Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Kategorie: kleinkram Seite 2 von 44

wer hat diesen mond auf die blaue flur,
wer hat diesen mund auf die nacht ange­set­zt?“

— Car­olin Cal­lies, schat­ullen & bre­douillen, 83

Jenseits

Er wurde, son­st ein gar leben­skräftiger jovialer mann, sehr nach­den­klich, und wie ich es gar nicht erwartet hat­te, sprach er: “In alter Zeit hat­ten wir einen from­men schlicht­en Glauben, wir erkan­nten das Jen­seits, aber auch die Blödigkeit unser­er Sinne, dann kam die Aufk­lärung, die alles so klar machte, dass man vor lauter Klarheit nichts sah, un sich am näch­sten Baume im Walde die Nase stieß, jet­zt soll das Jen­seits erfasst wer­den mit hinübergestreck­ten Armen von Fleisch und Bein.”

— E. T. A. Hoff­mann, Ein Frag­ment aus dem Leben dreier Fre­unde, zitiert nach Har­ald Neumey­er (Hrsg.), Gespen­ster. Berlin: Seces­sion 2019 (Han­dliche Bib­lio­thek der Roman­tik, 1), S 97f.

Ode

aus: car­olin cal­lies, bewohn­bare kästen (schatu­ullen & bedouillen, 28)

Erziehung

So wahr ist’s, dass etwas Dau­ren­des nur durch Erziehung begrün­det ist und dass jede Weltän­derung, die keine innere Beziehung (was von äußeren Erziehungsvorschriften und Sys­te­men ganz ver­schieden) zur Erziehung hat, wie ein Wolken­schat­ten vorüberge­ht.

— Achim von Arn­im, Die drei liebre­ichen Schwest­ern und der glück­liche Fär­ber. Ein Sit­tengemälde [1812], zitiert nach Chris­tiane Holm (Hg.), Han­dar­beit. Berlin: Seces­sion 2020 (Han­dliche Bib­lio­thek der Roman­tik, 5), S. 127f.

Gedichte

Man wird davon nicht klüger. Aber Gedichte sind Weg­markierun­gen, die helfen aus dem Gestrüpp.

—Sylvie Schenk, Roman d’amour, 9

Fiction

"The trouble with fiction," said John Rivers, "is that it makes too much sense. Reality never makes sense."

—Aldous Huxley, The Genius and the Goddess, 7

Fantoscope

[…]

Die aufge­lasse­nen Gräber der Ein­samen besitzen mehr Ewigkeit
als jede schwere Mar­mor­gruft. In großen Stät­ten ste­hen große Urnen
für kleine Leben. Und der Rest? Die Men­schheit? Du und ich?

Wir wer­den leucht­en, wenn die Erde uns zu Öl verkocht.

—Ver­e­na Stauf­fer, Ousia, 108

Akkumulation

Wolke, wohin du gewolkt bist.
Ein her­rlich­er Maitag – mir im Gemüte.

—aus: Elke Erb, “Ursprüngliche Akku­mu­la­tion” (in: Elke Erb, Men­sch sein, nicht, 1998)

Zeitweise

Es liegt der Schnee
so aus­geruht im Lichthof,
auf Gras­nar­ben bleibt er
als weißende Spur.
Meine Haut is dün­ner,
ein Aggre­gat aus Sorge,
darin aber Lachen. Die
bleiben am Mor­gen
auch vom Schnee.

—Julia Trompeter, in: Zum Begreifen nah, 101

Geschichte

Die Geschichte ist geschehen — ob sie gut war, ob sie bess­er unterblieben wäre, ob wir ihren “Sinn” anerken­nen mögen, dies ist ohne Bedeu­tung.

Her­mann Hesse, Das Glasper­len­spiel. Ver­such ein­er Lebens­beschrei­bung des Mag­is­ter Ludi Josef Knecht, 17

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