Wann fängt Krieg an? Und wann hört er eigentlich auf? Das waren einige der zen­tralen Fra­gen der Ver­anstal­tung im Dom zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nation­al­sozial­is­mus. Domor­gan­ist Albert Schön­berg­er und Peter-Otto Ull­rich hat­ten dafür mit ein­er großen Zahl Mit­stre­it­er Texte aus Ver­gan­gen­heit und Gegen­wart zu einem bre­it gefächerten Pas­tic­cio zusam­mengestellt.
Bemüht um Gerechtigkeit und Aus­geglichen­heit kom­men sowohl die Opfer- als auch Täter­seite immer wieder zu Wort. Ein beson­der­er Fokus liegt aber auf der Erin­nerung und Ver­ar­beitung der Ver­brechen der Über­leben­den und Nachge­bore­nen. Und immer wieder geht es um Fra­gen, wann eigentlich Krieg war. Bei dem Über­fall Polens, oder doch schon vorher? Bei der Machter­grei­fung oder noch früher? Und vor allem: Wann endete der Krieg? Wenn alles vergeben und vergessen ist? Mit Antworten haben die Textsuch­er sich aber sehr behut­sam zurück­ge­hal­ten. Die Ten­denz freilich wird klar: Krieg ist solange wir ihn spüren. Und das ist heute immer noch. Dafür gibt es in der Lit­er­atur und Geschichte eine Menge Geschriebenes. Zum Beispiel in den Gedicht­en von Wis­lawa Szym­bors­ka oder bei Christa Wolff, bei Manès Sper­ber, bei Sebas­t­ian Haffn­er oder bei Saul Friedlän­der.
Albert Schön­berg­er hat dazu ein wenig Musik beiges­teuert, die er mit eini­gen Mit­gliedern des Mainz­er Kam­merorch­ester und Alexan­der Niehues an der der Orgel zwis­chen und an eini­gen aus­ge­sucht­en Stellen auch während der Tex­trez­i­ta­tio­nen erklin­gen ließ. Das war sehr gefüh­lvoll, jedoch nicht sen­ti­men­tal, in hohem Grade ein­fühlsam, aber nicht auf­dringlich. Denn was Schön­berg­er hier­für geschrieben hat, bleibt immer sehr schlichte, zurückgenommene Musik, die sich nie auf­drängt oder in den Vorder­grund spielt, son­dern mit Choral­mo­tiv­en, Anspielun­gen und auch größer aus­gear­beit­eten Choral­bear­beitun­gen die Texte ergänzen und ver­tiefen will und kann. Natür­lich nutzt das auch den Klang des Raumes in bewährter Weise mit. Schließlich war das ganze Pro­jekt ja auch „Sta­tio­nen­gang mit Musik“ über­schrieben. Dazu zählten auch die ergänzen­den Pro­jek­tio­nen von Fig­uren­de­tails aus dem reichen Ange­bot des Domes.
Schade nur, dass kaum jemand sich diesen Über­legun­gen aus­set­zen wollte. Denn die weni­gen Zuhör­er, die gekom­men waren, diesen Tag als Anlass zum Nach­denken und Erin­nern zu nehmen, ver­loren sich in den leeren Rei­hen des Domes sehr.

(geschrieben für die mainz­er rhein-zeitung).

was nicht drin ste­ht: die sehr selt­same gewich­tung teil­weise. die ersten opfer, die — auch sehr aus­führlich — zu wort kamen, waren von rus­sis­chen sol­dat­en verge­waltigte frauen. und die ver­triebe­nen, die — so unge­fähr sin­ngemäß — ihre heimat opfer­ten für deutsch­land, die in der brd ihr leid zurück­stell­tent (!) um der inte­gra­tion willen. nun ja. dann gab es natür­lich noch die juden. und den ein­druck ein­er menge deutsch­er gen­eräle, die den krieg nicht woll­ten und schon vorher wussten, dass sie ihn ver­lieren wür­den. dum­mer­weise haben sie halt weit­ergekämpft. und einge­fall­en ist es ihnen erst in kriegs­ge­fan­gen­schaft. nun ja.