Selige, selige Zeit! du bist schon lange vorbei! O die Jahre, worin der Mensch seine ersten Gedichte und System lieset und macht, wo der Geist seine ersten Welten schafft und segnet, und wo er voll frischer Morgengedanken die ersten Gestirne der Wahrheit kommen sieht, tragen einen ewigen Glanz und stehen ewig vor dem sehnenden Herzen, das sie genossen hat und dem die Zeit nachher nur astronomische Ephemeriden und Refraktionstabellen über die Morgengestirne reicht, nur veraltete Wahrheiten und verjüngte Lügen! – O damals wurd’ er von der Milch der Wahrheit wie ein frisches durstiges Kind getränkt und großgezogen, später wird er von ihr nur als ein welker skeptischer Hektikus kuriert! – Aber du kannst freilich nicht wiederkommen, herrliche Zeit der ersten Liebe gegen die Wahrheit, und diese Seufzer sollen mir eben nur deine Erinnerung wärmer geben; – und kehrest du wieder, so geschieht es gewiß nicht hier im tiefen niedrigen Grubenbaue des Lebens, wo unsere Morgenröte in den Goldflämmlein auf dem Goldkiese besteht und unsere Sonne im Grubenlicht – nein, sondern dann kann es geschehen, wenn der Tod uns aufdeckt und den Sargdeckel des Schachtes von den tiefen blaßgelben Arbeitern wegreißet, und wir nun wieder, wie erste Menschen, in einer neuen vollen Erde stehen und unter einem frischen unermeßlichen Himmel! – Jean Paul, Titan, 25. Zykel
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