der streit zwischen geistes- und naturwissenschaften ist uralt. und stinklangweilig, weil es eigentlich überhaupt keine rolle spielt. immer wieder interessant zu beobachten sind aber die orte und die gründe, an denen diese front wieder neu beschworen, beobachtet oder beackert wird. hier ist mal wieder ein gegenangriff: eigentlich ist der viel behauptete, auf wilhelm dilthey zurück gehende unterschied zwischen geisteswissenschaften und naturwissenschaften, nämlich die unterscheidung verstehen — erklären, längst nichtig. meint zumindest sibylle krämer:
„Es greift zu kurz, die Geisteswissenschaften in die Schublade bloßer Deutungswissenschaften zu stecken oder gar als Kompensationsmechanismen instrumenteller Vernunft zu handhaben. Vielmehr haben Geisteswissenschaften immer auch eine doppelte Funktion: sie sind Wissenschaft von Realien und liefern zugleich Orientierungswissen (Sinn, Werte …).
Geisteswissenschaften forschen über Realien, also über ‘Gegenstände’, die immer auch in Raum und Zeit situiert sind (oder waren). Überdies sind alle wissenschaftlichen Gegenstände interpretationsabhängig und dies gilt gerade auch für die ‘epistemischen Dinge’ der Naturwissenschaften. Geisteswissenschaften haben es nicht nur mit Sinn und Bedeutung zu tun, sondern immer auch mit Kulturtechniken, Praxisformen, Medienstrukturen ud symbolischen Grammatiken, ohne welche die Genese und Zirkulation von Sinn und Bedeutung nicht erklärbar wäre. Daher ist die Demarkationslinie von ‘Erklären’ und ‘Verstehen’ kein geeignetes Unterscheidungskriterium zwischen Natur- und Geisteswissenschaften.”
(das zitat ist geklaut von der „guten stube”.)