so richtig habe ich den zusammenhang des programms ja nicht verstanden: haydn — hindemith — mendelssohn bartholdy: viel gemeinsamkeiten gibt es da nicht … ganz nett war’s aber trotzdem, das war ja zu erwarten in der villa musica ;-). also, los gehts:
Sanft weht die zarte Cellomelodie durch den Salon im ersten Stock, flutet durch das Treppenhaus und das ganze Anwesen, mitfühlend verfolgt von der Violine und zart untermalt von der Klavierstimme: Die Villa Musica ist aus dem Sommerschlaf erwacht.
Ganz angemessen geschieht das mit einem Konzert des hauseigenen Ensembles Ville Musica, also den routinierten Meistern der Kammermusik, die hier nicht nur ihre Erfahrung und ihr Wissen an junge Künstler weitergeben, sondern auch das Publikum an ihrem Können teilhaben lassen.
Das lässt sich gefallen. Denn aus der Sommerpause kommt das Ensemble, das ja nur lose gefügt ist und in verschiedenen Besetzungen arbeitet, mit frischem Elan zurück. Flott, fast unbekümmert, mit knackiger Frische und der ensembletypischen Mischung aus Genauigkeit und Lässigkeit, aus Gemeinsamkeit und individueller Überzeugungskraft an jedem Instrument lassen sie Haydns Klaviertrio Nr. 42 in C‑Dur, eines der späten Meisterwerke nach seiner zweiten Englandreise, sehr, sehr lebendig werden. Gewiss, eine Mindestdistanz bleibt immer spürbar, das kann man vor allem im Andante sehr gut merken, so ganz haben sie sich dieses Trio nicht zu eigen gemacht. Aber dann blitzt doch wieder der Schalk zwischen den Saiten hervor – zumindest einen kleinen, aber häufigen Erscheinungen.
Dieses frische Musizieren, die unverbrauchte Interpretation kann man auch in Paul Hindemiths Klarinettenquartett deutlich spüren. Forsch und tatendurstig stoßen die Vier hier ein ums andere Fenster in andere Welten auf, lassen Einblicke in Traum und Imagination zu, ermöglichen das unbeschwerte Schweifen im Reich der Vorstellung. Mit immer neuen, energischen Schüben sorgen sie dafür, dass jeder die Gelegenheit bekommt, diese Grenze zu überschreiten und hinüber zu schauen in die Welt der Kunst. Dazu mischen sie den pfiffigen Witz Hindemiths, seine weiten Melodien und schroffen Klangballungen mit großer Ausdauer und feinem Gespür für die wohlgeformte Dramaturgie. Und genau das macht Felix Mendelssohn Bartholdys erstes Klaviertrio am Schluss des Konzertes zum Hit des Abends. Denn das Konzertfinale gelingt dem Ensemble eindeutig am besten, am lebendigsten und intensivsten. Patrick Demenga lässt sein Cello hier noch einmal besonders weich und bestimmt brummen, Muriel Cantoreggi geigt auf- und herausfordernd, drängt spielerisch immer wieder voran. Und Yuka Imamine am Klavier gibt ihre feine Zurückhaltung wenigstens teilweise auf. Die Mittelsätze erzählen so zart und quirlig feingesponnene Elfengeschichten – typisch Mendelssohn Bartholdy eben. Und die Rahmensätze binden das in großer Offenheit, vom Ensemble Villa Musica mit Gespür für die richtige Dosis Größe und Majestät, klangliche Abrundung und lebendige Nuancierung realisiert, prächtig und klangvoll zusammen.
(geschrieben für die mainzer rhein-zeitung)