Die “Süddeutsche Zeitung” geht mit der Zeit und hat ihre Digitalausgabe modernisiert, sagt sie. Und zugleich das Redaktionssystem/CMS gewechselt. Dabei ist aber wohl einiges schiefgelaufen. Zumindest aus meiner Sicht ist die neue Gestaltung ausgesprochen mangelhaft (bei einigen guten Ansätzen). Ich lese die SZ täglich im Abonnement auf dem Tablet und habe mal aufgeschrieben, was mir direkt ins Auge gefallen ist.
Ein neues Layout und neues Redaktionssystem (also andere Software), aber für einen Typographen oder Schriftsetzer (oder überhaupt jemanden, der nur ein bisschen Ahnung von Textsatz und ‑gestaltung hat), reichte es offenbar nicht mehr.
Schon beim ersten Lesen auf dem Tablet gleich aufgefallen sind mir (und da bin ich noch nicht mal auf Fehlersuche gegangen):
- Es gibt keine Silbentrennung, dafür aber katastrophale Löcher im Flattersatz der nicht sehr breiten Textspalten. Dabei gibt es doch inzwischen sehr gute automatische Silbentrennungen, die ohne manuelle Eingriffe (nahezu) fehlerfrei arbeiten.
- Dafür werden Zahlen wie 150.000 jetzt gnadenlos getrennt, weil die Tausenderstelle hier wohl ein gewöhnliches Leerzeichen ist. Das ist ein erbärmlicher Anfängerfehler, der das Lesen sehr erschwert.
- Es gibt keine richtigen Anführungszeichen (die im Deutschen normalerweise zu Anfang unten, zu Ende oben stehen und nicht das Zoll-Zeichen benutzen), weder in Überschriften noch im Text. Das ist einfach sehr unschön.
- Ein verwandtes Problem: Auch der verwendete Apostroph ist sehr blockig.
- Es gibt keinen Gedankenstrich (Halbgeviertstrich), sondern nur Binde-/Trennungsstriche — zumindest wird der Halbgeviertstrich nicht genutzt, weder bei der Trennung der Ortsmarke vom Text noch bei den typischen Fällen im Satz.
- Die kursive Schrift wirkt im Text zugleich angefettet.
- Meines Erachtens ist die ausgewählte Schriftart für die Ressortüberschriften für diesen Zweck ungeeignet und wirkt seltsam (gerade in Verbindung mit den anderen verwendeten Schriften), aber das ist auch eine Geschmacksfrage.
Immerhin sind die Buch-Übersichten (die Ressortseiten) nun deutlich besser strukturiert. Vor allem zeigen sie endlich die Autor*innen nicht nur bei wenigen, sondern allen Artikeln (außer bei reinen Meldungen, das ist ja sinnvoll) und sind durch die Striche besser in sinnhafte Abschnitte gegliedert. Auch die Reihenfolge der Artikel ist jetzt konsistenter zwischen Ressortübersicht und Artikelansicht (das war vorher nicht immer so, sondern schien manchmal Glückssache).
Aber als Ganzes ist das ziemlich unwürdig für ein Unternehmen dieser Größe. Es scheint fast so, als hätte das niemand mal vorher getestet ;-) Man könnte also sagen, die “Süddeutsche Zeitung” ist mit dieser Missachtung gestalterischer Grundregeln mit der Zeit gegangen …