Der Lyriker Ron Winkler hat mit Torp ein sehr humorvolles und einsichtiges Buch vorgelegt. Was das eigentlich ist, ist schwer zu sagen: Kurze Text(fragment)e, schwankend zwischend Miniatur, Lyrik und Aphorismen paaren sich hier mit Illustrationen. Der Einfall und die Formulierungskunst bestimmen das Ergebnis maßgeblich — also doch Lyrik? Aber gebundene Sprache ist es nicht. Irgendwie ist es aber auch völlig egal, weil Torp einfach Spaß macht. Winkler führt hier knapp und kurz mögliche Welten vor — oder vielleicht auch nur eine, die des “Torp”. Sprachspiele und Verfremdungen kümmern sich um eine neue, andere Sicht auf das “Ich” und die Welt und den ganzen Kram. Unterstützt wird das mit ähnlich exaltiert-phantastisch-verfremdent-überzeichnenden Illustrationen. Ein nettes, nachdenkliches, unterhaltsames, tiefes Buch — auch wenn nicht viel drinsteht. Und wenn die Schriftart zumindest gewöhnungsbedürftig ist, mir einen Deut zu verspielt ist — auch wenn vieles an Text und Bild Spiel ist, so ist es doch nicht nur Spiel, sondern zeigt ja gerade durch das Spiel seine Wahrhaftigkeit — dieser Ernst wird von der Schrift tendenziell nicht wahrgenommen bzw. überspielt …
Ron Winkler schlägt vor, Torp als “Kontaktanzeige zum Kennenlernen seiner selbst [zu] verstehen, aber auch als Handbuch zum Verständnis einer doch einigermaßen torphaften Welt”. Und das kann man seiner Meinung nach daraus lernen: “Möglicherweise, dass man noch das Profanste als auratisch erleben kann. Torp wirbt, wenn man so will, für ein literarisches Sein.” Das passt.
Torp korrigierte gern Sprichwörter und Aphorismen. Als geistige Betriebssysteme bräuchten auch Ideen hin und wieder ein Update (29)
Torp konnte stundenlang Gedichte lesen. So lächerlich das auch klingen mag. (67)
Torp begrüßte die Existenz.
Torp bemerkt sehr oft und immer wieder neu, dass das Geräusch von Wiese nicht ganz stimmte. (137)
Der Wuppertaler Philosophiedozent Christoph J. Bauer hat sich mehrmals mit Peter Brötzmann zu Gesprächen getroffen. Die sind hier abgedruckt. Leider offenbar ganz und gar unredigiert, als reine Transkription der Gespräche — mit den entsprechenden Folgen. Der mäandernd-treibenden Gesprächsführung zum Beispiel, die auch daran ein bisschen krankt, dass Bauer — weder Interview-erfahrener Journalist noch Jazz-Spezialist, sondern Fan — oft arg unpräzise, schwammig fragt. Dafür gerne auch mal ausufernd und ins sehr Allgemeine Abdriften. Andererseits werden so die direkte Aussagen Brötzmanns werden nicht abgemildert: Der ist — wie seine Musik, könnte man sagen — im Gespräch manchmal harsch und kantig in seinen Urteilen und seiner Sprache. Aber oft bleibt mir das auch etwas ungenau, vieles nur andeutend, anreißend, aber eben gedanklich und sprachlich nicht ausgearbeitet (vielleicht auch, weil die Fragen zu wenig unterstützen, zu wenig bei der „Geburt“ helfen …). Aber dennoch gibt es viel Klartext, zu eigenen und fremden Fehlern, zu Musiker-Kollegen, zu Abneigungen und Vorlieben. Die beiden unterhalten sich zum Beispiel über Freiheit im Jazz und der Gesellschaft, wie überhaupt der Zusammenhang von Musik und Gesellschaft eine wichtige Rolle spielt, die Bedingungen und Unterschiede dieser beiden “Systeme”. Außerdem geht es unter anderem um die Entstehungsgründe und ‑kontexte des „Free Jazz“, um die Arbeitsweise des Chicago Tentet, um europäische und amerikanische Traditionen, um das Leben als Musiker, mit Musikern, auf Tour und so weiter etc.
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