Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Schlagwort: ausstellung

spinnennetz mit tau (unsplash.com)

Ins Netz gegangen (10.10.)

Ins Netz gegan­gen am 10.10.:

  • Wer liest heute noch Arndt? | Lyrikzeitung & Poet­ry News → die lyrikzeitung zum stre­it um den namen der uni­ver­sität in greif­swald:

    Wo „Arndt“ drauf­ste­ht, ist heute in den aller­meis­ten Fällen schlimm­stes neon­azis­tis­ches „Gedanken“gut drin. Nicht alle, die auf dem Markt in Greif­swald für Arndt als ver­meintliche Iden­ti­fika­tions­fig­ur demon­stri­erten, kan­nten diesen braunen Sub­text. Einige aber schon! Den anderen rufe ich zu: Lest meinetwe­gen Arndt, den orig­i­nalen. Die Geschmäck­er sind ver­schieden wie die Mei­n­un­gen. Aber paßt auf, ob wirk­lich Arndt drin ist, wo Arndt drauf ste­ht.

  • Ach ja, und der Rauch | Geti­dan → einige meines eracht­ens gute und tre­f­fende beobach­tun­gen und ein­schätzun­gen zur doc­u­men­ta 14
  • Bericht zu Lage der Nation | taz → ein­fach gut (oder eben auch nicht …)
  • Thelo­nious Monk – Exzen­trik­er im Zen­trum der Jaz­zgeschichte | NZZ → vor hun­dert jahren wurde thelo­nious monk geboren

    Monk-Kom­po­si­tio­nen seien gefrorene Monk-Soli, seine Soli geschmolzene Monk-Kom­po­si­tio­nen, lautet ein schön­er Satz. Er erk­lärt, warum Monk-Stücke – selb­st wenn sie von anderen schlecht gespielt wer­den — immer nach Monk klin­gen. Deswe­gen war Monk ein Genie. Auch nach sein­er eige­nen Def­i­n­i­tion: «A genius is the one most like him­self.»

Ins Netz gegangen (27.6.)

Ins Netz gegan­gen am 27.6.:

  • Hochmut großer Söhne – Sprachlog — Ana­tol Ste­fanow­itsch über einen Vorschlag, im Text der öster­re­ichis­chen Nation­al­hymne die Frauen wieder zu stre­ichen:

    Am Text der öster­re­ichis­chen Nation­al­hymne find­et sich, wie es bei Tex­ten von Nation­al­hym­nen nun ein­mal so ist, wenig Erhal­tenswertes. Sie feiert die Land­schaft (gut, das ist ger­ade noch erträglich), das „für das Schöne beg­nadete“ und mit „hoher Sendung“ aus­ges­tat­tete Volk (das ist dann eben, nation­al­hym­nen­typ­isch, nicht mehr erträglich), die kriegerische Ver­gan­gen­heit, und eine „arbeits­fro­he“ Zukun­ft. Und natür­lich wird dem „Vater­land“ auch ordentlich Treue geschworen.

  • Neues ARD-Nachricht­en­stu­dio: Thomas Roth trifft jet­zt immer auf King Kong — Medi­en — FAZ — Oliv­er Jun­gen hält vom neuen ARD-Stu­dio nicht so viel:

    Ein Oper­a­tions­fehler, das ist eigentlich eine gute Meta­pher für das, was mit den ARD-Nachricht­en passiert ist: Man hat eine Wagen­ladung Adren­a­lin in ihrem Bauch vergessen und ein­fach zugenäht.

    — dazu noch ein biss­chen Bau­drillard (Sim­u­lacrum!) und nos­tal­gis­che Rückbesin­nung auf die guten alten Zeit­en, als die Nachricht­en ohne Bilder auska­men (übri­gens auch in der FAZ!) …

  • Deutsch­land, verk­nautscht — BILD­blog
  • Rechter Über­fall in Dort­mund: Polizei nimmt Nazis in Schutz — taz.de — total crazy: “Recht­sex­treme woll­ten Rathaus stür­men. Das Innen­min­is­teri­um: Die Poli­tik­er selb­st hät­ten ran­daliert.”
  • “Ich brauche das Geld nicht” — taz.de — Thomas Piket­ty im “taz-“Interview:

    Ich ver­traue der Quan­tifizierung des Reich­tums für das Jahr 1913 stärk­er als der von 2013. Das Nationaleinkom­men wird rel­a­tiv gut erfasst. Aber die Verteilung des Einkom­mens bis in die ober­sten Schicht­en ist eine andere Frage.

    Schön auch eine andere Stelle:

    Aber es ist schon inter­es­sant, wie viel Geld da ist, zum Beispiel in großen Fir­men. Die gle­ichen Leute, die hart um jeden Euro mit ihrem Reini­gungsper­son­al oder ihren Niedriglohnar­beit­ern ver­han­deln, bieten mir 100.000 Euro für einen ein­stündi­gen Vor­trag. Wenn ich ablehne, ver­dop­peln sie das Ange­bot.

  • Pen­näler­hafte Fach­prosa — Die neue „Kul­turgeschichte der frühen Neuzeit“ ist nicht nur pein­lich, son­dern unver­schämt : literaturkritik.de — »Zu hof­fen bleibt, dass der angesichts der fehlen­den Qual­ität über­aus dreiste Preis die Käufer abzuschreck­en ver­mag«
  • Welt­meis­ter­schaft und Dop­ing — Großes Indi­an­er-Ehren­wort! — Süddeutsche.de — wun­der­bar: Thomas Kist­ner in der “Süd­deutschen” zur WM etc.:

    Wer glaubt, der Fußball sei sauber, der darf das­selbe von der Fifa glauben.

    Eine Frage bleibt am Ende: Warum teilen die Fußbal­lärzte ihr tiefes Wis­sen nicht mit der All­ge­mein­heit? Sieht man, wie manch­er 30-Jährige durch die WM-Are­nen bret­tert, obwohl er als 20- bis 25-Jähriger kein Spiel zu Ende brachte, ohne dass der Muskel zwick­te oder dicht­machte — dann stellt sich die Frage, warum mit dieser doch auch für die bre­ite Men­schheit segen­sre­ichen Heil- und Auf­baukun­st so ver­dammt diskret umge­gan­gen wird.

    Mit der Logik kommt man der medi­zinis­chen, sprich: entschei­den­den Seite dieser Mil­liar­denin­dus­trie so wenig bei wie mit Dop­ingtests. Dem gläu­bi­gen Fan ist es sowieso ein­er­lei: Augen zu, und ein­fach feste daran glauben.

  • Twit­ter / Calvinn_Hobbes: The entire edu­ca­tion sys­tem … — RT @hnnngkttr: Time for change? “@Calvinn_Hobbes: The entire edu­ca­tion sys­tem summed up in a three pan­el com­ic strip. ” #edchatde
  • An die weib­lichen und männlichen Waf­fen­scheuen

    Die Waf­fen hoch! Das… | Aphorismen.de

    — RT @giesbert: Der Felix Dahn war mit sein­er Antwort an Bertha von Sut­tner auch so ein Knalldepp.
  • Er kann es ein­fach nicht | Begleitschreiben — Gre­gor Keuschnig hat sich Chris­t­ian Wulffs “Ganz oben, ganz unten” auf den Unter­suchungstisch gelegt:

    Ich habe inzwis­chen keinen Zweifel daran, dass Wulff in ein­er Mis­chung aus selbst­verschuldetem Unglück und narzis­stis­chem Jagdtrieb einiger wildge­wor­den­er Ego­ma­nen einem eben auch qual­itäts­me­di­alen Blu­trausch erlag, in dem sich zu Beginn mehrere Jäger gle­ichzeit­ig auf das gle­iche Objekt konzen­tri­erten.
    […] bietet er mit teil­weise unge­nauen und unge­lenken For­mulierun­gen wieder neue Angriffs­flächen. So langsam ver­fes­tigt sich der Ein­druck: Er kann es ein­fach nicht.

  • Siri Hustvedt trifft Carl Djeras­si — Wieder so eine toll konzip­ierte Ver­anstal­tung, die mehr ver­heißt als sie ein­löst:

    Es sei so eine Sache mit dem Dia­log, murmelt Siri Hustvedt vor sich hin.

  • Neue sichere Herkun­ftsstaat­en: Ein Prob­lem wird zur Lösung -

    Bere­its diese kurzen Aus­führun­gen zeigen, dass die Ein­stu­fun­gen von Maze­donien, Ser­bi­en und Bosnien-Herze­gow­ina als sichere Herkun­ftsstaat­en wenig Anlass zur Freude bieten – sie wer­fen in erster Lin­ie euro­parechtliche Bedenken auf. Daneben ist diese Geset­zesän­derung ein Beispiel, wie im Ver­lauf von nur 20 Jahren der Grund für ein Prob­lem zu dessen Antwort (gemacht) wird.

  • Fränkisches Reich : Das ewige Leben ein­er dien­st­baren Leiche — Nachricht­en Kul­tur — DIE WELT — Eck­hard Fuhr ist von den Ausstel­lun­gen zum 1200. Todestag von Karl dem Großen in Aachen sehr ange­tan:

    Es ist ein­fach so: Auch wer von tiefer Skep­sis gegen jeden Ver­such erfüllt ist, mit Karl dem Großen Geschicht­spoli­tik betreiben, sollte jet­zt doch nach Aachen fahren. Denn um das zu sehen, was er dort zu sehen bekommt, muss er son­st um die ganze Welt reisen.

    Sehr recht hat er übri­gens auch mit sein­er Ein­leitung:

    Ohne Karl ver­ste­hen wir gar nichts.

  • Kom­men­tar zum deutschen Ran­schmeiß-Jour­nal­is­mus | 11 Fre­unde — Die 11 Fre­unde sind mit der öffentlich-rechtlichen “Berichter­stat­tung” zur WM zu Recht nicht zufrieden:

    Alle zwei Jahre, bei den großen Turnieren, wird Deutsch­land zu Sch­land, ein­er Nation der Nar­ren. Den Fans sei dieser Aus­nah­mezu­s­tand vergön­nt und verziehen. Die Sender und ihre Jour­nal­is­ten allerd­ings dür­fen sich davon nicht mitreißen lassen. Denn was geschieht etwa, wenn die National­mannschaft doch noch frühzeit­ig auss­chei­det – ein Szenario, das nach nur einem Spiel und der beglei­t­en­den Schwärmerei noch unwahrschein­lich­er erscheint, als dass Joachim Löw mal schlecht ange­zo­gen ist? Für diesen Fall braucht es kri­tis­che Analy­sen und harte Fra­gen. Und keine weinen­den Jour­nal­is­ten am Pool.

  • Why ‘Game of Thrones’ Isn’t Medieval—and Why That Mat­ters — Pacif­ic Stan­dard: The Sci­ence of Soci­ety
  • The­se­nan­schlag: Schwang Luther 1517 tat­säch­lich den Ham­mer? — FAZ — Mar­tin Luthers The­se­nan­schlag von Wit­ten­berg ist sich­er der berühmteste, aber längst nicht der einzige: Eine Geschichte des Anschla­gens von Zetteln an Kirchen.
  • Die Veröf­fentlichungs­form der Zukun­ft? Mein Lösungsvorschlag: Ein Auf­satz in Baum- und Ebe­nen­struk­tur. | Mit­te­lal­ter — eine schöne idee, die chris­t­ian schwader­er da entwick­elt hat …

Revolutionär? Die Darmstädter Büchnerausstellung

“Rev­o­lu­tion mit Fed­er und Skalpell” ist die große Ausstel­lung zum 200. Geburt­stag von Georg Büch­n­er unter­titelt. Das ist bemerkenswert (weil momen­tan das Rev­o­lu­tionäre in Leben und Werk Büch­n­ers keine beson­dere Kon­junk­tur hat …) und son­der­bar, weil es die Ausstel­lung nicht wider­spiegelt. Offen­bar war die Lust nach einem grif­fi­gen Slo­gan aber größer als der Wun­sch, dem Besuch­er zu sig­nal­isieren, was ihn erwartet …

Ganz Darm­stadt büch­n­ert dafür, für die Gele­gen­heit “seinen” Dichter zu ehren. Über­all wird für ihn und vor allem die Ausstel­lung gewor­ben. Auch das übri­gens viel bunter, pep­piger und pop­piger als in den Hallen selb­st — da herrscht klas­sis­che Typogra­phie in Schwarz auf Weiß bzw. Weiß auf Schwarz vor. Son­st tun sie das ja eher nicht oder doch zumin­d­est deut­lich zurück­hal­tender. Sei’s drum …

"wir alle haben etwas mut und etwas seelengröße notwendig" - Büchner-Zitat-Installation am Darmstädter Hauptbahnhof

“wir alle haben etwas mut und etwas see­len­größe notwendig” — Büch­n­er-Zitat-Instal­la­tion am Darm­städter Haupt­bahn­hof

Im Darm­stadtium hat die ver­anstal­tende Mathilden­höhe mit der Ausstel­lung Raum gefun­den, Georg Büch­n­er zu erin­nern und zu verge­gen­wär­ti­gen. Wobei Raum schon schwierig ist — das sind offen­bar ein paar Eck­en, die bish­er ungenutzt waren, ver­winkelt und ver­schachtelt — was der Ausstel­lung nur mäßig gut­tut, Über­sicht oder logis­che Abläufe oder auch bloße Entwick­lun­gen gibt es hier wenig.

Was gibt es aber in der Ausstel­lung zu erfahren und zu sehen? Zuerst mal gibt es unheim­lich viel zu sehen — und viele schöne, span­nende Sachen. Zum Beispiel das nachge­baute Wohnz­im­mer der Büch­n­ers — nicht rekon­stru­iert, aber schön gemacht (schon die Wände haben mir gefall­en). Sehr schön auch die Rekon­struk­tion sein­er let­zten Woh­nung in Zürich (Spiegel­gasse 12 — ganz in der Nähe wird später auch Lenin resi­dieren), seines Ster­bez­im­mers (zwar hin­ter Glas, aber den­noch sehr schön). Auch die Büchner’sche Haar­locke darf natür­lich nicht fehlen.

Büchner auf der Treppe zur Ausstellung (keine Angst, der Rest der Ausstellung ist nicht so wild ...)

Büch­n­er auf der Treppe zur Ausstel­lung (keine Angst, der Rest der Ausstel­lung ist nicht so wild …)

Über­haupt, das kann man nicht oft genug beto­nen: Zu sehen gibt es unendlich viel: Unzäh­lige Stiche, Radierun­gen, Bilder — von Darm­stadt und Straßburg vor allem. Gießen zum Beispiel ist extrem unter­repräsen­tiert. Und natür­lich gibt es Texte über Texte: Schriften, die Büch­n­er gele­sen hat, die er benutzt hat, die er ver­ar­beit­et hat — sie tauchen (fast) alle in den enst­prechen­den Druck­en der Büch­n­erzeit hier auf, von Shake­speare bis zu den medi­zinis­chen Trak­tat­en, von Descartes bis Goethe und Tieck.
Auch Büch­n­er selb­st ist mit seinen Schriften vertreten — naturgemäß weniger mit Druck­en — da ist außer “Danton’s Tod” ja wenig zu machen -, son­dern mit Hand­schriften. Die sind in der Ausstel­lung zwar reich­lich in Orig­i­nalen zu bewun­dern, aber Tran­skrip­tio­nen darf man nicht erwarten. Und lesen, das ist bei Büch­n­ers Sauk­laue oft nicht ger­ade ein­fach. Zumal mir da noch ein ander­er Umstand arg aufgestoßen ist: Die Exponate in der (aus kon­ser­va­torischen Grün­den) sehr dämm­ri­gen Ausstel­lung sind in der Regel von schräg oben beleuchtet — und zwar in einem sehr ungün­sti­gen Winkel: Immer wenn ich mir einen Brief an oder von Büch­n­er genauer betra­cht­en wollte, um ihn zu entz­if­fern, stand ich mir mit mein­er Rübe selb­st im Licht.

Son­st bietet die Ausstel­lung so ziem­lich alles, was mod­erne Ausstel­lungs­plan­er und ‑bauer so in ihrem Reper­toire haben: Pro­jek­tio­nen, Mul­ti­me­di­ain­stal­la­tio­nen, Ani­ma­tio­nen, überblendete Bilder, eine Art Nachrich­t­entick­er (der schw­er zu bedi­enen ist, weil er dazu tendiert, in irrem Tem­po durchzurasen), mit Vorhän­gen abge­tren­nte Sep­a­rées (während das beim Sezieren/der Anatomie unmit­tel­bar Sinn macht, hat mir das ero­tis­che Kabi­nett ins­ge­samt nicht so recht ein­geleuchtet …) und sog­ar einen “Lenz-Tun­nel” (von dem man sich nicht zu viel erwarten darf und sollte). Der let­zte Raum, der sich der Rezep­tion der let­zten Jahrzehnte wid­met, hat das übliche Prob­lem: So ganz mag man die Rezep­tion nicht weglassen, eine verün­ftige Idee dafür hat­te man aber auch nicht. Da er auch deut­lich vom Rest der Ausstel­lung getren­nt ist und qua­si schon im Foy­er liegt, ver­liert er zusät­zlich. Viel span­nen­des gibt es da aber eh’ nicht zu sehen, so dass man dur­chaus mit Recht hin­durcheilen darf (wie ich es getan hab — Wern­er Her­zog kenne ich, Alban Berg kenne ich, Tom Waits auch, die Her­bert-Gröne­mey­er-Bear­beitung von “Leonce und Lena” sollte man sowieso mei­den …).

Bei manchen Wer­tun­gen bin ich naturgemäß zumin­d­est unsich­er, ob das der Wahrheit let­zter Schluss ist — etwa bei der Beto­nung der Freude und des Engage­ments, das Büch­n­er für die ver­gle­ichende Anatomie entwick­elt haben soll — was übri­gens in der Ausstel­lung selb­st schon durch entsprechende Zitate kon­terkari­ert wird und in mein­er Erin­nerung in Hauschilds großer Büch­n­er-Biografie nicht von unge­fähr deut­lich anders dargestellt wird. Unter den Experten und Büch­n­er-Biografen schon immer umstrit­ten war die Rolle des Vaters — hier taucht er über­raschend wenig auf. Über­haupt bleibt die Fam­i­lie sehr im Hin­ter­grund: Sie bietet nur am Anfang ein wenig den Rah­men, in dem Georg aufwächst — mehr Wert als auf die Fam­i­lie und per­sön­liche Beziehun­gen über­haupt legt die Ausstel­lung aber auf Erfahrun­gen und Rezep­tio­nen von Kun­st (Lit­er­atur, The­ater, Gemälde und andere mehr oder weniger muse­ale Gegen­ständlichkeit­en) und geo-/to­pographis­chem Umfeld.

Nicht zu vergessen sind bei den Exponat­en aber die kür­zlich ent­deck­te Zeich­nung August Hoff­mann, die wahrschein­lich Büch­n­er zeigt. Auch wenn ich mir dabei wiederum nicht so sich­er bin, dass sie das Büch­n­er-Bild wirk­lich so radikal verän­dert, wie etwa Ded­ner meint (in der Ausstel­lung wird sie nicht weit­er kom­men­tiert). Und die erste “echte” Guil­lo­tine, die ich gese­hen habe, auch wenn es “nur” eine deutsche ist.

Gestört hat mich ins­ge­samt vor allem die Fix­ierung auf den Audio­gu­ide — ich hätte gerne mehr Text an der Wand gehabt (zum Beispiel, wie erwäh­nt, die Tran­skrip­tio­nen der Hand­schriften — die muss man mir nicht vor­lesen, da gibt es wesentlich ele­gan­tere Lösun­gen, die ein­er Ausstel­lung über einen Schrift­steller auch angemessen­er sind). Zumal die Sprech­er manch­mal arg gekün­stelt wirken.

Und wieder ist mir aufge­fall­en: Büch­n­er selb­st ist fast so etwas wie das leere Zen­trum der Ausstel­lung (auch wenn das jet­zt etwas über­spitzt ist). Es gibt hier unheim­lich viel Mate­r­i­al aus seinem näheren und weit­eren Umkreis, zu sein­er Zeit­geschichte und sein­er Geo­gra­phie — aber zu ihm selb­st gar nicht so viel. Das ist natür­lich kein Zufall, son­dern hängt eben mit der Über­liefer­ungs- und Rezep­tion­s­geschichte zusam­men. Aber als Panora­ma des Vor­märz im Großher­zog­tum Hes­sen (und Straßburg) ist die Ausstel­lung dur­chaus tauglich. Jet­zt, wo ich darüber nach­denke, fällt mir allerd­ings auf: Wed­er “Vor­märz” noch “Junges Deutsch­land” sind mir in der Ausstel­lung begeg­net. Von der Ein­bet­tung sollte man sich auch über­haupt wed­er in lit­er­aturgeschichtlich­er noch in all­ge­mein­his­torisch­er Hin­sicht zu viel erwarten: Das ist nur auf Büch­n­er selb­st bezo­gen, nachträgliche Erken­nt­nisse der Forschung oder nicht von Büch­n­er selb­st explizierte Zusam­men­hänge ver­schwinden da etwas.

Und noch etwas: eines der über­raschend­sten Ausstel­lungsstücke ist übri­gens Rudi Dutschkes Han­dex­em­plar der Enzens­berg­er-Aus­gabe des “Hes­sis­chen Land­boten”, mit sehr inten­siv­en Lek­türe­spuren und Anmerkun­gen …

Hoch geht's zu Büchner

Hoch geht’s zu Büch­n­er

Aber dass der Kat­a­log — ein gewaltiger Schinken — die Abbil­dun­gen aus irgend ein­er ver­sponnenen Design-Idee alle auf den Kopf gestellt hat, halte ich gelinde gesagt für eine Frech­heit. Ein Kat­a­log ist meines Eracht­ens nicht der Platz für solche Spiel­ereien (denen ich son­st ja über­haupt nicht abgeneigt bein), weil er dadurch fast unbe­nutzbar wird — so einen Brock­en mag ich eigentlich nicht ständig hin und her drehen, so kann man ihn nicht vernün­ftig lesen.

Aber trotz­dem bietet die Ausstel­lung eine schöne Möglichkeit, in das frühe 19. Jahrhun­dert einzu­tauchen: Sel­ten gibt es so viel Aura auf ein­mal. Die Ausstrahlung der Orig­i­nale aus Büch­n­ers Hand und der (Druck-)Erzeugnisse sein­er Gegen­wart, von denen es hier ja eine fast über­mäßige Zahl gibt, ist immer wieder beein­druck­end — und irgend­wie auch erhebend. Fast so ein­drück­lich übri­gens wie die Lek­türe der Texte Büch­n­ers selb­st — dadrüber kommt die Ausstel­lung auch mit ihrer Masse an Exponat­en nicht.

Ins Netz gegangen (27.8.)

Ins Netz gegan­gen am 27.8.:

  • Kein neuer Wind im DHM: Ein Fall von Geschichtsvergessen­heit — FAZ — Andreas Kilb ist mit dem DHM in Berlin nicht zufrieden:

    „Geschichts­bilder“ will die Ausstel­lung ver­mit­teln, aber man sieht vor allem Geschichts­ma­te­r­i­al: Objek­te statt Ori­en­tierung. […] Koch, scheint es, möchte Europa wieder an den Rand und die Nation, das „Erbe“, in den Mit­telpunkt rück­en.

    Inter­es­sant auch mal wieder der Blick in die Kom­mentare: Die Leser der FAZ scheinen (immer noch) viel nation­alkon­ser­v­a­tiv­er zu sein als die Autoren …

  • Abschied von gestern (5): Der Schön­heit wohnt der Schreck­en inne — FAZ — Jakob Stro­bel y Ser­rra nimmt kein Blatt vor den Mund, dass er sich auf sein­er Mosel­reise nur sehr sel­ten wohlge­fühlt hat:

    Die Mosel hängt an ihrer Geschichte — kein Wun­der, denn die touris­tis­che Ver­gan­gen­heit der siebziger Jahre ist hier qui­etschfi­del. Inzwis­chen aber begreifen die Mose­lan­er, dass die Zeit selb­st an ihrem zeit­los schö­nen Fluss nicht still­ste­ht.

    Selt­sam und typ­isch aber auch, dass er sich über die Bier­trinker im Moseltal lustig macht, weil die die regionalen Spezial­itäten — den Wein — nicht goutieren, er selb­st dann aber nur zufrieden ist, wenn er Fric­as­sée von bre­tonis­chen (!) Hum­mer auf dem Teller hat …

  • It’s Left-wing prats who are defend­ing our free­doms — Tele­graph — RT @wortfeld: Kom­men­ta­torin des kon­ser­v­a­tiv­en Tele­graph stellt sich wider­willig an die Seite der »left-wing prats« in Sachen NSA:

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