- Das erste Mal ist ja immer etwas Besonderes. Nervös war ich also schon, als es heute morgen um 9.30 Uhr zu meinem ersten Marathon losging.
Die Vorgeschichte:
Angemeldet hatte ich mich zum Halbmarathon. Meine Zielzeit damals, im September 2006: 1:45:00 (war da schon eher vorsichtig). Also fand ich mich im zweiten Startblock wieder. Seit ich am 1. Dezember mit dem täglichen Laufen begonnen habe, hat sich die form wunderbar entwickelt. Und bald kam die Idee auf: Wenn ich schon das viele Geld bezahle, könnte ich doch auch einen richtigen Marathon probieren. Bis Mitte Februar habe ich mir Bedenkzeit eingeräumt und dann entschieden, die Vorbereitung anzugehen, d.h. das Wochenpensum auf geplante 70 bis 80 km zu erhöhen und vor allem die enstprechenden langen Läufe einzuführen. Das hat so mehr schlecht als recht geklappt, irgendwas kam ziemlich oft dazwischen (der Skiurlaub, eine Woche mit leichtem Tibia-Kanten-Syndrom und entsprechend eingeschränkter Laufffähigkeit, Termine …). Ich habe ja auch immer vorsichtig betont, dass ich nur dann den Marathon laufe, wenn es mir gut geht und die Umstände enstprechend sind ;-). In den letzten zwei, drei Wochen schien sich meine Form dann eher zu verschlechtern. Offenbar zeigten sich auch die ersten Anzeichen einer Allergie (jedenfalls habe ich die letzten 10 Tage wesentlich mehr als sonst geniest und geschnupft). Aber es sollte dann halt doch sein – so viel zeit der Vorbereitung, die anstrengende langen Läufe, das sollte sich ja auch lohnen …So stand ich also heute morgen um 9:15 Uhr im Startfeld und ärgerte mich kurz darauf, nicht noch einmal die Toiletten aufgesucht zu haben – aber jetzt waren mir die Schlangen vor den Dixies doch zu lang geworden. Die 8589 Teilnehmer (bei 10000 Anmeldungen) hatten wohl ähnliche Bedürfnisse (Für die Freunde der Statistik: Marathon: 1653 Männer + 279 Frauen (=1931 (inkl. der Deutschen Marathonmeisterschaft), d.h. noch weniger als 2006, wenn ich die Statistik recht im Kopf habe, ich finde sie gerade nicht – das hätte ich nicht erwartet, diesen großen Unterschied zwischen den Geschlechtern); Halbmarathon: 3931 + 1868 (=5799); 2/3‑Marathon: 654 + 205 (=859); Handbiker (vor den Läufern): 59 + 6; und außerdem noch Schüler-Staffeln – die sind teilweise recht unverschämt kreuz und quer durch die anderen Läufer hindurchgeflitzt – sie waren halt viel schneller auf ihren kurzen Teilstücken).) Die Strecke: Zwei Runden, die sich teilweise unterschieden, fast ausschließlich auf Asphalt (2,x % Pflaster in der Altstadt). Das Wetter: Blauer Himmel, also Sonne pur, am Ende ca. 25 °C, ganz leichter Wind.
- Die Stimmung an der Strecke war schon beeindruckend: Für mich als Neuling bei so großen Veranstaltungen geradezu übewältigend. Vor allem in der ersten Runde war sie fast zu gut: So viel Anfeuerung, schmissige Musik von den unzähligen Spielmannszügen, viel Publikum – da musste ich mich wirklich ständig bremsen. Ab der zweiten Runde, schon ab Kostheim, wurde das doch erheblich weniger – mit deutlichen Hotspots in Mombach und natürlich in der Altstadt aber immer noch toll.
Der Start also: Das ist schon ein Wahnsinn, diese massen an Läufern. Und alle wälzen sich die selbe Strecke entlang, ein ziemlich beeindruckender Lindwurd. So ab km 15 enstspannte es sich aber schon deutlich, nach dem Halbmarathon war es sogar außerordentlich leer.
Der Lauf:
Von Anfang an lief es gleich super, trotz des Gedränges war ich gut im Tempo unterwegs – genauer gesagt: Ich war zu schnell, und ich war von Kilometer zu Kilometer mit ständig wechselnden Tempi unterwegs. Auch die zweite Runde lief zunächst super, mit ausgesprochen schnellem Anfang. Bis km 32 war das auch überhaupt kein Problem, ab dort wurde die Belastung aber allmählich spürbar. Und bei ca. km 36 kamen dann recht überraschend die ersten Magenkrämpfe, die mich zusammen mit den Eindruck eines etwas angespannten Kreislaufs in den Kilometer 38–41 zu mehreren kurzen Gehpausen nötigten.
Aber es ging noch, und die Zeit auf meiner Uhr verhieß immer noch die Möglichkeit, unter vier Stunden zu bleiben. Also raffte ich für die letzten zwei Kilometer alle Kräfte zusammen und kam tatsächlich laufend durch das Ziel – mit einer Traumzeit von 3:56:58.Danach:
So fertig war ich allerdings noch nie, der Heimweg war eine echte Qual. Nicht nur, dass die Wadenmuskeln böse zogen (den Oberschenkeln ging es erstaunlich gut: Die flache Strecke war da doch sehr entlastend): Das war einfach totale Erschöpfung der Muskeln und des Kreislaufs. Also stellte sich doch die Frage: Wie tanke ich jetzt am besten Energie? Cola wäre vielleicht nicht schlecht gewesen – hatte ich aber vergessen und bei der Zielverpflegung nicht gefunden. Dort gabe es zwar Wasser, Bananen und Äpfel – aber schon beim Gedanken an feste Nahrung wurde mir schlecht. Ich habe es dann mit Red Bull probiert, aber das war einfach zu eklig. Also habe ich mich schnell nach Hause gerettet, erst einmal ein Viertelstündchen hingelegt und dann mit Bionade nachgetankt.
Getrunken habe ich wohl während dem Lauf eh‘ zuviel. Dafür haben die Gels kraftmäßig sehr gut funktioniert. Nur die Kombination von 2 Hammergels (bei km 16 und 24) und Powerbar-Gel bei km 30 und – geplant 36) vertrug ich offenbar nicht, weshalb ich das letzte dann ausgelassen und entsprechenden Energie- und Konditionsverlust ab km 38 sehr zu spüren bekommen habe.
Und obwohl es im letzten Teil nicht gerade perfekt lief – aber das wäre beim ersten Mal ja auch arg viel erwartet – kam trotzdem eine Superzeit heraus: Brutto knapp unter 4 Stunden, netto also genau 3:56:58, wie mir die offizielle Ergebnisliste verriet (Meine Uhr habe ich wieder vergessen anzuhalten, vor lauter Erleichterung und Freude über das Ende der Strapazen). Das ist immerhin Platz 63 der altersklasse (MH) – und Platz 925 insgesamt – womit ich immerhin einige Teilnehmer der Deutschen Meisterschaft hinter mir gelassen habe. Und mir gelang tatsächlich, trotz der ausgesprochen chaotischen Splits, ein negativer Gesamtsplit – aber knapp: Der Halbmarathon 1 dauert 01:58:40,der zweite nur 1:58:19.Und noch die einzelnen Splits:
1/2: 11:45 (mit kurzer Pause im Gebüsch – ich war zu früh in die Startaufstellung gegangen und die Dixies waren eh alle sehr belagert beim Start)
3: 5:50
4; 5:41 (bei 5:45 wollte ich anfangen)
5: 5:34
6: 5:36
7: 5:24 (so schnell sollte eigentlich überhaupt kein kilometer werden …)
8: 5:46
9/10 :11:28
11: 5:34
12: 5:34
13: 5:22 (und noch schneller …)
14: 5:41
15: 5:23 (ab km 15 wollte ich auf 5:35 steigern)
16: 5:46
17: 5:45
18: 5:32
19: 5:27
20: 5:11 (ich glaube, später kommt ein noch schnellerer – hier macht sich das Hammergel sehr bemerkbar)
21: 5:44 (da hab‘ ich dann zu stark abgebremst)
21,1 1:58:40
22: 5:10 (die Brücke hoch hat so Spaß gemacht – etwas Abwechslung in der flachen Einöde von Mainz)
23: 5:16
24: 5:21
25: 5:02 (der schnellste Kilometer – da lief‘s wirklich wunderbar, in Kostheim)
26: 5:22
27: 5:29
28: 5:18 (ab 28 sollte sich das Tempo auf 5:28 erhöhen (bis zum Schluss eigentlich!))
29/30: 10:41
31: 5:42
32: 6:22 (das hab‘ ich nicht kapiert, kam mir überhaupt nicht langsam vor)
33: 4:41 (offensichtlich war da doch das 32er Schild zu weit hinten (ich glaube, das war wegen der Verpflegungsstelle von Coca Cola))
34: 5:15
35: 5:31
36: 5:36
37: 5:32
38: 6:07 (die erste kurze Gehpause)
39: 6:29 (und noch mehr davon …)
40: 6:05
41: 6:43 (da haben auch die Zuschauer nicht geholfen – inzwischen war mir die Blamage des Gehens eh egal, es ging gerade einfach nicht)
42: 5:55 (die letzt Kräfte mobilisieren für die lange Zielgerade) - gesamt: 3:56:58
Von der Organisation des Marathons war ich fast ein wenig enttäuscht. Bei einer Veranstaltung dieser Größenordnung hätte ich mehr erwartet. Z.B. ordentliche km-Schilder, die man auch sieht, wenn man von Läufern umgeben ist. Oder eine ordentliche Startaufstellung, die war doch reichlich chaotisch. Und vor allem besser Verpflegung im Ziel, Auch ein gescheiter Streckenplan mit mehr als ungefährer Kennzeichnung der Verpflegungsstellen wäre hilfreich gewesen. Und Frubiase Sport Plus halte ich nicht gerade für besonders geeignet während des Wettkampfs (ich habe auch eher den Eindruck, das ist primär als Nahrungsergänzung entwickelt) – es schmeckt einfach nicht und als Energielieferant ist es eh‘ zu schwach. So wie ich das gesehen habe, wurde es auch nur sehr wenig getrunken – ich habe mal ein paar Schlucke probiert, weil ich das Wasser leid war, aber gemocht habe ich es in dem Moment überhaupt nicht.
Immerhin hat sich meine eigene Ausrüstung sehr bewährt. Die Schuhe (meine geliebten New Balance 766) funktionieren auch so lange – nur ihren Hauptnachteil habe ich kurz gemerkt: die Rutschigkeit der Sohlen auf nassem Asphalt, wie er bei den Verpflegungsstellen immer vorzufinden war – und bei einer wollte ich noch schnell jemand ausweichen und hab gerade noch den Sturz verhindert – das war aber noch recht am Anfang. Die Hose und Unterhose von Skinfit war wunderbar, die Nässe (triefend nass teilweise, etwa bei dem wunderbar kräftigen Beregner bei Schott in der zweiten Runde) war gar nicht zu merken, gerieben hat auch nix. das Achselshirt von Runners Point hat sich nass immer schön an die Haut gepappt (da konnte es wenigstens nicht reiben) – das hatte ich ganz vergessen. Nur in den Achseln hat es dummerweise etwas gescheuert, aber das war nicht so schlimm. Und das Laufen mit Startnummernband war auch sehr angenehm, die Nummer hatte ich meist hinten, da hab‘ ich sie gar nicht gemerkt. Und mein Geltäschen konnte ich daran auch noch befestigen – wunderbar.
Meine Lehren aus dem ersten Marathon: (für das nächste Mal – falls es das gibt – demnächst jedenfalls nicht, jetzt wird erstmal eine neue Bestzeit für den Halbmarathon in Angriff genommen):
- man kann durchaus zuviel trinken;
- mehr richtig lange Läufe machen in der Vorbereitung (d.h. über 32 km)
- lernen, ein bestimmtes Tempo halbwegs stabil zu laufen – auch über mehrere Kilometer;
- in dieser Preisklasse ist Marathon eine große Geduldsaufgabe: Man muss ungeheuer lange ungeheuer überlegt und zurückhaltend laufen, um die letzten 6 Kilometer noch zu überstehen …;
- das mit den Gels muss ich nochmal testen – vielleicht ist es doch sinnvoller, bei Hammergel zu bleiben – auch wenn es kurzfristig nicht ganz so stark puscht wie die Powerbar-Gels mit Koffein (dafür aber verträglicher ist und auch länger anhält). Die Kombination aus beiden hat sich offenbar nicht bewährt.
und noch ein paar bilder (von sportonline-foto):
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