Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Schlagwort: lyrik Seite 2 von 14

Herbstbild

Dies ist ein Herbst­tag, wie ich kei­nen sah!
Die Luft ist still, als atme­te man kaum,
Und den­noch fal­len raschelnd, fern und nah,
Die schöns­ten Früch­te ab von jedem Baum.

O stört sie nicht, die Fei­er der Natur!
Dies ist die Lese, die sie sel­ber hält,
Denn heu­te löst sich von den Zwei­gen nur,
Was vor dem mil­den Strahl der Son­ne fällt. 

Fried­rich Hebbel

wer hat die­sen mond auf die blaue flur,
wer hat die­sen mund auf die nacht angesetzt?“

— Caro­lin Cal­lies, scha­tul­len & bre­douil­len, 83

Ode

aus: caro­lin cal­lies, bewohn­ba­re käs­ten (scha­tuul­len & bedouil­len, 28) 

Gedichte

Man wird davon nicht klü­ger. Aber Gedich­te sind Weg­mar­kie­run­gen, die hel­fen aus dem Gestrüpp.

—Syl­vie Schenk, Roman d’a­mour, 9

Fantoscope

[…]

Die auf­ge­las­se­nen Grä­ber der Ein­sa­men besit­zen mehr Ewig­keit
als jede schwe­re Mar­mor­gruft. In gro­ßen Stät­ten ste­hen gro­ße Urnen
für klei­ne Leben. Und der Rest? Die Mensch­heit? Du und ich?

Wir wer­den leuch­ten, wenn die Erde uns zu Öl verkocht.

—Vere­na Stauf­fer, Ousia, 108

Zeitweise

Es liegt der Schnee
so aus­ge­ruht im Licht­hof,
auf Gras­nar­ben bleibt er
als wei­ßen­de Spur.
Mei­ne Haut is dün­ner,
ein Aggre­gat aus Sor­ge,
dar­in aber Lachen. Die
blei­ben am Mor­gen
auch vom Schnee.

—Julia Trom­pe­ter, in: Zum Begrei­fen nah, 101
bücherstapel

Aus-Lese #55

Ernst Bau­man: In die Ber­ge! Alpi­ne Foto­gra­fie der 1920er und 1930er Jah­re. Her­aus­ge­ge­ben von Alfred Bül­les­bach udn Rudolf Schicht. Mün­chen: mori­sel 2019. 125 Sei­ten. ISBN 978−3−943915−37−2.

baumann, in die berge (cover)Eine Rezen­si­on in der Süd­deut­schen Zei­tung hat mich auf die­ses schö­ne und span­nen­de Foto­buch auf­merk­sam gemacht. Die Geschich­te der Foto­gra­fie ist ja nun nicht gera­de ein Gebiet, mit dem ich mich aus­ken­ne oder über­haupt irgend­wie beschäf­tigt habe. Trotz­dem (oder des­halb) macht das Buch viel Spaß. Dazu trägt auch nicht uner­heb­lich die sehr infor­ma­ti­ve (und selbst schon reich bebil­der­te) Ein­füh­rung von Alfred Bül­les­bach bei, die es schafft, auch Lai­en der Foto­gra­fie­ge­schich­te wie mir die Zusam­men­hän­ge, in den Bau­mann in den 20er und 30er Jah­rend (und auch noch nach dem Zwei­ten Welt­krieg) arbei­te­te, auf­zu­zei­gen. Dazu gehört nicht nur die wirt­schaft­li­che SItua­ti­on frei­er Foto­gra­fen, son­dern auch die Ver­bin­dung der Foto­gra­fie mit den Ber­gen, die zuneh­men­de, zu die­ser Zeit ja gera­de in Schwung kom­men­de tou­ris­ti­sche Erschlie­ßung der Alpen (durch den Bau von ent­spre­chen­der Infra­struk­tur, durch den Urlaubs­an­spruch der Ange­stell­ten und natür­lich auch durch die öko­no­mi­schen Mög­lich­kei­ten brei­te­rer Bevöl­ke­rungs­schich­ten, ent­spre­chen­de Fahr­ten und Urlau­be zu unter­neh­men), die als Hin­ter­grund für Bau­manns Fotos unab­ding­bar sind. Auch gefal­len hat mir, die Beto­nung der Rele­vanz der Berg­fil­me für die Zeit – nicht nur für das Bild der Ber­ge in der Bevöl­ke­rung, son­dern auch als wirt­schaft­li­ches Stand­bein für nicht weni­ge Beteiligte

Die Fotos selbst schei­nen mir dann durch­aus einen eige­nen Blick von Bau­mann zu ver­ra­ten (mit dem bereits erwähn­ten caveat, dass ich da über wenig Hin­ter­grund ver­fü­ge): Ganz eigen, vor allem vor dem Hin­ter­grund der gegen­wär­ti­gen Extrem-Ver­mark­tung der Ber­ge als spek­ta­ku­lärs­ter Spiel­platz der Welt, ist die stil­le Ruhe und Gelas­sen­heit der Schön­heit der Ber­ge (und auch ihrer Besu­cher, möch­te ich sage, Bestei­ger oder Bezwin­ger wäre für die hier abge­bil­de­ten Men­schen und ihre Hal­tung wohl der fal­sche Aus­druck, viel zu ent­spannt und zurück­hal­tend-freu­di­ge tre­ten sie mir vors Auge). 

Gera­de im Ver­gleich zu heu­ti­gen bild­li­chen Dar­stel­lung von Ber­gen und den Men­schen auf ihnen sieht das hier zahm aus. Auch, weil das eigent­li­che Erschlie­ßen der und das Bewe­gen in den Ber­gen eher ein Rand­the­ma bleibt. Und weil es ver­gleichs­wei­se harm­lo­se Gip­fel der Alpen sidn – aber, und das ist eben der Witz, den­noch unver­gess­lich in Sze­ne gesetzt. Wahr­schein­lich spielt auch die Schwarz-Weiß-Foto­gra­fie eine Rol­le, wohl gera­de bei den auf­tau­chen­den Per­so­ne­nen, die dadurch eine ande­re Schär­fe und Kon­tu­rie­rung zu haben schei­nen als in den spä­te­ren Farb­fo­to­gra­fien (so ist zumin­dest mein eige­ner Eindruck …).

Chris­ti­an Neu­häu­ser: Wie reich darf man sein? Über Gier, Neid und Gerech­tig­keit. 3. Auf­la­ge. Dit­zin­gen: Reclam 2019 (Was bedeu­tet das alles?). 89 Sei­ten. ISBN 978−3−15−019602−1

Neuhäuser, Wie reich darf man sein? (Cover)Neu­häu­ser betrach­tet Reich­tum und damit zusam­men­hän­gen­de Tugen­den und Pro­ble­me wie Gier, Gerech­tig­keit, und Neid – der Titel ist hier tat­säch­lich sehr genau. Er argu­men­tiert dabei vor allem moral­phi­lo­so­phisch. Öko­no­mi­sche, poli­ti­sche und/​oder sozia­le Kri­te­ri­en spie­len nur am Rand eine Rol­le. Und den­noch ist das natür­lich – das bleibt bei dem The­ma und auch bei sei­nem Zugang gar nicht aus – natür­lich ein poli­ti­sches Buch, dass vor allem Super­rei­che für ihn unter mora­li­schen, phi­lo­so­phi­schen und gesell­schaft­li­chen (und damit ja auch poli­ti­schen) Aspek­ten durch­aus kri­tisch zu betra­chen sind. Dabei geht es ihm aber über­haupt nicht um die Per­so­nen, son­dern um die sich an ihnen mani­fes­tie­ren­den Reich­tü­mer – und damit auch die Unter­schie­de, die Gren­zen. Und das hängt eben oft mit Unge­rech­tig­kei­ten zusam­men. Eines sei­ner Kern­ar­gu­men­te ist, dass Super­reich­tum – im Gegen­satz zu Wohl­stand und Reich­tum – nicht (mehr) ver­dient sein kann und damit moral­phi­lo­so­phisch ein Pro­blem ist. 

Ein biss­chen scha­de ist, dass Neu­häu­ser dabei oft nicht sehr in die Tie­fe geht: Das ist manch­mal etwas plau­dernd gera­ten – was nicht heißt, dass Neu­häu­ser mit sei­ner Argu­men­ta­ti­on falsch läge. Aber man­ches scheint mir nicht zu ende gedacht/​geschrieben, zumin­dest in die­sem Büch­lein (es ist ja nun nicht die ein­zi­ge Aus­ein­an­der­set­zung des Autors mit die­sem Thema).

Björn Kuhl­igk: Die Spra­che von Gibral­tar. Gedich­te. Mün­chen: Han­ser Ber­lin 2016. 85 Sei­ten. ISBN 978−3−446−25291−2.

kuhligk, sprache von gibraltar (cover)Kuhl­igk habe ich bis­her eher am Ran­de wahr­ge­nom­men: Durch­aus offen­bar anspre­chen­de Qua­li­tä­ten im lite­ra­ri­schen Schrei­ben, aber nicht mein drin­gens­ter Lek­tü­re­wunsch. Die Spra­che von Gibral­tar könn­te das ändern. Das ist näm­lich ein fei­nes Buch. 

Ganz beson­ders der ers­te Teil, der titel­ge­ben­de Zyklus über Gibral­tar und die euro­päi­sche Enkla­ve dort, ist rich­tig gut. Das ist kei­ne über­mä­ßi­ge Betrof­fen­heits­li­te­ra­tur, der man die Bemüht­heit an jedem Wort anmerkt. Aber es ist ein genau­es Hin­schau­en (was an sich schon durch­aus eine loh­nens­wer­te Leis­tung wäre). Und es ist vor allem die Fähig­keit, aus dem Hin­schau­en, aus der Absur­di­tät und auch der Grau­sam­keit der Welt in die­sem klei­nen Ort eine poe­ti­sche Spra­che zu fin­den und zu bil­den. Damit lässt Kuhl­igk auch immer wie­der die zwei Wel­ten auf­ein­an­der pral­len und sich nicht nur hef­tig anein­an­der rei­ben, son­dern kra­chend mit­ein­an­der Verhaken. 

Sehr pas­send scheint mir auch das (sonst bei Kuhl­igk mei­nes Wis­sens nicht vor­herr­schend, sogar sehr sel­ten ein­ge­setz­te) Mit­tel der lan­gen, erschöp­fen­den, ermü­den­den Rei­hung in die­sem Zyklus ein­ge­setzt zu wein – etwa die sehr ein­drück­lich wir­ken­de und genaue Lita­nei „wenn man …“. 

Und dann gibt es auch noch in den rest­li­chen Abschnit­ten, in der zwei­ten Hälf­te des Ban­des, gute und schö­ne Gedich­te, die etwa sehr gelun­gen die Trost­lo­sig­keit des Land­le­bens im „Dorf­krug“ (47) ein­fan­gen oder in der Dopp­lung von „Was wir haben“ (50) und „Was fehlt“ (51) bei­na­he so etwas wie eine unsen­ti­men­ta­le Land­schafts­ly­rik entwickeln. 

wenn man das Wort „Kapi­ta­lis­mus“ aus­spricht, ist im Mund viel los /​wenn man Koh­le hoch­trägt, trägt man Asche run­ter (35)

Jür­gen Kau­be: Ist die Schu­le zu blöd für unse­re Kin­der? 2. Auf­la­ge. Ber­lin: Rowohlt Ber­lin 2019. 335 Sei­ten. ISBN 978−3−7371−0053−3.

Kaube, Ist die Schule zu blöd (Cover)Nun ja. Das war eine eher ent­täu­schen­de Lek­tü­re. Kau­be beob­ach­tet das Bil­dungs­sys­tem im wei­te­ren Sin­ne schon län­ger und hat sich auch immer wie­der dar­über geäu­ßert, durch­aus auch jen­seits der taes­ak­tu­el­len Anläs­se. Sei­ne klei­ne Schrift Im Reform­haus habe ich damals durch­aus mit Gewinn gele­sen. Bei Ist die Schu­le zu blöd für unse­re Kin­der? ist das aber lei­der anders. Der Titel hät­te ja schon eine War­nung sein kön­nen. Schon die ers­ten Sei­ten und die anfäng­li­chen Kapi­tel zei­gen schnell ein Haupt­man­ko des Buches: viel Gere­de, viel schö­ne Bei­spie­le, aber eher wenig Substanz. 

Vor allem hat mich sehr schnell und recht nach­hal­tig genervt, wie selek­tiv er liest/​wahrnimmt und dann lei­der auch argu­men­tiert. Das wird zum Bei­spiel in Bezug auf Bil­dungs­em­pi­ri­ker (für ihn ja fast ein Schimpf­wort) sehr deut­lich, aber auch in sei­nen aus­g­wähl­ten Bezü­gen auf Bil­dungs­un­gleich­heit und Chan­cen­un­gleich­heit im Bil­dungs­be­reich. Das ist ja eines sei­ner Haupt­ar­gu­men­te hier: Dass die Schu­le nicht dafür da ist, Ungleich­heit zu besei­ti­gen, dass sie von Politiker*innen zuneh­mend dazu „benutzt“ wird, sozia­le Pro­ble­me zu lösen. Ich kann ihm ja durch­aus dar­in (cum gra­no salis) zustim­men, dass die Schu­le das kaum leis­ten kann. Ich bin mir aber nicht so sicher, ob das wirk­lich ein so bestim­men­des Motiv der Bil­dungs­po­li­tik und so sehr ein wirk­li­ches Pro­blem ist. Jeden­falls haben die­se Nach­läs­sig­kei­ten mir es dann aus­ge­spro­chen schwer gemacht, die posi­ti­ven Aspek­te wirk­lich zu wür­di­gen (die aber durch­aus vor­han­den sind, nur lei­der eben etwas begra­ben unter dem ein­sei­ti­gen, schimp­fen­den Gewet­ter Kau­bes).

außer­dem gelesen:

  • Lüt­fi­ye Güzel: sans tro­phée. Duis­burg, Ber­lin: go-güzel-publi­shing 2019. 
  • Sieg­fried Völl­ger: (so viel zeit hat nie­mand). Gedich­te. Mün­chen: Alli­te­ra 2018 (Lyrik­edi­ti­on 2000). 105 Sei­ten. ISBN 978−3−96233−075−0.
  • Phil­ipp Hübl: Bull­shit-Resis­tenz. 2. Auf­la­ge. Ber­lin: Nico­lai 2019 (Tugen­den für das 21. Jahr­hun­dert). 109 154 Sei­ten. ISBN 978−3−96476−009−8.

Epirrhema

Müs­set im Naturbetrachten
Immer eins wie alles achten;
Nichts ist drin­nen, nichts ist draußen:
Denn was innen ist das ist außen.
So ergrei­fet ohne Säumnis
Hei­lig öffent­lich Geheimnis

Freu­et euch des wah­ren Scheins,
Euch des erns­ten Spieles:
Kein Leben­di­ges ist ein Eins,
Immer ist’s ein Vie­les.Johann Wolf­gang von Goe­the, Epir­r­he­ma (aus: Samm­lung von 1827, Abschnitt „Gott und Welt“)

Ein Wort

A word is dead, when it is said
Some say –
I say it just beg­ins to live
That day
Emi­ly Dick­in­son (1862)

spinnennetz mit tautropfen

Ins Netz gegangen (3.4.)

Ins Netz gegan­gen am 3.4.:

  • Oh-rani­en­platz, Ih-rani­en­platz | taz → roland berg über die feh­len­de schöne/​ästhetische gestal­tung von bau­ten in der stadt heute:

    Und stets ori­en­tiert man sich dabei an der ver­meint­lich „schö­nen“ Ver­gan­gen­heit. Zeit­ge­nös­sisch-ver­bind­li­che Vor­stel­lun­gen über das Schö­ne schei­nen zu feh­len. Also das, was Imma­nu­el Kant sei­ner­zeit „Gemein­sinn“ nann­te. Heu­te scheint das Vor­mo­der­ne aus der Geschich­te als ein­zi­ge Norm für die Gegen­wart als ver­bind­lich. Und selt­sa­mer­wei­se wird – zumin­dest in ästhe­ti­scher Hin­sicht – von den meis­ten das Frü­he­re dem Heu­ti­gen vor­ge­zo­gen. […] Retro­spek­ti­ve Ästhe­tik und Rekon­struk­ti­on von (Alt‑)Bauten und gan­zer Stadt­räu­me bis hin zu Wie­der­auf­er­ste­hung des abge­ris­se­nen Ber­li­ner Schlos­ses fül­len die Lee­re, die der Ver­lust des Gemein­sinns für das Schö­ne in der Gegen­wart mit sich gebracht hat. 

  • Wer Gedich­te liest, weiss mehr über das Leben | NZZ → die nzz doku­men­tiert leicht gekürzt die dan­kes­re­de von micha­el brauch für den alfred-kerr-preis

    Bei der Beschäf­ti­gung mit der Fra­ge, war­um sich einer wie ich mit Gedich­ten befasst und Rezen­sio­nen zu Gedicht­bän­den schreibt, gelangt man zu ähn­li­chen Ein­sich­ten, wie sie Nico­las Born 1970 for­mu­liert hat: Es hat mit dem eige­nen Exis­tie­ren zu tun, mit dem Ver­such, dem Rät­sel des eige­nen Daseins auf die Spur zu kom­men. Beim Lesen von Gedich­ten ist man fast immer mit den Fra­gen nach den letz­ten Din­gen kon­fron­tiert, wir wer­den unmit­tel­bar und ohne schüt­zen­de Ein­lei­tung in medi­as res gewor­fen. Die Ver­se der Gedich­te, die wir lesen, ver­mit­teln uns das «punk­tu­el­le Zün­den der Welt im Sub­jec­te», wie es ein Schü­ler des Phi­lo­so­phen Hegel for­mu­lier­te. […] Beim Lesen von Gedich­ten wird ein Riss sicht­bar in dem Welt­ge­bäu­de, das uns eben noch ver­traut schien. Ein Riss wird sicht­bar im Welt­ge­bäu­de, und – so sagt es ein­mal der rus­si­sche Welt­po­et Ossip Man­del­s­tam – die poe­ti­sche Rede weckt uns mit­ten im Wort auf. Gedich­te spre­chen von dem skan­da­lö­sen Fak­tum, dass wir gebo­ren wor­den sind und dass wir in noch nicht vor­stell­ba­rer, aber doch nicht all­zu fer­ner Zukunft ster­ben werden. 

  • Über ein rich­ti­ges Leh­rer-Leben im fal­schen Schul­sys­tem | Bil­dungs­lü­cken → schreibt über kri­tik an schu­le und ihrem sys­tem und mög­lich­kei­ten der ver­bes­se­rung und ver­än­de­rung, auch auf indi­vi­du­el­ler ebene

    Denn unser Schul­sys­tem hat so vie­le grund­le­gen­de Män­gel, dass ich mir oft die Fra­ge stel­le, ob es das über­haupt geben kann: ein rich­ti­ges Lehr­erle­ben im fal­schen Schul­sys­tem. Im Lau­fe der Zeit habe ich eini­ge (Über-)Lebensstrategien entwickelt.

  • Secu­ri­ty | Ohne Text singt kein Mensch mit

    Die Chan­ge-Manage­ment-Fach­kraft einer gro­ßen Unter­neh­mens­be­ra­tung und ein Stu­dent im dunk­len Kapu­zen­pul­li legen in der Schlan­ge nach­ein­an­der ihre Gür­tel, die Geld­bör­sen und ihre Lap­tops in die Durch­leuch­tungs-Scha­len auf das Band der Sicher­heits­kon­trol­le. Sie schau­en sich kurz lächelnd an, weil bei­de das­sel­be Lap­top-Modell aus ihren Hand­ge­päck-Rei­se­ta­schen nesteln.

  • Rad­fah­ren in Kopen­ha­gen und Ber­lin: Vom Para­dies in die Vor­höl­le| Deutsch­land­funk Kul­tur → die über­schrift sagt eigent­lich schon alles – ein kur­zer, sub­jek­ti­ver ver­gleich der rad­fahr­mög­lich­kei­ten in den bei­den städten

    Lie­ber über gute Rad­we­ge ohne Helm als über schlech­te mit.

  • Jüdisch, ehren­hal­ber | FAZ → clau­di­us seidl sehr rich­tig zu dem blöd­sin­ni­gen geschwätz von „jüdisch-christ­li­cher prägung“:

    Inso­fern schließt die Rede von der „jüdisch-christ­li­chen Prä­gung“ nicht nur den Islam aus – was ja der eigent­li­che Zweck die­ser Behaup­tung ist. Auch Auf­klä­rung und Athe­is­mus, auch die, gera­de in der deut­schen Lite­ra­tur­ge­schich­te, so wich­ti­ge Sehn­sucht nach jenem hei­te­re­ren Him­mel, in wel­chem die mensch­li­che­ren Göt­ter der Grie­chen woh­nen, wer­den von die­ser Rede, wenn nicht aus­ge­schlos­sen, dann doch zu den Apo­kry­phen einer Tra­di­ti­on, deren Kanon angeb­lich jüdisch-christ­lich ist (man möch­te die Namen all derer, die die­se Rede zu Frem­den macht in der deut­schen Kul­tur, gar nicht auf­zäh­len müssen).

  • Wun­der­ba­rer Eigen­sinn| Faust Kul­tur → ein wun­der­ba­res, klu­ges gespräch mit dem lyrik­kri­ti­ker micha­el braun, den ich immer wie­der ger­ne lese (auch wenn ich nicht in allem mit ihm übereinstimme …):

    Ich wür­de für mich sagen: Es muss eine Stö­rung der geläu­fi­gen Sprach­struk­tu­ren erfol­gen, wir müs­sen beim Spre­chen und Schrei­ben die Ver­traut­heit ver­lie­ren – auch in unse­rem Ver­ste­hen -, wir müs­sen aus­ge­he­belt wer­den beim Lesen sol­cher Ver­se, sonst kann kein gutes Gedicht ent­ste­hen. […] Das poe­ti­sche Selbst­ge­spräch ver­mag manch­mal eben doch ande­re zu errei­chen. Und ob das nun 17 oder 97 oder 1.354 sind, spielt kei­ne Rol­le. Also, 1.354, die­se berühm­te Enzens­ber­ger­sche Kon­stan­te, ist ja noch zu opti­mis­tisch ange­legt. Nicht 1.354 Men­schen pro Popu­la­ti­on, ob in Island oder den USA, grei­fen zu Gedicht­bän­den, son­dern nur 135,4 Lyri­k­le­ser! Also die Enzens­ber­ger­sche Kon­stan­te müss­te durch 10 geteilt wer­den. 135,4 Rezi­pi­en­ten pro Gedicht­band ist die neue Kon­stan­te für öffent­li­che Auf­merk­sam­keit auf Gedichte.

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