Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Schlagwort: nationalsozialismus Seite 2 von 3

Ins Netz gegangen (9.12.)

Ins Netz gegan­gen am 9.12.:

  • 30. Neo­hi­sto­flo­xi­kon oder Neue Flos­keln braucht das Land | Geschich­te wird gemacht – achim land­wehr wird grund­sätz­lich:

    Es ist eigent­lich immer an der Zeit, das eige­ne Den­ken über Ver­gan­gen­heit und Geschich­te mal etwas durch­zu­schüt­teln und auf den grund­sätz­li­chen Prüf­stand zu stel­len.

  • Who is afraid of jazz? | Jazz­Zei­tung – „Wer hät­te gedacht, dass ich sogar Bruck­ner ein­mal span­nen­der und fre­ne­ti­scher fin­den wür­de als neu­en Jazz!“
  • Essay: Schläf­rig gewor­den – DIE WELT – er ost­eu­ro­pa-his­to­ri­ker karl schlö­gel wider­spricht in der „welt“ den ver­fas­sern & unter­zeich­nern des auf­ru­fes „wie­der krieg in euro­pa?“ – mei­nes erach­tens mit wich­ti­gen argu­men­ten:

    Denn in dem Auf­ruf ist neben vie­len All­ge­mein­plät­zen, die die Eigen­schaft haben, wahr zu sein, von erstaun­li­chen Din­gen die Rede. So lau­tet der ers­te Satz: „Nie­mand will Krieg“ – so als gäbe es noch gar kei­nen Krieg. Den gibt es aber. Rus­si­sche Trup­pen haben die Krim besetzt
    […] Aber­mals ist vom „Nach­barn Russ­land“ die Rede: Wie muss die Kar­te Euro­pas im Kopf derer aus­se­hen, die so etwas von sich geben oder mit ihrer Unter­schrift in Kauf neh­men! Pein­lich – und wahr­schein­lich in der Eile von den viel beschäf­tig­ten, ernst­haf­ten Unter­zeich­nern nicht zur Kennt­nis genom­men – die Behaup­tung, Russ­land sei seit dem Wie­ner Kon­gress Mit­ge­stal­ter der euro­päi­schen Staa­ten­welt. Das geht viel wei­ter zurück, wie auch Lai­en wis­sen, die schon von Peter dem Gro­ßen gehört haben. Und aus­ge­rech­net die Hei­li­ge Alli­anz zu zitie­ren, mit der die Tei­lung Polens zemen­tiert, die pol­ni­schen Auf­stän­de nie­der­ge­wor­fen und die 1848er-Revo­lu­ti­on bekämpft wor­den ist – das passt nicht gut zur Ernst­haf­tig­keit eines um den Dia­log bemüh­ten Unter­neh­mens. Vom Molo­tow-Rib­ben­trop-Pakt – eine zen­tra­le Erfah­rung aller Völ­ker „dazwi­schen“ und im 75. Jahr der Wie­der­kehr des Ver­tra­ges, der den Zwei­ten Welt­krieg mög­lich gemacht hat – ist im Text gar nicht die Rede, ein­fach zur Sei­te gescho­ben, „ver­drängt“.

  • Was bewegt Yvan Sagnet?: Hoff­nung der Skla­ven | ZEIT ONLINE -

    Arbei­ter aus dem Sudan, aus Bur­ki­na Faso, aus Mali, aus fast jedem Land Afri­kas. In dre­cki­gen Män­teln suchen sie vor den Müll­hau­fen nach Ver­wert­ba­rem. Es ist, als wür­de man durch einen düs­te­ren, apo­ka­lyp­ti­schen Roman von Cor­mac McCar­thy fah­ren. An den Feld­we­gen, die von den Land­stra­ßen abge­hen, ste­hen Pro­sti­tu­ier­te. Rumä­nin­nen und Bul­ga­rin­nen. So sieht es aus, das Herz der ita­lie­ni­schen Toma­ten­pro­duk­ti­on.

    – fritz schaap in der zeit über den ver­such des gewerk­schaf­ters yvan sagnet, die mise­ra­blen bedin­gun­gen der arbei­ter in ita­li­en, v.a. der ern­te­hel­fer, zu ver­bes­sern. der sagt u.a.

    „Der Käu­fer muss wis­sen: Wenn er in den Super­markt geht und ein Kilo­gramm ita­lie­ni­sche Toma­ten für acht­zig Cent kauft, dann wur­den die­se Toma­ten von mise­ra­bel ent­lohn­ten Arbei­tern geern­tet, die man ohne Wei­te­res als moder­ne Skla­ven bezeich­nen kann.“

  • Eine wich­ti­ge Infor­ma­ti­on der Ver­ei­nig­ten Geheim­diens­te – You­Tube – Bet­ter no Let­ter: Eine wich­ti­ge Infor­ma­ti­on der Ver­ei­nig­ten Geheim­diens­te (sie­he auch: The U.S.S.A. says: BETTER NO LETTER!)
  • Uni­on kri­ti­siert Rame­low-Wahl in Thü­rin­gen: Ver­lo­ge­ne Heul­su­sen | tagesschau.de – wow, bei der ARD & der Tages­schau ist jemand genau­so ange­wi­dert vom Ver­hal­ten der CDU in Thü­rin­gen wie ich
  • For­schung: So will doch kei­ner arbei­ten! | ZEIT ONLINE – For­schung: So will doch kei­ner an Unis arbei­ten! – Die­ses Mal mit einer His­to­ri­ke­rin
  • Zer­schla­gen, aber im Samm­lungs­kon­text erschließ­bar: In der Baye­ri­schen Staats­bi­blio­thek wur­de über den Ankauf des Schott-Archivs infor­miert | nmz – neue musik­zei­tung – Zer­schla­gen, aber im Samm­lungs­kon­text erschließ­bar: Die Bestän­de des Archivs des Schott-Ver­la­ges tei­len sich künf­tig auf die Staats­bi­blio­the­ken Mün­chen und Ber­lin sowie sechs For­schungs­ein­rich­tun­gen auf. Über den Kauf­preis wur­de Still­schwei­gen ver­ein­bart.
  • So ent­stand der Mythos der „Trüm­mer­frau­en“ – Poli­tik – Süddeutsche.de – die sz lässt sich von der his­to­ri­ke­rin leo­nie tre­ber noch ein­mal erklä­ren, woher die „trüm­mer­frau­en“ kom­men:

    Es wur­de ein äußerst posi­ti­ves Bild die­ser Frau­en ver­mit­telt: Dass sie sich frei­wil­lig und mit Freu­de in die har­te Arbeit stür­zen und den Schutt weg­räu­men, um den Wie­der­auf­bau vor­an­zu­trei­ben. Die PR war auch enorm wich­tig, weil die Trüm­mer­räu­mer – wie zuvor erwähnt – stig­ma­ti­siert waren und sol­che schwe­ren Jobs bis dahin eigent­lich nicht von Frau­en erle­digt wer­den soll­ten. Des­halb wur­de das Bild der „Trüm­mer­frau“ posi­tiv auf­ge­la­den mit den Ste­reo­ty­pen, die wir noch heu­te mit dem Begriff ver­bin­den.

  • Main­zer Schott-Musik­ver­lag: His­to­ri­sches Archiv wird öffent­lich zugäng­lich – Rhein­land-Pfalz | SWR.de – „opti­ma­le Erschlie­ßung“ = Zer­stö­rung des Zusam­men­hangs. Schott-Musik­ver­lag: Archiv wird öffent­lich zugäng­lich
  • Hat die Jugend kei­nen Ehr­geiz mehr? | Blog Maga­zin – phil­ipp tin­gler über die gegen­wart, die kul­tur und den ehr­geiz zum glück:

    Gegen­wär­tig leben wir in einer Gesell­schaft, die Selbst­per­fek­tio­nie­rung, die Arbeit am Ich, als Selbst­ge­nuss pos­tu­liert; einer der letz­ten Leit­wer­te in der irre­du­zi­blen Viel­falt der uns allent­hal­ten umge­be­nen Kon­tin­genz­kul­tur ist: Authen­ti­zi­tät. Dafür steht auch Dia­ne von Fürs­ten­berg. Die Bio­gra­fie als Pro­jekt. Wenn jetzt also plötz­lich alle aus ihrem Leben ein Kunst­werk machen wol­len, dann ist das nicht nur ein ethi­scher, son­dern auch ein sehr ehr­gei­zi­ger Impe­ra­tiv: Lebens­wel­ten und ‑for­men wer­den ambi­tio­niert durch­äs­the­ti­siert, und das Pathos der Selbst­er­schaf­fung rich­tet sich auf die bei­den gros­sen Zie­le der Post­wachs­tums­ge­sell­schaft: Spass und Glück.
    […] Wir sehen also, dass Ehr­geiz durch­aus nicht ver­schwun­den ist, son­dern sich nur ver­irrt hat.

    sei­ne the­ra­pie ist übri­gens ziem­lich ein­fach (und wahr­schein­lich gar nicht so ver­kehrt): selbst­iro­nie als die „schöns­te Form der Eigen­lie­be“

  • Duden | Kon­rad-Duden-Preis 2014 geht an Dama­ris Nüb­ling | – Der Kon­rad-Duden-Preis 2014 geht an @DFDmainz-Projektleiterin Dama­ris Nüb­ling
  • E‑Books: Wir sind die Fähr­ten­le­ser der neu­en Lite­ra­tur – Bücher – FAZ – elke hei­ne­mann über die viel­falt der neu­en (klei­ne) e‑book-ver­la­ge:

    Dich­tung ist längst auch digi­tal: Auf der Suche nach E‑Books abseits des Main­streams führt der Weg in Deutsch­land vor allem nach Ber­lin. Doch die enga­gier­ten Spe­zi­al­ver­la­ge haben auch spe­zi­el­le Pro­ble­me.

  • Gen­der-Debat­te: Anschwel­len­der Ekel­fak­tor | ZEIT ONLINE – wun­der­bar: robin det­je rech­net gna­den­los mit den kolum­nen­het­zern #ulfha­rald­jan­mat­thi­as aber (scha­de nur, dass das bei der @Zeit wie­der nie­mand lesen wird und harald des­halb wei­ter die leser­schaft ver­gif­ten darf):

    Heu­te tobt die Schluss­strich­de­bat­te Femi­nis­mus. Ende: nicht abzu­se­hen. Altern­de Män­ner an vor­ders­ter Front. Hoher Unter­hal­tungs­wert, aber auch anschwel­len­der Ekel­fak­tor. Die Argu­men­ta­ti­on wie­der fas­zi­nie­rend: Femi­nis­mus gibt es inzwi­schen doch schon so lan­ge, das nervt, Frau­en ner­ven ja immer, und die Frau­en wol­len offen­bar tat­säch­lich, dass wir Män­ner unser Ver­hal­ten ändern, wes­halb jetzt wir die eigent­li­chen Opfer sind.
    […] Und des­halb husch, husch, ihr all­män­ner­mäch­ti­gen Dis­kurs­be­herr­scher, zurück in eure Eck­knei­pe. Die jetzt lei­der von einem Gen­der-Stu­dies-Les­ben‑, Tran­sen- und X‑trupp über­nom­men wird, und ihr schiebt für eine Wei­le in der Küche Abwasch­dienst.

    Ent­schul­di­gung, aber das wird man sich als auf­ge­klär­ter, älte­rer deut­scher Mann doch noch wün­schen dür­fen.

  • “Femi­nis­mus kann nie­mals Life­style sein” • Denk­werk­statt – gabrie­le mich­alit­sch im inter­view mit eini­gen sehr rich­ti­gen beob­ach­tun­gen:

    Femi­nis­mus kann nie­mals Life­style sein, Femi­nis­mus ist immer poli­tisch. Wenn die Medi­en eine sol­che Dis­kus­si­on befeu­ern, ist das eine Form von Anti­fe­mi­nis­mus und der Ver­such, den Begriff Femi­nis­mus zu ver­ein­nah­men, ihm sei­ne poli­ti­sche Rele­vanz abzu­spre­chen. Femi­nis­mus war zudem nie män­ner­feind­lich, er wur­de immer auch von Män­nern mit­ge­tra­gen. Wenn, dann wen­det er sich gegen bestimm­te Kon­zep­tio­nen von Männ­lich­keit – wie auch Weib­lich­keit. Wäre die­ser angeb­lich neue Femi­nis­mus nicht Gegen­stand öffent­li­cher Debat­ten, müss­ten wir uns erst gar nicht damit aus­ein­an­der­set­zen – in mei­nen Augen ist das eine anti­fe­mi­nis­ti­sche Stra­te­gie.

    und spä­ter auf den punkt gebracht:

    Wenn Femi­nis­mus auf Kar­rie­re mit Kin­dern redu­ziert wird, ist das das Ende des Femi­nis­mus.

Ins Netz gegangen (21.10.)

Ins Netz gegan­gen am 21.10.:

  • Mathe­ma­tik: Aus­wen­dig ler­nen und wie­der ver­ges­sen | ZEIT ONLINE – ein fh-mathe­ma­tik-pro­fes­sor ver­zwei­felt an sei­nen inge­nieur­stu­den­ten …
  • Über Spra­che stol­pern – taz.de -

    Die Gedenk­stei­ne von Gun­ter Dem­nig erin­nern an NS-Opfer – teil­wei­se in Nazi-Jar­gon. Ange­hö­ri­ge sind empört, doch der Künst­ler zeigt sich unein­sich­tig

  • Neu in der Wiki­pe­dia: 48 Arti­kel zu „1848/​49“ in Deutsch­land | Acht­und­vier­zig – ziko van dijk hat in die­sem jahr als eine art pro­jekt 48 wiki­pe­dia-arti­kel zur 1848er-revo­lu­ti­on geschrie­ben.

    Der Autor die­ses Bei­trags, Ziko van Dijk, hat von April bis Okto­ber 2014 acht­und­vier­zig Wiki­pe­dia-Arti­kel zur Revo­lu­ti­on von 1848/​1849 geschrie­ben. Im Fol­gen­den beschreibt er die Her­aus­for­de­run­gen für einen Wiki­pe­dia-Autor und eini­ge Grund­ge­dan­ken sei­nes Pro­jekts.

  • Kom­men­tar Cri­ti­cal Mass: Der Ätsch-Fak­tor – Die Poli­zei macht die Rad­fah­rer zu Robin Hoods!
  • Attac ver­liert Sta­tus der Gemein­nüt­zig­keit | Poli­tik – Frank­fur­ter Rund­schau – das ist irgend­wie typisch deutsch: wenn ver­ei­ne sich zu sehr um das gemein­we­sen bemü­hen und nicht nur um ihre kli­en­tel, sind sie nicht mehr gemein­nüt­zig, son­dern poli­tisch – als ob das ein wider­spruch wäre:

    Das Finanz­amt Frank­furts, wo der Bun­des­vor­stand des Ver­eins sitzt, hat beschlos­sen, dass die Zie­le von Attac nicht gemein­nüt­zig genug sei­en. Viel­mehr sei­en sie all­ge­mein­po­li­tisch und damit kei­ner öffent­li­chen För­de­rung wür­dig.

  • Wir leben von der Ver­drän­gung – Frei­text – ingo schul­ze über sei­ne per­spek­ti­ve auf oktober/​november 1989 und die fol­gen­den ent­wick­lun­gen:

    Für mich war der Mau­er­fall eine Sen­sa­ti­on unter ande­ren. Und er hat­te nichts, abso­lut nichts mit natio­na­len Erwä­gun­gen zu tun. Ein Zusam­men­ge­hen, gar eine Ver­ei­ni­gung von DDR und BRD? Wie soll­te denn das gehen? Lach­haft!

  • CIA-Bericht: Waf­fen für Rebel­len sind laut Stu­die wir­kungs­los | ZEIT ONLINE – Was für eine Über­ra­schung! Das hät­te ja nie­mand geahnt!: CIA-Bericht: Waf­fen für Rebel­len sind wir­kungs­los
  • Pi-Top: Open-Source-Note­book zum Sel­ber­bau­en | ZEIT ONLINE – coo­le Idee: Pi-Top – aus einem Raspber­ry Pi einen Lap­top bas­teln
  • Zehn Jah­re nach Jac­ques Der­ri­das Tod: Rigo­ro­se, artis­ti­sche Gedan­ken­gän­ge – taz.de – klaus eng­lert zum 10. todes­tag jac­ques der­ri­das über des­sen bedeu­tung, das neue den­ken und die der­ri­da-rezep­ti­on heu­te:

    Heu­te, zehn Jah­re nach dem Tod Der­ri­das, der ein­mal der welt­weit meist­zi­tier­te Phi­lo­soph war, ist es in aka­de­mi­schen Gefil­den etwas still um ihn gewor­den. Das liegt vor­nehm­lich dar­an, dass sich heil­los ver­schul­te Stu­di­en­gän­ge unse­res Uni­ver­si­täts­sys­tems nur schlecht mit sei­nen rigo­ro­sen und artis­ti­schen Gedan­ken­gän­gen ver­tra­gen. Die Beschäf­ti­gung mit Jac­ques Der­ri­da fin­det nun eher außer­halb der uni­ver­si­tä­ren Ritua­le statt.

    ich fin­de das ja eher scha­de, dass die dekon­struk­ti­on in den „prüf­fä­chern“ – wie er es nennt – nicht mehr vor­kommt. dar­an kann man näm­lich vor­züg­lich den­ken ler­nen.

  • Start | Mapi­re – His­to­ri­sche Kar­ten der Habs­bur­ger Mon­ar­chie – schön gemacht, die­se koope­ra­ti­on: Mapi­re ermög­licht das Navi­gie­ren durch his­to­ri­sches Kar­ten­ma­te­ri­al die aus der Habs­bur­ger Mon­ar­chie stam­men. Die Kar­ten wur­den voll­stän­dig digi­ta­li­siert und geo­re­fe­ren­ziert űund kön­nen so mit Hil­fe aktu­el­ler Tech­no­lo­gien wie Goog­le Maps, Goog­le Earth und Open­Street­Map im Inter­net dar­ge­stellt wer­den. Mapi­re hat zum Ziel das teil­wei­se sehr unter­schied­li­che Kar­ten­ma­te­ri­al über eine gemein­sa­me Schnitt­stel­le im Inter­net zur Ver­fü­gung zu stel­len.

Ins Netz gegangen (3.7.)

Ins Netz gegan­gen am 3.7.:

  • Twit­ter /​Stroem­feld: Sind Schwä­ne gif­tig? Notiz­zet­tel … – RT @Stroemfeld: Sind Schwä­ne gif­tig? Notiz­zet­tel aus dem Nach­laß von Peter Kurz­eck, vmtl. Ende der 1960er Jah­re
  • Richard Sen­nett: „Wir müs­sen die Arbeit umver­tei­len“ | ZEIT ONLINE – richard sen­net im inter­view mit zeit-online:

    Mehr Sozia­lis­mus, mehr Mit­be­stim­mung, klei­ne­re Fir­men und die Schwä­chung des Finanz­ka­pi­tals zuguns­ten pro­duk­ti­ver Arbeit. Wir benö­ti­gen alter­na­ti­ve Manage­ment­mo­del­le, die auf eine kon­ti­nu­ier­li­che (Weiter-)Entwicklung der Men­schen set­zen. Das Pro­blem, mit dem wir es im moder­nen Kapi­ta­lis­mus zu tun haben, ist die Mani­pu­la­ti­on der Zeit.

    und am schluss emp­fiehlt er das grund­ein­kom­men als lösung:

    Mei­ner Auf­fas­sung nach wäre die Ein­füh­rung eines exis­tenz­si­chern­den Grund­ein­kom­mens eine Erfolg ver­spre­chen­de Her­an­ge­hens­wei­se. Man ver­sucht, die vor­han­de­ne Arbeit zu bestim­men, um sie dann unter zwei oder drei Leu­ten zu ver­tei­len. Die­se wer­den als Teil­zeit­kräf­te bezahlt. Der Staat gibt ihnen dann zusätz­lich ein Grund­ein­kom­men, um den Unter­schied aus­zu­glei­chen.

  • Kopen­ha­gen: „Rad­fah­rer machen eine Stadt erst rich­tig leben­dig“ | ZEIT ONLINE – noch ein paar grün­de, war­um es (gera­de städ­ten) gut tut, sich um den rad­ver­kehr zu küm­mern

    Rad­fah­rer machen eine Stadt erst rich­tig leben­dig. Man sieht Gesich­ter auf der Stra­ße, und nicht nur hin­ter Wind­schutz­schei­ben. Die Stadt wird als men­schen­freund­lich wahr­ge­nom­men und dadurch attrak­tiv.

  • Ein spä­ter Sieg der his­to­ri­schen Wahr­heit – taz.de – klaus hil­len­berg ist sehr ange­tan von der neu­en dau­er­aus­stel­lung zum wider­stand gegen das ns-régime im bend­ler­block:

    Mit die­ser Aus­stel­lung hat die Rezep­ti­on der Wider­stands­ge­schich­te einen vor­läu­fi­gen Schluss­punkt gefun­den, oder anders gesagt: Die Wahr­heit hat nach Jahr­zehn­ten der Geschichts­klit­te­rung, der offe­nen und ver­deck­ten Ein­fluss­nah­me von Poli­ti­kern, Kir­chen­ver­tre­tern, ehe­ma­li­gen Offi­zie­ren und, ja das auch, von Wider­stands­kämp­fern und deren Ange­hö­ri­gen gesiegt. Es ist ein ver­dammt spä­ter Sieg, der wohl nur mög­lich wur­de, weil die Täter­ge­nera­ti­on nicht mehr unter den Leben­den weilt. Aber es ist doch ein his­to­ri­scher Sieg.

  • World Cup Phi­lo­so­phy: Ger­ma­ny vs France – Exis­ten­ti­al Comics – cool. (für die phi­lo­so­phie­ge­schicht­lich nicht so bewan­der­ten gibt es auch eine aus­führ­li­che erklä­rung dazu …)
  • Autoren­schaft revis­ted | Fix­poet­ry – »Autoren von Qua­li­tät tun und sagen Uner­hör­ters, Schwer­hör­ba­res, Neu­hör­ba­res, sie expe­ri­men­tie­ren«
  • Font­blog | Ed Sheeran’s Album Cover Fail – Klei­ner Typo-Feh­ler ganz groß (was es nicht alles gibt!)

Gedenken und Helden II

Selbst Absur­di­tä­ten kann man noch ad absur­dum füh­ren – zumin­dest in Hes­sen. Vor eini­gen Tagen habe ich mich hier über den Plan des hr-fern­se­hens, die neue Frank­fur­ter-Tat­ort­kom­mis­sa­rin nach einem jüdi­schen Opfer des Natio­nal­so­zia­lis­mus zu benen­nen echauf­fiert. Vor allem die gegen­über der Pres­se geäu­ßer­ten Moti­ve und Begrün­dun­gen für die­se Namens­wahl haben, um es vor­sich­tig zu sagen, mein Miss­fal­len erregt. Aber das war lei­der noch nicht das Ende: Weil die zustän­di­ge „Fern­seh­che­fin“ beim Hes­si­chen Rund­funk bedau­ert, „die Gefüh­le ein­zel­ner ver­letzt zu haben“, neh­men sie in Frank­furt jetzt doch von der Benen­nung Abstand. Allein die­se Begrün­dung ist ja schon wie­der genau­so frech und eigent­lich dumm wie das ursprüng­li­che Vor­ha­ben: Ers­tens wer­den die Geg­ner damit klein gemacht – es sind ja nur „ein­zel­ne“. Zwei­tens wer­den sie noch für nicht voll genom­men, weil es ja nur um ihre „Gefüh­le“ geht. Dass die Idee ein­fach Unsinn und unsen­si­bel war, scheint Lia­ne Jes­sen immer noch nicht zu ver­ste­hen und ein­zu­se­hen.

Aber damit ist lei­der immer noch nicht Schluss. Denn gegen­über der FAZ sag­te Jes­sen außer­dem noch:

Die Rol­le wäre immer mit dem Holo­caust-Opfer Sel­ma Jaco­bi in Ver­bin­dung gebracht wor­den. Eine freie Wei­ter­ent­wick­lung der Figur wäre unter die­sem Aspekt nicht mehr mög­lich.

- und des­halb sei die Umben­nung auch aus „künst­le­ri­schen Grün­den“ (als hät­te der „Tat­ort“ was mit Kunst zu tun, aber das ist eine ande­re Bau­stel­le …) not­wen­dig gewor­den. Wir fas­sen also zusam­men: Die Schau­spie­le­rin woll­te ihre Figur nach einer his­to­ri­schen Per­son benen­nen, um sie als Opfer und Per­son zu erin­nern und ehren und wur­de dabei durch die lei­ten­de Redak­teu­rin unter­stützt und bekräf­tig. Die­se unsen­sei­b­le Hal­tung miss­fällt nicht weni­gen Men­schen, wes­we­gen die Inan­spruch­n­nah­me des his­to­ri­schen Namens nun fal­len gelas­sen wird – mit der Begrün­dung, die Erin­ne­rung an eine his­to­ri­sche Per­son ste­he einer „freie[n] Wei­ter­ent­wick­lung der Figur“ im Wege. Da stellt sich mir dann doch die Fra­ge: Wie wird man eigent­lich „Lei­te­rin Fern­seh­spiel und Spiel­film“ beim hr-fern­se­hen? Wel­che Qua­li­fi­ka­tio­nen sind dafür not­wen­dig? Die Fähig­keit, den­ken zu kön­nen gehört offen­bar nicht zum Anfor­de­rungs­pro­fil. Von his­to­ri­scher Sen­si­bi­li­tät ganz zu schwei­gen.

Gedenken und Helden

Ich konn­te eben mei­nen Augen ja kaum trau­en: Das hr-fern­se­hen hat sei­ne neue „Tatort“-Kommissarin nach einer von den Natio­nal­so­zia­lis­ten depor­tier­ten und ermor­de­ten jüdi­schen Deut­schen benannt. Der ein­zi­ge Grund dafür: Die Schau­spie­le­rin Mar­ga­ri­ta Broich – in Ber­lin lebend – hat den Namen auf einem „Stol­per­stein“ vor ihrer Haus­tür gele­sen und fin­det, die Benen­nung einer fik­ti­ven (und wie ich den „Tat­ort“ ken­ne, regel­mä­ßig deut­sche Geset­ze bre­chen­den) Figur sei eine tol­le Erin­ne­rung und Ehrung für die­se Frau.

Selt­sam dar­an ist: Was hat die Frank­fur­ter Kom­mis­sa­rin mit einer Ber­li­ne­rin zu tun? Wie­so soll das eine ange­mes­se­ne Form der Erin­ne­rung sein? Ganz schlimm wird es, wenn die Redak­teu­rin des Hes­si­schen Rund­funks, Lia­ne Jes­sen, die Idee ver­tei­di­gen will. Gegen­über dem „Tages­spie­gel“ – dem ich die­sen Vor­gang ent­nahm – argu­men­tiert sie:

Ich wäre glück­lich in mei­nem Grab, wenn auf die­se Art und Wei­se an mich erin­nert wer­den wür­de

Selbst wenn dem so wäre – übli­cher­wei­se ist man in einem Grab ja nicht mehr unbe­dingt sol­cher Gefüh­le fähig -: Wie­so geht sie ein­fach davon aus, dass das auch für ande­re Per­so­nen und gar noch Per­so­nen der Ver­gan­gen­heit gel­ten soll?
Aber sie kann die Absur­di­tät noch stei­gern. Sie sag­te näm­lich außer­dem noch:

‚Tatort‘-Kommissare sind schließ­lich die moder­nen Hel­den unse­rer Zeit, und wir las­sen Sel­ma Jaco­bi als Hel­din wie­der­auf­er­ste­hen.

Jetzt wird es voll­kom­men ver­quer: Seit wann sind „Tatort“-Kommissare (hier han­delt es sich übri­gens um eine Kom­mis­sa­rin, aber das macht ja nichts …) „moder­ne Hel­den“? Und wie­so las­sen sie beim Hes­si­schen Rund­funk eine Ver­folg­te als Hel­din wie­der­auf­er­ste­hen? Wie darf man sich das vor­stel­len – hat die Kom­mis­sa­rin dann Erin­ne­run­gen an ihr frü­he­res Leben, in dem sie depor­tiert und ermor­det wur­de?

Auch die Behaup­tung Jes­sens

Das kann doch nur im Sin­ne des Opfers sein, das sicher nicht ver­ges­sen wer­den will.

wür­de ich so nicht ste­hen las­sen: Viel­leicht will sie das ja gera­de? Wer weiß das denn? Und ist es nicht eine unge­heu­re Anma­ßung, für eine ver­stor­be­ne Per­son so zu spre­chen? Sie hat sich ihr Schick­sal, des­sen­we­gen sie hier erin­nert wer­den soll, ja nicht aus­ge­sucht.

In der Sum­me also: Zwei Men­schen maßen sich an, wie sich eine Per­son der Geschich­te zu füh­len hat und was sie freu­en soll. Ganz zu schwei­gen von der Ober­fläch­lich­keit und Pie­tät­lo­sig­keit, die hin­ter die­sem „Geden­ken“ und der Ver­knüp­fung von Opfer und angeb­li­chen Hel­den steht.

Ins Netz gegangen (11.12.)

Ins Netz gegan­gen am 11.12.:

  • Kath­rin Pas­sig über Wolf­gang Herrn­dorf und sein Buch »Arbeit und Struk­tur« – Lite­ra­tur – Kath­rin Pas­sig über Wolf­gan Herrn­dorf, sein Blog/​Buch, das Pro­blem der Ster­be­hil­fe und die Schwie­rig­keit, sich „ver­nünf­tig“ selbst zu töten.

    Man hat es nicht leicht mit den Schrift­stel­lern. Sie ver­tre­ten ihre Mei­nung schön und über­zeu­gend, auch wenn es sich um eine mäßig durch­dach­te Mei­nung han­delt. Eben­so schwie­rig ist es mit ihren Freun­den. Als ich zusag­te, die­sen Bei­trag zu schrei­ben, woll­te ich für eine bes­se­re Rege­lung der Ster­be­hil­fe in Deutsch­land plä­die­ren – nicht gera­de für die Extrem­form der Libe­ra­li­sie­rung, die Herrn­dorf sich wünsch­te, aber doch dafür, dass Ster­be­wil­li­ge es leich­ter haben soll­ten als er. Aber vor dem Gesetz besteht kein Unter­schied zwi­schen mei­nem Wunsch und denen ande­rer Hin­ter­blie­be­ner, die aus aku­tem Unglück her­aus die Todes­stra­fe für Kin­der­mör­der for­dern, ohne sich dafür zu inter­es­sie­ren, dass das Recht noch ande­re Situa­tio­nen als die ihre zu berück­sich­ti­gen hat.

    Es ist ein­fach, anhand von Arbeit und Struk­tur die Nach­tei­le des bestehen­den Sys­tems zu kri­ti­sie­ren. Aber es ergibt sich kei­nes­wegs ein­fach dar­aus, wie ein ande­res Sys­tem aus­zu­se­hen hät­te.

  • Publi­ka­ti­on von „Mein Kampf“ – „Der Auf­trag ist gestoppt“ – Süddeutsche.de – die spin­nen wirk­lich in Bay­ern: Nach 70 Jah­ren hin und her um Hit­lers „Mein Kampf“ beschlie­ßen sie nun, das sei volks­ver­het­zend und bla­sen kur­zer­hand die schon ziem­lich weit fort­ge­schrit­te­ne wis­sen­schaft­lich kom­men­tier­te Edi­ti­on des IfZ ab.

    Nun trifft die Staats­re­gie­rung die Ent­schei­dung im Allein­gang. Das Buch sei volks­ver­het­zend, sag­te Staats­kanz­lei­che­fin Hadert­hau­er. Wenn Ver­la­ge das Buch in Zukunft ver­öf­fent­li­chen woll­ten, wer­de die Staats­re­gie­rung Straf­an­zei­ge stellen./

  • ZDF-Geschichts­fern­se­hen: Pein­lichs­te Miss­ge­schi­cke der Histo­ry – FAZ – Nach­dem ich gele­sen habe, was Ste­fan Nig­ge­mei­er über die ZDF-Ver­su­che, mit Geschich­te Fern­se­hen und Quo­te zu machen, geschrie­ben hat, möch­te ich mir den Kram wirk­lich nicht mehr anse­hen:

    Manch­mal wirkt es, als muss­ten die Autoren blind in einen Con­tai­ner mit wie­der­zu­ver­wer­ten­dem Mate­ri­al grei­fen und es irgend­wie zu einem gemein­sa­men Ober­be­griff zusam­men­klöp­peln.

  • xkcd: File Exten­si­ons – xkcd ist heu­te mal wie­der außer­ge­wöhn­lich gut:
  • Twit­ter /​medieval­gill: Fee­ling fris­ky? Pls con­sult … – RT @AndyKesson: For tho­se who missed it, the medieval sex flow chart, cour­te­sy of @sirthopas and @medievalgill. Stop! Sin!
  • Zustell­pra­xis von Paket­diens­ten: Post war da – Geld – Süddeutsche.de – Jour­na­lis­mus ist anders: Eine SZ-Schrei­be­rin hat ihr Paket nicht bekom­men. Und schimpft. Ohne die Gegen­sei­te zu hören
  • Georg Büch­ner: Aus­stel­lung zum 200. Geburts­tag | ZEIT ONLINE – Der Tages­spie­gel ist von der Darm­städ­ter Büch­ner-Aus­stel­lung auch nicht so ganz begeis­tert:

Ins Netz gegangen (24.11.)

Ins Netz gegan­gen am 24.11.:

Ins Netz gegangen (31.10.)

Ins Netz gegan­gen am 31.10.:

  • 9Nov38 – ein Expe­ri­ment auf Twit­ter | Schmalenstroer.net – Auch Micha­el Schma­len­stroer hat noch ein paar Absät­ze zu sei­nem Pro­jekt @9Nov38:

    Es ist aber etwas ande­res, eine küh­le Ver­wal­tungs­ak­te zu lesen, in der mit aller ver­wal­tungs­tech­ni­schen Akri­be die Ent­re­chung, Ermor­dung und Berau­bung von Men­schen aus­ge­ar­bei­tet wird. In einem nor­ma­len Geschichts­buch wird von “Het­ze und Pro­pa­gan­da” in den Zei­tun­gen geschrie­ben. Das zu lesen, kann schon an die Nie­ren gehen.

    Das ist ja gera­de das, was ich an Twit­ter, Blogs etc so lie­be: Man kann sol­che „Klei­nig­kei­ten“ aus den Quel­len ein­fach mal vor­stel­len, zei­gen, zitie­ren und erzäh­len, ohne gleich ein rich­ti­ges „The­ma“ oder eine For­schungs­fra­ge haben zu müs­sen (oder die gar beant­wor­ten zu müs­sen).

  • Pro­to­kol­le des Preu­ßi­schen Staats­mi­nis­te­ri­ums Acta Borus­si­ca – Das von 1994 bis 2003 täti­ge Aka­de­mien­vor­ha­ben „Die Pro­to­kol­le des Preu­ßi­schen Staats­mi­nis­te­ri­ums (1817–1934/38)“ hat in 12 Reges­ten­bän­den über 5.200 Sit­zungs­pro­to­kol­le der obers­ten Kol­le­gi­al­be­hör­de des preu­ßi­schen Staa­tes wis­sen­schaft­lich erschlos­sen.
    Die gesam­te Edi­ti­on fun­diert auf Quel­len­be­stän­den des Gehei­men Staats­ar­chivs Preu­ßi­scher Kul­tur­be­sitz Ber­lin-Dah­lem sowie des Bun­des­ar­chivs Ber­lin-Lich­ter­fel­de und ist im Ver­lag Olms-Weid­mann erschie­nen – alle online frei zugäng­lich als pdfs.
  • Neue Dis­count­mar­ke “Ohne teu­er”: Real will jetzt auch bil­lig kön­nen | Super­markt­blog – „(Klei­ner Tipp: Weni­ger Phil Coll­ins könn­te die Kun­den­fre­quenz von allei­ne dras­tisch erhö­hen.)“ #wahr­heit >
  • Kommt ein Imam in eine Kir­che… « Radi­ka­le Ansich­ten – Manch­mal ist Deutsch­land ein­fach nur ver­rückt:

    Kommt ein Imam in eine Kir­che …
    … dann gibt es mitt­ler­wei­le immer öfter Ärger. Zuletzt im pfäl­zi­schen Ham­bach, als wäh­rend einer Anti-Kriegs­mes­se ein isla­mi­scher Gebets­ruf erklang. Für selbst­er­nann­te “Islam­kri­ti­ker” ein Anlass zur Hys­te­rie.

    Yas­sin Mush­ar­bash bei Zeit-Online über die total hys­te­ri­schen (und die Wahr­heit mehr als ein­mal kräf­tig ver­dre­hen­den) Pro­tes­te anläss­lich der Auf­füh­rung einer Mes­se von Karl Jenk­ins.

  • » @9Nov38: Ein Pro­jekt als Kom­pro­miss – @hellojed erklärt das span­nen­de Pro­jekt, über Tweets den 9.11.1938 (und etwas Vor­ge­schich­te) zu – nun ja, wie soll man’s nen­nen? – erzäh­len, ver­ge­gen­wär­ti­gen, leben­dig zu machen oder zu hal­ten
  • Schluss mit Lus­tig? Über die sehr gerin­gen Chan­cen, vor Lachen einen kla­ren poli­ti­schen Gedan­ken zu fas­sen. | Das Schöns­te an Deutsch­land ist die Auto­bahn – Georg Seeß­len schreibt einen sehr lesens­wer­ten, nach­denk­li­chen und besorg­ten Text über unse­re Zeit:

    Ich bin gespal­ten. Ich wün­sche mir kei­ne Rück­kehr der Sau­er­töp­fe und der Recht­ha­ber, schon gar kei­ne der Sta­li­nis­ten und Semi­na­ris­ten. Zu Recht miss­traut die Kul­tur des Unerns­tes den gro­ßen Welt­er­zäh­lun­gen und heroi­schen Mythen der Geschich­te, zu Recht miss­traut sie Lösun­gen, Model­len, Pro­jek­tio­nen, Hel­den und Vor­den­kern; zu Unrecht aber glaubt sie, man kön­ne sich durch Iro­nie, Mode­ra­ti­on und Distanz von der Ver­ant­wor­tung für den Lauf der Din­ge befrei­en. Zu Unrecht glaubt sie an eine Mög­lich­keit, sich raus­zu­hal­ten und trotz­dem alles zu sehen. Zu Unrecht glaubt die Kul­tur von Abklä­rung und Unernst, den Mäch­ti­gen sei am bes­ten mit tak­ti­scher Nach­gie­big­keit und einem Hauch von Sub­ver­si­on zu begeg­nen. Lei­den­schaft­li­che und zor­ni­ge Ges­ten erschei­nen in der Kul­tur als kin­disch, vul­gär und unan­ge­nehm.
    […] Bis­lang hat doch noch ein jeder zu Ende gedach­ter Gedan­ken nichts als Ter­ror oder Wahn mit sich gebracht. Bis­lang ist aus jeder Über­zeu­gung eine Ideo­lo­gie, und aus die­ser ein neu­er Unter­drü­ckungs­ap­pa­rat gewor­den.

    Es ist ja auch ver­rückt: Alles hat sei­ne Dia­lek­tik, alles hat sein Gegen­teil. Und Extre­me sowie­so. Viel­leicht müs­sen wir uns wirk­lich wie­der ganz weit zurück besin­nen. Zum Bei­spiel auf die Niko­ma­chi­sche Ethik des Aris­to­te­les? Aber deren polii­ti­sche Impli­ka­tio­nen sind viel­leicht auch nicht unbe­dingt unser Ding (und unser Heil wohl auch nicht …). Es ist eben schwie­rig, das alles. Und Aus­we­ge gibt es viel­leicht auch gar nicht. Denn die Gefahr ist immer dar. Im Moment zum Bei­spiel so:

    Aber sie ist auf dem bes­ten Weg, eine Gesell­schaft der grau­sa­men Gleich­gül­tig­keit zu wer­den, eine Gesell­schaft, die aus lau­ter Iro­nie und Mode­ra­ti­on der poli­ti­schen Lei­den­schaf­ten gar nicht mehr erkennt, dass sie sel­ber zu etwas von dem gewor­den ist, was sie fürch­tet. Denn auch die Abklä­rung hat so ihre Dia­lek­tik, auch sie kann zum Dog­ma und zum Wahn wer­den.

Ins Netz gegangen (9.10.)

Ins Netz gegan­gen am 9.10.:

  • Bodo Rame­lows Tri­umph und die Gren­zen der streit­ba­ren Demo­kra­tie – Das Ver­fas­sungs­blog zur Ent­schei­dung des BVerfG, dass die Über­wa­chung Rame­lows nicht rech­tens war:

    Noch schö­ner wäre es, wenn wir Ver­fas­sungs­schutz­be­hör­den und ein Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt besä­ßen, die da von sel­ber drauf kom­men.

    – dem ist kaum etwas hin­zu­zu­fü­gen. Aber schön auch, was eini­ge Absät­ze spä­ter steht:

    Der Zwei­te Senat hat sich dabei zunächst ein­mal die Gele­gen­heit nicht ent­ge­hen las­sen, ein wei­te­res Kapi­tel für das monu­men­ta­le Hand­buch zur All­ge­mei­nen Demo­kra­tie- und Staats­leh­re zu schrei­ben, das in Karls­ru­he unter dem unschein­ba­ren Titel “Ent­schei­dun­gen des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts” in 130 Bän­den erscheint. Die­ses Kapi­tel ist für jeden, der etwas Klu­ges über Par­la­men­ta­ris­mus erfah­ren will, eine aus­ge­spro­chen erhe­ben­de Lek­tü­re.

    Scha­de nur, dass aus­ge­rech­net die Jus­tiz die­se Auf­ga­be erle­di­gen müs­sen. Gäbe es da nicht auch (noch) ein paar ande­re Zustän­di­ge?

  • Aben­teu­er­li­che Seil­bahn-Stadt in Geor­gi­en – Wirt­schaft – Süddeutsche.de – Beein­dru­cken­de Bil­der: Die @SZ zeigt ver­fal­len­de Infra­struk­tur in Tsch­ia­tu­ra (Geor­gi­en) >
  • Twit­ter /​KereT_​TereK: Dear Mr Moto­rists! Plea­se dont … – RT @KereT_TereK: Dear Mr Moto­rists! Plea­se dont dri­ve at all if U are­nt able to reco­g­ni­se kids wit­hout stu­pid hi-vis in our city. THX!
  • Fritz Bau­er Insti­tut: Mit­schnit­te Pro­zess­pro­to­kol­le – Ton­band­mit­schnitt des 1. Frank­fur­ter Aus­schwitz-Pro­zes­ses 1963/​64, mit Tran­skrip­tio­nen und Mate­ria­li­en

Aus-Lese #9

Micha­el Wildt: Geschich­te des Natio­nal­so­zia­lis­mus. Göt­tin­gen: Van­den­hoeck & Ruprecht 2008 (UTB Grund­kurs Neue Geschich­te). 219 Sei­ten.

Auf zwei­hun­dert Sei­ten den Natio­nal­so­zia­lis­mus abhan­deln: Das trau­en sich weni­ge, und von denen gelingt es auch nur weni­gen. Wildt schafft das durch­aus in einer sehr kon­zen­trier­te, auf­fäl­lig kon­zi­sen und kla­ren Dar­stel­lung, die sich stark auf das Kon­zept oder For­schungs­pa­ra­dig­ma der „Volks­ge­mein­schaft“ stützt.

Zwei ideo­lo­gi­sche Momen­te des Natio­nal­so­zia­lis­mus hebt er beson­ders her­vor: Lebens­raum und Anti­se­mi­tis­mus. Schwach bleibt er bei allem, was Orga­ni­sa­ti­on und poli­ti­sche, par­tei­li­che wie staat­li­che Struk­tu­ren angeht – die kom­men fast nicht vor. Lei­der feh­len auch ein Regis­ter und eine Zeit­ta­fel – wegen der Viel­zahl hier ange­ris­se­ner the­ma­ti­scher Foki und Minia­tur­ge­schich­ten, die sich chro­no­lo­gisch immer wie­der über­lap­pen, wäre gera­de das letz­te­re eine hilf­reich Ergän­zung. Gut gelun­gen ist in die­ser gedräng­ten Form sicher­lich die Dar­stel­lung der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Ideo­lo­gie in der Ver­bin­dung von Revo­lu­ti­on und All­tag, Poli­tik und Wirt­schaft. Wildt schil­dert dies unter dem Para­dig­ma der „Volks­ge­mein­schaft“, mit dem er gera­de die Gleich­zei­tig­keit von Inklu­si­on und Exklu­si­on gut deu­ten und schil­dern kann.

Die­ses Para­dig­ma hilft sicher­lich viel beim Ver­ständ­nis des Natio­nal­so­zia­lis­mus, macht an ande­ren Stel­len die Dar­stel­lung aber zumin­dest schwie­rig, wenn nicht unmög­lich. Deut­lich wird das vor allem im drit­ten Kapi­tel, das dem Krieg, Ter­ror und Ver­nich­tung gewid­met ist, aber auch schon vor­her: Wo es um das „Inne­re“ des Deut­schen Reichs geht, ist Wildt sehr kon­zi­se. In den außen­po­li­ti­schen Tei­len (oder bes­ser: Abschnit­ten) und vor allem der Dar­stel­lung des/​r Kriegs/​e fehlt ihm teil­wei­se der inne­re Zusam­men­hang, die argu­men­ta­ti­ve Logik und Strin­genz des zwei­ten Kapi­tels.

Außer­dem sehr uner­freu­lich: Dass ein sol­ches Buch, dass in einem renom­mier­ten Ver­lag wie Van­den­hoeck & Ruprecht erscheint, so vie­le auf­fäl­li­ge sprach­li­che Feh­ler hat: Von man­chen har­ten, unge­schick­ten For­mu­lie­ren abge­se­hen gibt es min­des­tens eine Hand­voll Sät­ze, deren Kon­struk­ti­on ungram­ma­tisch ist – in der Regel liegt das wohl an Über­ar­bei­tun­gen, die die Res­te einer frü­he­ren Ver­si­on nicht voll­stän­dig tilg­te (da blei­ben dann z.B. mal zwei Ver­ben im Satz ste­hen …). Doch davon darf man sich eben nicht stö­ren las­sen …

Nico Bleut­ge: fall­strei­fen. 2. Auf­la­ge. Mün­chen: Beck 2009. 79 Sei­ten.

Erkun­dung der Rän­der und Gren­zen, der Natur und der Erin­ne­rung: Wun­der­schö­ne klei­ne Gedich­te sind im zwei­ten Gedichte­band von Nico Bleut­ge zu fin­den, vie­le – aus­weich­lich der Anmer­kung – inter­tex­tu­ell zumin­dest ange­regt. Beob­ach­tun­gen des Moments zwi­chen Erin­nern und Ver­ges­sen, zwi­schen Erle­ben und Ver­ges­sen: Dar­aus schlägt Bleut­ge schö­ne, ein­drück­li­che Bil­der:

beweg­te land­schaft. heu­te sind es die wol­ken, die
eine sicht­li­nie zie­hen, quer über den him­mel (67)

Beson­ders ange­tan haben es ihm hier eben die Rän­der und Gren­zen, die vor allem als Ufer, Über­gän­ge und Lini­en immer wie­der auf­tau­chen.

… nah an den bruch­kan­ten
der beschot­te­rungs­rin­ne stre­cken sich lär­chen ent­lang
die das tal ent­zwei schnei­den, für den blick. und dahin­ter beginnt
eine neue land­schaft
, wet­ter­zo­ne von bräun­li­chen fel­dern
mit fall­strei­fen … (57)

Und die­se Linen wer­den beglei­tet von den unsicht­ba­ren Lini­en, den Lini­en der Erin­ne­rung, die­sen haar­fei­nen Zeit­li­ni­en: „die rän­der ver­schie­ben sich täg­lich“ (70)

das mischt sich, manch­mal, noch ins schau­en
wäh­rend die bil­der, nacht­schicht im genick
nur lang­sam inein­an­der­flie­ßen
und von den fens­tern kommt das licht
ver­än­dert in den raum, und sinkt schon, sinkt
zurück. (mischt sich, 8)

Schön und inspi­rie­rend.

Bal­tha­sar Gra­ci­an: Hand­ora­kel und Kunst der Welt­klug­heit. Über­tra­gen von Arthur Scho­pen­hau­er. Her­aus­ge­ge­ben und mit einem Nach­wort ver­sehn von Otto Frei­herrn von Tau­be. Frank­furt am Main: Insel 2009 [1653/​]. 136 Sei­ten.

Ein Buch vol­ler Sen­ten­zen, eigent­lich: Wie wird man ein geach­te­ter, wür­di­ger, ehren­vol­ler und erfolg­rei­cher Mann des 17. Jahr­hun­derts? Durch Glück und Talent, durch geschick­tes Tak­tie­ren und sozia­le Klug­heit – am Stück kann man die­se Über­zahl der Maxi­men mit ihren kur­zen Erklä­run­gen kaum lesen, sie sind dann nicht (mehr) zu ertra­gen … Aber ken­nen muss man sie natür­lich schon.

Vol­ker Braun: Die vier Werk­zeug­ma­cher. Frank­furt am Main: Suhr­kamp 1996. 51 Sei­ten.

Ich bin ja ein gro­ßer Bewun­de­rer Vol­ker Brauns. Auch die­se klei­ne Erzäh­lung aus der Umbruchs­zeit 1989/​1990 über den Zusam­men­hang von Mensch­heit, Arbeit und Geschich­te ist ein klei­nes Juwel. Schon der Anfang, der ers­te, zwei­te, drit­te Satz, ist ein­fach groß­ar­tig:

Im Osten Deutsch­lands leb­ten vor der Wen­de nicht eben ver­gnüg­te und im gan­zen geist­lo­se Leu­te, alle mit irgend­was bschäf­tigt, das sie nicht fro­her mach­te – Arbeit, die, obwohl alle an ihr betei­ligt waren, wenig bewirk­te; und das war ihr Unglück; über das aber nicht gespro­chen wur­de in den Zei­tun­gen und sons­ti­gen Ver­all­ge­mei­ne­run­gen der Regie­rung, die immer­fort Arbeits­kräf­te such­te, Mas­sen, um sie zu begeis­tern. […] So geschah es, daß sie aus Ver­zweif­lung oder son­stei­nem Humor, den sie behal­ten hat­ten, von selbst auf die Stra­ße gin­gen, wo sie am brei­tes­ten war, und bald eini­ge, bald ihrer mehr durch die Innen­städ­te zogen, um sich über­haupt bemerk­bar zu machen. (9)

Präsentiert von WordPress & Theme erstellt von Anders Norén