Ein Kir­chen­kon­zert zu einer Kunst­aus­stel­lung ist immer eine gute Idee. Aber wie bringt man den Irra­tio­na­lis­ten Frie­dens­reich Hun­dert­was­ser mit dem flei­ßi­gen Arbei­ter Bach zusam­men? Man ver­an­stal­tet einen Tria­log und nutzt Bibel und Para­dies als Bin­de­glied. Damit ist das Pro­blem der feh­len­den Ver­bin­dung zwar nicht gelöst, aber man hat zumin­dest einen schö­nen Titel.

Ein Tria­log war also in der Chris­tus­kir­che zu erle­ben. Wirk­li­che Kom­mu­ni­ka­ti­on zwi­schen den Betei­lig­ten fand aber nicht statt. Doch das Publi­kum war ja auch aus ande­rem Grund gekom­men: Weil der Main­zer Bach­chor sang. Er tat das zwar nicht sehr reich­hal­tig, aber auf gewohn­tem Niveau. Und das ist hoch in der Kai­ser­stra­ße.

Beson­ders deut­lich mani­fes­tier­te sich das bei der Bach­schen Motet­te „Sin­get dem Herrn ein neu­es Lied“. Denn auch in der klei­nen Beset­zung zeigt sich der Bach­chor sehr kul­ti­viert. Sprit­zig und unbe­schwert führt Ralf Otto sei­ne agi­len Sän­ger durch die ver­zwick­te Poly­pho­nie der Motet­te. Er bewahrt dabei einen schlan­ken Klang, der das Stim­men­ge­wirr trans­pa­rent erschei­nen lässt. Und er setzt deut­lich akzen­tu­ier­te Impul­se, die den so spie­le­risch auf­schei­nen­den Fluss der Musik noch zusätz­lich auf­lo­ckern. Vor allem der Schluss ist ein­fach wun­der­schön. Denn es immer wie­der eine Offen­ba­rung, wie gut Otto und sein Chor zugleich die For­de­run­gen der Musik und des Tex­tes erfül­len kön­nen, wie sie Klar­heit und emo­tio­na­le Über­zeu­gung mit­ein­an­der ver­schmel­zen.

Da bleibt auch die Kantate„Die Elen­den sol­len essen“ kei­ne Aus­nah­me. Von Anfang an ist das in der Chris­tusk­ri­che eine sehr opti­mis­ti­sche, zuver­sicht­li­che Musik mit fri­scher und gut kal­ku­lier­ter Dra­ma­tik. Vor allem in den sorg­fäl­tig geform­ten Rezi­ta­ti­ven fällt auf, wie sehr sich alle Betei­lig­ten um beons­de­re Aus­drucks­stär­ke bemü­hen, ohne in extrem Über­trei­bun­gen abzu­glei­ten. Die jun­gen Solis­ten blei­ben sonst eher unauf­fäl­lig: Es ist ein sehr homo­ge­nes Quar­tett, das sich Otto zusam­men­ge­sucht hat. Im zwei­ten Teil wird die Kan­ta­te dann sogar noch einen Tick bes­ser: Schon die Sin­fo­nia rockt rich­tig­ge­hend – das solis­tisch besetz­te, auf his­to­ri­schen Instru­men­ten spie­len­de Bach­or­ches­ter legt fet­zig los. Und Otto führt das wei­ter bis in den froh­ge­mut tän­zeln­den Schluss­chor: „Was Gott tut, das ist wohl­ge­tan“. Was Otto diri­giert, auch. Und dann ist das Kon­zert auch schon vor­bei: Ganz schlicht und unprä­ten­ti­ös ver­klin­gen die letz­ten Töne. Nur lei­der viel zu früh.

(geschrie­ben für die main­zer rhein-zei­tung.)