Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Kategorie: wissenschaft

geist vs. natur

der stre­it zwis­chen geistes- und natur­wis­senschaften ist uralt. und stin­klang­weilig, weil es eigentlich über­haupt keine rolle spielt. immer wieder inter­es­sant zu beobacht­en sind aber die orte und die gründe, an denen diese front wieder neu beschworen, beobachtet oder beack­ert wird. hier ist mal wieder ein gege­nan­griff: eigentlich ist der viel behauptete, auf wil­helm dilthey zurück gehende unter­schied zwis­chen geis­teswis­senschaften und natur­wis­senschaften, näm­lich die unter­schei­dung ver­ste­hen — erk­lären, längst nichtig. meint zumin­d­est sibylle krämer:

„Es greift zu kurz, die Geis­teswis­senschaften in die Schublade bloßer Deu­tungswis­senschaften zu steck­en oder gar als Kom­pen­sa­tion­s­mech­a­nis­men instru­menteller Ver­nun­ft zu hand­haben. Vielmehr haben Geis­teswis­senschaften immer auch eine dop­pelte Funk­tion: sie sind Wis­senschaft von Realien und liefern zugle­ich Ori­en­tierungswis­sen (Sinn, Werte …).
Geis­teswis­senschaften forschen über Realien, also über ‘Gegen­stände’, die immer auch in Raum und Zeit situ­iert sind (oder waren). Überdies sind alle wis­senschaftlichen Gegen­stände inter­pre­ta­tion­s­ab­hängig und dies gilt ger­ade auch für die ‘epis­temis­chen Dinge’ der Natur­wis­senschaften. Geis­teswis­senschaften haben es nicht nur mit Sinn und Bedeu­tung zu tun, son­dern immer auch mit Kul­turtech­niken, Prax­is­for­men, Medi­en­struk­turen ud sym­bol­is­chen Gram­matiken, ohne welche die Genese und Zirku­la­tion von Sinn und Bedeu­tung nicht erk­lär­bar wäre. Daher ist die Demarka­tion­slin­ie von ‘Erk­lären’ und ‘Ver­ste­hen’ kein geeignetes Unter­schei­dungskri­teri­um zwis­chen Natur- und Geis­teswis­senschaften.”

(das zitat ist geklaut von der „guten stube”.)

warum bloggen eigentlich so wenig wissenschaftler?

eine inter­es­sante und span­nende frage. sich­er macht man es sich zu leicht, wenn man das mit dem ver­weis auf die eh’ schon knap­pen ressourchen erledigt (wobei ich dem befund über­haupt nicht wider­sprechen will). aber ich frage mich doch immer mehr, warum z.b. jour­nal­is­ten immer wieder (und in let­zter zeit in mein­er wahrnehmung immer häu­figer) so sinn- und merk­be­fre­it auf blogs im all­ge­meinen ein­schla­gen. einige inter­es­sante über­legun­gen von marc sch­e­loske zum möglichen nutzen des bloggens für wis­senschaftler find­en sich in der wis­senswerk­statt. ich bin ja sehr ges­pan­nt, ob sich auf diesem feld irgend wann etwas tut… irgend­wie scheint es doch sehr schw­er zu sein für die im wis­senschafts- oder hochschul­sys­tem täti­gen men­schen, hier tätig zu wer­den, vorteile zu sehen. es muss ja gar nicht immer die gern beschworene pop­u­lar­isierung der wis­senschaften sein, die man damit erre­ichen will. was man aber sich­er — zumin­d­est ein wenig — schaf­fen kön­nte, wäre eine größere öffentlichkeit für wis­senschaft. und damit kön­nte — das wäre ein ide­al — auch größeres ver­ständ­nis für wis­senschaft und ihre (gesellschaftliche) notwendigkeit ein­herge­hen. naja … aber schon ein (!) gutes blog kön­nte für manch­es (ger­ade kleines) fachge­bi­et mit leichtigkeit mehr bewirken als tage der offe­nen türen oder die oft ger­adezu verzweifelt anmu­ten­den bemühun­gen, uni­ver­sitäten dem rest der gesellschaft zu „öff­nen” (wo dann doch in den vorträ­gen immer kaum mehr als das dutzend senior-stu­den­ten herum­sitzt …)

bildungswissenschaftliche seminare an der uni mainz — ein witz …

wenn es nicht so trau­rig wäre, wäre es in der tat zum lachen. auch wenn das ein ganz schön blöder und abge­s­tanden­er spruch ist — hier stimmt er aus­nahm­sweise ein­mal. denn was in dem sem­i­nar „ler­numge­bun­gen gestal­ten” so passiert, ist wirk­lich eine schande — eine schande für die bil­dungswis­senschaft, für die uni­ver­sität und auch ein besorg­nis erre­gen­der blick in die zukun­ft an den schulen. jede woche denke ich, dass niveau kann nun eigentlich nicht mehr fall­en — aber das unglaubliche ist, bish­er geschah immer wieder genau das. jede woche soll ja, so hat das unser dozent — der an der mis­ere dieses „sem­i­nars” (ohne anführungsze­ichen kann ich den begriff für diese ver­anstal­tung nicht mehr ver­wen­den) wesentlichen anteil hat — eine gruppe stu­den­ten ca. 60 minuten der sitzung gestal­ten. und das ist grausam. jedem noch so laschen kri­teri­um von wis­senschaftlichkeit wird hier hohn gespot­tet. was übrig bleibt, sind ver­suche der über­pä­dad­gogisierung, die mich vor allem wegen ihres erbärm­lichen inhaltlichen niveaus so unge­heuer aufre­gen. wahrschein­lich würde es über­haupt nicht auf­fall­en, wenn ein mit­tel­stufen­schüler in dieser ver­anstal­tung mit­machte — er kön­nte prob­lem­los mitre­den, so weit ist der anspruch inzwis­chen gesunken. von vor­bere­itung oder nach­bere­itung kann natür­lich keine rede sein — dafür dür­fen wir dann rol­len­spiele (!) oder the­atralis­che auf­führun­gen über uns erge­hen lassen — als hät­ten wir nix besseres zu tun. die heutige sitzung z.b. wid­mete sich zum zweit­en mal dem the­ma (problem-)schüler(-rolle). und was haben wir gemacht: über einen miniatur-auss­chnitt eines textleins von alfred ander­sch gelabert und sind zu dem ergeb­nis gekom­men, dass ord­nungs­maß­nah­men nicht streng nach kat­a­log der verge­hen ange­ord­net wer­den kön­nen. na toll. das kann ich in zwei minuten darstellen. und der dozent sitzt hin­ten und macht — was eigentlich? wofür bekommt der eigentlich sein geld? ah; ich kann gar nicht aufhören, mich über diesen blödsinn zu ereifern … ich habe ja große lust, in mein­er grup­pe­nar­beit das ganze mal zu kon­terkari­eren und ein klas­sis­ches refer­at zu hal­ten …

noch mehr literatur online

und wieder gibt es neue online-quellen für alte büch­er: die wbg macht ihren mit­gliedern die digial­isate des olms-ver­lages zugänglich. sehr schön. nette seite, viel inter­es­san­ter inhalt. und man kann es sog­ar als pdf-datei herun­ter­laden. etwa 400 reprints, v.a. aus den bere­ichen der lit­er­atur­wis­senschaft und der philoso­phie. und dazu noch messkat­a­loge. wieder ein neues leseze­ichen in mein­er über­bor­den­den samm­lung …

so, die erste woche des win­terse­mes­ters ist geschafft ;-). mir ist etwas inter­es­santes aufge­fall­en, weil ich viele vor­lesun­gen des his­torischen sem­i­nars besuche und die dozen­ten in den vor­lesun­gen ja gerne in der ersten sitzung so einige grund­sät­zliche aus­führun­gen machen, zu meth­ode und inhalt, entste­hung und ver­lauf ihrer ver­anstal­tung. und auf­fäl­lig viele, näm­lich gefühlte 90 % der dozen­ten (die nicht alle pro­fes­soren sind, aber zumin­d­est habil­i­tiert) macht­en mehr oder weniger aus­führliche bemerkun­gen zur umstel­lung der stu­di­engänge auf bach­e­lor & mas­ter. die mainz­er uni­ver­sität will das ja bere­its im näch­sten win­terse­mes­ter kom­plett geschafft haben (worauf ich schon sehr ges­pan­nt bin, bis jet­zt ist davon noch nicht allzu viel zu merken). und so langsam scheint bei den pro­fes­soren anzukom­men, dass die uni­ver­sität, wir wir sie momen­tan ken­nen, damit der ver­gan­gen­heit ange­hören wird. sie merken so langsam und allmäh­lich, dass sie sich mit der radikalen umstel­lung auf diese pseu­do-stu­di­en­ab­schlüsse die größte reform der uni­ver­sität einge­han­delt haben, die seit 1900 passiert ist — dage­gen waren die vond en 68ern angestoße­nen umbaut­en ein klacks. denn inzwis­chen real­isieren sie, dass es mit der frei­heit der lehre dann nicht mehr weit her ist — wenn alles schön im stun­den­plan vorgeschrieben ist, muss das ja auch erledigt wer­den. und dann ist — davon kann man get­rost aus­ge­hen — für vor­lesun­gen wie „Von der Bil­dungsre­form Karls des Großen zur Uni­ver­sität. Schriftlichkeit, Wis­sen und Bil­dung im lateinis­chen Mit­te­lal­ter (8.–13. Jahrhun­dert)” sicher­lich kein platz mehr. aber jet­zt ist das kind halt in den brun­nen gefall­en …

die sprachwissenschaft schafft es in die nachrichten

und sog­ar auf die erste seite der süd­deutschen zeitung. dort wird von ein­er studie (mehl et al. in sci­ence) berichtet, die her­aus­fand, dass es für ihre ver­suchsper­so­n­en (stu­den­ten) sta­tis­tisch gese­hen keinen unter­schied zwis­chen män­nern und frauen gibt, was die menge des sprechens ange­ht. das wird jet­zt über­all als große neuigkeit ange­priesen. aber als aufmerk­samer lan­guage-log-leser muss ich da natür­lich inter­ve­nieren. denn mark liber­man berichtete dort schon am 6. august 2006, dass das ganze kaum mehr als ein urbaner mythos ist und keineswegs durch stu­di­en und/oder dat­en zu bele­gen ist. die aktuelle studie wird dort natür­lich auch kom­men­tiert. und hier gibt es noch eine ganze liste mit beiträ­gen, die sich mit diesem the­ma beschäfti­gen. das haben die jour­nal­is­ten bei ihrer „recherche” aber lei­der überse­hen ;-). soviel für heute zum the­ma „qual­ität­sjour­nal­is­mus”.

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