das knarzt und knurpselt und fiepst, dass es eine reine freude ist (wenn man so etwas aus den randbereichen der improvisierten musik mag, natürlich). eigentlich sind es – zumindest über ganz lange strecken dieser wunderbaren cd – nur geräuschr, nur fetzen, bruckstücke einer musik. die laufen aber doch zusammen und miteinander ab – dafür sorgt vor allem thomas lehn mit seinen analogen synthesizern. quasi mikroskopisch ist der blick – die makroebene wird einfach mal als gegeben (und vertaut) vorausgesetzt. oder besser gesagt: ihre mentale konstruktion wird einfach dem (geneigten) hörer überlassen.
die grenzen des hörbereichs auszuloten, nicht nur physiologisch, sondern – und vor allem – auch phsysich – das ist gratkowskis spezialität. die subtilität, mit der er dabei vorgeht, ist kaum anders als genial zu bezeichnen. und wirklich unübertroffen ist er darin, auch das ergebnis dieser forschungen, also das auf diesen silberling gebannte klanggeschehen, ganz subtil und feinsinnig zu erscheinen lassen.
ganz sachte formen, oft nur schemenhafte umrisse in bis kurz vorm platzen gedehnter zeit, aus dem ab und ganz und gar verhaltenes, verstecktes, verschämtes pulsieren hervorlugt, prägen die vier titel von triskaidekaphonia. klappengeklapper, blasgeräusche, gemischt mit dem analogen synthesizer, ergeben eine fast unmerkliche einheit: alle drei lasse sich unheimlich weit auf das wagnis des freien improvisierens ein – weiter als die meisten ihrer kollegen. und so weit, dass auch mal eine weile fast nichts zu passieren scheint … das „kaputtspielen” (peter kowald) haben sie ihren vorgängern überlassen – sie machen sich jetzt an einen neuen aufbau, offenbar wirklich frei, nämlich zumindest scheinbar losgelöst aus allen konventionen und musikalischen traditionsformen.
das ergebnis ist dann auch eher eine „klangkunst” als herkömmlicher jazz: klangbilder, oft ganze panoramen, die die große weite leerer landschaften abbilden, aus denen nur ganz wenig herausragt, die aufmerksamkeit auf sich zu ziehen – das aber dafür umso deutlicher. aber das heißt nicht, dass es hier einen durchgehenden klangteppich gebe – fast alles, wirklich restlos, ist vordergrund, ist momentan geschöpft, vollkommen neu. und trotzdem ergibt sich daraus eine dreidimensionale landschaft – das ist das tolle, begeisternde, großartige dieses trios!
vier lange „stücke” sind auf der cd versammelt, alles mehr oder weniger willkürlich benannt – denn herrkömmliche stücke sind das natürlich nicht, sondern eben eher abfolgen, ausschnitte, epische versuche, aber bestimmt keine lieder. die titel sind ganz offensichtlich bloße assoziationen – und auch gar nicht wichtig, könnten genauso gut titellos bleiben. denn sie haben als komposition, als werk gar keine identität, sie sind nur das (momentane) ergebnis einer situation, die die drei musiker zusammenführte (nämlich im kölner „loft”, aus dem so viel interessante musik kommt.
irgend wann, kurz vor schluss des ersten teils, „ladders and stairs” benannt , kippt es plötzlich – ohne ersichtlichen grund: genau das macht diese art der improvisierten musik so spannend: nie vorhersehen zu können, nie zu wissen, was in der nächsten sekunde passieren wird – und nimmt fahrt auf, wird wieder etwas ruhier, bleibt aber jetzt, wo der damm durchbrochen ist, zerissen und reizbar.
der zweite titel gibt sich insgesamt etwas rauer und kantiger, auch eruptiver und brodelnder, trotz des eher gemütlich klingenden und schutz und geborgenheit verheißenden titels „umbrellas”.
in „renaming a boat” klingt das ganze noch freier, unbekümmerter und spontaner, erfährt eine zunehmende verdichtung und erneute öffnung. zum ende der cd (vor allem in „hot cross buns”) hin steigt die action – d.h., die episoden erhöhter aktivität häufen sich und ihre abstände werden immer kürzer.
einfach genial großartig.
frank gratkowski / thomas lehn / melvyn poore: triskaidekaphonia. leo records 2006.
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