erklärt die ame­ri­ka­ni­sche Regis­seu­rin, „auch die Ope­ret­te muss immer aktu­ell sein, mehr noch als die Oper – aber vor allem muss sie unter­hal­ten.“

Sie sieht in der Sup­pés Erfolgs­werk vor allem ein „Geschlech­ter­spiel in absur­der Über­trei­bung – und das ist ein­fach sehr, sehr lus­tig, eine gigan­ti­sche Abend-Unter­hal­tung, die auch ohne polit­sche Agen­da aus­kommt.“ Doch so ganz und gar unpo­li­tisch bleibt Stei­er in ihrer Insze­nie­rung nicht: „Natür­lich spielt auch die Rol­le der Medi­en eine gro­ße Rol­le – das ist wahr­schein­lich die ers­te Ope­ret­te, in der das aus­drück­lich the­ma­ti­siert wird: Wie media­le Bil­der – zum Bei­spiel von Kriegs­geg­nern – ent­ste­hen. Und wie sie wie­der auf­ge­löst wer­den, weil die Wirk­lich­keit dann doch immer ganz anders ist.“

Die sprit­zi­ge Musik Sup­pés, die vie­len Dia­lo­ge und die mit­rei­ßen­den Ensem­bles sor­gen aber dafür, dass aus der Ope­ret­te kein tro­cke­nes Lehr­stück wird. „Das fängt an wie eine Foto­gra­fie von Boris Mikhai­l­ov und endet in einer Mär­chen­hoch­zeit“, bringt die Regis­seu­rin Lydia Stei­er ihre Insze­nie­rung der „Fat­i­n­itza“ auf den Punkt: „Und um so zu unter­hal­ten, muss die Insze­nie­rung vor allem schnell und klar sein, in der Ope­ret­te will nie­mand gelang­weilt oder ver­wirrt sein.“

Pre­miè­re am 2. Novem­ber im Gro­ßen Haus des Staats­thea­ters Mainz. Die Pre­mie­ren­kri­tik gibt es hier: klick.
(geschrie­ben für die „Spiel­zeit“ der Main­zer Rhein-Zei­tung.)

Fatinitza-Suite

Eine Kla­vier­suite nach/​aus der Fat­i­n­itza
(Quel­le: http://www.albabarozzi.it/luisa_kapp_young_suppe.html)