Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Jahr: 2014 Seite 3 von 18

Twitterlieblinge Oktober 2014


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Allerseelen

Paul Celan — Allersee­len / All Souls (Day) — cc Eng­lish, Türk, Deutsch

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—Paul Celan, Allersee­len

Ins Netz gegangen (31.10.)

Ins Netz gegan­gen am 31.10.:

  • Größen­wahn ǀ Der reiche Mann und das Meer — der Fre­itag — geschicht­en aus ein­er fer­nen welt. heute: als besatzung auf ein­er supery­acht. …

    Häu­fig wird von Exzessen berichtet. Jed­er hat min­destens eine haarsträubende Geschichte auf Lager, schw­er zu sagen, was davon wahr ist und was über­trieben. Das Schwein, das aus Däne­mark einge­flo­gen wird, weil jemand einen Brat­en wün­scht. Der Besitzer, der Klein­wüch­sige anheuert, damit sie zu sein­er Belus­ti­gung um das Boot herum Wasser­s­ki fahren. Die Wäsche, die per Lear­jet zur Reini­gung nach Paris geht. Der kün­stliche Strand, der jeden Tag im Heck ein­er Yacht angelegt wird. Die Deck­ies, die das umgebende Meer per Hand nach Quallen absuchen, ehe ein Gast eine Runde schwimmt. Jed­er Wun­sch ist Befehl.

  • USA: Kul­turkampf um den Geschicht­sun­ter­richt « DiePresse.com — schlimm:

    Seit Amerikas Kon­ser­v­a­tive als Reak­tion auf die ihrer Ansicht nach exzes­siv­en gesellschaftlichen Bewe­gun­gen der 1960er-Jahre die „Cul­ture Wars“ erk­lärt haben, ist das in Schulen und Uni­ver­sitäten ver­mit­telte Geschichts­bild eine der am wildesten umfocht­e­nen Fra­gen. Je mehr die Geschichtswis­senschaft sich um ein dif­feren­ziertes Ver­ständ­nis der Ver­gan­gen­heit bemüht, desto stärk­er sehen sich rechte Anhänger der Idee von Amerikas Aus­nah­merolle in der Welt von linken Defätis­ten umzin­gelt, die die Jugend mit Hass auf das Vater­land zu indok­trinieren ver­suchen.

  • Vielle­icht später: Eine Reise — LOGBUCH (Suhrkamp-Blog) — schön (detlef kuhlbrodt unter­wegs. immer ein inter­es­santes vergnü­gen für den betrachter/leser)
  • Krawalle in Köln: Har­monie mit Hooli­gans | ZEIT ONLINE — “Wenn Recht­sradikale, die sich zu Tausenden ver­sam­meln, keine poli­tis­che Ver­anstal­tung sind, … ?” >
  • Marc-André Hamelin: Keine Angst vor Extrem­is­ten | ZEIT ONLINE — volk­er hage­dorn lässt sein­er (abso­lut gerecht­fer­tigten) begeis­terung von marc-andré hamelin freien lauf:

    Die Hand ist es, die diese Musik spielt, nicht der Pianist. Man sieht förm­lich ein Lebe­we­sen über die Tas­ten rasen, krabbeln, sprin­gen, sich in sie hine­in­stürzend wie in Wogen. Keine Bewe­gung zu viel, wie ein Tier, das sich in Jahrhun­derten der Evo­lu­tion vol­len­det seinem Biotop angepasst hat.

  • Dan Visel on Twit­ter: “I am not a som­me­li­er, but you know you are drink­ing Fine Wine when there is “Lorem Ipsum” on the label: http://t.co/fntrp92lEO” — RT @dbvisel: I am not a som­me­li­er, but you know you are drink­ing Fine Wine when there is “Lorem Ipsum” on the label

Ins Netz gegangen (21.10.)

Ins Netz gegan­gen am 21.10.:

  • Math­e­matik: Auswendig ler­nen und wieder vergessen | ZEIT ONLINE — ein fh-math­e­matik-pro­fes­sor verzweifelt an seinen inge­nieurstu­den­ten …
  • Über Sprache stolpern — taz.de -

    Die Gedenksteine von Gunter Dem­nig erin­nern an NS-Opfer — teil­weise in Nazi-Jar­gon. Ange­hörige sind empört, doch der Kün­stler zeigt sich unein­sichtig

  • Neu in der Wikipedia: 48 Artikel zu „1848/49“ in Deutsch­land | Achtund­vierzig — ziko van dijk hat in diesem jahr als eine art pro­jekt 48 wikipedia-artikel zur 1848er-rev­o­lu­tion geschrieben.

    Der Autor dieses Beitrags, Ziko van Dijk, hat von April bis Okto­ber 2014 achtund­vierzig Wikipedia-Artikel zur Rev­o­lu­tion von 1848/1849 geschrieben. Im Fol­gen­den beschreibt er die Her­aus­forderun­gen für einen Wikipedia-Autor und einige Grundgedanken seines Pro­jek­ts.

  • Kom­men­tar Crit­i­cal Mass: Der Ätsch-Fak­tor — Die Polizei macht die Rad­fahrer zu Robin Hoods!
  • Attac ver­liert Sta­tus der Gemein­nützigkeit | Poli­tik — Frank­furter Rund­schau — das ist irgend­wie typ­isch deutsch: wenn vere­ine sich zu sehr um das gemein­we­sen bemühen und nicht nur um ihre klien­tel, sind sie nicht mehr gemein­nützig, son­dern poli­tisch — als ob das ein wider­spruch wäre:

    Das Finan­zamt Frank­furts, wo der Bun­desvor­stand des Vere­ins sitzt, hat beschlossen, dass die Ziele von Attac nicht gemein­nützig genug seien. Vielmehr seien sie all­ge­mein­poli­tisch und damit kein­er öffentlichen Förderung würdig.

  • Wir leben von der Ver­drän­gung — Fre­i­t­ext — ingo schulze über seine per­spek­tive auf oktober/november 1989 und die fol­gen­den entwick­lun­gen:

    Für mich war der Mauer­fall eine Sen­sa­tion unter anderen. Und er hat­te nichts, abso­lut nichts mit nationalen Erwä­gun­gen zu tun. Ein Zusam­menge­hen, gar eine Vere­ini­gung von DDR und BRD? Wie sollte denn das gehen? Lach­haft!

  • CIA-Bericht: Waf­fen für Rebellen sind laut Studie wirkungs­los | ZEIT ONLINE — Was für eine Über­raschung! Das hätte ja nie­mand geah­nt!: CIA-Bericht: Waf­fen für Rebellen sind wirkungs­los
  • Pi-Top: Open-Source-Note­book zum Sel­ber­bauen | ZEIT ONLINE — coole Idee: Pi-Top — aus einem Rasp­ber­ry Pi einen Lap­top basteln
  • Zehn Jahre nach Jacques Der­ri­das Tod: Rig­orose, artis­tis­che Gedankengänge — taz.de — klaus englert zum 10. todestag jacques der­ri­das über dessen bedeu­tung, das neue denken und die der­ri­da-rezep­tion heute:

    Heute, zehn Jahre nach dem Tod Der­ri­das, der ein­mal der weltweit meistz­i­tierte Philosoph war, ist es in akademis­chen Gefilden etwas still um ihn gewor­den. Das liegt vornehm­lich daran, dass sich heil­los ver­schulte Stu­di­engänge unseres Uni­ver­sitätssys­tems nur schlecht mit seinen rig­orosen und artis­tis­chen Gedankengän­gen ver­tra­gen. Die Beschäf­ti­gung mit Jacques Der­ri­da find­et nun eher außer­halb der uni­ver­sitären Rit­uale statt.

    ich finde das ja eher schade, dass die dekon­struk­tion in den “prüf­fäch­ern” — wie er es nen­nt — nicht mehr vorkommt. daran kann man näm­lich vorzüglich denken ler­nen.

  • Start | Mapire — His­torische Karten der Hab­s­burg­er Monar­chie — schön gemacht, diese koop­er­a­tion: Mapire ermöglicht das Navigieren durch his­torisches Karten­ma­te­r­i­al die aus der Hab­s­burg­er Monar­chie stam­men. Die Karten wur­den voll­ständig dig­i­tal­isiert und geo­ref­eren­ziert űund kön­nen so mit Hil­fe aktueller Tech­nolo­gien wie Google Maps, Google Earth und Open­StreetMap im Inter­net dargestellt wer­den. Mapire hat zum Ziel das teil­weise sehr unter­schiedliche Karten­ma­te­r­i­al über eine gemein­same Schnittstelle im Inter­net zur Ver­fü­gung zu stellen.

Sinn

Verse stellen ihrem Sinn ein Bein oder ihrem Fuß einen Sinn.

—Franz Josef Czernin: Sätze (73)

Taglied 17.10.2014

The Bea­t­les, Eleanor Rig­by — gesun­gen von Raja­ton:

Raja­ton — Eleanor Rig­by (a cap­pel­la cov­er) LIVE Ham­burg 2014

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Objektive Geschichte

Man kann keine richtige (objek­tive) Geschichte schreiben. Alle Aus­sagen wider­sprechen einan­der

—Peter Weiss, Notizbüch­er 1971–1980 (I, 237)

Ins Netz gegangen (12.10.)

Ins Netz gegan­gen am 12.10.:

  • Lit­er­atur-Nobel­preis: Georg Diez über Patrick Modi­ano und Lutz Seil­er — SPIEGEL ONLINE — georg diez hadert mit dem “ästhetis­chen und strukurellen kon­ser­vatismus der buch­branche”:

    Das ist der Hin­ter­grund, vor dem der ästhetis­che Kon­ser­vatismus eines Romans wie “Kru­so” zele­bri­ert wird und erk­lär­bar wird: der dig­i­tale, wirtschaftliche, möglicher­weise auch poli­tis­che Epochen­bruch. Dieser Roman, der Roman an sich, so wie er ger­ade definiert wird, ist damit vor allem eine Schutzbe­haup­tung der Erin­nerung.

  • Peter Kurzeck: Der Mann, der immer gear­beit­et hat — der stroem­feld-ver­lag wird/will wohl alles, was kurzeck hin­ter­lassen hat, zu geld machen. bei einem autor, der der­maßen fast man­isch kor­rigierte und verbesserte bis zum schluss, halte ich frag­ment-aus­gaben ja nur für mäßig sin­nvoll (und es ist ja nicht so, als gäbe es nicht genug kurzeck zu lesen …). aber trotz­dem freue ich mich und bin ges­pan­nt, was da noch kommt in den näch­sten jahren

    Und dann sind da noch die Notizzettel, die Kurzeck zu Mate­ri­al­samm­lun­gen zusam­mengestellt hat, mit Titeln wie „Staufen­berg II“ und „Staufen­berg III“. Sie dien­ten ihm zur Arbeit an „Kein Früh­ling“ und „Vor­abend“, zeigen aber auch, dass „Ein Som­mer, der bleibt“, das erste der erfol­gre­ichen Erzähl-Hör­büch­er, die Kurzeck seit 2007 ein­sprach, schriftliche Vorstufen gehabt hat. Mit­ten­drin ein Notizzettel, der wie der Anfang von allem anmutet: „Das Dorf ste­ht auf einem Basalt­felsen eh + je. Jet­zt soll es das Dorf wer­den (sein) + liegt unerr­e­ich­bar im Jahr 1947, im Abend.“ Unerr­e­ich­bar. Das Ver­gan­gene wieder erre­ich­bar zu machen, hat Kurzeck bis zulet­zt ver­sucht. Losse erin­nert sich an eine Bemerkung des Autors im Frank­furter Kranken­haus: „Wir hät­ten noch mehr arbeit­en müssen.“ An der Präsen­ta­tion dessen, was fer­tig gewor­den ist, arbeit­et Kurzecks Ver­lag.

  • Schat­ten­bib­lio­theken: Pira­terie oder Notwendigkeit? — sehr span­nend: In gewalti­gen, frei zugänglichen Online-Daten­banken ver­bre­it­en anonyme Betreiber wis­senschaftliche Lit­er­atur, ohne Beach­tung des Urhe­ber­recht­es. Doch die dig­i­tal­en Samm­lun­gen sind nicht nur Pira­terie, sie weisen auch auf große Ver­säum­nisse der Wis­senschaftsver­lage hin – sagt der ungarische Pira­terie-Forsch­er Balázs Bodó. Im Inter­view mit der Jour­nal­istin Miri­am Ruhen­stroth erk­lärt er, wieso die Schat­ten­bib­lio­theken in Ost- und Mit­teluropa so gefragt sind und wie das Prob­lem zu lösen wäre.
  • Mar­i­hua­na: Die selt­same Ver­fol­gung der nüchter­nen Kif­fer | ZEIT ONLINE -

    Wer kifft, gefährdet den Straßen­verkehr. Auch ohne Rausch, jed­erzeit. Das glauben zumin­d­est Behör­den. Sie entziehen selb­st nüchter­nen Taxikun­den den Führerschein. […] Behör­den haben anscheinend Gefall­en daran gefun­den, über den Umweg des Ver­wal­tungsrechts, eigen­mächtig ein biss­chen für Ord­nung unter Cannabis-Kon­sumenten zu sor­gen.

  • xkcd: The Sake of Argu­ment — xkcd über’s Argu­men­tieren: The Sake of Argu­ment
  • Adobe is Spy­ing on Users, Col­lect­ing Data on Their eBook Libraries — The Dig­i­tal Read­er — adobe spi­oniert mit dig­i­tal edi­tions 4 die nutzer aus: im klar­text (!) wer­den nicht nurin de4 geöffnete büch­er mit ihren meta­dat­en und denen der leserin über­tra­gen, son­dern de4 durch­sucht auch ohne sich das genehmi­gen zu lassen den gesamten com­put­er nach irgendwelchen ebooks (auch solchen, die nicht in de4 benutzt wer­den), um deren dat­en eben­falls an adobe zu senden. grausam.
  • Ego­is­tis­che Zweisamkeit: Ersatzre­li­gion Liebe — Men­schen — FAZ — markus gün­ther über die “ersatzre­li­gion liebe”, die sich in let­zter zeit immer mehr aus­bre­it­et (und abso­lut set­zt):

    Zu den Kol­lat­er­alschä­den der Ersatzre­li­gion Liebe gehören aber auch die vie­len Men­schen, die allein sind. Ihr Leben wird als defiz­itär wahrgenom­men. Man ver­mutet, dass etwas mit ihnen nicht stimmt. Dass jemand frei­willig einen anderen als den Weg in die Part­ner­schaft geht, ist schlech­ter­d­ings unver­ständlich. Dass jemand einen geeigneten Part­ner nicht gefun­den hat, gilt als sein ganz per­sön­lich­es Ver­sagen. So oder so, er hat von sein­er Umwelt besten­falls Mitleid zu erwarten.
    […] Ist der Mythos Liebe nicht wenig­stens dafür gut, den Men­schen aus seinem Ego­is­mus her­auszuführen? Ist die Sehn­sucht nach Part­ner­schaft nicht immer noch bess­er als die Selb­st­sucht? Die Antwort lautet: Diese Art der Liebe ist nur schein­bar eine Über­win­dung der eige­nen Gren­zen. In Wahrheit han­delt es sich um eine Fort­set­zung der Ich-Bezo­gen­heit mit anderen Mit­teln, denn die Triebkraft, die wirkt, ist ja, wenn man ehrlich ist, gar nicht der Wun­sch zu lieben, son­dern der, geliebt zu wer­den.

  • Deutsch­er His­torik­ertag: Die These vom Son­der­weg war ja selb­st ein­er — jür­gen kaube berichtet sehr lau­nig, pointiert (und mit gemeinen, natür­lich abso­lut fehlgeleit­eten seit­en­hieben gegen die ger­man­is­tik …) vom göt­tinger his­torik­ertag:

    Man kann ver­mut­lich lange warten, bis zum ersten Mal ein Banki­er, eine Schrift­stel­lerin oder ein Aus­län­der den His­torik­ertag eröffnet.

    Wäre es nicht an der Zeit, ein­mal zum The­ma „Ver­gan­gen­heit“ zu tagen?

    Eine sin­nvolle Ein­heit dessen, was die His­torik­er tun, die sich durch alle ihre Forschun­gen zöge, gibt es nicht. Und wenn die Göt­tinger Stich­probe nicht täuschte, dann gibt es nicht ein­mal Hauptlin­ien oder Trends.

  • Wilder Kaiser extreme on Vimeo — wohl das ver­rück­teste video, das ich in let­zter zeit sah (fahrrad­fahren kann man diesen stunt allerd­ings kaum noch nen­nen. und vernün­ftig ist natür­lich auch etwas ganz anderes …)
  • Auswüchse des Regi­ethe­aters: Oper der Beliebigkeit­en — Bühne Nachricht­en — NZZ.ch — der musik­wis­senschaftler lau­renz lüt­teken rech­net mit dem regi­ethe­ater aktueller prä­gung auf der opern­bühne ab:

    Denn die landläu­fige Behaup­tung, dass man etwas heute «so» nicht mehr machen könne, ist nicht nur tele­ol­o­gis­ch­er Unfug, sie ist überdies unlauter. In den Opern­häusern regiert näm­lich ein unange­focht­en­er Kanon, der weitaus fes­ter zemen­tiert ist als noch vor fün­fzig Jahren. So spricht gewiss nichts dage­gen, den Anteil neuer Werke zu erhöhen, aber es ist mehr als frag­würdig, die alten Werke mit immer neuen Bildern ver­meintlich «mod­ern» zu machen und sich damit behaglich im Kanon einzuricht­en. Zudem hat der Mod­erne-Begriff, der hier bedi­ent wird – das «Ver­störende», «Provozierende», «Bestürzende» –, inzwis­chen selb­st so viel Pati­na ange­set­zt, dass man ihn get­rost in die Geschichte ent­lassen sollte.

    ich bin dur­chaus geneigt, ihm da zumin­d­est in teilen zuzus­tim­men: die regie hat sich oft genug verselb­ständigt (auch wenn ich eine tota­l­ablehnung, die ich bei ihm zwis­chen den zeilen lese, nicht befür­worte). dage­gen führt er an:

    Die his­torische Ver­ant­wor­tung im Umgang mit Tex­ten der Ver­gan­gen­heit ist nichts Ent­behrlich­es, sie ist auch nicht, wie so oft behauptet, ein Relikt alt­modis­chen Philolo­gen­tums, zumal das Argu­ment für die Musik nicht gel­tend gemacht wird. Was aber nützt eine kri­tis­che Aus­gabe des «Don Gio­van­ni», wenn die Szener­ie kurz­er­hand (wie in Linz) von Sex and Crime der Pop-Stars erzählt? Texte, Par­ti­turen der Ver­gan­gen­heit bedür­fen vielmehr ein­er beson­deren Sen­si­bil­ität, denn erst, wenn es gelingt, im Ver­gan­genen das Gegen­wär­tige aufzus­püren (statt die Gegen­wart dem His­torischen ein­fach nur überzustülpen), kann sich der Rang eines Kunst­werks, auch eines musikalis­chen Büh­nenkunst­werks, bewähren.

    sein argu­ment übri­gens, statt immer wieder das selbe neu aufzufrischen öfters mal neues zu spie­len, würde ich unbe­d­ingt gerne ver­wirk­licht sehen — ich ver­ste­he die reper­toire-fix­ierung der oper eh’ nicht so ganz (die ja auch gewis­ser­maßen unhis­torisch ist — “die ent­führung aus dem serail” beispiel­sweise war kaum dazu gedacht, heute noch aufge­führt zu wer­den …)

Herbst

Der wun­der­bare Organ­ist Dominik Susteck hat auf der grandiosen, von Peter Bares konzip­ierten Orgel in der Kun­st-Sta­tion Sankt Peter in Köln am 7. Sep­tem­ber ein Improv­sa­tion­skonz­ert “Herb­st” gespielt und vier Sätze davon dankenswert­er Weise auf YouTube zugänglich gemacht: Traum­tanz, Antwort, Alpha und Ver­waschen

Dominik Susteck: Herb­st I Autumn (1/4) — Traum­tanz I dream dance

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Aus-Lese #37

Daniela Krien: Irgend­wann wer­den wir uns alles erzählen. Berlin: List 2012. 236 Seit­en

krien, irgendwannNaja, das war keine so lohnende Lek­türe … Ich weiß auch nicht mehr, wie ich darauf gekom­men bin (wäre ein Grund, dem Rezensenten/der Rezensentin Ver­trauen­spunk­te zu entziehen …). Die Geschichte ist schwach und teil­weise blöd: Ein junges Mäd­chen zieht kurz vor den Som­mer­fe­rien auf dem Bauern­hof der Fam­i­lie ihres älteren Fre­un­des ein, ver­nach­läs­sigt die Schule und gibt sich lieber ein­er selt­samen geheim gehal­te­nen Beziehung zu dem mehr als dop­pelt so alten Nach­bar­bauern hin, die vor allem auf ihrer Aus­nutzung und ihrem Miss­brauch (kör­per­lich, sex­uell und psy­chisch) beruht und natür­lich tragisch enden muss …
Das Set­ting im Som­mer 1990 auf der Noch-DDR-Seite der Gren­ze ist auch nicht so span­nend, gibt aber Gele­gen­heit, ein biss­chen (freilich nur wenig) Poli­tik und Geschichte einzu­flecht­en — und ist natür­lich ein Spiegel der Fig­ur Maria: In der Zwis­chen­zeit — nicht mehr Kind, noch nicht Erwach­sene — spiegelt sich das Land zwis­chen DDR und BRD … Aber da die Fig­uren alle reich­lich blass bleiben, von der Erzäh­lerin über ihre Rest­fam­i­lie bis zu Johannes und Hen­ner, kann sich da sowieso kaum etwas ent­fal­ten. Das merkt man sehr deut­lich an der müh­sam insze­nierten Inter­tex­tu­al­ität: Maria wird gerne als begeis­terte Leserin porträtiert, liest aber wochen-/monate­lang an Dos­to­jew­skis Die Brüder Kara­ma­sow herum, was natür­lich wenig ergiebig ist (sowieso ist Lek­türe hier immer auss­chließlich eine iden­ti­fika­torische …). Auch die Kom­po­si­tion von Irgend­wann wer­den wir uns alles erzählen ist nicht weit­er bemerkenswert, eher klein­teilig angelegt, mit Schwächen in der Zeit­gestal­tung. Und die so gelobte Sprache — wenn man den Blurbs im Taschen­buch (ganze zwei Seit­en vor dem Titel!) glauben darf — hat für mich keinen Reiz, weil sie eigentlich doch recht gewöhn­lich ist.

alles in allem die über­steigerten Gefüh­le ein­er Siebzehn­jähri­gen in den Wirrun­gen ein­er unruhi­gen Zeit. (234f. — mehr muss man kaum sagen ;-) …)

Otto Basil: Wenn das der Führer wüßte. Wien, München: Fritz Mold­en 1966. 419 Seit­en

basil, wenn das der führer wüßte

Eine schöne Idee der kon­trafak­tis­chen Geschichte: NS-Deutsch­land hat den Zweit­en Weltkrieg gewon­nen und sich die halbe Welt unter­tan gemacht (der Rest gehört zu „Soka Gakkai“), Juden gibt es (fast) keine mehr. Dann stirbt Hitler aber in den 60ern und wird durch Ivo Klöpfel erset­zt — oder ist das ein Mord und Staatsstre­ich? Die entsprechen­den Ver­mu­tun­gen kur­sieren und geben der Hand­lung im gle­ichzeit­i­gen Bürg­erkrieg und dem durch die bei­den Großmächte ent­fes­sel­ten atom­aren Krieg ordentliche Ver­wick­lun­gen und Hand­lungsantrieb. Dazwis­chen treibt Höll­riegel umher, ein „Pendler“/Gyromant, der ver­schwörung­stech­nisch in die große Poli­tik gerät und sich wieder rauswurschtelt (hat etwas vom Schelm, diese Fig­ur: wenig Ahnung, dafür aber viel Sit­u­a­tion­s­geschick) und dessen Treiben noch verquickt wird mit sein­er Liebe bzw. seinem Begehren nach der (schein­bar) ide­alen (in ide­ol­o­gis­ch­er, d.h. rassen­ty­pol­o­gis­ch­er Sicht), aber unter nor­malen Umstän­den unerr­e­ich­baren Ulla. Das ganze Gewusel endet dann etwas desil­lu­sion­ierend im Tod — allerd­ings nicht durch Ver­strahlung (das hätte noch etwas gedauert), son­dern im Gefecht.
Schön an Basils Roman ist die kon­se­quente Weit­er­führung, das Zu-Ende-Denken der NS-Ide­olo­gie mit ihren Auswüchen, den Grup­pen, dem Ein­heitswahn, der uner­schöpflichen Kat­e­gorisierungssucht etc. Ins­ge­samt lei­det das Buch aber daran, dass es diese kon­trafak­tis­che Welt zu sehr beschreibt und nicht durch Hand­lun­gen sprechen lässt. Wun­der­bar sprechend sind dage­gen die vie­len, vie­len Namen … Jeden­falls eine dur­chaus unter­halt­same Lek­türe.

Doch Adolf Hitler war nicht mehr, Odin hat­te seinen Meldegänger zum großen Rap­port nach Wal­hall gerufen. (50)

Jür­gen Buch­mann: Wahrhafftiger Bericht über die Sprache der Elfen des ExterThals, nach denen Diari­is Sein­er Hoch Ehrwür­den Her­ren Mar­t­i­nus Oester­mann, wei­land Pfar­rer an St. Jako­bi zu Alme­na. Leipzig: Rei­necke & Voß 2014. 46 Seit­en

buchmann, bericht

Eine wun­der­bare Spiel­erei ist dieses kleine, feine Büch­lein (schon die ISBN: in römis­chen Zif­fern, eine echte Fleißar­beit …), eine nette Cam­ou­flage, echt­es Schel­men­stück (der Autor scheint ein in der Wolle getränk­te Schelm zu sein …). Der Wahrhafftige Bericht ist eine Art philol­o­gis­che Fan­ta­sy (der Bezug auf Tolkien taucht sog­ar im Vor­wort auf), nur in die Ver­gan­gen­heit ver­legt: Es han­delt sich um den (fik­tiv­en) Bericht eines gelehrten Landp­far­rers, der von ein­er Giftmischerin/Zigeunerin/Heilkundigen mit den Elfen seines Tales bekan­nt gemacht wird und Grundzüge (d.h. vor allem Phonetik und Mor­pholo­gie) ihrer Sprache beschreibt. Das ist einge­bet­tet und kom­biniert mit dem Tage­buch der „Ent­deck­ung“ dieser geheimen (?) Sprache bis zum Krim­i­nal­fall des Ver­schwindens sowohl des Pfar­rers als auch sein­er Infor­man­tin (ein Wech­seln ins Elfen­re­ich liegt ganz märchen­typ­isch nahe, weil keine Leiche gefun­den wird …). Lei­der fehlt aus­gerech­net die Lexik der Elfen­sprache in den “Aufze­ich­nun­gen”, so dass die Frag­mente, die „Oester­mann“ „über­liefert“, dum­mer­weise unver­ständlich bleiben (aber wer weiß, vielle­icht haben sie ja sog­ar eine Bedeu­tung? — Das wäre eine schöne Auf­gabe für einen Com­put­er mit einem find­i­gen Pro­gram­mier­er …). Das ganze ist von Buch­mann ver­flixt geschickt vor­getäuscht oder gefälscht oder nachgeahmt oder par­o­diert wor­den. Von dem Drumherum ist allerd­ings nicht alles gel­o­gen — das „Gelehrten-Lex­i­con“ von Jöch­er z.B., aus dem zitiert wird, gibt es dur­chaus — allerd­ings ohne den hier abge­druck­ten Ein­trag zu Oester­mann. Und dann ist das Ganze — es ist ja nicht viel, kaum mehr als vierzig Seit­en beanspruchen die “über­liefer­ten” Texte samt edi­torischen Vor­worten und Anhän­gen von dem kleinen Leipziger Dichter-Ver­lag Rei­necke & Voß sehr schön her­aus­ge­bracht wor­den, mit angenehm passen­dem Satz und schö­nen Schriften.

Wir fassen die Let­tern und stoßen auf | Klänge; wir fassen die Klänge und stoßen auf Namen; wir fassen die Namen und stoßen auf Nichts. (15f.)

Ulf Stolter­fo­ht: Das deutsche Dichter­abze­ichen. Leipzig: Rei­necke & Voß 2012. 49 Seit­en

stolterfoht, dichterabzeichen

Und gle­ich noch ein schmales Bänd­chen von Rei­necke & Voss, den Hör­spiel­text Das deutsche Dichter­abze­ichen. des großen Lyrik­ers Ulf Stolter­fo­ht. Dich­tung und vor allem die Lyrik wird hier als streng reg­uliertes, ent­behrungsre­ich­es Handw­erk insze­niert (ein biss­chen wie eine mod­erne Vari­ante der Meis­tersinger …), das ist ganz nett aus­gedacht. Zugle­ich ist es aber auch noch eine “Sys­tem­atik“ der Lyrik mit ver­schiede­nen „lyrischen Typen”. Da heißt es zum Beispiel:

Wild­texte, die noch vor Zeit­en weite Teile Europas besiedel­ten, haben sich mit­tler­weile den immer spezielleren Anforderung­spro­filen unter­wor­fen. (17)

Weit­er geht es im belehren­den Gespräch über die Dichter-Aus­bil­dung, also die handw­erk­liche Kom­po­nente des Dicht­ens. Weit­eres, ganz wichtiges The­ma: Die kom­pet­i­tive Kom­po­nente des Dicht­ens, die Lesun­gen und die Wet­tbe­werbe. Das führt Stolter­fo­ht als Zirkus vor, als eine Art Dres­sur, in der die Dichter die Rolle der Tierchen übernehmen: possier­lich, gut für die Unter­hal­tung, aber nicht ernst zu nehmen … In der Radikalität, in der diese messenden und ver­gle­ichende Kom­po­nente der Dich­tung übergestülpt wird, ist das natür­lich — daraus macht der Text kein großes Geheim­nis — eine Para­bel auf den deutschen Lit­er­aturbe­trieb der Gegen­wart. Aber eine — ganz wie es das The­ma ver­langt — unter­hal­tende, in der sich dur­chaus — schließlich ist Stolter­fo­ht selb­st ein intel­li­gen­ter Teil­nehmer — wahre und tre­f­fende Beobach­tun­gen find­en:

Im Zeital­ter hoch entwick­el­ter Prosa hat das Gedicht an Bedeu­tung ver­loren. in dem Maße aber, in dem es aus sein­er natür­lichen Umge­bung ver­schwindet, wächst seine Beliebtheit als domes­tiziert­er Wet­tbe­werb­s­text. (7)

Schön auch kurz vor Schluss:

Etwas ganz beson­deres ver­birgt sich hin­ter der Beze­ich­nung „Viel­seit­igkeit­sprü­fung“: Der Dreikampf näm­lich aus Lyrik, lyrisch­er Über­set­zung und Poe­t­olo­gie — das alles an drei aufeinan­der fol­gen­den Tagen. (40)

Wal­ter Kem­pows­ki: Hamit. Tage­buch 1990. Berlin: btb 2010. Seit­en

kempowski, hamit

Mit diesem Buch habe ich mir Kem­pows­ki ver­lei­det, das ist zum Abgewöh­nen …
Hamit — die dialek­tale Vari­ante von “Heimat” — ist ein Tage­buch der Zeit direkt während bzw. nach der Wende. Für Kem­pows­ki heißt das: Er kann wieder Ros­tock besuchen, die Stadt, in der er aufwuchs. Und auch Bautzen, wo er eingek­erk­ert war. Weit­ere The­men des Tage­buchs: Die Medi­en — wie sie über Poli­tik und über ihn bericht­en -, die Fer­tig­stel­lung von Alkor, Zwistigkeit­en, Besuche etc. Dazwis­chen taucht noch die Samm­lung von Tage­büch­ern und Erin­nerun­gen ander­er Leute immer wieder auf (fürs sein Echolot und um’s dem „Vergessen zu entreißen“), auch die Poli­tik der Gegen­wart spielt natür­lich eine Rolle, ger­ade hin­sichtlich des Vere­ini­gung­sprozess­es. Das ist aber auch der Bere­ich, wo Kem­pows­ki vor allem seinen Ani­mositäten freien Lauf lässt: Außer ihm (und weni­gen anderen) hat nie­mand je etwas kapiert, sehen alle die Wider­sprüche und Prob­leme nicht. Dabei ist das kein ganz reines Tage­buch, es ist min­destens zwei Mal über­ar­beit­et (und damit endgültig lit­er­arisiert) wor­den. Aber auch die Anmerkun­gen aus den 2000ern ver­stärken die Ten­denz der Besser­wis­serei noch lassen ihn als den einzi­gen „Weisen“ und das große Genie erscheinen, dass die anderen ein­fach nicht erre­ichen. Dabei ist der ganze Text durchtränkt von Ressen­ti­ments gegen so ziem­lich alle und jeden (mit Aus­nahme vielle­icht bes­timmter Bere­iche der Ver­gan­gen­heit). Und eine große Eit­elkeit bricht sich immer wieder Bahn: Alle, die Leser, der Lit­er­aturbe­trieb, die Medi­en und die Kri­tik, aber auch sein Ver­lag, alle verken­nen seine Genial­ität und seine Leis­tun­gen. Dabei ist er doch uner­set­zlich, wie er ganz typ­isch beschei­den fes­thält:

Ich gebe der Gesellschaft ihre Geschicht­en zurück. (284)

Was wür­den wir Armen also nur ohne ihn tun!

Mir war der Kem­pows­ki, der sich hier zeigt, jeden­falls aus­ge­sprochen unsym­pa­thisch. Lustig am Rande auch: Bei einem Ver­di­enst von 50.000 DM/Monat bzw. 1200 DM/Tag (321) beschw­ert er sich immer wieder darüber, dass er Restau­rantrech­nun­gen bezahlen muss/soll: total ichzen­tri­ert eben, der Schreiber dieser Seit­en, der sich vor allem durch seine Kauzigkeit­en — wie die total kontin­gent scheinende Ablehnung der Worte „Akzep­tanz“ und „Diri­gat“ (329) — ausze­ich­net.

Wenn nie­mand eine Biogra­phie über mich schreibt, tue ich es eben selb­st. (177)

Jürg Hal­ter: Wir fürcht­en das Ende der Musik. Gedichte. Göt­tin­gen: Wall­stein 2014. 72 Seit­en

halter, wir fürchten das ende der musik

“Für sich” ste­ht als Wid­mung in diesem Gedicht­band. Und das stimmt ein­er­seits, ander­er­seits aber auch über­haupt nicht. Zwar ste­hen die Gedichte erst ein­mal “für sich” da, geben sich recht offen und direkt dem Leser preis. Aber ander­er­seits bleiben sie auch ger­ade nicht “für sich”, denn Hal­ter geizt nicht mit inter­textuellen Anspielun­gen und Ver­weisen. Ger­ade die Musik spielt da dur­chaus eine große Rolle. Und den­noch: Man muss diese Inter­tex­tu­al­itäten nicht erken­nen, man muss ihnen schon gar nicht nachge­hen (obwohl das dur­chaus span­nend sein kön­nte, das sys­tem­a­tisch zu tun), um die Lyrik Hal­ters ver­ste­hen zu kön­nen. Oder zumin­d­est glauben zu kön­nen, etwas ver­standen zu haben. Denn seine Gedichte bleiben zugänglich und wollen das wohl auch sein. Oft sind sie ger­adezu erzäh­lend, ihre Meta­phern bleiben leicht nachvol­lziehbar, die Form klar und über­sichtlich. Manch­mal wirkt das mit dem lock­eren Sprach­duk­tus, dem leicht­en Ton mir aber auch etwas zu plätsch­ernd, zu prosa-nah, zu wenig formbes­timmt für Lyrik.
Doch gibt es dur­chaus schöne und span­nende Text in diesem Band. Da zeigt sich nicht nur die Ver­wurzelung Hal­ters und Tra­di­tion und Inter­tex­tu­al­ität (seine Gedichte schöpfen viel aus oder mit der Kul­tur und ihrer Geschichte), da ist auch ein anre­gen­des Spiel mit sich selb­st immer wieder zu beobacht­en, die Selb­stre­flex­tion des Lyrik­ers und des Gedicht­es zu erken­nen. Inter­es­sant ist auch das immer wieder auf­tauchende Zeitkonzept — ein sehr vages Konzept von Zeit, das nicht auf das Tren­nende von Ver­gan­gen­heit und Gegen­wart abzielt, son­dern auf den Über­gang, die fließende Entwick­lung: Vom Holozän bis zum Jet­zt und dem Augen­blick sind einzel­nen Momente kaum zu fassen und zu bes­tim­men:

Etwas hat begonnen, dauert an oder ist vorüber. (25)

Nicht alles ist sprach­lich oder inhaltlich sehr stark, ger­ade im Abschnitt IV („O, aufgek­lärtes Leben, unsere Droge!“ über­schrieben) scheinen mir einige schwache Texte den Weg in den Druck gefun­den zu haben. Die Dig­i­tal-Skep­sis in „Hyp­nose“ ist zum Beispiel ziem­lich ober­fläch­lich und bil­lig. Dazwis­chen gibt es aber imm­mer wieder schöne Momente, die das Lesen den­noch lesenswert mache, wie etwa die „Eine sich stets wieder­holende Szene“:

Die sich leeren­den Straßen
an einem Som­mer­abend
in ein­er kleinen Stadt.
Das Rück­licht des let­zten Busses,
ein leichter Wind, der geht.
Im Ohr ein Lied über
das Ende ein­er Fre­und­schaft.

außer­dem noch:

  • Jost Amman & Hans Sachs: Das Stän­de­buch (1568).
  • Georges Duby: Die Zeit der Kathe­dralen.

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