… zumin­d­est den Mainz­er Musik­som­mer. Lei­der kon­nte ich mich nur teil­weise für das Abschlusskonz­ert des diesjähri­gen Fes­ti­vals erwär­men:

Der Titel war ein biss­chen geschum­melt: „Von Bach bis Bern­stein“ war das Abschlusskonz­ert des diesjähri­gen Mainz­er Musik­som­mers über­schrieben. Aber die vier Män­ner von Per­cus­sion Posaune Leipzig hat­ten sich für ihr Konz­ert im Kreuz­gang von St. Stephan viel mehr vorgenom­men: Von englis­chen Madri­galen des 16. Jahrhun­derts bis zu zeit­genös­sis­chen Kom­po­si­tio­nen umfasste ihr Pro­gramm fast die ganz europäis­che Musikgeschichte. Und das mit drei Posaunen und einem Schlagzeug – wahrlich ein Kraftakt.

Aber Bach und Bern­stein waren auch dabei, an diesem lauen Som­mer­abend. Und es waren nicht die schlecht­esten Teile eines sehr durchwach­se­nen Konz­ertes, die sich direkt auf den Titel bezo­gen. Von Bach zum Beispiel hätte man gerne noch mehr gehört: Das E‑Dur-Präludi­um aus dem zweit­en Band des Wohltem­periertn Klaviers näm­lich wirk­te auch mit der völ­lig Bach-frem­den Beset­zung der drei Posaunen ganz aus­geze­ich­net: Als span­nende Klangschön­heit, die sich im Kreuz­gang dank des beseel­ten Spiels der drei Posaunis­ten sehr atmo­sphärisch ent­fal­ten kon­nte. Schade, dass sie es bei dem einen Präludi­um beließen – so hätte man gerne mehr gehört, und wenn es nur die dazuge­hörige Fuge gewe­sen wäre, die lei­der vier Stim­men erfordert. Aber dafür war in ihrem Pro­gramm kein Platz – denn Per­cus­sion Posaune Leipzig hat­te etwas anderes vor: Sie woll­ten nett und unter­halt­sam sein, sie woll­ten lieber an der Gren­ze zwis­chen leichter Klas­sik, Pop und Jazz musizieren. Das macht­en sie schon von Anfang an klar: Die berühmten Eröff­nungstak­te von Richard Strauss’ „Also sprach Zarathus­tra“ ver­wan­del­ten sich naht­los in ein mitreißen­des Arrange­ment von Duke Elling­tons fast genau­so berühmten „Car­a­van“.

Lei­der blieb nicht alles auf diesem Niveau. Die Choral­fan­tasie ihres Leipziger Posaunenkol­le­gen Hen­ry Walther über „Lobet den Her­ren alle, die ihn ehren“ bot immer­hin – trotz des erstaunlich schlapp gespiel­ten Chorals – einige fet­zige Pas­sagen in den zunehmend stärk­er ange­jaz­zten Vari­a­tio­nen. Auch der Beginn des zweit­en Pro­grammteils, die „Habanera“ aus Bizets „Car­men“, bot dem Quar­tett – wiederum in leicht ange­jaz­zter Ver­sion – die Möglichkeit, spielerisch ihr Kön­nen zu zeigen. Vor allem in dem sich daraus entwick­el­nden Solo, das zwis­chen­durch auf ein­mal beim durch Sina­tra berühmt gewor­de­nen My Way“ gastierte und dann, in der Zusam­me­nar­beit mit der elek­tro­n­is­chen Unter­stützung der Loop­mas­chine, tre­f­flich demon­stri­erte, das man als Posaunist gar nicht so viel Met­all braucht, um Musik zu machen: Stück für Stück entledigte sich der Musik­er Teile sein­er Posaune: Zuerst fiel der Schall­trichter weg, dann der Zug, bis nur noch das Mund­stück übrig war – und selb­st das braucht so ein echter Posaunist eigentlich gar nicht. Dann war er zwar nur noch Sänger, klang aber immer noch fast wie eine Posaune.
Dazwis­chen war allerd­ings auch einiges plattes, witzig gemeintes, aber nicht sehr amüsantes zu hören – und zwei über­lange, musikalisch lei­der belan­glose Schlagzeug­soli von Wol­fram Dix. Immer­hin bot Per­cus­sion Posaune Leipzig zum Abschluss noch die High­lights aus Leonard Bern­steins „West Side Sto­ry“. Das geschick­te und effek­tvolle Arrange­ment von Wern­er Pfüller ließ die Musi­cal­hits nicht nur erken­nen, sie klan­gen sog­ar richtig gut und boten so einen fro­hen und ver­söhn­lichen Schluss.

(geschrieben für die Mainz­er Rhein-Zeitung.)