Aus Tai­wan habe ich bish­er nur wenige, dafür aber sehr gute Tees getrunk­en. In diese Rei­he passt der Paochung (oder Bao Zhong) wun­der­bar hinein. Das ist näm­lich nicht nur ein sehr fein­er, son­dern auch ein sehr großar­tiger Tee. Er kommt aus der Gemeinde Mingjian des Nan­tou-Kreis­es in Tai­wan, ziem­lich genau in der Mitte des Lan­des.

Die großen Blät­ter, die sich zu voller Pracht ent­fal­ten und schon trock­en som­mer­lich-fruchtig duften (kaum ein Tee riecht trock­en so gut wie ein klas­sis­ch­er Oolong …), sind kaum gefaltet/gerollt, son­dern ganz natür­lich getrock­net und nur ganz leicht oxi­diert. Sehr ver­heißungsvoll also schon, bevor das erste Blatt über­haupt Kon­takt mit Wass­er hat­te. Nach dem Auf­guss zeigt er sich mit ein­er sehr hell leuch­t­en­den Tasse, leicht grün­lich und über­aus klar. Vor allem aber besticht sein unver­gle­ich­lich­er Duft: So entzückt hat mich noch kein Tee vor dem ersten Schluck — ganz schw­er zu beschreiben ist das: Leicht und dezent, san­ft würzig, irgend­wie vornehm und, ja, adlig riecht das.

Und entsprechend schmeckt er auch: Würdig und vornehm, sehr zurück­hal­tend, aber fein, eine angenehm ent­fal­tete, kom­plexe Würzigkeit bes­timmt den Tee, der kaum nach Tee schmeckt. Denn zu der feinsin­ni­gen Würze gesellt sich noch eine etwas fruchtig ange­hauchte Süße, die das Tee­blatt vor dem Auf­guss ja schon angedeutet hat. In der Kom­bi­na­tion schmeckt das für mich irgend­wie ganz alt, wie aus tiefer Ver­gan­gen­heit zu uns überkom­men — aber auf jeden Fall aus­ge­spochen vorzüglich. Erstaunlich auch, wie die guten Tees sich doch mit leicht­en Vari­a­tio­nen der Ziehzeit verän­dern lassen — und beim drit­ten, vierten Auf­guss eben­so langsam anders schmeck­en als beim ersten. Das sorgt dafür, dass der Tee nie lang­weilig wird …

Tee: Tai­wan Paochung Nr. 622 von Kolodziej & Lieder
Zubere­itung: Bei 95 °C in der Seit­en­grif­fkanne, 20 Sekun­den Ziehzeit beim ersten Auf­guss, 15 Sekun­den beim zweit­en, 30 bei den fol­gen­den Aufgüssen.