Die Sage von Undine ist ein alter mythol­o­gis­ch­er Stoff: Die Nymphe Undine, ein Wassergeist, kann nur durch Heirat eine Seele erlan­gen. Vor allem die Roman­tik­er haben solche The­men geliebt und immer wieder neu erzählt.

Aber das ist nur eine von vie­len Geschicht­en, die im Konz­ert­saal des Peter-Cor­nelius-Kon­ser­va­to­ri­ums zu hören waren. Denn die Flötistin Renate Kehr hat mir ihrer Klavier­be­glei­t­erin Clau­dia Höl­bling ein Pro­gramm aus­gear­beit­et, dass sich ganz auf den erzäh­len­den Aspekt der Musik konzen­tri­erte. Und da war Carl Rei­neck­es Undine-Sonate ein großar­tiger Höhep­unkt. Großar­tig nicht nur, weil schon Rei­necke an nichts ges­part hat: Auss­chweifende Har­monik, eingängige Melo­di­en, raf­finierte Form – die Sonate zeigt den Roman­tik­er auf dem Höhep­unkt seines Kön­nens. Und da standen die bei­den Dozentin­nen des PCK ihm in nichts nach: Weich und san­ft fließen die Wass­er, idyl­lisch erhebt sich die Nymphe. Und das alles geschieht qua­si ein­fach so, ohne Anstren­gung, ganz lock­er und unaufgeregt. Selb­st ras­ant-bewegte Teile wie das Inter­mez­zo wirken dadurch fast beiläu­fig. Auch das Fehlen großer Gesten und emphatis­chen Pathos hil­ft, die Geschichte dieser Sonate sehr non­cha­lant zu erzählen.

Auch Claude Debussy war ein großer Erzäh­ler. Seine „Geschicht­en aus alter Zeit“ machen das ganz unmit­tel­bar deut­lich. Auch wenn sie wesentlich abstrak­ter bleiben und ihre Inhalte nur andeuten – das ist delikate Musik. Und die zarte Raf­fi­nesse, mit der sowohl Kehr als auch Höl­bling das auskosten, macht diese Stücke zu wahren Dia­man­ten: Stark konzen­tri­ert und unter enor­men Druck hoch verdichtet funkeln sie miteinan­der um die Wette.

Astor Piaz­zol­las „His­toire du Tan­go“ standen dann für eine andere Vari­ante des Erzäh­lens: Statt Geschicht­en wird jet­zt Geschichte geschrieben – die des Tan­gos natür­lich. Das macht­en die bei­den zwar stilecht mit Kastag­netten, aber lei­der auch etwas akademisch. So blieb aus­gerech­net die Tanz­musik recht trock­en und steif. Doch selb­st das kon­nte den Genuss nur ger­ingfügig trüben. Denn es blieben die klan­gliche Bril­lanz und die per­fek­te Zusam­me­nar­beit der bei­den Musik­erin­nen, die schon das ganze Konz­ert hin­durch überzeugten.

(geschrieben für die mainz­er rhein-zeitung.)