sie müs­sen aus­ge­spro­chen gute lek­to­ren beim beck-ver­lag in mün­chen haben für die­se rei­he, die „wissen“-taschenbücher. die sind näm­lich immer aus­ge­spro­chen gut les­bar, für lai­en ver­ständ­lich, ohne des­halb flach zu sein. die­ser band (der pro­tes­tan­tis­mus von fried­rich wil­helm graf) ist dabei schon ver­gleichs­wei­se vor­aus­set­zungs­reich, und – um es gleich zu sagen – mir fehlt auch ein wenig der kern: da wird viel geschrie­ben über die äuße­re ent­wick­lung des pro­tes­tan­tis­mus, viel über die kul­tu­rel­le und poli­ti­sche sei­te, aber der eigent­lich nukle­us, die spe­zi­fi­sche form des glau­bens und der fröm­mig­keit, ist für mei­ne begrif­fe etwas kurz abge­han­delt – es kommt natür­lich vor und ist selbst­ver­ständ­lich ange­sichts der (hier auch gut dar­ge­stell­ten) viel­falt pro­tes­tan­ti­scher strö­mun­gen sicher eine schwie­ri­ge auf­ga­be, aber gera­de da hät­te ich mir ein biss­chen mehr infor­ma­ti­on gewünscht, die über die kon­sta­tie­rung des pro­blems hin­aus­geht: „alle aus­sa­gen über ein ‚wesen des pro­tes­tan­tis­mus‘ las­sen sich durch viel­fäl­ti­ge wider­stre­ben­de phä­no­men in ein­zel­nen pro­tes­tan­ti­schen lebens­wel­ten rela­ti­vie­ren“ – geschenkt, das ist bil­lig. das „pro­tes­tan­ti­sche“ als sol­ches, so sug­ge­riert schon der blick ins inhalts­ver­zeich­nis (und die lek­tü­re bestä­tigt das lei­der cum gra­no salis) inter­es­siert graf nur mehr am ran­de: wenn es um „die zukunft des pro­tes­tan­ti­schen“, so heißt das abschlie­ßen­de kapi­tel, geht.der pro­tes­tan­tis­mus scheint also, wenn man nur grafs dar­stel­lung vor augen hat, mehr ein kul­tur­phä­no­men als eine reli­giö­se erschei­nung zu sein. sein haupt­ka­pi­tel ist dann auch fol­ge­rich­tig so beti­telt: „pro­tes­tan­tis­mus und kul­tur“. hier ver­sucht graf, dem wesen des pro­tes­tan­tis­mus auf die spur zu kom­men. und eben mit den genann­ten schwie­rig­kei­ten. aber doch, um hier nicht nur blöd rum­zum­eckern, auch wie­der nicht ganz ver­ge­bens. auf­fal­lend ist aller­dings die sehr varia­bel kon­zi­se argu­men­ta­ti­on und fak­ten­dich­te: es gibt sei­ten, da reiht sich (direk­tes oder indi­rek­tes) zitat an zitat, da flie­gen die daten nur so um die köp­fe der leser. und es gibt sei­ten, da kommt graf auf ein­mal wie­der zu einer les­ba­ren dar­stel­lungs­form – scha­de, dass die vari­anz so arg groß ist.

die pro­tes­tan­ten und staat, bil­dung, indi­vi­du­um, inner­lich­keit – das sind sei­ne haupt­the­men. und das gan­ze vor­züg­lich an quel­len des 18. und 19. jahr­hun­derts dar­ge­stellt, von denen graf eine unüber­seh­ba­re men­ge zu ken­nen scheint. was das 20. jahr­hun­dert angeht, wird es aber ganz plötz­lich ganz dünn, über die zwan­zi­ger hin­aus gibt es kaum etwas, als hät­te sich das pro­blem bereits erle­digt, als wür­de kei­ner mehr dar­über nachdenken …

so kreist graf also eigent­lich immer wei­ter um ganz weni­ge the­men: die indi­vi­dua­li­sie­rung (v.a. des glau­bens, die aber nicht ohne fol­gen für das welt­li­che den­ken und leben blieb…) und das, was seit max weber die „pro­tes­tan­ti­sche ethik“ genannt wird, die bemü­hung um öko­no­mi­schen etc. erfolg im dies­seits als zei­chen eines from­men, gott­ge­fäl­li­gen lebens, die hand in hand geht mit der ent­wick­lung des bür­ger­li­chen leis­tungs­ethos: „die in allen pro­tes­tan­ti­schen lebens­wel­ten zu beob­ach­ten­de sym­bo­li­sche kom­mu­ni­ka­ti­on, in der inner­lich­keit reli­gi­ös insze­niert und refle­xiv gestei­gert wird, läßt sich des­halb auch als erfin­dung von indi­vi­dua­li­tät beschrei­ben.“ (73) – schon recht, aber ist das nicht ein wenig ein­sei­tig? spiel­ten da nicht – auch – noch ande­re fak­to­ren eine rol­le? z.b. der tief­grei­fen­de wan­del der öko­no­mi­schen und poli­ti­schen ver­fas­sung der gesell­schaft seit dem mit­tel­al­ter? deren zuneh­men­de beschleu­ni­gung? das sind natür­lich alles fak­to­ren, die nie allei­ne betrach­tet wer­den kön­nen, immer in hef­tigs­ten inter­de­pen­den­zen ste­hen und die sache des­halb so höl­li­sche kom­pli­ziert machen… lus­ti­ger­wei­se (aber: eigent­lich ist das nicht so wahn­sin­nig lus­tig…) schreibt graf selbst zwei sät­ze wei­ter: „die auf­klä­rer und die libe­ra­len des 19. und 20. jahr­hun­derts fei­er­ten die refor­ma­ti­on des­halb als jene religiös …