Wie viel Bildungsdünkel kann man eigentlich in einen einfachen Bericht zum 50jährigen Bestehen eines Verlages stecken?1 Eine ganze Menge, wenn man Hannes Hintermeier heißt und für die FAZ schreibt. Der beginnt gleich größenwahnsinnig:
Diesem Verlag ist niemand entkommen. Es dürfte schwer sein, einen Haushalt zu finden, in dem kein Band aus dem Deutschen Taschenbuchverlag steht.
Wo lebt dieser Mann eigentlich? Eine gewisse Überschätzung des Bildungsbürgertums (oder seiner Reste, denn ein echter Bildungsbürger würde Taschenbücher nie kaufen …) mag ja schön und gut sein — aber das geht doch dermaßen offensichtlich zu weit. Schließlich gibt es mehr als genug Haushalte, in denen gar kein Buch steht (ja! und das sind nicht wenige!), von den Bänden des dtv ganz zu schweigen. So toll sind die ja schließlich auch nicht, bei aller Liebe … Mir scheint — aber das ist nur persönliche Wahrnehmung — deren Hochzeit eher die 1970er, vielleicht noch die 80er Jahre gewesen zu sein. Inzwischen ist der Verlag zwar nicht belanglos, aber schon länger nicht mehr von dieser überragenden Bedeutung.
Hintermeiers Text geht dann entsprechend lobhudelnd und hochtrabend weiter — Informationen, die der Rede wert wären, finden sich allerdings wenige.
Einen Geistesverwandten hat er aber offenbar im Verleger/Geschäftsführer Wolfgang Balk gefunden. Der wird zitiert:
„Hand aufs Herz: Wirklichen Lesespaß macht das nicht, das kann mir niemand weismachen.“
Da fällt mir doch fast die Kinnlade aus dem Gelenk. Hat der Mann mal ein E‑Book-Lesegerät wie etwa den Kindle in der Hand gehabt und wirklich damit gelesen? Und dann ein dtv-Taschenbuch, am besten noch eines, das schon 10–20 Jahre alt ist? Das ist doch überhautp kein Vergleich, der Kindle schlägt die dtv-Taschenbücher um Längen. Da können die Umschläge noch so toll künstlerisch gestaltet sein2, das Papier ist oft schlecht, die Folierung der Umschläge löst sich, die Bindung ist unbefriedigend, der Buchsatz auch nicht immer perfekt. Und warum soll ich für Unterhaltungsliteratur, die ich in der Regel nicht oft und nicht intensiv lese, ein Buch in den Schrank stellen? Aber Hintermeier macht es sich in seinem Bildungsdünkel entsprechend einfach:
Die amerikanische Hausfrau, so hört man allenthalben, lese ihre Thriller schon auf iPad, Kindle und Konsorten.
Soso, diese amerikanische Hausfrau also, der Untergang der abendländischen Kutlur. Was soll das Ganze eigentlich? Selbstvergewisserung einer untergehenden Spezies?
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