das konz­ert hieß dies­mal “con flau­to” und präsen­tierte kun­ter­bunte kam­mer­musik aus europa mit und ohne flöte (genau, so deut­lich und zwin­gend war die pro­gramm­folge). und mit etwas unter­schiedlichen ergeb­nis­sen:

Ein­mal quer durch Europa geht die Reise – und immer mit ein­er Flöte. Aber schon das stimmt nicht ganz: Bei Mendelssohn-Bartholdys Sex­tett op. 110 ist nicht ein­mal eine Flöte dabei. Auch son­st sind die Zusam­men­hänge bei diesem Konz­ert in der Vil­la Musi­ca eher lose. Und das dis­parate Pro­gramm bietet auch sehr unter­schiedliche Ergeb­niss von den Stipen­di­at­en um Davide Formisano und Mar­tin Ostertag. Das eröff­nende Quin­tett von Joseph Mar­tin Kraus für Flöte und Stre­ichquar­tett etwa blieb lei­der ziem­lich blass und leb­los. Das passiert beim Mozart-Zeitgenossen Kraus zwar oft, ist aber aus­ge­sprochen schade. Denn das ist dur­chaus frische Musik.

Auch Mendelssohn-Bartholdys Sex­tett für Klavier und Stre­ich­er, ein Jugendw­erk, blieb zunächst eher unbe­friedi­gend. Das lag vor allem an der Pianistin Sarah Hiller, die sich ger­ade im ersten Satz alle Mühe gab, möglichst hin­ter den Stre­ich­ern zu ver­schwinden. Und das ist lei­der genau verkehrt, denn ger­ade hier hätte das Piano unbe­d­ingt die Führung beanspruchen müssen. Sie revanchierte sich dann mit ein­er fast schon wieder über­ar­tikulierten Ada­gio – ab dem drit­ten Satz pen­delte sich das dann endlich auf das richtige Maß ein. Den­noch ließ auch das Sex­tett noch Wün­sche offen – zu hak­lig war das Zusam­men­spiel noch, zu wenig Natür­lichkeit und ungezwun­gener Fluss war in dieser fast salon­fähi­gen Musik zu spüren,
Richtig gut, ja beein­druck­end schlüs­sig wurde es also erst nach der Pause. Da war zunächst „Archi­tec­ton­ics I“ des est­nis­chen Kom­pon­siten Erk­ki-Sven Tüür zu hören.
Dessen lockere Struk­tur mit stetig wech­sel­nder Instru­men­ta­tion in schweben­der Rhy­ht­mik, die sich in zunehmender Bewe­gung immer stärk­er zusam­men­zieht, um freilich wieder ganz ähn­lich dem Anfang in aus­ge­sprochen ruhi­gen Wech­sel­spiel zu enden, musizierten die Bläs­er gelassen, mit nüchterne Strenge und Küh­le ganz überzeu­gend.
Und das bot einen wun­der­baren Kon­trast zum abschließen­den Nonett von Joseph Rhein­berg­er: Hier die geistige und kon­struk­tive Strenge der (Post-)Moderne, dur­chaus mit sinnlichem Anspruch, dort der bedenken­los ver­schwen­derische Über­fluss mit Anspruch auf kon­struk­tive Form der späten Spätero­man­tik. Rhein­berg­er sprengt damit zwar die Gren­zen der Kam­mer­musik – oft behan­delt er das Ensem­ble eher wie ein kleines Orch­ester. Aber genau das kon­nten die Stipen­di­at­en um den Flötis­ten Davide Formisano her­vor­ra­gend umset­zen: Mit großen Gesten spiel­ten sie das weit ausufer­nd, kosteten die Rafi­nesse und Fülle der motivis­chen und har­monis­chen Verzah­nun­gen wun­der­bar aus – ein her­rlich­er Abschluss.