Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Schlagwort: klassik

briefe einer freundschaft

nun ja, eigentlich sind es ja nur frag­mente: hwh war offen­bar doch recht schlampig beim aufheben… jeden­falls fehlen vor allem von bach­manns briefe ein großer teil, auch son­st einige lück­en, die die lek­türe nicht ger­ade erle­ichtern, weil die bezüge ständig fehlen.

anson­sten sind die briefe dieser ach so tollen, fast schon mythol­o­gisierten fre­und­schaft nicht dazu ange­tan, mein eher abneigen­des ver­hält­nis zu hwh zu rev­i­dieren. denn der briefwech­sel ist ganz schön asymetrisch: hwh fordert und ver­langt und drän­gelt, bach­mann hält dage­gen lange zeit auf abstand. und aus dem von hwh immer wieder ange­forderten libret­to wird ja auch lange nix…

das liebe geld, die schwieri­gen arbeits­be­din­gun­gen, seel­is­che mühen und jubel — und natür­lich ital­ien, das gelobte land für hwh sind die immer wieder auf­tauchen­den the­men. und auch wenn er ib immer wieder davon überzeu­gen zu ver­sucht, es ihm mit dem gang ins exil nachzu­tun, daran scheit­ert er immer wieder: ib bleibt höch­sten ein paar wochen, mal monate, dann ist sie wieder unter­wegs, rast­los wie immer.

über die gemein­samen arbeit­en erfährt man aber dann doch gar nicht so viel — außer, dass sie solch­es lieber mündlich besprachen. einzige aus­nahme: die libret­to-arbeit am “prinz von hom­burg” — aber die war von hwh auch so schon recht aus­führlich doku­men­tiert

übri­gens auch die edi­tion nicht so wahnsin­nig umw­er­fend: die kom­mentare sind teil­weise bloße selb­stver­ständlichkeit­en, die auch noch oft wieder­holt wer­den, anderes wichtiges fehlt dage­gen ganz — irgend­wie bleibt der ein­druck eines halb­herzi­gen ver­suchs, nicht fisch noch fleisch.
inge­borg bach­mann, hans wern­er hen­ze: briefe ein­er fre­und­schaft. hrsg. von hans höller. münchen, zürich: piper 2004

parsifal (frankfurt)

richard wag­n­ers par­si­fal in der oper frank­furt, insze­nierung von christof nel, diri­gent pao­lo carig­nani (beset­zung hier)

die insze­nierung für einen par­si­fal gar nicht so schlecht — extrem zurück­hal­tend, aber selb­st in dem ewig dauern­den ersten akt auf der bühne nicht ganz und gar im still­stand ver­sunken. das liegt aber vor allem am genialen raumkonzept, das die bei­den frank­furter drehbüh­nen mit die gesamte büh­nen­höhe nutzen­den lat­ten­zäunen so geschickt voll­stellte, dass durch die kom­binierte drehung der bei­den büh­nen­teile immer wieder neue, sehr inspiri­erende räume ent­standen: “zum raum ward die zeit” heißt es im libret­to ja (was auch immer das heißen soll und wie das für das büh­nen­wei­h­fest­spiel über­haupt funk­tion­ieren kann und ern­stzunehmen ist) — hier hat­te man immer­hin eine ahnung davon. und carig­nani hat­te auch durch­weg akzept­able tem­pi, schöne klang­bilder, beson­ders im zweit­en akt die ja fast eksta­sis­chen, für den par­si­fal schon fast ras­an­ten hand­lun­gen, sehr genau aus­geleuchtet und doch den sängern noch genü­gend raum gelassen. das war im drit­ten akt nicht immer so: sowohl gurne­manz (den jan-hen­drik rooter­ing eigentlich sehr präzise und bewe­gend sang, auch wenn er mit sein­er fig­ur als gral­srit­ter nur noch bed­ingt glaub­würdig war…) als auch par­si­fal (stu­art skel­ton, der mich nicht so sehr begeis­terte, immer etwas nüchtern und blass wirk­te) waren inzwis­chen doch hör­bar erschöpft und angeschla­gen. da stach die kundry von michaela schus­ter immer wieder pos­i­tiv her­vor: nicht nur schaus­pielerisch (ein­deutig die beste leis­tung auf der bühne, wie sie immer mehr ins irre abdriftete, in sich selb­st ver­schlossen, über­haupt nix mehr kapierte), son­dern ger­ade auch sän­gerisch: beein­druck­end, wie sie trotz der großen anforderun­gen noch so präzise und vor allem aus­drucksstark sin­gen kann. der amfor­t­as von alexan­der mar­co-buhrmester ist ähn­lich gut, im gegen­satz zu dem grot­ti­gen titurel von mag­nus bald­vins­son, der nur rumeiert… das verbindet ihn übri­gens mit den chören, die erstaunlich schlecht intoniert waren.

was mich — neben so vielem anderen, was mich an par­si­fal ver­stört und unver­ständlich bleibt — rat­los zurück­lies, war nur die suche nach ein­er posi­tion des regis­seurs: was sollte das ganze eigentlich? gut, wir leben alle irgend­wie in einem gefäng­nis, um uns her­aum zäune und kein platz, die män­ner pressen blut und leben aus den frauen und lassen sie fast als abfall zurück (wenn man den fall kundry hier so ver­all­ge­mein­ern darf und kann), aber son­st? was soll das ganze mit der erlö­sung? ganz zu schweigen von den berüchtigten schluss­worten “erlö­sung dem erlös­er”? da bietet nel mir irgend­wie über­haupt keine antwort, das wird nicht wirk­lich klar, da ist er, wie seine ganze insze­nierung, viel zu zurück­hal­tend, fast posi­tion­s­los. zumin­d­est ich kann seinen stand­punkt nicht erken­nen.

aber eines muss man ihm zugute hal­ten: in sein­er insze­nierung wirkt das mon­ströse werk doch erhe­blich zugänglich­er als in der konz­er­tan­ten auf­führung der frank­furter oper — da war das nur ein gigan­tis­ch­er musikalis­ch­er brock­en. und doch bleibe ich dabei: par­si­fal ist das beste mit­tel, jeden anflug von wag­ner­is­mus zu heilen. das werk als solch­es ist ein­fach zu — wie soll ich sagen? — selt­sam, abar­tig auf eine mitunter fast hochsta­p­lerisch anmu­tende weise: kein­er kann mit bes­timmtheit sagen, was der par­si­fal als ganzes über­haupt soll, aber alle verehren ihn als hohe kun­st…

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