Schön anzuse­hen ist er wahrlich nicht. Aber das ewige Gri­massieren und Fratzen­schnei­den scheint Michael Kor­stick zu helfen. Offen­bar braucht der Pianist dieses Ven­til, um sein Pro­gramm zu meis­tern. Und in der Tat, er hat­te sich einiges vorgenom­men für sein Recital im Rah­men der SWR-Rei­he „Inter­na­tionale Pianis­ten“ im Frank­furter Hof. Es begann ganz kla­sisch – mit dem Andante con vari­azioni in f‑Moll von Joseph Haydn: Gewöhn­lich­er geht es kaum. Aber ganz gewöhn­lich war dieser klan­gliche Auf­takt dann doch nicht. Denn Kor­stick macht mit fes­tem Anschlang und unnachgiebiger Klarheit jede noch so kleine Verästelung der kom­pos­i­torischen Struk­tur extrem deut­lich.

Über die fol­gende Beethoven-Sonate, die Num­mer 31 (in As-Dur) möchte man am lieb­sten den gnädi­gen Man­tel des Schweigens deck­en. Denn was der gerne als „Dr. Beethoven“ tit­ulierte Kor­stick, der sich mit sein­er Gesam­tauf­nahme der Beethoven­schen Klavier­son­at­en zu recht einen guten Namen auf diesem Gebi­et gemacht hat, hier ablieferte, war nicht ger­ade ein pianis­tis­ches Glanzstück: Mit ein­fall­s­los unmod­uliertem, gnaden­los harten Anschlag arbeit­et er sich in nüchtern­ster Beamten­manier durch die Noten und lässt mit unbarmherziger Schärfe die Sonate split­tern und bersten wie eine Glass­cheibe. Das entwick­elt manch­mal, vor allem im drit­ten Satz, dur­chaus einen gewis­sen Charme, bleibt ins­ge­samt aber ziem­lich lang­weilig.

Die zweite Konz­erthälfte ver­sprach da Besserung. Denn nun zog Kor­stick durch das Gren­zge­bi­et zwis­chen Spätro­man­tik und Imr­pes­sion­is­mus. Aber auch dort ließ er in dem einen und anderen Schar­mützel so einige Fed­ern. Spätestens bei Charles Koech­lins „Au loin“ wurde Kor­sticks Meth­ode, die Melodi­es­timme in wirk­lich jedem Moment überdeut­lich aus dem Klanggeschehen her­vorzuheben, endgültig zur Marotte. Damit machte er so ziem­lich jede klan­gliche Delikatesse dieser wun­der­baren Kom­po­si­tion zunichte. Aber dann gab es inmit­ten dieser Wüstenei doch immer wieder Momente, in denen ihm die Verzück­ung wirk­lich gelang. Dieses Pen­deln zwis­chen den bei­den Polen, dieser Wech­sel zwis­chen gekon­nter klan­glich­er Imag­i­na­tion und pur­er vir­tu­os­er Schaukun­st, blieb allerd­ings rät­sel­haft und ein wenig ver­störend. Erst mit Liszts „Val­lée d’Obermann“ (aus dem ersten Teil der Années de pèleri­nage) löste sich das. Denn hier kon­nte er die imag­inierte Land­schaft und die lit­er­arischen Bezüge ganz konkret und drama­tisch mit Leben füllen: Düster und nach­den­klich zögernd zu Beginn, mit nur ganz weni­gen Aufheiterun­gen am schwarz dräuen­den Him­mel zog es ihn Schritt für Schritt zur mächtig dnner­nen­den Ent­ladung. Dass solche ein Konz­ertschluss einige Zugaben erforderte, war dann wahrlich selb­stver­ständlich.