Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Schlagwort: theater Seite 1 von 2

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Ins Netz gegangen (13.6.)

Ins Netz gegan­gen am 13.6.:

  • “Die Ret­tung­sor­gan­i­sa­tion hat sich nach Eschede weit­er­en­twick­elt“ – Inter­view mit dem Unfallmedi­zin­er Ewald Hüls | Sozialthe­o­ris­ten → span­nen­des inter­view mit ewald hüls, der beim ice-unglück in eschede lei­t­en­der notartzt war, über möglichkeit­en, konzepte, strate­gien und lern­prozesse der ret­tungsmedi­zin

    Der Ret­tungs­di­enst hat genau das erst­mal ler­nen müssen – im Gegen­satz zu allen anderen beteiligten Organ­i­sa­tio­nen wie Bun­deswehr, Polizei, Gren­zschutz, Berufs­feuer­wehren – in solchen Lagen wirk­lich umzuschal­ten und bei einem Masse­nan­fall von Ver­let­zten anders zu agieren, als wir das aus dem täglichen Ret­tungs­di­enst, näm­lich der Indi­vid­u­alver­sorgung, ken­nen. Das war eine der stärk­sten Anstren­gun­gen in den let­zten Jahren, solche Konzepte dann auch tat­säch­lich zu verin­ner­lichen. Wenn ich eine Großschadenslage habe, kann ich nicht ein­fach irgend­wo rein stür­men, son­dern muss auf Befehl ganz bes­timmte Arbeit­en ver­richt­en, die abges­timmt sind.

  • Der The­ater­be­trieb ist ein Män­ner­laden | FR → die regis­seurin karin henkel im inter­view mit dirk pilz über the­ater, männliche (macht)strukturen, ungle­ich­heit und verän­derun­gen

    Es gibt ja viel weniger große Rollen für Frauen, aber ich möchte mit den tollen Schaus­pielerin­nen arbeit­en, die ich kenne. Das habe ich mir dur­chaus zur Auf­gabe gemacht: Wie kön­nen diese mehr vorkom­men? Und das ist dann natür­lich ein fem­i­nis­tis­ch­er Blick. Immer alles aus ein­er Män­ner­per­spek­tive zu erzählen – das lang­weilt mich.

  • Die Kli­mawan­dler | taz → bern­hard pöt­ter sieht in keinen grund für pos­i­tive nachricht­en:

    Denn in der Umwelt‑, Energie- und Nach­haltigkeit­spoli­tik legt das Kabi­nett Merkel IV ger­ade einen Fehlstart hin. Schon im Wahlkampf 2017 kamen diese The­men prak­tisch nicht vor. Im Koali­tionsver­trag von CDU/CSU und SPD wur­den sie an den Rand gedrängt. Und in der Real­ität der ersten drei Monate wurde es noch schlim­mer: Ziele wur­den gekappt, Fris­ten ver­säumt, Zusagen kassiert, Drin­gen­des wurde auf die lange Bank geschoben. […] Aber auf ein Sig­nal für mehr Nach­haltigkeit aus dem Kan­zler­amt, wo eigentlich die Nach­haltigkeit­spoli­tik koor­diniert wird, wartet sie bish­er verge­blich.

  • Zu Büch­ern find­et man nicht allein | FAZ → ein schönes und (lei­der) notwendi­ges plä­doy­er von tilman spreck­elsen für die erhal­tung von stadt­bib­lio­theken und ihre rolle im lese­leben, aber eben auch für die gesellschaft ins­ge­samt:

    Denn wenn es einen Ort gibt, an dem sich unsere Gesellschaft mit all ihren Werten und ihren Wider­sprüchen spiegelt samt der Frei­heit, sich aus dem Ange­bot ganz allein und unbeobachtet das Passende her­auszusuchen, ohne befürcht­en zu müssen, wie im Inter­net dabei auf Schritt und Tritt reg­istri­ert zu wer­den, dann ist er hier.

  • „Die Blu­men sind weg, die Schmetter­linge auch“ | taz → inter­view mit Claudius Prößer über insek­ten­ster­ben, land­wirtschaft und zwänge der gegen­wart — sehr lesenswert.
spinnennetz in der sonne

Ins Netz gegangen (29.6.)

Ins Netz gegan­gen am 29.6.:

  • Nachruf: Botschaf­terin der Com­mu­ni­ty | NZZ → die ziem­lich großar­tige pianis­tein ger­ri allen ist gestor­ben.
  • Mit dem Schreck­lich­sten ist zu rech­nen | FR → arno wid­mann preist ror wolf

    Ror Wolf, das hat sich längst herumge­sprochen, ist ein­er der bedeu­tend­sten leben­den deutschen Autoren. Er ist einzi­gar­tig. Kein­er schreibt wie er, kein­er erzählt wie er. […] Er ist der Neil Arm­strong unser­er Text­träume.

  • 85. Geburt­stag des Schrift­stellers Ror Wolf: Das sind die Worte, das ist die Lage | taz → tim cas­par boehme grat­uliert ror wolf zum 85. geburt­stag — und wirbt für seine lyrik

    Für ihn lässt sich schlecht wer­ben. Die Begeis­terung, die Freude an Ror Wolfs Worten kann man eigentlich nur weit­ergeben wie einen Staffel­stab. Es muss schon jemand bere­it­ste­hen, der ihn nehmen will.

  • Dra­ma, Baby! | SZ → moritz rinke über das (aktuelle) dra­ma (auf/in dem the­ater …)

    Nein, es gibt beim The­ater­pub­likum wie bei den Schaus­piel­ern in Wahrheit eine große Sehn­sucht nach Stück­en, nach Geschicht­en, nach Leben und Repräsen­tanz und Darstel­lung. Nach Schaus­piel­ern als Men­schen­darsteller. Ja, Men­schen­darsteller! […] Aber die Repräsen­tanz im Dra­ma und im The­ater ist eine andere als in der bilden­den Kun­st. Wir schauen nicht auf einen leblosen Gegen­stand, der irgen­det­was abbildet, son­dern auf Men­schen, die das Vornotierte ver­wan­deln. Wir sehen im Dra­ma zuerst diejeni­gen, die es real­isieren und erst danach das, was es zeigen und erzählen kön­nte.

spinnennetz mit tau

Ins Netz gegangen (23.11.)

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  • #Fak­e­News jet­zt auch im Feuil­leton? | Wolf­gang Michal → wolf­gang michal hat — aus­gelöst von der alarmistis­chen pressemit­teilung des börsen­ver­ban­des und der ungeprüften über­nahme in qual­itätsme­di­en — mal ein biss­chen gerech­net, was die rück­zahlung ille­gal erhal­tener vg-wort-gelder für ver­lage eigentlich wirk­lich bedeutet:

    Doch die notorisch klamme Sit­u­a­tion manch­er Kle­in­stver­lage wird vom reichen Börsen­vere­in ja nur deshalb ins Feld geführt, weil man damit die Herzen notorisch klam­mer Autoren erwe­ichen kann. Da traut sich dann kein­er mehr zu fra­gen, warum man aus­gerech­net kleine Autoren, deren Exis­tenz min­destens eben­so gefährdet ist wie die Exis­tenz klein­er Ver­leger, mit kul­turellen Unter­gangsszenar­ien dazu drän­gen will, auf ihre schmalen Rück­forderungs­be­träge (von weni­gen hun­dert Euro im Schnitt) „frei­willig“ zu verzicht­en? Warum sprin­gen nicht die Mil­liardäre und Mul­ti­mil­lionäre Ber­tels­mann, Springer Sci­ence oder West­er­mann in die Bresche und helfen ihrer ange­blich so bedrängten Branche? Allein mit dem Jahres­gewinn von Ber­tels­mann kön­nten sämtliche Rück­forderun­gen der VG Wort 30 Jahre lang beglichen wer­den.

  • Öffentlich­er Verkehr: Es wird eng | NZZ → an den pendler-bahn­höfen der schweiz wird es eng — weil immer mehr men­schen zugle­ich unter­wegs sind …
  • Wie sich das poli­tis­che The­ater selb­st betrügt – Ein Zwis­chen­ruf | Nachtkri­tik → michael wolf hat ein­wände gegen das ach so tolle, ach so wichtige, ach so gesellschaftlich rel­e­vante the­ater:

    In The­atern wird “exem­plar­isch durchge­spielt, was Demokratie aus­macht: das Aufeinan­der­prallen extrem unter­schiedlich­er Ansätze auszuhal­ten – und diskur­siv zu kanal­isieren”? Nein, ein­fach nein. Poli­tis­ches The­ater ist nur so weit plu­ral­is­tisch, bis es unan­genehm wer­den kön­nte. Es hat kein Inter­esse daran, die Band­bre­ite der Hal­tun­gen ein­er Gesellschaft vorkom­men zu lassen, die – wie eklig! – eben nicht nur aus den Guten beste­ht

  • Nein, die Transen und die Homos sind nicht schuld an Trump | Bild­blog → guter punkt von johannes kram, eigentlich selb­stver­ständlich, aber ger­ade trotz­dem immer wieder auszus­prechen:

    Es geht nicht um Respekt oder Tol­er­anz der einen für die anderen, um etwas, das Mehrheit ein­er Min­der­heit gön­nt. Es geht darum, dass sich die Gesamt­ge­sellschaft erst als kom­plett begreift, wenn alle gle­icher­maßen dazuge­hören.

  • Poli­tologe über Trumps Pop­ulis­mus: „Er bes­timmt, wer das Volk ist“ | taz.de → gutes inter­view mit jan-wern­er müller über pop­ulis­mus, nation, volk und den ganzen krams/quatsch …
  • Men­schen­rechte: Reden wir über das Grundge­setz! | Zeit → birte förster ruft dazu auf, das grundge­setz ernst zu nehmen und in die aktuellen diskus­sio­nen stärk­er einzubeziehen
  • 100 Jahre rus­sis­che Rev­o­lu­tion: Rev­o­lu­tion­sju­biläum ohne Held | NZZ → ulrich m. schmid über die schwierigkeit­en der putin-regierung, die rev­o­lu­tions­feiern des näch­sten jahres mit dem näch­sten spin zu verse­hen (spoil­er: lenin fällt aus, der rus­sis­che staat darf in sein­er größe und großen geschichte ganz nation­al­is­tis­che wieder aufer­ste­hen …)

Ins Netz gegangen (24.2.)

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  • Das MoMa New York erwirbt Alvin Luciers “I am sit­ting in a room” « Kul­turtech­no
  • Hochschwarzwald: Ab ins gemachte Nest! | ZEIT ONLINE — die zeit macht ein biss­chen wer­bung für mod­ernisierte (teure) ferien­woh­nung im schwarzwald, die mit schick­em design über­nach­tungs­gäste anlock­en wollen, dafür aber die wertschöp­fung schön zen­tral­isieren und konzen­tri­eren (und eben nur noch einen bruchteil bei den besitzern vor ort lassen)

    Im Hochschwarzwald hat die Touris­mus GmbH vorhan­dene Ferien­woh­nun­gen mod­ernisiert. Ein Gewinn für alle Seit­en?

  • If Our Sons Were Treat­ed Like Our Daugh­ters | Lori Day — sehr schönes gedanken­spiel …

    Come with me. Let’s open the door to a par­al­lel uni­verse. Here in this par­al­lel world, the rules are dif­fer­ent because gen­der roles are flipped. Lov­ing par­ents and teach­ers accept this strange cul­ture as if it’s not so bad, or per­haps even good.…

  • Edi­tion: Hitlers “Mein Kampf” kommt 2016 rund 2000 Seit­en dick — DIE WELT — sven felix keller­hoff war bei der vorstel­lung der kom­men­tierten aus­gabe von hitlers “mein kampf”, die er sehr begrüßt:

    Das IfZ und sein Vizechef Mag­nus Brechtken jeden­falls sind den richti­gen Weg in ein­er offe­nen Gesellschaft gegan­gen: Sie suchen gegen den offen­sichtlich beschränk­ten Hor­i­zont von Beamten und (eini­gen) Poli­tik­ern in München die Unter­stützung der Öffentlichkeit. Denn jede Fort­set­zung des absur­den Tanzes um Hitlers “Mein Kampf” führt nur in die Irre.

  • Ver­bot für Brechts Stück „Baal“: In Grabesruhe — taz.de — es ist ganz ein­fach mit dem brecht-the­ater:

    Es zählt zur pos­tu­men Ironie von Brechts Leben, dass der große Zertrüm­mer­er des Klas­sik­erthe­aters schlussendlich selb­st zum Klas­sik­er gewor­den ist. Pos­tum wer­den Brechts Ideen in Stein gemeißelt, wofür sie der Autor nie vorge­se­hen hat­te.

  • Kiel­er Matrose­nauf­s­tand 1918 : Berühmtes Foto ent­pup­pt sich nach fast 100 Jahren als Irrtum — quel­lenkri­tik bei fotografien ist eine schwierige und aufwändi­ge sache:

    Erstaunlich­er Erken­nt­nis im Bun­des­bil­darchiv: Das bekan­nteste Foto, mit dem seit fast 100 Jahren der Kiel­er Matrose­nauf­s­tand von 1918 illus­tri­ert wurde, ist in Wahrheit in Berlin ent­standen.

    hier war es die “orig­i­nalvor­lage” (was auch immer das genau ist …), die durch ihre beschrif­tung eine kor­rek­tur erzwang

  • Alte Schriften — wahnsin­nig umfan­gre­ich, auch mit eini­gen ttf-fonts für aus­ge­fal­l­enes wie die merowingis­che minuskel …

    Auf diesen Seit­en find­en Sie eine Samm­lung alter Schriftze­ichen aller Völk­er und Kul­turen von Abur bis Zapotekisch.

Ins Netz gegangen (2.2.)

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  • Krach um Cas­torfs “Baal”: Opi­um ist Reli­gion fürs Volk — Tagesspiegel — peter lau­den­bach macht sich über den ver­such, die cas­torf-insze­nierung des brecht’schen “baal” zu ver­bi­eten, lustig:

    Vielle­icht sollte sich die Rechtsabteilung bei Gele­gen­heit auf den Stand des eige­nen Ver­lagspro­gramms brin­gen – von Fou­caults Kri­tik am Begriff des Autors über Kris­tevas Wis­sen, dass in einem Text viele Stim­men sprechen, bis zu Hein­er Müllers Hin­weis: „Brecht gebrauchen ohne ihn zu kri­tisieren, ist Ver­rat.“ Man kann Cas­torf vieles vor­w­er­fen – nicht aber , dass er Brech…

  • Warum klas­sis­che Musik schon immer poli­tisch war — Süddeutsche.de — rein­hard j. brem­beck beschreibt, warum musik — und musik­er — immer poli­tisch ist (mit eini­gen seit­en­hieben auf aktuell musizierende …)

    Und nicht nur die Musik­er sind, ja, müssen poli­tisch sein. Auch die Kom­po­si­tio­nen sind unau­flös­lich ver­bun­den mit dem sie bedin­gen­den poli­tis­chen Sys­tem.

  • Lit­er­aturkri­tik ver­sus Lit­er­atur­jour­nal­is­mus — lothar struck ergänzt die bemerkun­gen von jörg sun­der­meier um einige meines eracht­ens sehr richtige, wichtige und zus­tim­mungs­fähige beobach­tun­gen und ein­schätzun­gen:

    Ich plädiere für die ein­deutige Unter­schei­dung zwis­chen »Lit­er­aturkri­tik« und »Lit­er­atur­jour­nal­is­mus«. Dem­nach ist Lit­er­aturkri­tik der meist etwas umfan­gre­iche Ver­such, nicht nur den Inhalt eines Buch­es wiederzugeben, son­dern darüber hin­aus for­male und ästhetis­che Kom­po­nen­ten zu ein­er lit­er­arischen Bew­er­tung her­anzuziehen. […] Die Lit­er­aturkri­tik sollte am Text »kleben«, ohne ihn gram­matikalisch zu sezieren. Neben der Kri­tik am Plot, an ein­er Hand­lung, sollte auch auf die Sprache und die Form geachtet wer­den. Außer­lit­er­arische Bezüge soll­ten ver­nach­läs­sigt wer­den.
    Lit­er­atur­jour­nal­is­mus hinge­gen reduziert die Kom­plex­ität, bilanziert vor­eilig in Schubladen, druckt leicht zitier­bare Etiket­ten. Lit­er­aturkri­tik ihrer­seits öffnet den Text, find­et Alle­gorien, engt jedoch den poten­tiellen Leser nicht ein, son­dern erzeugt Neugi­er. Lit­er­atur­jour­nal­is­mus ist pater­nal­is­tisch und pos­tuliert Urteile, Lit­er­aturkri­tik begrün­det sie. Lit­er­atur­jour­nal­is­mus ist getrieben und unter­liegt den kom­merziellen Geset­zen von Ver­lagspro­gram­men und deren Zyklen. Lit­er­aturkri­tik hat Zeit und ver­langt Zeit. Lit­er­atur­jour­nal­is­ten haben Fre­unde, Lit­er­aturkri­tik­er Kol­le­gen.

  • Fire­fox und Chrome ver­rat­en IP-Adressen trotz VPN | heise Net­ze — ständig muss man irgend­wo nachbessern …

    Viele Nutzer ver­schleiern ihre eigentliche IP-Adresse und damit ihren Stan­dort, indem Sie über einen VPN-Serv­er ins Inter­net gehen. Die WebRTC-Imple­men­tierun­gen von Mozil­la Fire­fox und Google Chrome plaud­ern aber die Adresse aus.

    — immer­hin lässt sich das auch ver­hin­dern.

  • Span­ish Civ­il War pho­tos by Agusti Cen­telles and Robert Capa.
  • Energiewende: “Aut­o­fahren ist viel zu bil­lig” | ZEIT ONLINE — andreas knie:

    Wir haben in Deutsch­land so viele Autos, dass alle Ein­wohn­er auf den vorderen Sitzen Platz nehmen kön­nten, auch die Babys und Rent­ner. Und Fortschritte, beispiel­sweise durch sparsamere Motoren, wer­den durch die Leis­tungssteigerung der Fahrzeuge ein­fach zunichtegemacht. Eine mutige Bun­desregierung müsste das ändern.

  • Tal der Ahnungslosen | misik.at — »Die blanken Sta­tis­tiken des IWF zu referieren ist heute schon linkspop­ulis­tisch.«
  • Inter­view ǀ „Immer noch so cool“ — der Fre­itag — carl hege­mann über die volks­bühne:

    Dieses The­ater hat den The­ater­be­griff verän­dert. Auch durch die Dreistigkeit, mit der sich Schaus­piel­er als sie sel­ber auf die Bühne stell­ten und nicht nur als Fig­uren. Hen­ry Hübchen war da der Vor­re­it­er, der in den Räu­bern sagte: „Meinen Sie, ich mach das hier gerne: jeden Abend Franz Moor – seit 200 Jahren?“ – und dann das Pub­likum als „Kadet­tfahrer“ beschimpfte. Diese Per­spek­tive hat das The­ater stark verän­dert. Und die Theaterwissenschaft.</bloc…

  • Furios in den Unter­gang — Jörg Sun­der­meier — jörg sun­der­meier noch ein­mal pointiert zu sein­er sicht des standes der lit­er­aturkri­tik in den medi­en heute:

    Das erk­lärt die Mis­ere der Lit­er­aturkri­tik aber nicht hin­re­ichend. Dieser fehlen vor allem die Kri­te­rien. Stilis­tis­ches Kön­nen eines Autors wird oft nur behauptet, nicht belegt, offenkundi­ge Stil­blüten wer­den nicht angeprangert, die Fig­urenkon­stel­la­tio­nen wer­den nicht unter­sucht, der Plot nicht analysiert – im Gegen­teil. Ein Buch wird von ein­er Rezensentin für eine Beson­der­heit …

  • Neue Studie über Fahrrad­fahren unter Alko­hole­in­fluss — der rechtsmedi­zinier thomas dal­drup hat den ein­fluss von alko­holkon­sum auf’s fahrad­fahren unter­sucht — mit über­raschen­den ergenis­sen:

    Nach unseren Ergeb­nis­sen müsste die Recht­sprechung eigentlich in dem Sinne rev­i­diert wer­den, dass es für Fahrrad­fahrer keine Ober­gren­ze mehr gibt. Auch mit 1,6 Promille oder mehr – manche Teil­nehmer hat­ten sog­ar zwei Promille – kön­nen einige ohne große Aus­fall­er­schei­n­un­gen Rad fahren. Ein pauschal möglich­es Strafver­fahren bei 1,6 Promille erscheint nach…

  • Jan Böh­mer­mann: Der Allei­n­un­ter­hal­ter | ZEIT­magazin — matthias kalle erk­lärt im “zeit­magazin” jan böh­mer­mann und dessen neue sendung “neo mag­a­zin royale”, die im “richti­gen” zdf zu sehen sein wird
  • Unge & die YouTu­ber Szene: Jan Böh­mer­mann im Inter­view bei Visa Vie (zqnce) — YouTube — “Googlet mal “dif­feren­ziert””: Jan Böh­mer­mann zur YouTu­ber-Szene, medi­alen Ver­ant­wor­tung & Auf­gaben der Kul­turkri­tik

Ins Netz gegangen (12.10.)

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  • Lit­er­atur-Nobel­preis: Georg Diez über Patrick Modi­ano und Lutz Seil­er — SPIEGEL ONLINE — georg diez hadert mit dem “ästhetis­chen und strukurellen kon­ser­vatismus der buch­branche”:

    Das ist der Hin­ter­grund, vor dem der ästhetis­che Kon­ser­vatismus eines Romans wie “Kru­so” zele­bri­ert wird und erk­lär­bar wird: der dig­i­tale, wirtschaftliche, möglicher­weise auch poli­tis­che Epochen­bruch. Dieser Roman, der Roman an sich, so wie er ger­ade definiert wird, ist damit vor allem eine Schutzbe­haup­tung der Erin­nerung.

  • Peter Kurzeck: Der Mann, der immer gear­beit­et hat — der stroem­feld-ver­lag wird/will wohl alles, was kurzeck hin­ter­lassen hat, zu geld machen. bei einem autor, der der­maßen fast man­isch kor­rigierte und verbesserte bis zum schluss, halte ich frag­ment-aus­gaben ja nur für mäßig sin­nvoll (und es ist ja nicht so, als gäbe es nicht genug kurzeck zu lesen …). aber trotz­dem freue ich mich und bin ges­pan­nt, was da noch kommt in den näch­sten jahren

    Und dann sind da noch die Notizzettel, die Kurzeck zu Mate­ri­al­samm­lun­gen zusam­mengestellt hat, mit Titeln wie „Staufen­berg II“ und „Staufen­berg III“. Sie dien­ten ihm zur Arbeit an „Kein Früh­ling“ und „Vor­abend“, zeigen aber auch, dass „Ein Som­mer, der bleibt“, das erste der erfol­gre­ichen Erzähl-Hör­büch­er, die Kurzeck seit 2007 ein­sprach, schriftliche Vorstufen gehabt hat. Mit­ten­drin ein Notizzettel, der wie der Anfang von allem anmutet: „Das Dorf ste­ht auf einem Basalt­felsen eh + je. Jet­zt soll es das Dorf wer­den (sein) + liegt unerr­e­ich­bar im Jahr 1947, im Abend.“ Unerr­e­ich­bar. Das Ver­gan­gene wieder erre­ich­bar zu machen, hat Kurzeck bis zulet­zt ver­sucht. Losse erin­nert sich an eine Bemerkung des Autors im Frank­furter Kranken­haus: „Wir hät­ten noch mehr arbeit­en müssen.“ An der Präsen­ta­tion dessen, was fer­tig gewor­den ist, arbeit­et Kurzecks Ver­lag.

  • Schat­ten­bib­lio­theken: Pira­terie oder Notwendigkeit? — sehr span­nend: In gewalti­gen, frei zugänglichen Online-Daten­banken ver­bre­it­en anonyme Betreiber wis­senschaftliche Lit­er­atur, ohne Beach­tung des Urhe­ber­recht­es. Doch die dig­i­tal­en Samm­lun­gen sind nicht nur Pira­terie, sie weisen auch auf große Ver­säum­nisse der Wis­senschaftsver­lage hin – sagt der ungarische Pira­terie-Forsch­er Balázs Bodó. Im Inter­view mit der Jour­nal­istin Miri­am Ruhen­stroth erk­lärt er, wieso die Schat­ten­bib­lio­theken in Ost- und Mit­teluropa so gefragt sind und wie das Prob­lem zu lösen wäre.
  • Mar­i­hua­na: Die selt­same Ver­fol­gung der nüchter­nen Kif­fer | ZEIT ONLINE -

    Wer kifft, gefährdet den Straßen­verkehr. Auch ohne Rausch, jed­erzeit. Das glauben zumin­d­est Behör­den. Sie entziehen selb­st nüchter­nen Taxikun­den den Führerschein. […] Behör­den haben anscheinend Gefall­en daran gefun­den, über den Umweg des Ver­wal­tungsrechts, eigen­mächtig ein biss­chen für Ord­nung unter Cannabis-Kon­sumenten zu sor­gen.

  • xkcd: The Sake of Argu­ment — xkcd über’s Argu­men­tieren: The Sake of Argu­ment
  • Adobe is Spy­ing on Users, Col­lect­ing Data on Their eBook Libraries — The Dig­i­tal Read­er — adobe spi­oniert mit dig­i­tal edi­tions 4 die nutzer aus: im klar­text (!) wer­den nicht nurin de4 geöffnete büch­er mit ihren meta­dat­en und denen der leserin über­tra­gen, son­dern de4 durch­sucht auch ohne sich das genehmi­gen zu lassen den gesamten com­put­er nach irgendwelchen ebooks (auch solchen, die nicht in de4 benutzt wer­den), um deren dat­en eben­falls an adobe zu senden. grausam.
  • Ego­is­tis­che Zweisamkeit: Ersatzre­li­gion Liebe — Men­schen — FAZ — markus gün­ther über die “ersatzre­li­gion liebe”, die sich in let­zter zeit immer mehr aus­bre­it­et (und abso­lut set­zt):

    Zu den Kol­lat­er­alschä­den der Ersatzre­li­gion Liebe gehören aber auch die vie­len Men­schen, die allein sind. Ihr Leben wird als defiz­itär wahrgenom­men. Man ver­mutet, dass etwas mit ihnen nicht stimmt. Dass jemand frei­willig einen anderen als den Weg in die Part­ner­schaft geht, ist schlech­ter­d­ings unver­ständlich. Dass jemand einen geeigneten Part­ner nicht gefun­den hat, gilt als sein ganz per­sön­lich­es Ver­sagen. So oder so, er hat von sein­er Umwelt besten­falls Mitleid zu erwarten.
    […] Ist der Mythos Liebe nicht wenig­stens dafür gut, den Men­schen aus seinem Ego­is­mus her­auszuführen? Ist die Sehn­sucht nach Part­ner­schaft nicht immer noch bess­er als die Selb­st­sucht? Die Antwort lautet: Diese Art der Liebe ist nur schein­bar eine Über­win­dung der eige­nen Gren­zen. In Wahrheit han­delt es sich um eine Fort­set­zung der Ich-Bezo­gen­heit mit anderen Mit­teln, denn die Triebkraft, die wirkt, ist ja, wenn man ehrlich ist, gar nicht der Wun­sch zu lieben, son­dern der, geliebt zu wer­den.

  • Deutsch­er His­torik­ertag: Die These vom Son­der­weg war ja selb­st ein­er — jür­gen kaube berichtet sehr lau­nig, pointiert (und mit gemeinen, natür­lich abso­lut fehlgeleit­eten seit­en­hieben gegen die ger­man­is­tik …) vom göt­tinger his­torik­ertag:

    Man kann ver­mut­lich lange warten, bis zum ersten Mal ein Banki­er, eine Schrift­stel­lerin oder ein Aus­län­der den His­torik­ertag eröffnet.

    Wäre es nicht an der Zeit, ein­mal zum The­ma „Ver­gan­gen­heit“ zu tagen?

    Eine sin­nvolle Ein­heit dessen, was die His­torik­er tun, die sich durch alle ihre Forschun­gen zöge, gibt es nicht. Und wenn die Göt­tinger Stich­probe nicht täuschte, dann gibt es nicht ein­mal Hauptlin­ien oder Trends.

  • Wilder Kaiser extreme on Vimeo — wohl das ver­rück­teste video, das ich in let­zter zeit sah (fahrrad­fahren kann man diesen stunt allerd­ings kaum noch nen­nen. und vernün­ftig ist natür­lich auch etwas ganz anderes …)
  • Auswüchse des Regi­ethe­aters: Oper der Beliebigkeit­en — Bühne Nachricht­en — NZZ.ch — der musik­wis­senschaftler lau­renz lüt­teken rech­net mit dem regi­ethe­ater aktueller prä­gung auf der opern­bühne ab:

    Denn die landläu­fige Behaup­tung, dass man etwas heute «so» nicht mehr machen könne, ist nicht nur tele­ol­o­gis­ch­er Unfug, sie ist überdies unlauter. In den Opern­häusern regiert näm­lich ein unange­focht­en­er Kanon, der weitaus fes­ter zemen­tiert ist als noch vor fün­fzig Jahren. So spricht gewiss nichts dage­gen, den Anteil neuer Werke zu erhöhen, aber es ist mehr als frag­würdig, die alten Werke mit immer neuen Bildern ver­meintlich «mod­ern» zu machen und sich damit behaglich im Kanon einzuricht­en. Zudem hat der Mod­erne-Begriff, der hier bedi­ent wird – das «Ver­störende», «Provozierende», «Bestürzende» –, inzwis­chen selb­st so viel Pati­na ange­set­zt, dass man ihn get­rost in die Geschichte ent­lassen sollte.

    ich bin dur­chaus geneigt, ihm da zumin­d­est in teilen zuzus­tim­men: die regie hat sich oft genug verselb­ständigt (auch wenn ich eine tota­l­ablehnung, die ich bei ihm zwis­chen den zeilen lese, nicht befür­worte). dage­gen führt er an:

    Die his­torische Ver­ant­wor­tung im Umgang mit Tex­ten der Ver­gan­gen­heit ist nichts Ent­behrlich­es, sie ist auch nicht, wie so oft behauptet, ein Relikt alt­modis­chen Philolo­gen­tums, zumal das Argu­ment für die Musik nicht gel­tend gemacht wird. Was aber nützt eine kri­tis­che Aus­gabe des «Don Gio­van­ni», wenn die Szener­ie kurz­er­hand (wie in Linz) von Sex and Crime der Pop-Stars erzählt? Texte, Par­ti­turen der Ver­gan­gen­heit bedür­fen vielmehr ein­er beson­deren Sen­si­bil­ität, denn erst, wenn es gelingt, im Ver­gan­genen das Gegen­wär­tige aufzus­püren (statt die Gegen­wart dem His­torischen ein­fach nur überzustülpen), kann sich der Rang eines Kunst­werks, auch eines musikalis­chen Büh­nenkunst­werks, bewähren.

    sein argu­ment übri­gens, statt immer wieder das selbe neu aufzufrischen öfters mal neues zu spie­len, würde ich unbe­d­ingt gerne ver­wirk­licht sehen — ich ver­ste­he die reper­toire-fix­ierung der oper eh’ nicht so ganz (die ja auch gewis­ser­maßen unhis­torisch ist — “die ent­führung aus dem serail” beispiel­sweise war kaum dazu gedacht, heute noch aufge­führt zu wer­den …)

Ins Netz gegangen (21.8.)

Ins Netz gegan­gen am 21.8.:

  • “Geburt der Gegen­wart”: Wenn der Mond den Friseurter­min bes­timmt | Berlin­er Zeitung — stef­fen mar­tus hat achim landwehrs “geburt der gegen­wart” gele­sen:

    Der Düs­sel­dor­fer His­torik­er Achim Landwehr geht diesen Fra­gen bis in jene Epoche nach, als die Kalen­der die Welt eroberten. Die Vorgeschichte unser­er zeitlichen Ver­strick­ung in Ter­mine und Dat­en ist dabei nur ein Beispiel für jene „Geburt der Gegen­wart“, von der er anschaulich, anek­doten­re­ich und klug erzählt: In der Frühen Neuzeit büßte die Ver­gan­gen­heit in bes­timmten Bere­ichen ihre Autorität ein, während die Zukun­ft noch nicht als Objekt men­schlich­er Ver­fü­gung wirk­te. In ein­er Art Zwis­chen­phase dehnte sich die Gegen­wart als „Möglichkeit­sraum“ aus und bah­nte damit jenes Zeitregime an, dem wir heute unter­ste­hen.

  • Lit­er­atur­de­bat­te : Der Buch­preis ist keine Geschlecht­sumwand­lung wert — Lit­er­arische Welt — DIE WELT — mar­lene streeruwitz über den buch­preis und seine struk­turen und funk­tio­nen:

    Aber. Der Deutsche Buch­preis ist das fröh­lich­ste Beispiel, wie die qua­sire­ligiöse Ein­deutigkeit eines Mar­ketin­gin­stru­ments hergestellt wird. In ein­er kon­stru­ieren­den Vor­gangsweise wird der Börsen­vere­in selb­st zum Autor der Ver­mark­tung der Autoren und Autorin­nen im Deutschen Buch­preis.

    Das alles erfol­gt im Archilex­em (der Ver­wen­dung der männlichen Form der Beze­ich­nung, unter der die weib­liche Form mit­ge­meint ist): In den Aussendun­gen des Börsen­vere­ins gibt es nur Autoren und keine Autorin­nen. Auch das gehört zur Strate­gie der Ein­deutigkeit. Es gibt keine Geschlech­ter­dif­ferenz, sagen solche For­mulierun­gen. Stellt euch unter die männliche Form und lasst dif­feren­zierende Kinker­l­itzchen wie die geschlechterg­erechte Sprache sein. Nur in ein­deuti­gen For­mulierun­gen gelingt ein umfassendes Sprechen, in dem Büch­er verkauft wer­den kön­nen. Pop­ulis­mus wird nicht nur in Kauf genom­men. Pop­ulis­mus ist erwün­scht.

  • Ste­fan Nigge­meier | Neues von Werther: Suizid-Häu­fung nach bre­it­er Suizid-Berichter­stat­tung — nigge­meier berichtet über eine amerikanis­che studie, die indizien für den werther-effekt beobacht­en kon­nte:

    Selb­st­mord ist ansteck­end. Berichter­stat­tung über Suizide erhöht die Zahl der Suizide. Eine neue Studie aus den Vere­inigten Staat­en liefert weit­ere Indizien dafür, dass dieser soge­nan­nte „Werther-Effekt“ tat­säch­lich existiert.

  • Algo­rith­men: Fer­gu­son zer­split­tert in den sozialen Net­zw­erken | ZEIT ONLINE — gün­ter hack:

    Der derzeit­ige Umgang mit der algo­rith­mis­chen Per­son­al­isierung ist die Vol­len­dung des Neolib­er­al­is­mus auf Ebene der öffentlichen Kom­mu­nika­tion. Wenn du etwas nicht gese­hen hast, dann bist du selb­st Schuld, weil du den Algo­rith­mus von Face­book entsprechend trainiert hast oder dir die Profi-Ver­sion mit dem besseren Zugang zu den Dat­en nicht leis­ten kannst.

  • Inter­view mit Hein­er Goebbels, dem Inten­dan­ten der Ruhrtri­en­nale | Lesen was klüger macht — hol­ger pauler befragt hein­er goebbels zu seinen erfahrun­gen in und mit der ruhrtri­en­nale und vor allem der “freien szene” (und am schluss auch zu “cas­si­ber”). hein­er goebbels:

    In Deutsch­land gibt es für eine bes­timmte Liga von freien Kün­st­lerin­nen und Kün­stlern kaum Pro­duk­tion­sspiel­räume. Es gibt zwar ein weltweit einzi­gar­tiges The­ater­sys­tem, das ist allerd­ings ein­er gewis­sen Monokul­tur verpflichtet, die sich auf das Opern‑, Schauspiel‑, oder Orch­ester­reper­toire bezieht – darüber hin­aus bleiben wenige Möglichkeit­en für freie Kun­st. Diese Lücke wollte ich mit der Ruhrtri­en­nale zu schließen ver­suchen.

  • [AMA] Ich bin Ste­fan Nigge­meier. Fragt mich alles! : de_IAmA
  • Intro­duc­ing Tap­Path for Android — YouTubeIntro­duc­ing Tap­Path for Android! — eine schöne kleine app, die das leben (und sur­fen) auf einem androiden ein­fach­er und angenehmer macht

Aus-Lese #26

Wolf­gang Her­rn­dorf: Arbeit und Struk­tur. Berlin: Rowohlt 2013. 447 Seit­en.

Das Blog von Wolf­gang Her­rn­dorf, eben “Arbeit und Struk­tur”, habe ich erst recht spät wahrgenom­men und dann auch immer etwas gefremdelt. Hier, in sein­er Ganzheit, wirkt das sehr anders. Und jet­zt ist Her­rn­dorfs Weblog “Arbeit und Struk­tur” wirk­lich so großar­tig, wie es viele Rezensen­ten beschreiben. Aber nicht, weil es so beson­ders direkt und “authen­tisch” ist (das ist es nicht, es ist Lit­er­atur und sorgfältig bear­beit­et), son­dern weil es den Ein­druck von Ehrlichkeit und skruti­nös­er Selb­st­be­fra­gung ver­mit­teln kann — ger­ade in den schwieri­gen Sit­u­a­tio­nen, z.B. dem Emp­fang der Diag­nose, den Berech­nun­gen der verbleiben­den Leben­szeit. Und weil es scho­nungs­los die Schwierigkeit­en recht unmit­tel­bar darstellt. Etwa auch die Verzwei­flung, dass es in Deutsch­land kaum möglich ist, als tod­kranker Men­sch sein Lebensende wirk­lich selb­st zu bes­tim­men. Schon früh tauchen die Über­legun­gen zu ein­er “Exit­strate­gie” (79) auf. Deut­lich merkt man aber auch einen Wan­del in den drei Jahren: vom lock­eren (beina­he …) Anfang, als Her­rn­dorf sich vor allem in die Arbeit (an Tschick und Sand) flüchtet, hin zum bit­teren, harten Ende. Das man­i­festiert sich auch in der Sprache, die dichter und härter, ja kantiger wird. Natür­lich geht es hier oft um die Krankheit, den Hirn­tu­mor (die “Raum­forderung”), aber nicht nur — er beschreibt auch die kleinen Siege des All­t­ags und die Seg­nun­gen der Arbeit, die poet­is­chen Gedanken: “Arbeit und Struk­tur” dient auch als Form der Ther­a­pie, die manch­mal selb­st etwas man­isch wird, manch­mal aber auch nur Pflicht ist; ist aber zugle­ich auch eine poet­is­che Arbeit mit den entsprechen­den Fol­gen.

Ich erfinde nichts, ist alles, was ich sagen kann. Ich samm­le, ich ordne, ich lasse aus. Im Über­schwang spon­tan­er Selb­st­drama­tisierung erkennbar falsch und unge­nau Beschriebenes wird oft erst im Nach­hinein neu beschrieben. (292)

Ein großer Spaß, dieses Ster­ben. Nur das Warten nervt. (401)

Michel Fou­cault: Der Wille zum Wis­sen. Sex­u­al­ität und Wahnsinn I. Frank­furt am Main: Suhrkamp 2012 (1983). 153 Seit­en.

Den Klas­sik­er der Diskurs­the­o­rie habe ich jet­zt endlich auch mal gele­sen — nicht so sehr um des The­mas, also der Unter­suchung der Erzäh­lung der Befreiung der Sex­u­al­ität, willen, son­dern der Meth­ode willen. Fou­cault zeigt ja hier, wie Macht­struk­turen in Diskursen und Dis­pos­i­tiv­en sich real­isieren, hier am Beispiel der Sex­u­al­ität und der Entwick­lung des Sprechens über sie, also der Reg­ulierung von Sex­u­al­ität in der Neuzeit Europas. Ins­beson­dere die Ubiq­ui­tät von Macht(strukturen) ist entschei­dene, die auch nicht irgend­wie zen­tral ges­teuert sind (und gegen­teilige Ergeb­nisse haben kön­nen: “Ironie dieses Dis­pos­i­tivs: es macht uns glauben, daß es darin um unsere ‚Befreiung‘ geht.” (153)).

Entschei­dend ist hier ja Fou­caults neuer Begriff von Macht, der über den Diskurs & nicht­diskur­sive For­ma­tio­nen geprägt ist. Dazu noch die Idee der Dis­pos­i­tive als Samm­lung von Umset­zungsstrate­gien, die über Diskurse hin­aus gehen und z.B. hier auch päd­a­gogis­che oder architek­tonis­che Pro­gramme umfasst — das ergibt die Beobach­tung der Macht von “unten”, die im Geständ­nis der Sex­u­al­ität Ver­hal­tensweisen und Ord­nun­gen der Gesellschaft aushan­delt.

Mara Gen­schel: Ref­eren­zfläche #3.

Dieses kleine, nur bei der Autorin selb­st in lim­i­tiert­er Auflage zu bek­om­mende Heft ist ein einzi­gar­tiges, großes, umfassendes Spiel mit Worten und Tex­ten und Bedeu­tun­gen und Lit­er­atur oder “Lit­er­atur”: Zwis­chen Cut-Up, Mon­tage, exper­i­mentell-avant­gardis­tis­ch­er Lyrik, Ready-Mades und wahrschein­lich noch einem Dutzend ander­er Kün­ste vagabundieren die sprach­spielerischen Text‑, Sprach‑, und Wort­fet­zen, die sich gegen­seit­ig ergänzen, per­mu­tieren und vari­ieren. Einige davon sind wirk­lich im wahrsten Sinne des Wortes Fet­zen: Aus­risse aus anderen Texte, aus jour­nal­is­tis­chen oder hand­schriftlich-pri­vat­en Erzeug­nis­sen, die hier mon­tiert und gek­lebt sind. Manch­es hin­ter­lässt ein­fach Rat­losigkeit, manch­es ruft ein amüsantes Augen­brauen­heben her­vor — und manche Seite begeis­tert ein­fach. Ob das Schar­la­taner­ie oder Genial­ität ist — keine Ahnung, ehrlich gesagt. Lang­weilig ist es aber auf jeden Fall nicht.

Peter Hand­ke: Die schö­nen Tage von Aran­juez. Ein Som­mer­dia­log. Berlin: Suhrkamp 2012. 70 Seit­en.

Ich habe oft solch eine Lust, zu erzählen, vor allem diese Erfahrung — diese Geschichte. Aber sowie ich bedrängt werde mit ‚Erzähl!‘: Vor­bei der Schwung. (9)

Ein karges Stück, das allein von sein­er Sprache lebt: “Ein Mann” und “Eine Frau” sitzen sich gegenüber und führen einen Dia­log. Nun ja, sie reden bei­de, aber nicht immer miteinan­der. Offen­bar gibt es vorher vere­in­barte Regeln und Fra­gen, deren Ver­stöße manch­mal moniert wer­den. Es geht um viel — um die Geschichte und Geschicht­en, ums Erzählen und die Erin­nerung. Aber auch um Licht und Schat­ten, Anziehung, Gebor­gen­heit und Ent­frem­dung oder Ernüchterung, um Begehren und Liebe. Dahin­ter ste­ht ein spielerisch-erzäh­lerisch-tas­ten­des Aus­loten der Beziehung(smöglichkeiten) zwis­chen Mann und Frau. Das Ganze — es sind ja nur wenige Seit­en — ist poet­isiert bis zum geht nicht mehr. Genau darin aber ist es schön!

Zum Glück ist das hier zwis­chen uns bei­den kein Dra­ma. Nichts als ein Som­mer­dia­log. (43)

Laß uns hier schweigen von Liebe. Höch­sten vielle­icht ein bißchen Melan­cholie im November.(49)

Ins Netz gegangen (13.1.)

Ins Netz gegan­gen am 13.1.:

  • Mag­a­zin: Men­schen| Migros-Kul­tur­prozent — «Ich bin ein Vertei­di­ger der Lüge» — René Pollesch im Gespräch mit Andreas Tobler — wie immer eine ziem­lich kluge Sache:

    Authen­tiz­ität ist immer auf Iden­ti­fizierung aus, aber nicht auf konkrete Inhalte. Das Prob­lem wird als eines iden­ti­fiziert, das man ganz ein­fach wegkriegen kann.

    oder später:

    Ich bin ein Vertei­di­ger der Lüge und des Betrugs. Mich inter­essieren innere Wahrheit­en nicht. Ich sage auch den Zuschauern keine Wahrheit, ger­ade im The­ater nicht. Wenn in der «Tagess­chau» mal über The­ater gere­det wird, kurz vor der Wet­terkarte, dann nehmen die Nachricht­en­sprech­er so einen infan­tilen Ton an.
    […] Die Wahrheit war immer auf der Seite der Macht. Um Ver­rat geht es bei Snow­den, das sagt auch Oba­ma, der ihn aber nur falsch verurteilt. Die Wahrheit muss man ganz bes­timmt nicht schützen, es gilt die Lüge zu schützen, das Ver­brechen. Und zwar vor der NSA. Ohn­mächtig ist man doch, wenn man sich für etwas ein­set­zt, was mit der Macht im Bunde ist. Was soll denn das für eine Aktion sein, für die Wahrheit zu kämpfen? Für den Ver­rat muss man kämpfen! Den gibt es näm­lich nicht mehr an jed­er Ecke.

  • The Art Song Project » Erman­no Wolf-Fer­rari — Zwei schöne Lieder von Erman­no Wolf-Fer­rari, der heute Geburt­stag hat­te, gibts beim Art Song Project @ArtSongLind >
  • Struk­tur und Meth­ode: Das Prob­lem mit @1914Tweets | hel­lo­jed. — RT @moritz_hoffmann: Geblog­gt, was ich an @1914tweets prob­lema­tisch finde. Freue mich auf Diskus­sio­nen: #reen­tweet­ment

Ins Netz gegangen (8.1.)

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