Ron Win­kler: Torp. Mit Illus­tra­tio­nen von Pětrus Åkko­rděon. Berlin: J. Frank 2010. 155 Seit­en.

Der Lyrik­er Ron Win­kler hat mit Torp ein sehr humor­volles und ein­sichtiges Buch vorgelegt. Was das eigentlich ist, ist schw­er zu sagen: Kurze Text(fragment)e, schwank­end zwis­chend Miniatur, Lyrik und Apho­ris­men paaren sich hier mit Illus­tra­tio­nen. Der Ein­fall und die For­mulierungskun­st bes­tim­men das Ergeb­nis maßge­blich — also doch Lyrik? Aber gebun­dene Sprache ist es nicht. Irgend­wie ist es aber auch völ­lig egal, weil Torp ein­fach Spaß macht. Win­kler führt hier knapp und kurz mögliche Wel­ten vor — oder vielle­icht auch nur eine, die des “Torp”. Sprach­spiele und Ver­frem­dun­gen küm­mern sich um eine neue, andere Sicht auf das “Ich” und die Welt und den ganzen Kram. Unter­stützt wird das mit ähn­lich exaltiert-phan­tastisch-ver­frem­dent-überze­ich­nen­den Illus­tra­tio­nen. Ein nettes, nach­den­klich­es, unter­halt­sames, tiefes Buch — auch wenn nicht viel drin­ste­ht. Und wenn die Schrif­tart zumin­d­est gewöh­nungs­bedürftig ist, mir einen Deut zu ver­spielt ist — auch wenn vieles an Text und Bild Spiel ist, so ist es doch nicht nur Spiel, son­dern zeigt ja ger­ade durch das Spiel seine Wahrhaftigkeit — dieser Ernst wird von der Schrift ten­den­ziell nicht wahrgenom­men bzw. über­spielt …

Ron Win­kler schlägt vor, Torp als “Kon­tak­tanzeige zum Ken­nen­ler­nen sein­er selb­st [zu] ver­ste­hen, aber auch als Hand­buch zum Ver­ständ­nis ein­er doch einiger­maßen tor­phaften Welt”. Und das kann man sein­er Mei­n­ung nach daraus ler­nen: “Möglicher­weise, dass man noch das Pro­fanste als auratisch erleben kann. Torp wirbt, wenn man so will, für ein lit­er­arisches Sein.” Das passt.

Torp kor­rigierte gern Sprich­wörter und Apho­ris­men. Als geistige Betrieb­ssys­teme bräucht­en auch Ideen hin und wieder ein Update (29)
Torp kon­nte stun­den­lang Gedichte lesen. So lächer­lich das auch klin­gen mag. (67)
Torp begrüßte die Exis­tenz.
Torp bemerkt sehr oft und immer wieder neu, dass das Geräusch von Wiese nicht ganz stimmte. (137)

Bauer, Christoph J.: Brötz­mann. Gespräche. Berlin: Posth-Ver­lag 2012. 180 Seit­en.

Der Wup­per­taler Philoso­phiedozent Christoph J. Bauer hat sich mehrmals mit Peter Brötz­mann zu Gesprächen getrof­fen. Die sind hier abge­druckt. Lei­der offen­bar ganz und gar unredigiert, als reine Tran­skrip­tion der Gespräche — mit den entsprechen­den Fol­gen. Der mäan­dernd-treiben­den Gesprächs­führung zum Beispiel, die auch daran ein biss­chen krankt, dass Bauer — wed­er Inter­view-erfahren­er Jour­nal­ist noch Jazz-Spezial­ist, son­dern Fan — oft arg unpräzise, schwammig fragt. Dafür gerne auch mal ausufer­nd und ins sehr All­ge­meine Abdriften. Ander­er­seits wer­den so die direk­te Aus­sagen Brötz­manns wer­den nicht abgemildert: Der ist — wie seine Musik, kön­nte man sagen — im Gespräch manch­mal harsch und kantig in seinen Urteilen und sein­er Sprache. Aber oft bleibt mir das auch etwas unge­nau, vieles nur andeu­tend, anreißend, aber eben gedanklich und sprach­lich nicht aus­gear­beit­et (vielle­icht auch, weil die Fra­gen zu wenig unter­stützen, zu wenig bei der „Geburt“ helfen …). Aber den­noch gibt es viel Klar­text, zu eige­nen und frem­den Fehlern, zu Musik­er-Kol­le­gen, zu Abnei­gun­gen und Vor­lieben. Die bei­den unter­hal­ten sich zum Beispiel über Frei­heit im Jazz und der Gesellschaft, wie über­haupt der Zusam­men­hang von Musik und Gesellschaft eine wichtige Rolle spielt, die Bedin­gun­gen und Unter­schiede dieser bei­den “Sys­teme”. Außer­dem geht es unter anderem um die Entste­hungs­gründe und ‑kon­texte des „Free Jazz“, um die Arbeitsweise des Chica­go Ten­tet, um europäis­che und amerikanis­che Tra­di­tio­nen, um das Leben als Musik­er, mit Musik­ern, auf Tour und so weit­er etc.