sommerlied
wir sind die menschen auf den wiesen
bald sind wir menschen unter den wiesen
und werden wiesen, und werden wald
das wird ein heiterer landaufenthaltErnst Jandl, dingfest, 53
Schlagwort: sommer
Sommerlektüre, via Instagram
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Sehnsucht, Verklärung, Erinnerung, Erwartung, Träume — und viel Hoffnung, aber auch viel Realitätsverlust, ‑verneinung und ‑verwweigerung:
All das packt Sibylle Berg in einen kleinen Text “Sommer, also”.
Der richtige Sommer aus der Erinnerung fand zu Hause statt und hatte mit geschlossenen Fensterläden zu tun und mit leeren Stunden und Asphalt, und einer fiebrigen Erwartung.
Und das lese ich just an dem Tag, an dem es hier wirklich sommerlich (geworden) ist … Und nutze die Gelegenheit, nicht nur Frau Bergs Bücher zu empfehlen, sondern auch ihre Website und ihr am besten auch noch bei Twitter zu folgen (und dann die feine Linie zwischen Fan und Stalker nicht überschreiten …).
Wir hoffen. Der Sommer ist zu etwas metaphorischem geworden, zum Traum des perfekten Daseins in einer luziden Umgebung die nur aus freundlichen halbnackten Menschen besteht, und Sommerlöchern in den Medien, in denen Raum für solche Texte ist, weil es gerade keine Eurokriese gibt und keine Rohstoff Handels ‑Horrormeldungen, keine Ausbeutungen anderer Menschen und Länder, kein Untergang, kein Blade Runner Wetter vor der Wohnung die vielleicht bald nicht mehr unsere ist, weil das Viertel genderifiziert wurde.
Die sonst so ruhige Jugendstilvilla auf der Bastei ist heute völlig verwandelt: Wo man auch hinschaut, überall findet man Menschen, hörende und diskutierende, junge und alte. Denn wenn die Villa Musica einmal im Jahr zum großen Sommerfest der Klassik einlädt, ihrem Tag der offenen Tür, dann kommen noch mehr als sonst. Obwohl auch die Konzerte nicht selten ausverkauft sind_ „Das soll ja auch so bleiben“, erklärt Karl Böhmer, Geschäftsführer der Stiftung, „deshalb möchten wir uns ins Bewusstsein bringen.“ Das funktioniert offenbar gut, vom Kinderwagen bis zum Krückstock ist in und um die Villa Musica alles vertreten. Der Tag der offenen Tür, den die Stiftung seit 1993 jährlich anbietet, ist nämlich ganz wörtlich zu nehmen: Bei dieser Gelegenheit darf man das gesamte Gelände erkunden, unter anderem auch den schönen Garten des neben der Villa Musica stehenden Landegästehauses. Denn irgendwo muss es ja auch einen Moment Ruhe geben, um sich zu stärken.
Im Hof, zwischen den drei Villen, unter den hohen Kastanien, stehen zwar massenweise Klappstühle. Die sind aber selten frei und schon gar nicht für so profane Dinge wie Kaffee und Kuchen gedacht. Denn in der Mitte dieses Hofes steht die große Open-Air-Bühne, die so luftig ist, dass der frische Wind auch mal ungewollte Bewegung in die Notenblätter bringt: Schießlich darf die Kammermusik auch heute nicht fehlen, die Villa Musica ist ohne das einfach undenkbar. Deshalb gibt es zehn Stunden lang fast non-stop Musik aller Zeiten und aller Stile: 33 Instrumentalisten – wie immer sowohl Professoren als auch junge Stipendiaten – sind dafür im Einsatz. Und machen sich gegenseitig sogar Konkurrenz, denn nicht nur im Hof, sondern auch im „normalen“ Konzertsaal wird musiziert: Mit vielen Bläserensembles, aber auch auf der Gitarre oder ganz klassisch im Violinduo oder als Klavierquartett machen die jungen Musiker den Tag der offenen Tür gleich zum Kurzbildungsurlaub für die Besucher.
Und dafür versammelt sich hier eine Menschenansammlung, die trotz des ständigen Kommens und Gehens auffällig still und konzentriert ist: Eine respektvolle Gedämpftheit der Unterhaltungen und die leisen Bewegungen zeigen, wie sehr das bunt gemischte Programm geschätzt wird. Im Hof, den angrenzenden Gärten, selbst auf dem Balkon: Jede Sitzgelegenheit, und sei sie noch so unscheinbar, wird für das Lauschen in Beschlag genommen. Dabei ist noch nicht einmal besonders viel los: Der kühle Morgen ließ den Besucherstrom erst gegen Mittag ansteigen — da waren dann allerdings auf der Bastei nicht einmal mehr Fahrradstellplätze zu bekommen. „Besucherrekorde brechen wir heute keine, aber 2500 Besucher werden es wohl schon sein“, schätzt Karl Böhmer, und ist damit auch durchaus zufrieden.
(geschrieben für die Mainzer Rhein-Zeitung.)
Lauter M’s
Ich weiß ja gar nicht, wo ich jetzt beginnen soll. Das Wochenende war ziemlich ereignis- & erlebnisreich.
Also, fangen wir vorne an: Irgendwann im Herbst, nachdem ich mich schon für die Jubiläumsausgabe des Gutenberg-Marathons angemeldet hatte, stolperte ich darüber, dass der Mannheim-Marathon dieses Jahr am Abend vorher stattfinden sollte. Und das ließ mich nicht mehr los – immer mehr kristallisierte sich die Idee heraus, beide auf einmal zu laufen. Irgendwann war ich dann soweit und habe mich auch für Mannheim angemeldet. Jetzt hieß es also fleißig trainieren. Dazu habe ich dem Vicsystem einfach mal vorgeschwindelt, ich würde am Sonntag einen 84,5 km langen Wettkampf bestreiten wollen. Entsprechend entwickelte sich das Training: Die langen Läufe wurden länger – ich bin bis ca. 43,5 km (dann aber mit 1100 Höhenmetern) gelaufen -, die Intervalle auch. das Wettkampfspezifische Tempo sank in den Keller, bis es sich bei ungefähr 5:13 min/km einpendelte. (Da zeigte sich übrigend meiner Meinung nach auch ein Schwachspunkt im Vicsystem – die Einheiten im wettkampfspezifischen Tempo waren, aufgrund des „gemütlichen“ Tempos, eigentlich nicht fordernd genug: also bin die einfach erheblich länger gelaufen. Aber darum geht es hier ja nicht.) So nach und nach konkretisierten sich dann auch die Ziele: zweimal 3:45 nahm ich mir für die Marathons vor. Das schien möglich – auch wenn ich immer wieder heftige Zweifel hatte, schließlich bin ich noch nie vorher so dicht hintereinander Marathons gelaufen. Nachdem letzten langen Lauf über 43 km (mit den besagten 1100 Höhenmetern) in 3:43 wuchs die Zuversicht, das mein Ziel zu schaffen sei, aber doch immer mehr.
Am Samstag also wurde es ernst. Ich habe noch kurz bei Elke und Cornelius vorbeigeschaut, dort Mathias getroffen, schnell noch ein paar Nudeln gefuttert (lecker war das!), ein wenig geplaudert, und dann musste ich aber auch schon zum Bahnhof. Der Zug hatte natürlich gleich mal leichte Verspätung, was meine Nervosität noch etwas steigerte – schließlich sollte ich sowieso nur eine Stunde vor Start in Mannheim ankommen. Und ich hatte keine Ahnung, wo und wie das dort so ablief … Es war dann aber alles überhaupt kein Problem: Die Startunterlagen waren sofort parat, das Umziehen ging schnell, den Kleiderbeutel abgegeben und mich noch einmal in die sehr lange Schlange für die Toiletten eingereiht (davon, nämlich von den Toiletten, gab es irgendwie nicht so sehr viele). Dann gemütlich wieder raus, zur Startaufstellung getrottet. Die war ausgesprochen chaotisch – trotz der Blockeinteilung stellte sich so ziemlich jeder hin, wo er wollte. Nicht gerade sehr praktisch war auch, dass man zu den hinteren Blöcken praktisch durch die gesamte Aufstellung durch musste. Ich hatte natürlich vergessen, mich umzuschreiben – mit meiner PB von 3:00:33 war ich im ersten Block – immerhin stand ich ganz hinten. Und musste trotzdem noch sehr viel überholen auf den ersten Kilometern.
Der Start war super pünktlich – überhaupt lief die Organisation eigentlich wie am Schnürchen. Dann ging es also auf die Strecke. Für die – in diesem Jahr stark überarbeitet – fällt mir eigentlich nur ein Wort ein: Öd. Schon nach sehr kurzer Zeit waren wir am Stadtrand, im Wohngebiet, wo wir dann lange blieben. Und da war kaum was los. Überhaupt die Stimmung – ziemlich zurückhaltend, die Mannheimer. Nirgendswo gab es Action, nirgendwo Live-Musik oder so. Mit einigen Schleifen kamen wir dann irgendwann, so nach ca. 20 Kilometer, wieder in die Nähe des Rosengartens und machten uns jetzt auf durch die Quadrate, dieses Mannheimer Spezifikum der städtebaulichen Planung. Da war immerhin etwas Publikum an der Strecke. Und dort verließen uns dann auch die Halbmarathonis. Das heißt, die Strecke wurde – endlich – sehr leer. Knapp 1300 Starter gab es für den Marathon (bei ca. 10.000 Läufern), dazu noch einige Vierer-Staffeln (die permanente Unruhe ins Feld brachten, weil sie nicht gerade sehr schnell waren – selbst auf dem letzten Viertel musste ich, mit einer angestrebten Zielzeit von 3:45, die noch ständig überholen oder überholen lassen. Also, nach den Quadraten wurde es dann aber erst so richtig lustig. Dann kam nämlich die Kurt-Schumacher-Brücke. Natürlich komplett leer, dafür kilometerlange Ödnis über Hafen etc. Dort passierte ich auch die Halbmarathonmarke bei 1:51:05 – also eigentlich etwas zu schnell. Aber mir ging’s noch so gut, dass ich kaum Tempo rausnahm. Nach der Brücke kam dann Ludwigshafen. Auch nicht viel besser. Die meisten Städte nehmen einen Marathon ja zum Anlass, eine Party zu feiern. Nicht so hier. Es scheint niemanden zu interessieren. Also weiter eine große Runde gedreht und schon die Rückkehr auf die Brücke erwartet – bei ca. km 36–37 geht es da wieder rauf. Das ist dann ziemlich fies, an so einer Stelle nach einem ziemlich flachen Kurs einen recht knackig erscheinenden Anstieg einzubauen. Da ich ja bei weitem nicht am Anschlag lief, musste ich hier natürlich etwas angeben und fleißig überholen – die Oberschenkel haben es etwas gemerkt. Auf der anderen Seite, zurück in Baden-Würtemmberg, rückte das Ziel dann schon sehr schnell näher. Noch ein paar Haken durch die Quadrate und ruckzuck war der Rosengarten mit Wasserturm wieder in Sichtweite. Dieses Mal wurden wir von hinten durch das Starttor geführt. Bei 3:41:51 war ich über der Linie. Und mit dieser grottigen Zeit habe ich noch Platz 36 in meiner AK. Aber der gesamte Marathon war sehr langsam – der Sieger ist bei 2:30 hereingekommen. Vielleicht lag es ja am Wetter, das wohl nicht zum ersten Mal in Mannheim extrem schwül und schweißtreibend war. Aber wahrscheinlich sind die guten Läufer einfahc alle an anderen Orten unterwegs gewesen. Die Schwüle ließ mich immerhin ab Kilometer 10 jede Verpflegungsstelle ansteuern – die waren gut bestückt und vorbildlich ausgeschildert. Netterweise gab es auch die praktischen Caps-Beutel, die konnte man gut im Laufen trinken – besser als Becher mit dem Elektrolyt-Zeug, das gibt immer schöne Schweinerei.
Nach dem Lauf dann direkt hinter der Ziellinie abgebogen zur Verpflegung und fast die Medaille vergessen (wäre nicht schade drum gewesen, ist ziemlich poplig), weil die Austeiler gnadenlos unterbesetzt waren. Die Verpflegung war wieder schön reichhaltig, nur der Bereich arg eng für die vielen Läufer. Also deckte ich mich ordentlich ein – ein halber Hefezopf, Banane, Elektrolyte noch einmal (obwohl ich das Zeug inzwischen kaum noch schmecken konnte) und Wasser und verzog mich. Die Duschen waren etwas abgelegen, dafür aber immerhin reichlich und warm. Dann trottete ich also wieder zum Bahnhof, wo ich noch etwas Zeit zum Ausruhen hatte, bevor ich in den ICE stieg, der mich über Frankfurt nach Mainz beförderte. Da war ich dann um 1:00 Uhr und verkrock mich bald ins Bett – nicht ohne den Wecker zu stelllen.
Der klingelte am Sonntag um acht.
Brötchen, halben Becher Tee – anziehen und schon auf den Weg zum nächsten Marathon. Treffen mit Lars und Mathias, Toilettenbesuch – bei leichtem Durchfall sehr notwendig – un in die Startaufstellung, wo sich ein Ordner verzweifelt bemühte, auch nur die reinzulassen, die in den ersten Block gehörten. Angesichts der unverfrorenn Frechheit so einiger „Sportler“ hatte er nur mäßigen Erfolg. Und schon war wieder Start – auf ging’s. Ich lief zusammen mit Lars, der auch ungefähr eine 3:45 anpeilte. Der erste Kilometer etwas holprig, die Oberschenkel vor allem noch leicht steif.
Die wurden aber schnell weicher und es lief wieder rund. Recht zügig haben wir uns dann nach dem anfänglichen Chaos auf der Strecke auch auf Tempo gebracht. Die Runde war uns ja bekannt: Durch das Schottwer nach Mombach, das sich wieder einmal in Partylaune präsentierte, über die Neustadt an der Christuskirche vorbei zum Gutenbergplatz und dann durch die Augustinerstraße auf die Rheinstraße, die uns weiterführt die schöne Wendepunktstrecke nach Weisenau hinaus. Noch lief es ausgesprochen prächtig – klar, ganz frisch und lcoker war ich nicht, aber besondere Mühe hatte ich auch nicht. Auf dem Rückweg Richtung Start/Ziel an der Rheingoldhalle verlor ich Lars dann auf einmal und ziemlich schnell. Er hatte vorher schon gemerkt, dass unser Tempo ihm wohl etwas zügig war. Ich wollte aber wenigstens sehen, wie weit ich damit komme und nicht hier schon langsamer werden – das würde shcon noch von selbst kommen. Und es kam auch. Nach der Halbmarathonmarke (1:53:38) ging es über die Theodor-Heuss-Brücke nach Kostheim. Und das wurde langsam anstrengend. Hier kam auch noch frischer Wind auf, der mich gerade nicht besonders erfreute … Die Schleife durch Kostheim mit den unzähligen privaten Versorgungsstationen – das ist echt klasse, dass die Anwohner das alles auf die Beine stellen — ging es auch schon wieder zurück über die Brücke – mit zunehmend schweren Beinen. Aber die 30 rückte näher. Doch das Tempo sank, die Moral schwand, die Kilometer 32/33 waren langsam, viel zu langsam. Noch gab ich aber nicht auf … Im Mombacher Industriegebiet, bei der Wasserstelle von Coca-Cola, griff ich dann doch zum „Doping“ und schmiss ein Hammergel (Espresso, mit Koffein gegen die Schmerzen …) ein. Das begann glücklicherweise ziemlich bald zu wirken. Und zwar recht deutlich (vielleicht deshalb, weil ich ewig nichts mehr esse und nur pures Wasser trinke bei meinen Trainingsläufen). Im Mombach wurden die Kilometer dann wieder kürzer … Und in der Neustadt ging es mir noch richtig gut. Ich sammelte noch so einige Läufer ein. Ruckzuck waren wir dann auch schon auf der Bleiche, wo mich mein Mitbewohner mit Fotoapparat empfing. Der Umbach mit seiner minimalen Steigung machte sich nochmal unangenehm bemerkbar. Aber jetzt konnte mich nichts mehr stoppen – die paar Kilometer waren jetzt auch noch möglich. Und sogar ein kleiner Schlusssprint gelang mir noch, nachdem ich mich von Mathias, der seinen Halbmarathon hinter sich hatte, anfeuern ließ. Diesmal stoppte die Uhr im Ziel bei 3:44:15 – und damit war das Ziel der zwei Marathons mit 3:45 sogaro noch unterboten. Jetzt bin ich allerdings auch ziemlich fertig – der Weg heim war eine rechte Qual, vor allem die Treppen in den vierten Stock hoch …
Was lernen wir also daraus: Möglich ist viel – mit konsequenter Vorbereitung. Stadt-Marathons werde ich nicht mehr viele laufen – im Training geht’s schöner im Wald und Wiesen. Mannheim landet auf meiner Never-again-Liste – zwar ganz ordentlich organisiert, aber die Strecke ist einfach viel zu fad.
So sehen die Tempokurven aus:
— man sieht sehr schön die Anstiege auf die Brücke
und Mainz, etwas unruhiger, mit dem Tief bei 32/33:
und hier noch einige bilder von den beiden läufen: