Ein interessantes Unternehmen startet Jörg Mielczarek gerade: Die Literatur der Weimarer Republik als Zeitschrift. Fünf. Zwei. Vier. Neun. Zeitschrift für Gesellschaft, Kultur und Literatur in den 5.249 Tagen der Weimarer Republik soll die heißen und führt damit die Dauer der Weimarer Republik im Titel (ich hab’s nicht nachgerechnet …). Mielczarek hat dafür auf Startnext eine Crowdfunding-Kampagne gestartet, in der das Projekt der monatlich erscheinenden Zeitschrift mit begleitender Buchreihe natürlich auch ausführlich vorgestellt wird. Starten soll das ganze passend am 9. November.
Die Vorstellung liest sich ein bisschen wie “Buch als Magazin” meets Literaturzeitschrift meets literaturhistorische Arbeit:
Die Weimarer Republik ist nicht nur aus historischer Sicht eine der bedeutendsten Epochen der deutschen Geschichte. Es war auch die Zeit großer Schriftsteller und großer Literatur. Die Ereignisse zwischen 1918 und 1933 – Ende des 1. Weltkrieges, Versailler Vertrag, Weltwirtschaftskrise, Aufstieg des Nationalsozialismus – bilden dabei den Hintergrund für außergewöhnliche Romane, herausragende Erzählungen und für Theaterstücke, die für Furore sorgten. Weltbekannte Autoren wie Thomas und Heinrich Mann, Hans Fallada, Bertolt Brecht, Hermann Hesse oder Franz Kafka sind untrennbar mit dieser Epoche verbunden. Aber auch weniger bekannte Literaten wie zum Beispiel Marieluise Fleißer, Leonhard Frank, Irmgard Keun oder Edlef Köppen, deren Werke heute oft vergriffen sind, haben die besondere Atmosphäre dieser Zeit in ihren Stücken, Romanen und Gedichten eingefangen und zu Papier gebracht. Es ist daher an der Zeit, dass die Literatur der Weimarer Republik endlich ein angemessenes Forum bekommt.
Dieses Forum soll die monatlich erscheinende Zeitschrift „Fünf. Zwei. Vier. Neun.“ sein, eine Zeitschrift für Gesellschaft, Kultur und Literatur in den 5.249 Tagen der Weimarer Republik. Jede Ausgabe widmet sich dabei einem Schwerpunktthema. Bei der Nullnummer wird dies die Weltwirtschaftskrise sein, und nicht von ungefähr ist Hans Falladas Roman „Kleiner Mann, was nun?“ die Titelgeschichte dieser Ausgabe. Kein anderer Roman macht die Angst und die Verunsicherung der Angestellten und Arbeiter zu dieser Zeit so spürbar wie dieses Meisterwerk. Auf circa 100 Seiten werden zusätzlich weitere Stücke, Reportagen, Erzählungen und Gedichte zu diesem Schwerpunktthema veröffentlicht – diese werden zudem durch den originalgetreuen Abdruck von Zeitungsartikeln aus dieser Zeit in einen historischen Kontext gebracht. Herzstück der Nullnummer ist das komplette Theaterstück „Die Bergbahn“ von Ödön von Horváth in der Mitte des Heftes, das separat heraustrennbar ist. Ein solches „Heft im Heft“ mit einem kompletten Originaltext wird jede Ausgabe haben.
„Fünf. Zwei. Vier. Neun.“ ist aber mehr als nur eine Zeitschrift. Zu jeder Ausgabe erscheint daher ein Taschenbuch mit weiteren Texten zum Schwerpunktthema des Monats. Der Fokus liegt dabei auf Erzählungen und Werken von Autoren, die heute leider kaum jemand mehr kennt. Eine echte Fundgrube für Literaturliebhaber, in der es viel Neues zu entdecken gibt!
Wenn ich ehrlich bin: Ich bin etwas skeptisch, ob das wirklich — und über mehrere Nummern, dauerhaft und dann auch noch jeden Monat — funktionieren wird. Aber das war ich bei anderen Zeitschriften, gerade beim “Buch als Magazin”, auch — und wurde des Gegenteils belehrt … Das darf hier gerne auch passieren, der Gegenstand und das Engagement von Mielczarek, der sich schon länger mit der Literatur der Weimarer Republik beschäftigt, wären es auf jeden Fall wert.
Also: Spannend und interessant ist das sicher und auch eine kleine finanzielle Unterstützung wert (zumal das beim Crowdfunding ja keine Spende ist, man bekommt ja einiges dafür). Ich bin jedenfalls gespannt, was daraus wird — die Zwischenkriegszeit bietet ja eine sehr reichhaltige und reich differenzierte Literatur, die heute kaum noch in ihrer Breite und Tiefe bekannt ist. Wenn Fünf. Zwei. Vier. Neun. daran etwas ändern kann, wäre ja schon viel erreicht … Und wenn noch eine interessante, lesenswerte Zeitschrift bei herauskommt, die unsere Gegenwart bereichert — umso besser!
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